Google
Search WWW Search geopowers.com

News I / 2002

Legitimierte Inszenierung

27. März 2002

Sorry, wenn wir aus unserer Box der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ausbrechen: Uns haben die “Tagesthemen” der ARD (Nachtausgabe) fasziniert, die Peter Müller, Ministerpräsident des Saarlandes, brachten mit dem Begriff der “legitimierten Inszenierung” in Hinsicht auf das Spektaktel “Zuwanderungsgesetz/Bundesrat”.

Sicherlich ist es schwierig, Phänomene begrifflich zu erfassen. Ob Leo Kirch, Holzmann, Zuwanderung, Kölner Partei-Spenden, Enron, Carlayle-Group oder WTC: alles eine “legitimierte Inszenierung”?

Faszinierend ist die Begrifflichkeit:

  • “legitim” hat etwas mit “Sittlichkeit” zu tun: Schauen Sie nicht im Fremdwörter-Duden nach, denn dort wird Legitimität eher mit Legalität verwechselt. Wenn die “Sittlichkeit” allerdings auf einem niedrigen Niveau ist, müsste es auch mit der (ernstgemeinten) Legitimität gar sein;
     
  • Besser im Fremdwörter-Duden ist “inszenieren” erklärt:
    - “1. (ein Stück beim Theater, Fernsehen, einen Film) vorbereiten, bearbeiten, einstudieren, künstlerisch gestalten ...
    2. (oft abwertend) geschickt ins Werk setzen, organisieren, vorbereiten, einfädeln.”

Beim Begriffe-Klopfen kommt letzlich heraus, dass eine “legitimierte Inszenierung” nichts anders sein kann als eine sittenlose, geschickt ins Werk gesetzte, Operation (das “Office of Strategic Influence” lässt grüssen).

Angesichts dieser “schillernden” Begrifflichkeit fragen wir uns,

  • wer, wann, wo
  • was, wie, weshalb
  • warum, mit welcher Absicht - oder whatsoever -
  • lokal, regional oder international

“legitim inszeniert”? Wir fangen bei uns an: Wir inszenieren uns auch jeden Tag (ob “sittlich”, oder 1. oder 2. sei dahingestellt - geschickt sind wir doch). Aber das gilt für Alle, allerdings mit der feinen Unterscheidung: Führende oder Geführte. Diesbezüglich gilt die alte Regel:

{Fisch stinkt zuerst am Kopf}

 

F/VM Richard: Ansichten

18. März 2002

Der französische Verteidigungsminister Alain Richard hatte am 5. März ein interessantes Gespräch mit EU-Botschaftern, das vorwiegend dem Thema Terrorismus gewidmet war. Wir erlauben uns, schlicht abzukupfern, was man darüber den deutschen Amtsstuben mitgeteilt hat:

  • Richard warb um “Verständnis für amerikanisches Vorgehen” und stellt “tiefe Übereinstimmung Frankreichs mit dem Vorgehen der USA in AFG heraus.” Man solle die französische Haltung nicht nur an den Äusserungen Vedrines messen. Auch Staatspräsident Chirac habe klargestellt: “Wir sind genau auf einer Linie” (mit den USA).
     
  • Richard äusserte Verständnis dafür, dass die USA in AFG ursprünglich allein vorgegangen seien. Die notwendige Improvisation in der Anfangsphase habe wenig Raum für gemeinsame Planungen gelassen. Kritik übte der Verteidigungsminister an der mangelnden amerikanischen Bereitschaft, geheimdienstliche Informationen zu teilen.
     
  • Eine geographische Ausdehnung des ISAF-Mandats lehnte Richard weiterhin ab. Was die mögliche Übernahme der ISAF-Führung durch die Türkei angehe, sei es jetzt schwierig, Nein zu sagen.
     
  • Die Gefährlichkeit des Irak bestünde darin, dass die Proliferation von Massenvernichtungs-Waffen Terroristen ausserhalb des Irak die Mittel in die Hand gäbe. Der Minister hält es für möglich, dass die US-Regierung am ehesten in der Zeit der Zwischenwahlen im Herbst 2002 und dem nächsten Präsidentschafts-Wahlkampf versucht sein könnte, einzugreifen.
     
  • “Nicht unzufrieden” zeigt sich Richard mit der Entwicklung der Europäsichen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Die politische Entschlossenheit, Fortschritte zu erzielen, sei vorhanden. Die Glaubwürdigkeit der ESVP werde durch praktische Schritte hergestellt. Er fügte hinzu, dass dies “in Harmonie mit den USA” zu geschehen hätte. Die Glaubwürdigkeit der ESVP erfordere allerdings auch, die Entscheidigungs-Mechanismen zu verbessern. Dazu gehöre auch, über das Konsens-Prinzip hinauszugehen.

{Hoffentlich haben wir das nicht allein gelesen}

 

Deutsche Marine: Handlungsbedarf + Nachtrag 17.2.2003 + Nachtrag 18.2.03

15. März 2002

Am 6. März 2002 hat das BMVg über den tragischen Tod von zwei Marine-Soldaten informiert, die beim Kentern eines Beibootes während eines Übersetz-Mannövers von der britischen Fregatte “HMS Cumberland” zur Fregatte “Mecklenburg-Vorpommern” in der Ostsee zu Tode kamen: “Trotz unverzüglich eingeleiteter Suche wurden beide Soldaten soweit unterkühlt geborgen, dass sie trotz sofortiger ärztlicher Behandlung ... verstarben.”

Ein weiter deutscher Marine-Soldat sowie zwei britische Soldaten, die sich ebenfalls in dem Beiboot befanden, konnten gerettet werden.

Im Nachgang zu diesem tragischen Unfall hat der FDP-Bundestags-Abgeordnete Günther Friedrich Nolting (FDP) in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 13. März die folgende Frage gestellt:

  • “Kann die Bundesregierung es zweifelsfrei ausschliessen, dass die Kälteschutz-Ausrüstung der an dem Übersetz-Mannöver in der Ostsee vom 6. März 2002 beteiligten deutschen Soldaten geringe Schutzwirkung gegen Unterkühlung aufweist als diejenige, der am Übersetzen ebenso beteiligten britischen Soldaten und welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, evtl. Mängel an der Schutzausrüstung abzustellen?”

Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Verteidigung, Frau Brigitte Schulte, MdB, antwortete darauf:

  • “Die Schutzbekleidung sowie die persönliche Ausrüstung der Soldaten der Deutschen Marine orientiert sich an den zu erfüllenden Aufgaben und den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere für die Notfallvorsorge.
    Die Ausstattung der Soldaten richtet sich ebenfalls daran aus.
    Es gibt keinen Nachweis, dass die deutsche Schutzbekleidung der britischen Schutzbekleidung gegenüber nicht vergleichbar ist.”

Unsere Recherche kommt dagegen zu folgendem Ergebnis:

  1. Die Obduktion der beiden Leichen hat ergeben, dass die Todesursache nicht Unterkühlung, sondern Tod durch Ertrinken ist.
     
  2. Die Soldaten der Deutschen Marine sind mit einer Schwimm-Weste ausgerüstet, die durch Ziehen am sogenannten Panik-Verschluss bewusst aktiviert werden muss.
     
  3. Die “International Maritime Organization” schreibt für die Teilnahme am zivilen See-Verkehr zwingend das Tragen einer Schwimm-Weste vor, die sich - unabhängig vom Bewusstseins-Zustand eines Über-Bord-Fallenden - automatisch aufbläst.
     
  4. Beim britischen “Flag Officer Training” im Jahr 1999 beispielsweise sind die deutschen Teilnehmer von den britischen Offizieren sehr konkret auf die Problematik der deutschen Schwimmwesten-Ausrüstung hingewiesen worden. Davon abgesehen gibt es eine Auflistung aller diesbezüglichen Unfälle bei der Deutschen Marine, beispielsweise die Verluste in den 80ger Jahren und danach.
     
  5. Muss der Kälteschutz-Anzug, wie er bei der Deutschen Marine verwendet wird, nach einem Aussen-Bord-Mannöver angelegt werden, dann dauert dies ca. drei Minuten und setzt natürlich das Bewusstsein des Betroffenen voraus. Die Frage des Kälteschutz-Anzuges ist völlig von der zur Konfiguration der Schwimm-Weste zu trennen.

Sehr wahrscheinlich ist, dass bei diesem tragischen Unfall die zwei deutschen Marine-Soldaten während des Kenter-Vorganges das Bewusstsein verloren haben und sie deshalb ihre Rettungsweste nicht aktivieren konnten.

Tatsache ist weiterhin, dass die Führung der Deutschen Marine alles Erdenkliche unternimmt, um jegliche Informations-Verbreitung zu unterbinden.

Wir meinen hingegen, dass die Ehrfurcht vor dem Tod der zwei Kameraden der Marine die äussersten Anstrengungen initieren müssten, um so schnell wie nur irgend möglich denkbare gleichgelagerte Wiederholungen in der Zukunft menschenmöglich auszuschliessen.

{Lass den Tod die Lebenden lehren}

Nachtrag 17. Februar 2003

Bis zum ersten Jahrestag des tragischen Unglücks fehlen rund 3 Wochen; Zeit also für eine kurze Zwischenbilanz:

  • Die zum Unglücks-Zeitraum allgemein von den deutschen Marine-Soldaten getragene “Marine-Rettungsschwimmweste mit integriertem Kälteschutzanzug” (MRS 3/KSA), hergestellt von der Firma SECUMAR (Bernhardt Apparatebau, Wedel), ist inzwischen durch eine vollautomatische Aufblasvorrichtung nachgerüstet worden. Unverändert bleibt: Die Secumar-Weste wird in der Truppe in Einheitsgrösse ausgeliefert. Wer z.b. nur 1,65 m gross ist, wird feststellen, dass das Klettband für die Befestigung um die Hüfte zu kurz ist; am Hals kneift der Reissverschluss in aller Regel so, dass auf korrekte Trageweise verzichtet wird. Gleiches gilt für den ordentlichen Sitz des Schritt-Gurtes, der im Ernstfall über Leben und Tod entscheidet;
     
  • Die einige Zeit nach dem Unglück von der Marine-Führung postulierte Absicht, Kälte-Schutz-Anzüge zu beschaffen, ist zwar umgesetzt, aber inzwischen zurückgenommen worden. Die Begründung lautet: Die Helly-Hansen-Anzüge (eines bestimmten Typs) würden bei angezogener Weste an den Beinen die Bildung von Luftpolstern zulassen. Somit ist bei der Deutschen Marine immer noch kein funtionsfähiger Kälteschutz-Anzug vorhanden;
     
  • Der in der Truppe an erster Stelle stehende und auch ansonsten geheiligte Grundsatz der “Fürsorge” des Dienstherrn, bzw. des Vorgesetzen, hat die Marine-Führung unter dem scheidenden Marine-Inspekteur, Admiral Lüssow, immer noch nicht bewegen können, einen kurzen Blick auf die Männer zu richten, die die grösste Erfahrung mit der Lebensrettung haben und zu den heimlichen Helden unserer Zeit gehören: den Lebensrettern der “Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger” (dgzrs.de). Sie tragen einen Kälteschutz-Anzug anderen Typs (auch Helly Hansen), dessen Qualität so hoch ist, dass sie teilweise sogar auf das Tragen einer Schwimm-Weste verzichten;
     
  • Der tragische Tod des Samuel Scheffelmeier hat seinen Vater und die Familie besonders verbittert, nicht zuletzt aufgrund verschiedener Reaktionen der Marine-Führung, die für sich ein bedrückendes Kapitel sind. Augenscheinlich haben alle Warn-Instanzen des Verteidigungsministeriums versagt, um den Minister korrekt auf den “Fall Scheffelmeier” vorzubereiten. Deshalb konnte Vater Scheffelmeier bei Günter Jauch in “stern tv” (RTL) am vergangenen Donnerstag berichten, dass Minister Struck auf seine Briefe nicht geantwortet hat. Mit Brief vom 27. 8. 2002 hatte Vater Scheffelmeier dem Minister angeboten, ihn am 6. 9. 02 bei seinem Truppenbesuch in nahen Augustdorf zu treffen; Fehlanzeige. Der im Oktober 2002 als Betreuungs-Offizier, Fregatten-Kapitän Kähler (Kommandeur des 6. Fregatten-Geschwaders) konnte nur einmal sein (bei Herrn Scheffelmeier positiv vermerktes) Gesprächsvermögen anbringen.

