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Neue strategische Allianzen

G. W. Bush: preemptive

3. Juni 2002

Worüber wir schon am 20. Februar 02 faselten, hat US-Präsident George W. Bush nun vor Graduierten der Militär-Akademie West Point am 1. Juni 02 Begriffliches geliefert:
http://www.usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=020601 10.tlt&t=/products/washfile/newsitem.shtml :

  • “Unsere Sicherheit verlangt eine Transformation des Militärs, welches Sie führen werden - eines Militärs, dass bereit sein muss, in kürzester Zeit in jeder dunkelen Ecke der Welt zum Einsatz bereit zu sein. Und unsere Sicherheit wird von allen Amerikanern fordern, vorausschauend und resolut zu sein, nötigenfalls bereit zu sein,  für unsere Freiheit und die Verteidigung unserer Leben prä-emptive Aktionen (preemptive action) durchzuführen.”

Wir lassen uns gern eines besseren belehren, aber nach unserem Kenntnisstand ist erstmalig zu verzeichnen, dass ein westlich-demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt - dazu noch (militärisch) second to none - welt-öffentlich verkündet, prä-emptive Militär-Aktionen durchführen zu wollen.

Wir kennen zwar die alte, fundamentale Unterscheidung von “deklarierter” und “Action”-Policy, mögen aber in diesem Fall keine Wette abgeben. Wir wissen auch von den Berichten der US-Medien, dass der Irak-Krieg - von den Medien hochgejubelt - mangels Masse (200.000 Soldaten) auf Anraten der führenden US-Militärs in absehbarer Zeit nicht stattfinden wird.

Dass aber ein strategisch-fundamentaler Wechsel stattgefunden hat, dürfte ausser Zweifel sein. Nun sind wir gespannt, wie die europäische Intelligenzia aus Politik, Kultur, Literatur und Schauspielkunst reagieren wird, nicht zu vergessen die Naturwissenschaftler. Das dürfte Wasser auf die Mühlen, Öl fürs Feuer sein. Damit alle vom gleichen Wissensstand ausgehen, plädieren wir für die Vergesellschaftung der höchstklassifizierten US-Geheimberichte. Wir sind sicher, dass in dem Wust von tausenden Warnmeldungen eine zu finden sein wird, die den prä-emptiven Einsatz rechtfertigt.

{Eine Lösung hatten wir schon, aber sie saturiert das Problem}

 

Autoren-Krieg: Funny

1. März 2002

Es ist das Beste, den Autoren-Krieg der sicherheitspolitischen Intellektuellen diesseits und jenseits des Atlantiks aus der Etappe zu verfolgen; der Spass ist garantiert:

  • Am Montag hat eines der deutschen Leitbilder, Rudolf Augstein, im SPIEGEL (25.2.) geblinzelt:
    - “Das Böse in der Politik ist eigentlich ein unhantierbarer Begriff”.
    Zunächst fragen wir uns, was denn dieses umstrittene Wörtchen “eigentlich” in diesem Granaten-Satz zu bedeuten hat. Und wenn man in der Politik nicht mehr etwas “evil” nennen darf, dann gibt es halt in der Politik von Regierungen nichts mehr, was “übel, böse, schlimm, schlecht, boshaft, gottlos” (Cassells Wörterbuch) ist - Heil und Prost.
    - “Es sind nun aber die US-Amerikaner, die ohne glaubhafte Feindbilder nicht leben können, noch von Indianerzeiten her.”
    Lieber Rudolf, was heisst denn hier “glaubhaft”? Und besteht nicht die Gefahr, dass die US-Amerikaner sterben werden, wenn sie Deine Erkenntnis gelesen haben, verstehen und zur Verhaltensmaxime erheben?
     