Dieser “Fall” wird vor dem Oberlandesgericht in Oldenburg verhandelt und ist noch lange nicht abgeschlossen. Möge wer oder was immer (zum Aussuchen) verhüten, dass derzeit ein deutscher Marine-Soldat aussenbords in das wohl 3o kalte Wasser von Nord- oder Ostsee fällt.

{Der Tod kann in der Bürokratie doch keine besondere Grössenordnung sein!}

Nachtrag 18. Februar 2003

Über diese e-mail haben wir uns sehr gefreut und dafür gedankt:

In Ihrem obengenannten Beitrag schreiben Sie: „Muss der Kälteschutz-Anzug, wie er bei der Deutschen Marine verwendet wird, nach einem Aussen-Bord-Mannöver angelegt werden, dann dauert dies ca. drei Minuten und setzt natürlich das Bewusstsein des Betroffenen voraus. Die Frage des Kälteschutz-Anzuges ist völlig von der zur Konfiguration der Schwimm-Weste zu trennen.“

Ich selbst habe schon einmal mit der Rettungsweste der Deutschen Marine in Neustadt geübt. Wir haben mit ca. 10 Mann, die sich in einer Gruppe gegenseitig beim Anlegen des Kälteschutzanzugs geholfen haben, mehr als zehn Minuten gebraucht, bis auch der letzte diesen Überzug korrekt angelegt hatte. Und dies im Wellenbad bei angenehmen Temperaturen und geringem Seegang! Unsere Ausbilder meinten, daß es fast völlig ausgeschlossen sei, daß es einem Schiffbrüchigen in kaltem Wasser gelingen könnte, den Kälteschutzanzug rechtzeitig anzulegen.

{Die Fragen, die damit aufgeworfen werden, sind mehr als heftig}

 

UK-AM: other ways

6. März 2002

Der britische Aussenminister Jack Straw hat sich aus dem Fenster gelehnt. In der britischen TIMES vom 5. 3. 02 kündigt er an, die Bedrohung der irakischen Massen-Vernichtungswaffen  beseitigen zu wollen:
http://www.thetimes.co.uk/newspaper/0,,171-226274,00.html

Jack Straws wichtigste Aussagen (GP-Übersetzung):

  • “Der Stillstand zwischen den Vereinten Nationen und Irak kann nicht für immer anhalten.”
     
  • “Saddam hat, einzigartig unter den Tyrannen der Welt, die Ruchlosigkeit und Kapazitäten, Massen-Vernichtungswaffen einzusetzen.”
     
  • “Es liegen Beweise für verstärkte Anstrengungen vor, sich nuklear-bezogene Materialien und Technologien zu verschaffen...”
     
  • Dann beklagt Straw (zu recht), dass inzwischen “wohlmeinende” Menschen das UN-Oil-for-Food-Program für das Leiden der Zivil-Bevölkerung verantwortlich machen - und nicht Saddam Hussein.
     
  • “Britische und amerikanische Diplomaten haben verbesserte Möglichkeiten entwickelt, welche die Kontrollen für militärische Güter verschärfen, während die für zivile Güter gelockert werden ... Der Sicherheitsrat der UN hat prinzipiell entschieden, diese geänderten Bedingungen umzusetzten. Aber Saddam ist gegen diesen Ansatz, weil seine Priorität nicht die Hilfe für seine Bürger ist.”
     
  • “Falls er nicht zu verbergen hat, warum lässt er sie (Waffen-Inspekteure) nicht zurückkehren, ohne Vorbedingungen? Solange wie er das zurückweist, können wir nur das Schlimmste vermuten - und das verpflichtet uns, nach anderen Wegen zu suchen, seine Kapazitäten zu begrenzen ... Falls er zurückweist, seine Waffenprogramme  angemessenen internationalen Inspektionen zu öffnen, wird er mit den Konsequenzen zu leben haben.”
     
  • “Es sind keine Entscheidungen getroffen worden, aber niemand - insbesondere Saddam - sollte unsere Entschlossenheit bezweifeln.”

Bis zum Mai haben die Franzosen noch Zeit, sich zu positionieren. Und ebenso spannend wird, wie sich Russland und China im UN-Sicherheitsrat zu dieser Frage aufstellen. Die “Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik der EU” hat wohl wieder Pause - Ferien für Solana und Patten? Nun fehlt noch der Ausblick auf die deutsche Nische - wir halten uns erstmal “bedeckt”.

{Kommt Zeit, kommt weg}

 

EU/US-Krieg: :-)

26. Februar 2002

Die Verbal-Kriege werden immer kürzer: Der rund 14 Tage alte Strategic-Influence-Fight zwischen EU und USA ist schon wieder zu Ende, leider :-). Der spanische Aussenminister Josep Pique, in seiner Funktion als Träger der spanischen EU-Präsidentschaft, hat mit seinem US-Kollegen Colin Powell am 25.2. vor der Presse in Washington das Kriegsbeil begraben. Powell hat gleich zu Beginn die Duftmarken gesetzt (nicht-amtliche GP-Übersetzung):

  • “Und wir haben ein gemeinsames Verständnis, dass wir alle über Staaten beunruhigt sein müssen, die Staatsführungen haben, die legitimerweise übel/böse genannt werden können; die Massen-Vernichtungswaffen entwickeln, die in die Hände von Terroristen gelangen könnten oder von diesen despotischen Regimen benutzt werden könnten. Es ist keine Frage, dass wir darüber eine gemeinsame Anschauung haben.
    Und ich habe gegenüber dem Aussenminister nachdrücklich vertreten, dass die US-Politik sich in den vergangenen Wochen nicht geändert hat. Wir werden weiterhin den Dialog suchen, und durch Verhandlungen mit Nord-Korea und dem Iran eine Einigung suchen. Und wir werden weiterhin versuchen, mit den UN hinsichtlich der Sanktionspolitik gegenüber Irak weiterzukommen; gleichzeitig halten wir aber alle Optionen offen hinsichtlich der Frage, was gegenüber dem Irak gefordert sein könnte.”

Josep Pique meinte zum Thema:

  • “Die Blickrichtungen unserer Ansichten zu absolut jedem Stichwort sind nicht immer zu 100 % gleich, aber die Summe der Übereinstimmung ist extrem, extrem hoch (!) ... Was wir beabsichtigen zu tun ist, weiterhin das zu betonen, was uns einigt, und nicht die Dinge zu betonen, die uns teilen, welche wiederum sehr sehr wenige sind - indeed.”

Auch bei unserem Aussen-Joschi haben wir seit einigen Tagen eine gewaltige Kehrtwende ausgemacht. Zuletzt bei Frau Christiansen hat er sich wieder mit “Verve” dafür eingesetzt, für Saddam Hussein die Sanktions-Keule zu schnitzen. Leider hat Sabinchen ihn nicht gefragt, was denn zu tun sei, wenn der Balkon-Saluteur nicht springt.

Walter Pincus (eine Legende; er hat 1977 die “Neutronen-Bombe” platzen lassen) und Karen DeYoung haben in der “Washington Post” vom 24.2. ihr übriges getan mit “Anti-Iraq Rhetoric Outpaces Reality”.

Bei soviel “Stoff” gegen die Kriegs-Hysterie der letzten Wochen fragen wir uns natürlich, wer diesen ganzen “Rummel” angerührt hat. Oder war alles gar eine klug inszenierte Kriegs-Verhinderungs-Strategie von Vedrine, Patten, Fischer und wem sonst noch? Das muss es gewesen sein: Wir erlegen uns als Strafe ein Wochen-End-Seminar auf über politische Bildung an der Akademie in Ötzlihausen am Vorahn-Berg. Thema dort: “Depleted Uranium - An example of media wellness”.

{Hoffentlich ist nicht gerade dann der “big bang” :-(}

 

FAZ/Georgien: nix klug

25. Februar 2002

Aufgrund einer ordentlichen “ELINT”-Mission sind wir in der Lage, die Situation in Georgien ein wenig aufzuhellen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hatte am 19./20.2.02 einiges von dort gemeldet, dem wir gegenüberstellen:

  • Aus Mujahedin-Kämpfern sind per FAZ Al-Qaida-Kämpfer geworden;
     
  • Aus der (vernünftigen) Annahme anhand von Indizien, dass Mujahedin im Pankisi-Tal werkeln, ist von der FAZ eine bewiesene Tatsache generiert worden;
     
  • Von einem geplanten, gemeinsamen Einsatz georgischer und amerikanischer Streitkräfte gegen Mujahedin im Pankisi-Tal, wie von FAZ gemeldet, kann augenscheinlich keine Rede sein. Was unterhalb dieser Ebene abläuft, sei dahingestellt;
     
  • Dass Georgien zu den Staaten gehört, in denen sich die USA ein “übergeordnetes Eingriffsrecht” vorbehalten, weil ansonsten dort keine Terroristen-Verfolgung stattfände, dürfte ebenso falsch sein. Auf strategische “Nerven” der Russen trifft die FAZ-Aussage, die Amis wollten sich in Georgien festbeissen; wirkliche Anhaltspunkte dafür gibt es ebensowenig;
     
  • Richtig ist hingegen, dass die Amis ihre georgischen Freunde vor bisher typischen Verhaltensmustern der Russen warnen;
     
  • Falls jemand diesbezügliche Interviews ins Feld führen sollte, können wir nur um Vorsicht raten.
     

Es macht schon Spass, ELectronic INTelligence zu betreiben. Dabei lernt man, dass Jederman sein “Office of Strategic Influence” betreibt. Da aber alle solche Büros betreiben, ist es am Ende ein Null-Summen-Spiel. Ergo:

{Die Spass-Gesellschaft ist überall}

 

Kriegsmeldungen: Ende

21. Februar 2002

Etwas verspätet möchten wir über einen sehr guten Artikel der “Washington Post” (19.2.) berichten: Alan Sipress, U.S. Options on Iraq Still Undecided”:
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A30092-2002Feb18.html
Nach Lektüre fragt man sich schon, ob denn all die ganz hohen Politiker, die in das Kriegsgeschrei der letzten Wochen eingestimmt haben, die Berichte ihrer Botschaften in den USA nicht lesen, denn die Eck-Daten der Recherche von A. Sipress werden darin genauso stehen:

  • US-Vize-Präsident reist Mitte März in den Nahen Osten und besucht 11 Staaten, von denen vier eine gemeinsame Grenze mit dem Irak haben;
     
  • Im Mai besucht George W. Bush Wladimir Putin in Moskau. Dass der Irak auf der Tagesordnung steht, ist klar. Zum gleichen Zeitpunkt stellt sich die Frage, ob der UN-Sicherheitsrat sich auf eine neue Konzeption der UN-Sanktionen gegen den Irak einigt. Dass die US-Regierung einen harten Entwurf vorlegen wird, ist abzusehen;
     
  • Natürlich untersucht das Militär alle Optionen, aber eine Gross-Invasion ist erkennbar die unwahrscheinlichste. Im Golfkrieg 90/91 hat der Aufmarsch rund 6 Monate gedauert;  wo die des öfteren in den Medien gemeldeten 200.000 Soldaten in Kuwait versteckt sind, ist uns bisher verborgen geblieben. In diesem Zusammenhang sind die Berichte über die deutschen ABC-Spürpanzer schon kabarett-reif.
     
  • Zuletzt zitiert Sipress einen US-Marine-Offizier, der an der Planung der Global-Strategie beteiligt ist: “Wir werden in den nächsten drei bis fünf Jahren an einer Reihe verschiedener Plätze sein”; seine vier Wandkarten seien derzeit:
    1. Afghanistan
    2. Phillipinen
    3. Somalia
    4. nicht Irak, sondern Kolumbien.

Da Präsident Bush während seines Besuches in Süd-Korea einen Krieg gegen Nord-Korea ausgeschlossen hat, gibt es gute Chancen, dass die Hype jetzt mit dem Iran losschlägt:

Wir sorgen uns aber nicht, denn die iranische Regierung will sich mit der EU zusammensetzen, um Friedenskonzepte zu entwerfen.

Gegenüber der US-Regierung hat der aussenpolitische Koordinator der EU, Javier Solana, lt. rtr/dt. immerhin ein Friedensangebot unterbreitet, nämlich mehr (europäische) Zurückhaltung bei Kritik an den USA verlangt:

  • “Unter Freunden müssen wir uns die Wahrheit ins Gesicht sagen können, aber wir müssen das nicht unbedingt mit dem Lautsprecher tun”;
  • In der Öffentlichkeit müsse man auf guten Umgangston achten
  • Auf den durch Aussenminister Védrine geäusserten US=simpel-Vorwurf setzt Solana immerhin: “Ich glaube nicht, dass die USA vereinfachen. Das sind Leute, die differenzieren.” (Holla!)

Natürlich haben wir auch einen Vorschlag für das heiss-diskutierte Pentagon-Projekt der psychologischen “Krieg”- Führung, sprich “Office of Strategic Influence” (siehe
http://www.nytimes.com/2002/02/19/international/19PENT.html 
(New York Times, “Pentagon Readies Efforts to Sway Sentiment Abroad”, J. Dao/E. Schmitt, 19. 2.). Als Kenner des Fachs (really) schlagen wir den e-mail-Versand von guten US-Zeitungsartikeln in jeweiliger Übersetzung vor, damit die Welt wie Solana erkennt, dass die Amis differenzieren können (!?!). Das O.S.I. soll sich aber ja nicht die “schwarze Box” von den deutschen Psyop-Kriegern aufschwatzen lassen; Geheimnisverrat: pssst - die gibt es nicht.

{Life is so simple}

 

US/EU-Krieg: Medaillen

19. Februar 2002

Die Übersicht in Sachen Verbal-Krieg zwischen den Europäern und den US-Amerikanern zu behalten, ist nicht ganz einfach. Noch schwieriger die Benotung - wir probieren es wie bei der der Eiskunstläufer-Paare in Salt Lake City; gibt es halt zwei Goldmedaillen:

  • Gold
    für John Ward Anderson, Washington Post, für seinen Artikel vom 18.2. 02, “Iranian Courts Target Reformist Legislators”: In den letzten Monaten sind mehr als 60 liberale Mitglieder des iranischen Parlaments vor die Richter-Stühle der “Ungewählten” wegen politischer Anklagen zitiert worden.
     
  • Gold
    für den Vorsitzenden des US-”House” (Policy Committee) Christopher Cox. Aus seinem Brief an den US-Präsidenten haben wir gelernt, dass
    - die USA zwei Drittel der Nahrungsmittel-Hilfen des UN-World Food Program für Nord-Korea bezahlen,
    - drei Viertel der Öl-Lieferungen,
    - das UN World Food Program am 8. Febr. 02 berichtet hat, dass 2 Millionen der Kinder unter fünf Jahren Hunger leiden,
    - C. Cox nun dafür plädiert, den Nord-Koreanern nicht, wie 1994 vereinbart, nukleare Materialien zu liefern.
     
  • Silberne Zitrone
    für Chris Patten, EU-Kommissar für Aussenpolitik. Dieser Mann verdient wahrscheinlich eine unglaubliche Knete und schreibt dann in der “Financial Times” (14. 2.) einen Namens-Artikel, der nirgendwo erkennen lässt, dass er die Knete zu recht verdient. Er nennt fünf Gründe für die Frage “Warum ist es so?”
    1. o. k.
    2. Globalisierung, Lösung für die “dunkle Seite”: “Die EU symbolisiert die Fähigkeit der Staaten, um zusammenzukommen und die gemeinsamen Probleme zu lösen.” So ein simpeles Selbstlob abzulassen, ist höchstens Marketing.
    3. Zur internationalen Institutionen-Architektur: “Sie haben keine demokratische Legitimation” (das haben Vereine, in denen die Regierungen von Staaten Mitglied sind, nun mal so an sich).
    4. Die Europäer können die Militärausgaben der USA nicht erreichen und sollten es auch nicht wollen. Aber sie sollen ihre Verteidigungsausgaben erhöhen, meint Patten - und weiss, dass sie es gar nicht können, weil sie wirtschaftlich durchhängen - und zwar strukturell.
    5. Die Bösen-Achse findet er nicht die feinste Phrase, aber: “Ja, wir müssen gegen das Böse opponieren. Aber wir müssen ebenso auf das Gute bauen - und auf das, was auf eine bessere Zukunft hoffen lässt.” Wir hoffen auf Chris.
     
  • Gold
    für Joschka Fischer: Lesen Sie seine Rede an der Tel Aviv Universität, 14. 2. 02, aber bitte mit palistinänsischen Augen:
    - “Israel ist eine privilegierter Partner der EU” ...  hat ein Assoziierungs-Abkommen und ist der einzige nicht-europäische Staat, der am EU-Forschungs- und Entwicklungsprogramm teilnimmt. 40 % des israelischen Aussenhandels wird mit der EU abgewickelt ...”
    - “Die USA und Europa haben nie enger in ihrer Mittel-Ost-Politik zusammengearbeitet als in den letzten zwei Jahren (das sagt er eine Woche nach der
    EU-Attacke);
    - Auf einmal taucht der Mitchell-Report wieder auf;
    - Zum Schluss kommen diese starken Fragen; und die Antwort: Ihr (Israelis) müsst sie beantworten - wir Europäer unterstützen.
    (Gold wegen doch letztlich noch gedrehter Verbal-Pirouette).
     
  • 2. Gold
    für Joschka Fischer, im Zurück-Rudern: Die “Süddeutsche” (18.2.) meldet, unser Aussenminister habe “den Irak aufgefordert, die UN-Resolutionen zu erfüllen und wieder Waffenkontrolleure ins Land zu lassen”. Nach der
    letzten Woche auf einmal so “nachhaltiger Druck” auf Saddam?
     
  • Gold
    für Syriens Präsident Assad. Er “geht davon aus, dass die USA im Falle eines Militärschlages gegen Irak nicht mit der Unterstützung der Europäer rechnen können” (Corriere Della Sera).
     
  • Gold
    für Colin Powell und sein Interview mit Wolf Blitzer, CNN (17.2.):
    - Erst haut er seinen Chef prima raus (“straightforward, direct, realistic way that tends to jangle people’s nerves”);
    - die von ihm nett behandelten europäischen Kollegen (“they get a little upset”) sollten doch “just slow down a little bit.”
    - und: “Welche unilateralen Aktionen haben wir denn unternommen, welche sie alle so geschockt haben?”
    - nach der Defensive kommt die Offensive: Die europäischen Kollegen sollten doch auf den Irak (und Iran, N-Korea) genau so schnell draufhauen wie auf den Bush.
     
  • Letzter Platz
    für uns, weil wir die Achsen-Rede noch einmal nachgelesen mussten und den entscheidenden Satz entdeckt haben: “They could provide these arms to terrorists, giving them the means to match their hatred.” Sorry, das ist Stoff - in jeder Hinsicht.
     
  • Platin,
    erstmals verliehen, bekommen die 30 britischen Soldaten von “HMS Ocean”, die am spanischen Strand von La Linea de la Concepción gelandet sind, statt ein paar Kilometer weiter südlich auf Gibraltar - sie hatten die Karte falsch gelesen.

{Kleine Irtümer fallen sofort auf - grosse fast nie}

 

D/Türkei: Merkposten

14. Februar 2002

Die Geschichte ist kurz, einfach und für die deutsche Regierung beschämend. Es geht um die Ausrüstungshilfe unter NATO-Partnern - eine sog. Government-to-Government-Angelegenheit; Gegenstand hier ist die Lieferung von Leopard-I-Panzern an unsere griechischen und türkischen Freunde und Partner:

  • 1991/92 erhielten die Griechen 275 Leopard-I-Panzer, von denen 200 aus den Niederlanden und 75 aus Deutschland stammten.
    Die Türkei erhielt im gleichen Zeitraum 315 Leo-I.
     
  • Sozusgen in der zweiten Tranche erhielten die Griechen im Zeitraum 1999/2001 aus deutschen Beständen noch einmal 190 Leo I.

Da immer der Grundsatz galt, dass man Griechen und Türken gleich behandelt, hätte die Türkei ebenfalls eine zweite Tranche erhalten müssen.

Vor drei (!) Jahren hat die türkische Regierung einen diesbezüglichen Brief an die deutsche Bundesregierung geschrieben; er ist bis heute unbeantwortet geblieben.

Es mag ja vielerlei Begründungen geben, warum die deutsche Regierung der Türkei keine weiteren Leo-I-Panzer aus ihren unerschöpflichen Lagern geben will. Und sei die Türkei noch so wichtig, insbesondere nach 11/9: Nein, aufgrund des derzeitigen Standes der Kurden-Politik mögen wir Deutschen das nicht. Ist o.k. - wenn es dann geschenkte, neue Super-U-Boote mit Abschuss-Rohren für Nuklear-Raketen für die Israelis gibt.

Aber man sollte als Regierung einen Brief dieses Kalibers wenigstens beantworten - das gebietet allein der Anstand, von Freund- und Partnerschaft ganz zu schweigen. Ansonsten produziert man Merkposten.

{Wir lieben alle die Double-Standards}

 

Saudi-Arabien: Lektion

13. Februar 2002

Wenn Sie wieder einmal einen längeren Artikel über die Abläufe tatsächlicher Aussenpolitik lesen wollen, empfehlen wir Ihnen
Robert G. Kaiser und David B. Ottoway (und Madonna Lebling), Marriage of Convenience: The U. S.-Saudi Alliance, in: Washington Post, 9.+10. 2. 02:
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A51555-2002Feb9.html (1. Teil)
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A55265-2002Feb10.html (2. Teil)
Neu: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A60502-2002Feb11.html (3. Teil)

Ein grosser Teil dieser Story besteht darin, dass der Botschafter Saudi-Arabiens in den USA (seit 1983) “auspackt”. Auf rund 16 Seiten

  • wird die Geschichte der Entwicklung der Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien nach dem 2. Weltkrieg beschrieben;
  • lernt man, welche Summen über den Tisch gegangen sind, und versteht den Hintergrund der Carlyle-Story besser;
  • wird plastisch beschrieben, welchen Eindruck TV-Nachrichten-Bilder auf den agierenden Kronprinz Abdullah ibn Abdulaziz machen und erheblichen politischen Druck erzeugen;
  • wird ein Fehler des US-Präsidenten George W. Bush und seine Korrektur hinsichtlich der Nah-Ost-Politik deutlich sowie eine Perspektiv-Betrachtung möglich;
  • kommt zum Schluss eine Lehre, den Einfluss der Religions-Führer der Wahhabi ja nicht zu übersehen.