  • Gestern zog der Ko-Kapitän des Blei-Flaggschiffes ZEIT, Dr. Theo Sommer, nach. Immerhin reiht er in die “Achse der Betonköpfe” (Überschrift) nicht den US-Präsidenten ein (müsste er eigentlich, denn der ist der Entscheider).
    - “Also werden Kriege, die den realpolitischen Notwendigkeiten des nationalen Interesses entspringen, zu “Kreuzzügen” überhöht - gegen den Kaiser, gegen Hitler, gegen bin Laden. Also sucht Amerika die Welt nach seinem Ebenbilde umzuformen, “die Bibel in einer Hand, den Revolver in der anderen”, wie Jacques Delors einmal bissig anmerkte.”
    - Bei Sommer sind es nicht alle Amerikaner, sondern nur die “Gefolgschaft der Rechten, der Christian majority, der neuen Kalten Krieger .., die im Terrorismus den Angstgegner sehen, ohne den Amerika offenbar nicht auskommt.”
    Irgendwie scheint sich das intellktuelle Blitzlicht für die erfolgreiche europäische Welt-Sicherheitspolitik zu zünden: Ohne Bibel und Revolver - Bravo!
     
  • In den USA hat sich R. James Woolsey, Direktor der CIA von 1993 - 1995, im Wallstreet Journal (28.2.) zu Wort gemeldet. Uns scheint es eine Warnung an die Europäer zu sein, den Western-Klassiker “12 Uhr mittags” (“High Noon”) - und alle damit zusammenhängenden “Sherrif”-Klischees - weiter unbedacht zu verwenden.
    - Woolsey referiert die High-Noon-Geschichte im einzelnen und ordnet die Europäer entsprechend ein - nicht schlecht gemacht (aus US-Sicht natürlich).
    - Abschliessend grantelt James aber heftig:
    “Go on home to your kids, Europeans. Go on home to your kids. And then start praying that when it´s over we won´t drop our badge in the dirt.”
     
  • Für das Analyse-Training lesenswert ist Jedediah Purdy (ebenfalls ZEIT Nr. 10), der u. a. darauf hinweist, das Amerikaner “auf schroffe Belehrungen allergisch reagieren”.
     
  • Natürlich muss man auch unseren Kanzler im ZEIT-Interview lesen. Er hat sich dort nämlich festgelegt: “Saddam Hussein muss Inspektoren ins Land lassen ... und das muss politisch festgelegt werden. Ich wiederhole: politisch.”
    Auf deutsch heisst dies: Der Bundeskanzler lehnt eine potentiellen militärischen Nachdruck ab. Den wird die US-Regierung aber im Mai in die UN-Resulotion über die Erneuerung des Sanktionsregimes drücken. Zu dumm, dass dies alles in den Wahlkampf fällt.
     
  • Was im Kanzler-Interview erneut deutlich wird, aber durch die Bank argumentiert wird, ist die Behauptung, dass die Europäer in der aussen- und verteidigungspolitischen Ausgabenbilanz ihr Minus bei den Verteidigungsausgaben mit dem Plus bei der Hilfe für die sich entwickelnde Welt ausgleichen. Wir haben die Zahlen rausgefischt
    (Quelle: Bi- und multilaterale Gesamtleistungen (öffentlich und privat der DAC-Länder an Entwicklungsländer, 1999, BMZ, Statistik und NATO 1999. Kleiner Schöheitsfehler: Bei Entwicklungshilfe sind es die EU15, bei NATO die 17 europ. Mitglieder):
    - Entwicklungshilfe: EU = ca. 105 Mrd. USD - USA = 50 Mrd. USD.
    - Verteidigungsausgaben: europNATO = 175 Mrd. USD. USA = 274 Mrd. USD.
    Nach dieser Grobrechnung hinken die Europäer mit bummelig 50 Mrd. USD in der sicherheitspolitischen Gesamtrechnung hinterher. Nimmt man dazu, dass die wirtschaftliche Leistung der EU15 höher ist als die der USA sowie die neuesten Zahlen, wird die Schere noch grösser.