Der Zweit-Teiler ist auch eine gute Herausforderung für Ihre Eignung als grosser Sicherheitspolitiker. Entwerfen Sie bitte beim Lesen immer die Strategie, wie Sie es besser gemacht hätten oder würden.

Den Hinweis auf die Artikel verdanken wir den durch uns leider erst jetzt entdeckten Service der Bundeszentrale für politische Bildung, den sie in Zusammenarbeit mit www.politik-digital.de bietet, der erstklassig ist: Kostenloser E-mail-Service von kurz-kommentierten Artikeln zum Thema 11/9 samt Link. Dringende Empfehlung: bestellen:
http://www.bpb.de/aktuelles/html/ls_11sept2001_menu.php

{You are welcome - it’s Ashes Wednesday}

 

AM Fischer: Wahrheit?

12. Februar 2002

Aussenminister Josef Fischer hat mit seinem “Welt”-Interview (welt.de, 12.2.) den Verbal-Krieg gegen die US-Politik fortgesetzt:

  • “Die internationale Koalition gegen den Terror ist nicht die Grundlage, irgendetwas gegen irgendwen zu unternehmen - schon gar nicht im Alleingang.” “Bündnispartnerschaft reduziert sich nicht auf Gefolgschaft, Bündnispartner sind nicht Satelliten.”
  • (zur Bösen-Achse): “Eine Welt mit sechs Milliarden Menschen wird selbst von der mächtigsten Macht nicht allein in eine friedliche Zukunft geführt werden.”
  • Zugleich warnte er die Amerikaner vor hemmungsloser Hochrüstung. Das werde “weltweit nicht zum Abbau von Verzweiflungspotenzial führen.”

Zugern würden wir sehen, wie der deutsche Aussenminister dies alles bei einem US-Besuch seinem US-Kollegen ins Gesicht sagt und auch die Antwort aushält (wir erinnern uns noch an den Super-Schmuse-Kurs während Joschkas letztem Wash.-trip). Aber ein wenig können wir da nachhelfen:

  • Ist nicht Kanzler Schröder vor einigen Tagen aus Washington mit der Bush-Botschaft zurückgekommen, es sei nichts geplant?
     
  • In der “Washington Times” (7. 2., “U.S. eyes unilateral action on Saddam”) wird Colin Powell zitiert: “Diese Andeutung, die man manchmal in Intellektuellen-Kreisen hört, dass die USA allein agieren und sich nicht mit ihren europäischen Partnern konsultieren - nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt als dies.”
     
  • Wir haben noch nie gelesen, dass die US-Regierung die Welt allein führen will. Richtig ist, dass sie allein handeln wollen, wenn sie etwas für richtig halten und sich sonst niemand der Koalition anschliessen will. Und zur Achse: Natürlich würden Politiker wie Minister Fischer einen Despoten wie Saddam nicht “Übeltäter” nennen; die Waffen-Schieber und Despoten in Pjöngyan muss man auch schonen und Chatami rettet man nur durch Streichel-Einheiten für den Rest der Regierung, deren Land jährlich 150-180.000 Intellektuelle verlassen, weil sie es satt haben.
     
  • Die USA haben gegenüber Deutschland das 4,5fache bezüglich der Bevölkerung. Der Etat des D-Aussenministeriums beläuft sich 2002 auf 2,1 Mrd. EUR; das 4,5fache davon wären 9,45 Mrd. EUR. Der 2003-Etat des US-Aussenministeriums beträgt 25,4 Mrd. US$.
     
  • Die deutschen Verteidigungs-Ausgaben betragen ca. das 12,5fache des AA-Titels. Nimmt man diesen Faktor als Muliplikator des US-AA-Titels, “dürften” die US-Verteidigungs-Ausgaben 317,5 Mrd. US$ betragen; die tatsächliche Höhe des US-Verteidigungs-Budget liegt 61,8 Mrd. über dem “deutschen Mass”. Der “kleine Unterschied” der Verteidigungs-Effizienz sollte dabei nicht unbedacht bleiben.
     
  • Der Rüstungs-Titel für die US-Streitkräfte steigt vom Haushaltsjahr 2002 (61,1 Mrd. US$) um 7,6 Mrd. US$ auf 68,7 Mrd. US$ im FY 2003 (bei 3,7 % Inflation). Dies eine “hemmungslose Hochrüstung” angesichts der Szenerie zu nennen, macht grün.

Was soll es? Als beliebtester deutscher Politiker kann man halt reden, was das Zeug hält; Hauptsache, man ist Gut-Mensch. Noch dazu ist allerorten Wahlkampf.

{Nicht durchkämpfen - durchkuscheln}

 

Nahost: EU-Angriff

11. Februar 2002

Die Europäer sollen aufgeweckt werden. Den Trompeten-Stoss hat der französische Aussenminister Hubert Védrine in einem Interview mit dem französischen Rundfunk-Sender FRANCE INTER am 6. 2. 02 geblasen (Übersetzung Bundespresseamt):

  • “(Die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten einseitig Sharon unterstützen), ist ein ernstes Problem ... Wir engagieren uns wie sehr viele andere Regierungen im Kampf gegen den Terrorismus. Doch es gilt auch, sich mit seinen Wurzeln zu befassen! Heute laufen wir Gefahr, uns erneut einer Vereinfachung hinzugeben, die darin besteht, alle Probleme der Welt allein auf den Kampf gegen den Terrorismus zu reduzieren. Das ist nicht seriös.”
    Interviewer: “Doch es ist vielleicht notwendig. Die Rede von George W. Bush läuft genau darauf hinaus!”
    Hubert Védrine: “Das ist der Ansatz der Amerikaner. Doch diese Vorstellung kann man nicht akzeptieren. Europa muss sich selbst treu bleiben ... Die Europäer sind heute einstimmig (!) nicht einverstanden mit der Politik des Weissen Hauses im Nahen Osten und sind der Ansicht, dass es ein Fehler ist, blind die pure Repressionspolitik von Ariel Sharon zu unterstützen.”

Wie sieht nun die formidable EU-Attacke für den Frieden in Nahost aus? Uns ist noch unklar, in wieweit  die EU-Aussenminister bei ihrem informellen Treffen im spanischen Cáceres auf die Védrine-Pläne eingeschworen worden sind (Quellen: rtr, AFP, RTL,  zitiert im “Nachrichten-Spiegel Ausland” des Bundespresseamtes):

  • Volksabstimmung in Palästina über ein Verhandlungsangebot an Israel (lt. Aussenminister Fischer soll es sich “eher um eine politische Idee” handeln);
  • Wahlen in Palästina (“Dies stehe allerdings lt. Védrine weder heute noch morgen an”);
  • Völkerrechtliche Anerkennung Palästinas als Staat (zustimmende Äusserungen durch den EU-Rats-Vorsitzenden, den Spanier Piqué, den Beauftragten für die gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik der EU, Solana);
  • Eine Internationale Friedenskonferenz (wohl auch von F vorgeschlagen, hat EU-Aussen-Komissar Chris Patten aber mit seiner Rede vom 5. 2. 02 versenkt);
  • Das Europäische Parlament ist für die Entsendung von internationalen Beobachtern und will Präsident Arafat und Aussenminister Peres einladen, vor den Abgeordneten in Straßburg zu sprechen.

Bisher haben die Europäer immer Eide geschworen, dass der sog. Mitchell-Plan die gemeinsame Grundlage für Alle sei; dies ist nun wohl zu Ende. Schauen wir, was die Europäer können. Rein theoretisch sind sie schon gut:

  • Aussenminister Fischer weiss, “dass die Europäer keinen militärisch verengten Sicherheitsbegriff haben”. Will sagen: Die US-Regierung hat ihn (blöde Amis);
     
  • EU-Aussen-Kommissar Chris Patten hat gegenüber dem engl. GUARDIAN US-Präsident Bush für seine “absolutistische und allzu einfache” Aussenpolitik kritisiert. Washington müsse aufgehalten werden, ehe es zu einer “einseitigen Übertreibung” komme; Bush folge offenbar mehr der Rhetorik als der Substanz (AFP/dt.) - (gefährliche Amis);
     
  • Lt. dpa hat die iranische Regierung der EU eine “gemeinsame Zelle” im Kampf gegen den Terror vorgeschlagen, “nicht unter der Flagge der USA”. Die EU habe eine Prüfung zugesagt (vielleicht schaut die EU mal in den Bericht von CIA-Direktor Tenet vom 6. 2. 02; danach unterstützt Iran die Hisbollah, die auch direkt auf Amerikaner zielt) - (kluge Europäer)

Die Darstellung der tatsächlichen Nahost-Politik der US-Administration in den letzten 12 Monaten kann man sich bei derartigen Vorgaben durch EU-Grössen wirklich sparen; warum die EU-Häuptlinge so übel holzen, werden sie uns sicher nicht verraten. Und die 300 Mio. US$, die die USA für Palästina vorgesehen haben, sind von der EU zu toppen. Vielleicht kommen die EU-Aussen-Theoretiker mal auf die glänzende Idee, angesichts ihres “unverengten Sicherheitsbegriffs” dafür zu sorgen, dass - wie für 2001 - die nicht verausgabten Haushaltsmittel in Höhe von 10 Mrd. EUR wieder an die danach geifernden National-Haushalte zurückgegeben werden (D: 2,33 Mrd. EUR), sondern für eine intensivierte EU-Sicherheitspolitik (schwerpunktmässig an Afrika beispielsweise) freigegeben werden.

{Hallo, Chris, Hubert, Josef, Javier, Jack - richtige Arbeit für Euch}

 

MdB Lamers: Empathie

7. Februar 2002

Karl Lamers (66), Bundestags-Abgeordneter der CDU aus Königswinter, seit 1980 im Bundestag und aussenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, hat SPIEGEL Online ein Interview gegeben, dass u. E. beachtenswert ist:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,180897,00.html

MdB Lamers, dessen Verdienste um die Aussenpolitik Deutschlands vorab sehr deutlich anerkannt werden sollten, ist mit Sicherheit mutig, denn als CDU/CSU-Mitglied auf der vorletzten Sicherheitspolitischen Konferenz (37., München) gegen die Raketen-Abwehr zu plädieren, auf der 38. Konferenz gegen einen Krieg gegen Irak, ist so einfach sicher nicht.

Auf die “Kritik-Losigkeit” angesprochen, antwortet MdB Lamers:

  • “Das Problem ist die Schwäche Europas, nicht die Stärke der USA. Europa hat politisch wie auch militärisch wenig in die Waagschale zu werfen.”

Dies ist der erste befremdliche Punkt: Wirkliche Stärke kann nur in der Wahrheit, der Richtigkeit liegen; das hat weder mit Politik noch mit Militärmacht etwas zu tun.

Nach dem SPIEGEL-Argument, dass “aus der Sicht der USA .. die Beseitigung Saddam Husseins nicht nur ein Dienst für ihre eigene Sicherheit, sondern für die gesamte Welt” wäre, antwortet Karl Lamers:

  • “ Das ist eine sehr vordergründige Sichtweise. Was wären die Folgen eines Angriffes? Es würde (Gliederung d. Verf.)
    - das Ende der Koalition mit der arabisch-muslimischen Welt eingeläutet,
    - der Konflikt zwischen Israelis und Palistinänsern weiter angeheizt,
    - ein möglicher irakischer Gegenschlag mit biologischen und chemischen Waffen auf Israel herausgefordert und
    - das transatlantische Bündnis erheblich belastet.
    Das können wir nicht wollen.”

Ist es “vordergründig”, dass

  • es keine wirkliche “Koalition mit der arabisch-muslimischen Welt” gibt?
  • der israelisch-palistinensische Konflikt in sich selbst nicht zusätzlich anheizbar ist?
  • der Irak derzeit gegen Israel keine Trägermittel für B+C-Waffen-Angriffe verfügt?
  • das transatlantische Verhältnis sowieso belastet ist?

Nach Lamers “Das können wir nicht wollen” erinnert SPIEGEL-Interviewer Severin Weiland an die Fehl-Prognosen vor Beginn des Afghanistan-Krieges. Karl Lamers antwortet:

  • “Selbst wenn ein militärischer Schlag zum Sturz des Diktators führte - was wären die Perspektiven für einen freien Irak? Wer soll die Verantwortung im Lande übernehmen?”

Man sollte hier nicht gelähmt stocken, sondern Karl Lamers’ Begründung verarbeiten:

  • “”Die Lage im Irak ist nicht mit der vor dem Sturz der Taliban in Afghanistan zu vergleichen. Die Amerikaner wissen sehr genau über die Schwäche der irakischen Opposition Bescheid. Sie ist bedeutungslos und zerstritten (stimmt - traf aber auch auf Afghanistan zu). Das Land drohte in drei Teile zu zerfallen mit unabsehbaren Folgen für die regionale Stabilität.
    Ich befürchte zudem, dass die Europäer als Juniorpartner am Ende die militärischen, finanziellen und politischen Folgelasten einer solchen Intervention zu tragen hätten.”

Für uns lautet die “Message”:

  • Greife keinen Diktator an; seine Opposition ist unfähig.
  • Greife keinen Diktator an; die regionale Stabilität ist gefährdet.
  • Greife keinen Diktator an; die USA wälzen die Kosten auf Dich ab.

SPIEGEL-Weiland danach: “Also treten die Amerikaner wieder einmal als arrogante Weltmacht auf?” MdB Lamers glaubt das nicht, aber: “In aller erster Linie geht es den USA nach den Anschlägen vom 11. Sept. um ihre eigene Sicherheit.” Severin Weiland fragt: “Und geraten dabei in die Gefahr, andere mit hineinzuziehen?”

Was nun als Antwort von Karl Lamers folgt, ist u. E. ein “Klassiker” in Sachen Unterschied hinsichtlich “sicherheitspolitischer Kultur” zwischen Europa und den USA, mit den ganzen “Anhängseln” der Geschichte (und der unglaublichen inhärenten Widersprüchlichkeit):

  • “Das ist wahrscheinlich das Problem aller erfolgreichen Gesellschaften - die nicht hinreichend ausgebildete Fähigkeit, die Welt und sich selbst mit den Augen der anderen zu sehen. Deshalb wäre es ja so wichtig, dass die Europäer mit einer Stimme sprechen. Unser so unterschiedlich geprägter Kontinent hat - trotz immer wiederkehrender Rückschläge - gelernt, sich in die Lage des anderen hineinzuversetzen. In diesem Sinne könnten wir Europäer den USA wirklich helfen. Aber dazu müssen wir uns zusammenraufen.”

Dass Empathie eine absolut wichtige und notwendige Kategorie aussen- (und innen-) politscher Analyse und Verhaltens-Element sein muss, kann nur von Narren bezweifelt werden. Aber wie weit geht sie?

  • Ist Empathie nur ein strategisches Kalkül ohne Moral?
  • Wem gilt die Empathie? Den Unterdrückten oder den Herrschenden?
  • Ist Empathie eine Frage von Kosten und Angst?
  • Ist Empathie eine Frage der herrschaftlichen Bestimmung der Zukunft?
  • Oder ist Empathie nur das Synonym für Hilflosigkeit oder gar “Feigheit” vor eigenem (schuldbeladenem) Bekenntnis?
  • (Erweitern Sie standesgemäss)

{Sun Tsu sagt: “Irgendwan musst Du zu Dir selbst kommen”}

 

38. München-Konferenz: Chuzpe

5. Februar 2002

Sie hätten alles per Video-Streaming über Internet und die Berichte aller Medien verfolgen können, ohne darauf zu warten, dass wir endlich in den Sattel kommen (sorry). Aber in unserem Alter ist man so geschafft, wenn man einen Super-Bowl wie die “XXXVIII. Münchner Konferenz zur Sicherheitspolitik” zu verarbeiten hat: Die Superlative der “World Strategic Community” - 20 lang erscheinende Reden, abzuholen bei
http://www.securityconference.de
und zu wenig Diskussionen in insgesamt rund 14 Stunden Programm, Pausen eingerechnet. Wie letztes Jahr sassen die Journalisten in einer “Lege-Batterie” und glotzten auf Monitore, die das Geschehen im “grossen Saal” halbwegs verfolgbar übertrugen. Während der Mittagspause haben wir das Geschehen “draussen” ein wenig miterlebt und bei den Demonstrations-Fahnen das Symbol gesehen, welches in der wirklichen Welt seit längerem nun wirklich out ist: Hammer und Sichel.

Wollte man eine Fundgrube für Beweise des Auseinander-Driftens der Sicherheitspolitik der USA und Europa suchen: Das 38. (!) “München” ist eine:

  • Die USA, delegiert mit dem stellv. Verteidigungsminister Wolfowitz, der bisher stärksten Delegation (35) von Senatoren, Kongressmen und einer Kongress-Woman, lieferten klare und harte Beiträge:
    - Wolfowitz zitierte (zustimmend) seinen Chef Rumsfeld in Sachen Präemption und Prevention (“We are at war”), erinnerte an Churchill (“Each on hopes that if he feeds the crocodile enough, the corcodile will eat him last”), sinnierte über das Verhältnis von “mission” und “coalition” und bezeichnete die Schlüssel-Ziele für die “Transformation” der NATO für den
    Prag-Gipfel, was in dem allgemeinen Wust von Problemen wohl wenig beachtet worden ist;
    - Der einflussreiche US-Senator McCain war (aus kommunikations-theoretischer Sicht) so brillant wie letztes Jahr, und deutlich: “Diktatoren, die Terroristen beherbergen und Massenvernichtungs-Waffen bauen, sind unterrichtet, dass ein solches Verhalten, schon für sich selbst, ein Kriegsgrund ist.” “A terrorist resides in Bagdad ...” Sehr deutlich führte er die Pro-Türkei-Fraktion; früher war Deutschland Frontstaat, nun ist es die Türkei.
    - US-Senator Lieberman, letztes Jahr Front-Spieler, war diesmal guter “Ausputzer”: Er brachte das Thema “Technologie-Lücke” richtig ins Spiel und signalisierte, dass die US-Politik für die NATO-Erweiterungs-Runde in Prag gleich sieben der neun Kandidaten aufnehmen mag.
     
  • Das europäische “Unbehagen” äusserte sich durch Debatten-Beiträge wie die des britischen Parlamentariers Campell, der deutschen MdBs Lamers (CDU) und Weisskirchen (SPD). Verteidigungsminister Scharping wollte gern, dass jede zukünftige Militär-Aktion durch UN-Mandate abgedeckt wird. Nach einer grösseren Pause, in der wir selbst erlebt haben, wie Europäer sich wegen der “bösen Achsen”-Passage von W. Bush schüttelten, war der Gleichklang der Debatten unter den Big Shots nachzuvollziehen: Die US-Parlamentarier boten stattdessen an, doch von der “Achse der Guten” (NATO etc.) zu reden.

Das hat uns letztlich zu der (wahrscheinlich originären) Erkenntnis gebracht, dass in den Beiträgen, wo es nicht um reine Selbstdarstellung geht, das “Chuzpe-Prinzip” die Kommunikations-Strategie beherrscht (Chuzpe = Als Eltern-Mörder verlangen Sie Milde vor Gericht mit dem Hinweis darauf, dass Sie nun Voll-Waise sind):

  • Als US verschweigen sie, dass sie den EU/NATO-Quassel-Klub für Action überhaupt nicht gebrauchen können und loben die “Kooperation” und die “wertvollen Beiträge” der Europäer “über den grünen Klee”;
     
  • Als Europäer klagen sie über die amerikanischen “Alleingänge” und freuen sich heimlich darüber, durch aktive Einbindung nicht die allergrössten innenpolitischen Schwierigkeiten bekommen zu haben und die Vermeidung des Offenbarungs-Eides, nichts wirklich Brauchbares zu haben;
     
  • Bei dem in München unvermutet aufgesprungenen Thema “Trans-Atlantische Rüstungs-Zusammenarbeit” verschweigen sie als Amerikaner am besten, dass sie keine Lust haben, für die Weltmarkt-Konkurrenz mit den Europäern denselbigen die wahnsinnig teuer erkauften Forschungs-Ergebnisse kostenlos in den Rachen zu werfen. Die Europäer dagegen tun gut daran, zu verschweigen, dass sie national alle eifrig die nationalen “Kernfähigkeiten” aufrechterhalten wollen und ihre wenigen Global Player mit Aufträgen verhätscheln, damit diese gegen die US-Macht antreten können.
     
  • Wir könnten noch mehr Beispiele aufzeigen, möchten aber der Zeit wegen auf die Giga-Ziele der Chuzpe-Kommunikations-Strategie verweisen:
    1. Sättigung (allseitige Erschöpfung)
    2. Prinzip (unerfüllte) Hoffnung
    3. x-ter Lehrsatz der rheinischen Strategie: “Ät kütt wis kütt” (Es kommt wie es kommt).

Kleine Neben-Bemerkungen möchten wir aber dennoch anschliessen:

  • Die Chinesen haben mit ihrem Vize-Aussenminister Wang Yi ein in jeder Hinsicht beachtliches Kaliber präsentiert;
     
  • Sergej B. Iwanow, Minister für Verteidigung der Russischen Förderation, präsentierte sich im Vergleich zur 37. Münchner Konferenz in geradezu Top-Form. Vor allem nach der Herausforderung von Fragen durch die US-Politiker parierte er glänzend. Absolute Spitze war sein Argument, dass die Atom-Assistenz der Russen für das iranische Kraftwerk in Busher nichts anderes sei wie die versprochene US-Assistenz für einen zukünftigen (?)Leicht-Wasser-Reaktor der Nord-Koreaner (wer kann da noch mithalten?).
     
  • Wenn der Chef des deutschen Geheimdienstes, Dr. August Hanning (BND), bei einer solchen Konferenz “aus der Deckung” kommt, ist das schon beachtenswert:
    - 1. widerspricht er US-Senator McCain: “Wir haben Al-Qaida seit 1995 zugelassen ...”
    - 2. weist Hanning auf das (Miss)Verhältnis der Aufwendungen des Anti-Terror-Kampfes vor 11/9/01 und danach hin;
    - 3. fordert er eine Koalition gegen die Proliferation von Massen-Vernichtungswaffen (wir kennen die Firmen, die Hintermänner).
    Recht hat er irgendwie schon, aber dann “fliegen” die “secondary supplier” in China, Indien, Pakistan und Nord-Korea in die Luft - macht jemand mit?
     
  • Dem “Elder Statesman” Horst Teltschik als Ober-Mohr Vorschläge für die Re-Organisation der Tagung zu machen, verbietet sich wohl von selbst. So kurz-sonorig, wie er die Tagung geleitet hat, wird er diese auch abbügeln nach dem Motto: Wem es nicht passt, der kann zu Hause bleiben.