Nach der jüngsten Gallup-Umfrage in neun moslemmischen Staaten werden lt. “USA Today”
http://www.usatoday.com/news/attack/2002/02/27/usat-pollresults.htm
die Amerikaner als “erbarmungslos, arrogant, aggressiv und eitel” angesehen. Fehlt da was: Simpel? Naiv? Bibel und Colt? Dann können wir Europäer doch auch zustimmen - oder?

{Und auf dem Mond sind sie auch nicht gelandet}

 

Prävention: iffies

20. Februar 2002

Gnadenlos arrogant, wie wir nun mal sind, erklären wir das Phänomen Prävention zum Kern-, Angel-, Dreh-, Schwer- und Mittelpunkt der Problematik der gesamten sicherheitspolitischen Debatte, die uns umtobt. Zuerst liefern wir eine (freihändige) Definition, wie es sich nun mal gehört:

  • Prävention (prevention) ist eine Massnahme, die in der Absicht verfolgt wird, eine in  (mehr oder minder) absehbarer Zukunft vermutete eintretende Wirklichkeit zu verhindern (natürlich sind Zukunftsfragen immer mit dem Wahrscheinlichkeits-Faktor zu bedenken).
     
  • Preemption ist der “kleine Bruder” der Prävention und bedeutet (im englisch-sprachigen Militär-Vokabular), in einer recht eindeutigen “aufgeheizten” Aufmarsch-Situation dem Gegner, mit einem “überraschenden” Eröffnungs-Schlag” zuvorzukommen.

Aus unserem Alltags-Verständnis: Kein Polizist würde innerhalb unserer Rechtsordnung einen “Finger krümmen”, wenn Sie ihm noch so glaubhaft versichern würden, dass eine benennbare Person Ihnen nach dem Leben trachtet. Erst wenn Sie tot sind, werden die Herrschaften recht umtriebig werden (alles nach der Ordnung).

Vergleichbares gilt in der internationalen Politik. Erst wenn ein Staat (direkt) angegriffen wurde, gilt Art. 51 der UN-Charta: Recht auf Selbstverteidigung. Wesentlich für die jetzige Debatte ist, dass die USA sich (nach ihrem Selbstverständis) genau in diesem Status befinden. Der Rest der Welt befindet sich jedoch (mental) im Frieden, sprich Nicht-Kriegszustand.

Was die Problematik der Situation betrifft, ergibt sich u. E. folgendes:

  • Die US-Regierung befindet sich im Krieg mit Al-Qaida und leitet darüber hinaus das Recht ab, präventiv (bisher als Option) gegen jeden Staat letztlich auch militärisch vorgehen zu dürfen, der über Massenvernichtungs-Waffen (in welcher Sortierung auch immer, aber “Newcomer”) verfügt, sowie damit die Möglichkeit hätte, sie an Terroristen weiterzugeben (Bush’s “Axis of evil”-Rede: “They could provide these arms to terrorists ...”).
     
  • Vor allem “die” Europäer haben die “Zweiteilung” in Bush’s Achsen-Rede (“Our second goal ist to prevent ...”) in ihren politischen Aussen-Darstellungen noch gar nicht thematisiert. Landauf, landab reklamieren sie, dass z. B. dem Irak keinerlei Verbindung zum Al-Qaida-Terrorismus nachgewiesen werden könne. Richtig bösartig wäre, Ihnen zu unterstellen, dass sie intellektuell noch nicht auf “Augenhöhe” sind (ist bestimmt Absicht).

Letztlich dürfte alles eine Frage der “(Ge)Betroffenheit” sein. Man schwankt immer zwischen Ego und Prinzip. Wir werden sehen, wie sich die “subtilen” Europäer gegenüber den “simplen” Amerikanern intellektuell weiter schlagen werden.

{Wie kann man wissen, was man sagt, bevor man es vom Munde hört?}

 

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