Das Momentum der Konferenz an sich wirkt über sich selbst hinaus (wohin?):

{Chuzpe}

 

Tokio/Wellington: 2 ping

29. Januar 2002

Leider ist unsere Verbindung nach Neuseeland abgerissen, denn wir wissen nicht, wie sich die folgende Geschichte weiterentwickelt hat:

  • “Die WELT” hatte am 8. Januar 02 gemeldet, “Bundeswehr-Soldaten sollen am Mittwoch in Kabul eintreffen”. Wesentliche Quelle der Informationen der WELT waren Darlegungen des Verteidigungsministers Scharping. Teil des WELT-Textes war:
    “Neuseeländische Soldaten begannen mit Vorbereitungsarbeiten am künftigen Quartier der deutschen Voraus-Truppe. Mehrere Dutzend Soldaten brachten Stacheldraht rund um das Gelände an und nahmen Renovierungsarbeiten in dem weitgehend fensterlosen Hauptgebäude des Komplexes vor.”
     
  • Im antipoden Wellington hat diese Geschichte erhebliche Wellen ausgelöst. Die neuseeländische Premierministerin Helen Clark wurde nach einem Bericht der “Evening Post” vom 22. 1. 02 recht gallig:
    Jeder, der etwas von den neuseeländischen Special Forces verstehe, wisse, dass sie für die Terroristen-Bekämpfung ausgebildet und keine Armee-Ingenieure seien, deren Fähigkeiten auf den Bau von Latrinen ausgerichtet wäre.
    Viel wichtiger war:
    Die neuseeländische Regierung werde prüfen, ob Herr Scharping “versehentlich” etwas über den Aufenthalt der Special Forces bekanntgegeben habe. Falls man zu einem derartigen Ergebnis käme, werde man es bekanntgeben.
    Leider reisst hier unser Kontakt ab - es reicht auch.

Der 2. ping kommt im Nachhall von der Tokioter “Geber-Konferenz” für Afghanistan.

  • Für den 20. 1. 02 war eine Besprechung zu dem Themenbereich “Sicherheits- und Streikräfte-Strukturen” anberaumt:
    Präsentation erster konkreter Überlegungen seitens der USA und Gross-Britanniens, evtl. in Verbindung mit der Abfrage konkreter Unterstützungsleistungen durch die Konferenz-Teilnehmer.
     
  • Von seiten des Verteidigungsministeriums konnte nichts dazu beigetragen werden, denn ihm wurde kein Platz in der deutschen Konferenz-Delegation für Tokio gewährt.

{Gib mir noch ein ping - heute vom BVerG}

 

AF-Luft-Transport: EUR-Pool

23. Januar 2001

Derweil sich alles im A400M-Stress befindet, den wir schon vor einer Woche überwunden haben, konnten wir ein Bild schiessen, wie unsere fixen Bw-Logistiker die Afghanistan-Problematik in den Griff bekommen haben. Die gute “Trall” (C-160) mit fünf Zwischenlandungen bis Kabul, ca. 9 t realistischer Beladung und 12.800 US$ pro Flugstunde konnten sie nicht ins Rennen schicken. Eine britische Charter-Linie hat bisher das Rennen mit ihrer Antonov “Ruslan” (AN-124), max. 120 t, real 80 - 90 t (Gewicht/Volumen-Problematik) gemacht.

Ab dem 29. Dezember 01 standen 2 AN-124 bis zum 9. Jan. 02 in Wahn geordert, ohne allerdings nach Kabul fliegen zu können; es dürfte pro Tag bestenfalls 20.000 US$, höchstens knapp 80.000 US$ gekostet haben.

  • 12 Kabul-Flüge sind abgehakt, weitere 10 vertraglich abgesichert. Kosten pro Flug: rund 220.000 US$ (250.000 EUR)
     
  • Weitere 78 Kabul-Einsätze werden derzeit unter Vertrag genommen, wahrscheinlich mit einem Zeitfenster bis zum 31. März 02, rund 1 Flug pro Tag. Gesamtkosten für ein Quartal Bw/AF: 25 Mio. EUR.

Kalkuliert man die Kosten des Kabul-Fluges in Höhe von 220.000 Mio. US$ durch, ergibt sich:

  • Der Bundesrechnungshof gibt in seinem Gutachten vom 12. Oktober 01 zum Thema FTA (A400M) die Flugstunde der AN-124 mit 8.500 US$ an (ACMI-Rate - Aircraft, Crew, Maintenance, Insurance, also “trocken” - ohne Treibstoff). Die “nasse” Leasing-Rate schätzen Experten auf 15.000 US$/h.
     
  • Geht man von einer 1Flug/Tag-Rechnung (Kabul hin 6h + 6h zurück), dann kostet die 24h-Flugstunde/Kabul den Bund 9.166 US$.
     
  • Rechnet man 12 “nasse” Flugstunden, ergeben sich 180.000 US$. Die “Standzeit-Kosten” würden sich demnach auf rund 3.300 US$/h belaufen (pro Tag also 80.000 US$ Standzeit “unter Auftrag”).

Bei 25 Mio. EUR/100 x Kabul lockt natürlich die Vorstellung, dass man von den derzeit rund 35 fliegenden AN-124 den Eignern zum Gebrauchtpreis von rund 50 Mio. EUR eine/zwei/drei Maschinen abkauft, um unter Bw-Regie einen sicheren Grundstock für strategischen Lufttransport zu haben, nicht erst ab 2008 einen eigentlich taktischen durch die A400M. Die Beantwortung dieser Frage wollen wir aber Experten überlassen, die das von ihrer politischen Führung natürlich nie gefragt werden.

Noch abenteuerlicher ist die folgende Fragestellung: Was ergäbe sich, wenn ein fescher deutscher Verteidigungsminister evaluieren liesse, ob das US AirTransport Command mit seinen (betriebswirtschaftlich) sicher unterforderten Kapazitäten gegen Erstattung der (geschönten) C-17-Flugstunden-Kosten “geleast” werden könnte? Aber ein Verteidigungsminister, der seinen amerikanischen Partner, “Freund” und Amtskollegen nicht “riechen” kann, kommt auf solche Schnaps-Idee am allerwenigsten. Wie heisst doch das alte russische Sprichwort?

{“Umsonst ist nur der Speck in der Mausefalle”}

 

Konzeption der Bundeswehr: Mil-Soap

21. Januar 2002

Es ist eine Fleissarbeit, ein Weissbuch-Versatz, eine Grundlage für Diskussionen - aber leider Verschluss-Sache mit Stand 13. 12. 2001: “Konzeption der Bundeswehr” (KdB), 59 Seiten. Alles ist gar nicht falsch, aber trotzdem wird man bezüglich der Kernfragen wenig damit anfangen können. Mögliche Kanten sind zu Rundungen formuliert und Fettnäpfe sind so klein, dass man grosse Mühe hat, sie auszumachen. Nie wird aus Alternativen heraus die richtige Lösung erarbeitet. Grundlage für die Schrift sind 18 “Bezugsdokumente”, die teilweise Verschluss-Sache sind, und die natürlich die Fragestellung aufwerfen, ob in der KdB Neuerungen enthalten sind.

Aber Fragen einer Konzeption sind auch (vor allem?) Machtfragen, und auf diesem Minenfeld ist vorausahnender Gehorsam und äusserste Geschmeidigkeit angesagt, vom Geld ganz zu schweigen. Wir haben in der 59 S.-Lyrik die Schmanker’l gesucht. Aber Achtung, es sind immer noch 6,5 Seiten:

  • Kapitel 1: Zweck (S. 7)

    “Die KdB ist die grundlegende Weisung für die Ausrichtung der Bundeswehr zur Erfüllung ihres Auftrages sowie für deren Weiterentwicklung ... Die KdB ist das Grundlagendokument für die Bundeswehrplanung. Sie bestimmt die mittel- bis langfristig zu erreichenden Ziele der Bundeswehrplanung und ist zugleich Grundlage für die Festlegung von Zwischenzielen.”
    (Auf S. 56 ist erklärt: kurzfristig = bis 2006; mittelfristig = bis 2012; langfristig = 2012 +)
     
  • Kapitel 2: Rahmenbedingungen (S. 8 ff.)

    2.1 Sicherheitspolitische Lage
    “Eine existenzgefährdende konventionelle militärische Bedrohung Deutschlands und der NATO als Ganzes ist gegenwärtig ausgeschlossen, kurz- bis mittelfristig höchst unwahrscheinlich.”
    “Die Wahrscheinlichkeit asymetrischer Angriffe ... ist signifikant gestiegen.”
    “Die Proliferation von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägermittel stellt eine besonders destabilisierende Entwicklung dar ... Objektiv betrachtet wird sich aufgrund der auf diesem Gebiet in den nächsten Jahren zu erwartenden qualitativen und quantitativen Weiterentwicklungen das Risikopotenzial vergrössern. Mittel- bis langfristig könnte sich daraus ein unmittelbares Risiko für das Staatsgebiet Deutschlands sowie vor allem für die Bundeswehr im Einsatz ausserhalb Deutschlands ergeben. Der aktive und passive Schutz vor solchen Waffen und deren Wirkung muss durch eine Politik der Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung ergänzt werden.”

    (allein diese Passagen sind Stoff für Zoff: Was bedeutet dies für die Priorisierung der Rüstungsvorhaben? Polemisch und kurz: Ende des Gefechts der verbundenen Augen, ääh Waffen und Raketen-Abwehr auf allen Höhen. Müssten die Parteien im Wahlkampf eigentlich etwas dazu sagen).

    2.2 Geostrategische Randbedingungen
    Aus seiner vormaligen Randlage ist der Mittelmeerraum mit den Maghreb-Staaten ind den Mittelpunkt des sicherheitspolitischenh Interesses Europas gerückt ...
    Die Regionen Zentralasiens und Kaukasus werden als besonders konfliktträchtig einzustufen sein.”

    2.3 Deutsche Sicherheitspolitik
    “Deutschlands Bedeutung und Einfluss auf die europäische und weltweite Entwicklung im Sinne des beschriebenen Ziels” ergibt sich nicht zuletzt aus der Bereitschaft und Fähigkeit, einen seiner politischen Verantwortung und seinem wirtschaftlichen Gewicht entsprechenden militärischen Beitrag zu leisten.”
    (leider wird nie das finanzwirtschaftliche “Gewicht” des Bundeshaushaltes (mit rund einem Viertel der Ausgaben zur Schuldentilgung) sowie das “Gewicht” des Verteidigungshaushaltes im Rahmen der politischen Priorisierung aller Einzel-Haushalte zum Maßstab genommen).
     
  • Kap. 3: Auftrag und Aufgaben der Bundeswehr (S. 12 ff.)

    1. “Wahrung der Souveränität Deutschlands im Frieden”

    2. “Kollektive Verteidigung”
    “Die Landesverteidigung im Rahmen des Bündnisses bleibt daher konstitutive Aufgabe der Bundeswehr als Ausdruck staatlicher Souveränität und gemeinsamer Sicherheitsvorsorge gegen derzeit zwar unwahrscheinliche, aber für die Zukunft nicht auszuschliessende negative Entwicklungen der sicherheitspolitischen Lage. Sie erfordert den Einsatz der gesamten Streitkräfte und damit den Aufwuchs auf einen mit der NATO abgestimmten Verteidigungsumfang, der unter anderm durch die allgemeine Wehrpflicht sichergestellt wird.”
    (das ist die erste tolle Volte: Unter 2.1 ist die ...Bedrohung bis 2012 noch “höchst unwahrscheinlich - aber für die Landesverteidigung lt. Grundgesetz braucht man 500.000 Mann - und damit die Wehrpflicht).

    3. “Konfliktverhütung und Krisenbewältigung”
    “Einsätze im Rahmen von Konfliktverhütung und Krisenbewältigung sind für deutsche Streitkräfte auf unabsehbare Zeit die wahrscheinlichsten.”

    4. “Rettung und Evakuierung”
    5. “Hilfeleistungen”
    6. Partnerschaft und Kooperation”
     
  • Kap. 4: “Leitlinien, Prinzipien und Vorgaben” (S. 15 ff.)

    “Bei der Aufgabenerfüllung orientiert sich die Bundeswehr an folgenden übergreifenden Leitlinien:
    1. “Der Mensch im Mittelpunkt” (und da steht er im Wege)
    “Zur Auftragserfüllung bedarf es der von ihrem Auftrag überzeugten, mitdenkenden, gut ausgebildeten, leistungsfähigen und leistungswilligen Soldaten und zivilen Mitarbeiter. Diese Forderungen stellen den Menschen in den Mittelpunkt der Bundeswehr. Er ist ihr wertvollstes Kapital. Seine Qualifikation, Motivation und Berufszufriedenheit bestimmen massgeblich die Einsatzfähigkeit.”
    (hier oder später hätte gut ein Satz gepasst wie: Die Einsatzfähigkeit ist permanent durch ein intensives, sozial-empirisches Controlling zu begleiten)
    “Wesentliche Quelle der Personalgewinnung sind die Streitkräfte selbst.”
    (bis März 2002 kommt das Wehrpflicht-Urteil des Bundesverfassungs-Gerichtes - aua)

    2. “Modernisierung von Material und Ausrüstung”
    “... haben danach grundsätzlich diejenigen Systeme, Projekte und Dienstleistungen Vorrang, die im Systemverbund zu den nicht oder nicht ausreichend materiell abgebildeten Fähigkeiten beitragen. Dazu zählen vor allem individueller und gemeinsamer Schutz des Einsatzpersonals, Weltweite Aufklärung, Strategische Verlegefähigkeit sowie Interoperabilität und Leistungsfähigkeit der Informations- und Kommunikationssysteme.”
    (ein “weites Feld”: allein der Punkt “Weltweite Aufklärung” ist eine Lachnummer)

    3. “Wirtschaftlichkeit von Beschaffung und Betrieb”

    4.2 Prinzipien
    1. “Streitkräftegemeinsamer Ansatz”
    2. “Multinationalität und Integration”
    “Fortschreitende politische Integration und absehbar knappe finanzielle Spielräume (!) machen Überlegungen zu gemeinsamer Aufgabenwahrnehmung bis hin zur Rollenteilung und Rollenspezialisierung erforderlich.” (schön, aber danach kommt:)
    “Bei der Beurteilung der Möglichkeiten und Grenzen internationaler Zusammenarbeit stellt sich neben der Frage nach den operativen Auswirkungen jedoch auch die nach dem Gewicht des nationalen Beitrags und der politischen Handlungsfähigkeit ...
    Fähigkeiten können nur dann und insoweit aufgegeben werden, wie die rechtlichen und gesamtpolitischen Rahmenbedingungen dies zulassen. Die Souveränität Deutschlands darf dadurch nicht gefährdet werden.”
    3. Flexibilität
    “Flexibilität findet ihre Grenzen dort, wo - mit Blick auf die zentrale Stellung des Menschen im System Bundeswehr - die Leistungsfähigkeit des militärischen und zivilen Personals überfordert und wo materielle Ressourcen unvertretbar überdehnt werden.” (be flexible enough to cover all threats!)

    4.3 Vorgaben
    “- eine grosse Operation mit bis zu 50.000 Soldaten über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr
    oder
    zwei mittlere Operationen mit jeweils bis zu 10.000 Soldaten über mehrere Jahre
    sowie jeweils parallel dazu
    mehrere kleine Operationen ...”
    (das ist wohl erst ab 2010 Ernst zu nehmen)
    “Eine sehr grosse Operation wird innerhalb des NATO-Vertragsgebietes durchgeführt. Für mögliche Einsatzgebiete im Rahmen anderer Operationsarten gibt es keine Einschränkungen hinsichtlich geographischer Lage und klimatischer Bedingungen.”
    “Der Präsenz- und Ausbildungsumfang von ca. 282.400 Soldaten ... ist voraussichtlich quantitativ im Jahr 2004, qualitativ im Jahr 2012 erreicht. Er kann nach Mobilmachung auf einen Verteidigungsumfang von bis zu 500.000 Soldaten aufwachsen.”
     
  • Kap. 5: Fähigkeitsprofil (S. 27 ff.)
    “Das neue Fähigkeitsprofil der Bundeswehr wird durch die Gesamtheit der sechs miteinander verzahnten Fähigkeitskategorien ...

    1. Führungsfähigkeit

    “Informationsüberlegenheit stützt sich wesentlich auf die Führungsfähigkeit ab.”

    2. Nachrichtengewinnung und Aufklärung

    “Die Verbesserung der Fähigkeit zu Weltweiter Aufklärung ist mit sehr hoher Priorität zu verfolgen” (richtig wäre hier: operative und taktische Führung, Aufklärungs- und Überwachungs-Fähigkeiten (C4IRS) in Fast-Echtzeit; ein Beispiel für vorauseilenden Gehorsam, weil Scharping unbedingt Satelliten-Bildchen haben möchte)

    3. Mobilität

    “Mobilität ist unabdingbare Voraussetzung für die Auftragserfüllung.”
    Untergliederung in strategische und operative Verlegefähigkeit sowie taktische Beweglichkeit. (auch ein abendfüllendes Programm)

    4. Wirksamkeit im Einsatz

    “Für die erfolgreiche Führung von Kampfeinsätzen ist diese Fähigkeitskategorie die am Ende bestimmende Grösse.”
    (eine “heimliche” Offensive startet die KdB mit dem folgenden Text, der eigentlich in das Kapitel “Mobilität” gehört):
    “Die blosse Anwesenheit von Streitkräften in unmittelbarer Nähe eines potenziellen Einsatzgebietes im Sinne demonstrativer Präsenz kann ausreichend sein, um politische, militärische oder psychologische Wirkung zu erzielen und sowohl politisch als auch militärisch flexible Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Sie kann bereits im Vorfeld von Krisen und Konflikten ... eingesetzt werden. Die dauerhafte Präsenz in internationalen Gewässern, auch ohne das Erfordernis einer diplomatischen Anmeldung oder politischen Zustimmung eines Gastlandes (Host Nation), bietet zu dem die Option sowohl zu einer Vorausstationierung von Landstreitkräften zu Herstellen einer schnellen Reaktionsfähigkeit als auch zur Demonstration des politischen Willens zu deren Einsatz.”
    (das dürfen die “Parlaments-Heer”-Anhänger aber nicht lesen)

    “Rechtliche Aspekte, humanitäre Rücksichtnahme und hohe politische Sensibilität bei Einsätzen erfordern es, Schäden durch unerwünschte Waffenwirkung soweit möglich zu vermeiden. Präzise Einsatzplanung und Zielerfassung unter Nutzung aller verfügbarer Informationen, höchste Treffgenauigkeit durch Verwendung von Präzisionswaffen und -munition mit zielangepasster Wirkung sind unerlässlich, um Kollateralschäden zu minimieren.”
    (richtig, “von entscheidender Bedeutung”. Aber die Umsetzung in der Beschaffungs-Priorisierung???)
    (geradezu brillant wird dann ein einziger Satz zu einem Thema eingeschoben, das aktiv verschleiert werden muss):
    “Die Fähigkeit zur nuklearen Teilhabe bleibt als Ausdruck der Bündnissolidarität und zur Sicherstellung der Mitsprache im Bündnis erhalten.”

    Massives Diskussions-Material gibt es dann in den Kapiteln “Wirkung gegen Ziele am Boden, ... in der Luft, ... auf und unter Wasser” (Kap. 5.4.1 ff.). Die dortigen Aussagen müssten ja eng mit denen über wahrscheinlichste Einsatz-Szenarien und Kräfte-Verteilung (Pers) sowie Rüstungs-Priorisierung verknüpft werden und in realistisch zu erwartende Finanz-Linien eingeordnet werden. Schönster Patzer ist:
    “Die Fähigkeit schwerer Waffensysteme und Plattformen zur Führung mechanisierter Operationen zum Erzielen langanhaltender Wirkung gegen gepanzerte Kräfte wird ihre Bedeutung für das Herbeiführen von Entscheidungen im Gefecht der Verbundenen Waffen behalten, quantitativ jedoch abnehmen.”
    (Ja, das ist es, das Gefecht der Verbundenen Augen)

    Da die Sprach-Modellierer aus der Raketen-Abwehr die “Erweiterte Luft-Verteidigung” geformt haben, fällt das Finanz-Volumen für den folgenden Text nicht besonders auf (S. 35):
    “Bei allen Einsätzen der Streitkräfte ist das Erreichen und Erhalten des erforderlichen Grades der Kontrolle über den Luftraum wesentliche Voraussetzung für den Schutz der eingesetzten Kräfte und für die Operationsfreiheit der Streitkräfte. Hierfür müssen die Streitkräfte in der Lage sein, im Rahmen der Erweiterten Luftverteidigung in einem streitkräftegemeinsamen Ansatz das Territorium, die Bevölkerung, eigene und verbündete Kräfte gegen Bedrohungen aus der Luft zu schützen.”

    5. Unterstützung und Durchhaltefähigkeit

    Fundus für eine bombastische Fragestellung bietet u. E. das Fähigkeitsprofil für die “Sanitätsdienstliche Versorgung” (S. 40). Hier wird gefordert:
    “Bei Einsätzen ist die präklinische und klinische Einsatzversorgung einschliesslich der Rettung und des Verwundetentransportes mit einem qualitativ dem medizinischen Standard in Deutschland entsprechenden Ergebnis zu gewährleisten.”
    (uns hat ein Experte ins Ohr geflüstert, dass das gesamte Bw-San-Wesen in der Lage ist, den o. a. Standard (nur) für 10.000 Soldaten im Einsatz zu garantieren. Wir werden diese Frage nicht aus dem Auge verlieren)

    Unter “Informationsarbeit” lernen wir:
    “Militärmusik ist Teil der Informationsarbeit” (Tusch)

    6. Überlebensfähigkeit

    “Dem Schutz der eigenen Kräfte kommt deshalb im Einsatz und im Grundbetrieb höchste Bedeutung zu.”
    “Die Befähigung zur Abwehr von Minen und nicht zur Wirkung gelangter Munition und Sprengmittel (Kampfmittelabwehr) haben aufgrund der Verbreitung dieser Bedrohungsformen herausragende Bedeutung für Kräfte im Einsatz.”
     
  • Kap.6: Zuordnung der Fähigkeiten

    Die im Kap. 5 beschriebenen sechs Fähigkeits-Kategorien (Führungsfähigkeit bis Überlebensfähigkeit) werden bezüglich der Verantwortlichkeit zugeordnet. Wir greifen heraus:

    6.3 Mobilität
    “Das Heer muss operative Verlegungen bei unzureichender Luft-, See- und Eisenbahnanbindung mit eigenen Mitteln und mit Unterstützung durch die SKB durchführen können.” (das ist Logistik3)
    “Die Luftwaffe stellt die Fähigkeit zum strategischen beziehungsweise operativen Lufttransport von Personal (Schwerpunkt) und Material ...
    Die Marine stellt die Fähigkeit (zum strat. bzw. op.) Seetransport von Material (Schwerpunkt) und Personal ...
    “Taktische Beweglichkeit erfordert bei allen milOrgBer die Fähigkeit, sich mit eigenen Mitteln im Einsatzgebiet der Lage entsprechend unter Bedrohung zu bewegen.”

    6.4 Wirksamkeit im Einsatz
    “Die Marine muss zur präzisen Bekämpfung von Zielen am Boden von See aus befähigt sein” (neu und teuer)
    “Die Luftwaffe muss zur Überwachung und Kontrolle des nationalen Luftraums und des Weltraums (!) sowie des Luftraums über dem Einsatzgebiet befähigt sein.” (und dann folgt die Raketenabwehr-Zuständigkeit, aber:)
    “Das Heer und die Marine müssen einen Beitrag zur Erweiterten Luftverteidigung mit bodengebundenen und seegestützten Fähigkeiten leisten. Dies schliesst die Möglichkeit zur seegestützten Abwehr taktisch-ballistischer und aerodynamischer Flugkörper ein.”

    6.5 Unterstützung und Durchhaltefähigkeit
    “Alle milOrgBer müssen ausgefallenes Material ihres Verantwortungsbereiches instandsetzen oder austauschen können; hierzu sind Materialerhaltungskapazitäten der Bundeswehr und der Wirtschaft erforderlich. Notwendige Reserven an Grossgerät sowie der Zugriff auf industrielle Kapazitäten müssen verfügbar sein.”
     
  • Kap. 7: Weiterentwicklung der Bundeswehr (S. 56 ff.)

    7.1 Langfristig wirkende Rahmenbedingungen

    “Konflikte und Krisen sowie Bedrohungen und Risiken wird es auf absehbare Zeit in vielfältiger Bandbreite geben. Sie werden politische, wirtschaftliche, religiöse und kulturelle Dimensionen in unterschiedlicher Ausprägung haben. Die Zunahme der sicherheitspolitisch relevanten Akteure wird sich fortsetzen. Neben Staaten ist insbesondere mit nichtstaatlichen Akteuren (Einzeltäter, Befreiungsbewegungen, Bürgerkriegsparteien, Netzwerke, kriminelle Organisationen etc.) zu rechnen.”
    “Mit einem gleichzeitigen Auftreten mehrerer Konflikte unterschiedlicher Ausprägung ist zu rechnen.”
    “Neben der - vor allem zu Beginn von Einsätzen und bei weiträumigen Operationen - gewachsenen Bedeutung der Dimensionen Luft und See bleibt Land die letztlich ausschlaggebende Dimension für alle Einsätze; für einen erfolgreichen Abschluss wird regelmässig der Einsatz von Kräften auf dem Boden erforderlich sein, häufig über längere Zeiträume hinweg. Schwerpunkte innerhalb der Dimensionen sind abhängig von der Konfliktform und der Operationsführung. Streitkräfte werden auf Distanz, aber auch in Duellsituationen kämpfen müssen.”
    (wieder Diskussionsstoff vom feinsten - aber wer diskutiert das? - mit wem? - mit welcher Aussicht auf “Erfolg”?)

    7.2 Folgerungen für die Bundeswehr

    (nochmal - zum Aufschreiben):
    “Eine existenzielle Bedrohung Deutschlands und der NATO als Ganzes durch militärische Kräfte und Mittel ist kurz- bis mittelfristig höchst unwahrscheinlich.”
    (mittelfristig war: “bis 2012”. In Verbindung mit dem nächsten Satz, den wir so noch nirgendwo “amtlich” gesehen haben, eine “Revolution”):
    “Im Fall einer sich langfristig abzeichnenden militärischen Bedrohung bleiben für Planung, Vorbereitung und Aufwuchs zum V-Umfang voraussichtlich mehrere (!) Jahre nutzbare Vorbereitungszeit.”
    (dagegen ist zu halten:)
    “Durch kaum vorhersehbare Massnahmen von Akteuren kann sich jederzeit eine Bedrohung für Deutschland entwickeln. Dazu gehören auch Bedrohungen im Spektrum der B- und C-Kampfmittel und - mit geringerer Wahrscheinlichkeit - auch nukleare Kampfmittel.”

    7.3 Folgerungen für die Umsetzung der KdB

    “Bei der Weiterentwicklung der Bundeswehr wird nicht die jeweils aktuelle Bedrohung an sich der Bezugspunkt der Planung sein, sondern die grundsätzlichen Fähigkeiten der Streitkräfte als Instrument der Aussenpolitik vorrangig zur Realisierung des Beitrags zu Frieden und Stabilität in und für Europa, darüber hinaus auber auch zur Wahrung der Interessen Deutschlands in anderen Regionen.”

    (nun kommt der Meister-Satz, auf den wir so lange gewartet haben, und der schamanenhaft Salbe auf dieser fürchterlichen Wunde ist:)
    “Bei der Planung und Durchführung von Massnahmen zur Umsetzung der Neuausrichtung und zur mittel- und langfristigen Weiterentwicklung
    kann es zu Zielkonflikten und zur Notwendigkeit der zeitlichen und finanziellen Priorisierung kommen. Diese erfolgt im Zuge der jährlich fortzuschreibenden Bundeswehrplanung unter Beachtung der jeweils gültigen Rahmenbedingungen einschliesslich aktualisierter konzeptioneller Vorgaben.”
    (haben Sie dieses wundervolle “kann” (es zu Zielkonflikten kommen) wirklich ganz in sich aufgesogen? Welch’ herrlichliche Botschaft - welch’ meisterliche Real-Satire - sorry, wir verstehen, dass sich keiner um seine Karriere schreiben will)

    (der letzte Satz der KdB wird alle Konzeptionäre in den Untergliederungen der Bw um den Schlaf bringen):
    “Bestehende konzeptionelle Dokumente sind zu prüfen und gegebenenfalls entsprechend der Dokumentenhierarchie zu überarbeiten.”

Tun Sie sich bitte abschliessend den Gefallen, sich nicht zu fragen, warum Sie bis hierher durchgehalten haben. Das war die “Grips-Show” für Ausser-Irdische, die von Hedonismus keine Ahnung haben, die “Military Soap” in der 4.711ten Folge - ohne Quoten-Anzeige.

{Sun Tsu sagt: “Gehe Deinen Weg - schaue weder vor noch zurück}

 

Internationale Hilfe: Vormerken

16. Januar 2002

Unter den Stichworten Krisenprävention, erweiterter Sicherheitsbegriff, internationale Verantwortung sind wieder neue Anforderungen erschienen, denen Deutschland eigentlich gerecht werden müsste:

Nun mögen wir keine Doktor-Arbeit über alle Feinheiten, Ist-Stände, EU- und nationale Programme etc. verfassen und deshalb - wie üblich - über den grossen Daumen peilen, d.h. USD = Euro; deutscher Anteil = 10 % (D-Anteil am UN-Beitragsschlüssel 9,soundsoviel %); Durchschnitt pro Jahr, nur deutscher Anteil:

  • Afghanistan-Rekonstruktion: 150 Mio. EURO pro Jahr;
  • Welt-Gesundheit: 470 Mio. EURO pro Jahr (leider haben wir nicht parat, wieviel die Deutschen pro Jahr für ihre Gesundheit ausgeben - ist jedenfalls ein irrer Betrag, ein “Industrie-Zweig”).

Nun verbleibt uns nur die Hoffnung, dass die Regierung samt Regierungsfraktion zukünftig die entsprechenden Beträge in die Veranschlagung des Bundeshaushaltes und die Finanzplanung aufnimmt und die Bürger darüber auch sachlich informiert. Wir werden uns mühen, diesbezüglich weiterhin Buch zu führen und die Fortsetzungen zu melden.

{Ja, es ist hier schon Karneval}

 

SITREP: Wetten?

14. Januar 2002

Ein wunderschönes 2. Wochenende/2002 haben wir in Bananen-Land wieder erleben dürfen. Sicherheitspolitik vom feinsten, in jeder Beziehung:

  • Zu verschmerzen war noch der erneute (und augenscheinlich unvermeidliche) Ausflug von ZEIT-Chefredakteur Michael Naumann in die Sicherheits-Gefilde: “Seemanslos: Kompasslos”. Naumannlos?
     
  • Beim Konkurrenz-Blatt “Die Woche” beschäftigt man sich seitenlang mit der “Militärmacht Deutschland”. Hans-Ulrich Jörges, stellv. Chefredakteur, titelt den “Triumpf des Krieges”, und lässt ganz zum Schluss erahnen, was er sich von den Europäern wünscht: ... den USA Paroli zu bieten.” Wirklich lesenswert in den weiteren Artikeln zur “Militärmacht Deutschland” sind (ausser für Freaks) nur die Umfrage-Ergebnisse; alles andere ist eher Bestandsaufnahme, aber nicht so übel.
     
  • Mit dem KK-Geschoss (Kanzler-Kandidat) Edmund Stoiber kommt Freude auf: Die “Verteidiger” glauben ihm, dass er die Bundeswehr vergrössert und die entsprechenden Milliarden locker macht. Wir werden ein Wett-Büro eröffnen müssen, um den grossen Reibach machen zu können. Dabei fällt uns auf, dass das die Idee ist: Auf Politiker-Aussagen werden Wetten angenommen! Nein, das wird nichts - wer wird auf Politiker setzen?
     
  • Wie könnte es anders ein - Rudolf Scharping gewinnt wieder die Vier-Schanzen-Tournee des neuesten absoluten Unfähigkeits-Beweises (siehe “SPIEGEL” etc.):

    1.: In Kuwait klopfen Soldaten in Zivil mit Touristen-Visa an, ob denn die tollen ABC-Füchse an einem viertägigen (!) Mannöver teilnehmen dürfen, von dem sich wegen der denkbaren Perzeptionen die Amis leise-weinend verabschiedet haben;

    2.: Die Saudis haben den Deutschen erzählt, dass sie für die Überflug-Genehmigungen immerhin 30 Tage benötigen. Dazu passt, was der saudische Prinz Sultan Bin Abdulaziz, zweiter stellvertretender Premier-Minister und Verteidigungsminister, empfohlen hat: Zürückhaltung gegenüber den USA.

    3. Wie der Verteidigungsminister die Vorhut für das Afghanistan-Kontingent durch die Gegend geprügelt hat, gibt es keinen Vergleich: Warum ist der Bus nicht gleich nach Eindhoven gefahren? Welcher Idiot hat die Maschinen ins türkische Trabzon dirigiert, wo doch jeder weiss, dass dieser Flughafen keinen Winter-Betrieb kennt?

    4. In der Transall-Nachfolge A400M treibt es Scharping nun ganz dick. Zur Erinnerung: Der endgültige Beschaffungs-Beschluss sollte schon vor rund 365 Tagen fallen. In den höchsten Kreisen von Kanzleramt, Finanz-Ministerium, BMVg und Parlament blickt niemand wirklich durch, wer welches Spiel treibt. Die Verteidigungsminister Belgiens, Frankreichs, Portugals, Spaniens, der Türkei und Gross-Britanniens haben einen “Side-Letter” verfasst, der von den Deutschen “unconditional parliamentary approval” bis zum 31. Januar 2002 verlangt; andererseits würde das von ihnen unterschriebene Memorandum of Understanding (MoU) zur A400M-Beschaffung nicht wirksam werden. Zwar soll nun die Beschaffungs-Vorlage vom Stützle-Schreibtisch abgehoben haben, wie es aber weitergeht, ist offen: Eichel will keinen Nachtrags-Haushalt, die Regierungs-Fraktionen sollen einen (unverbindlichen) Entschliessungs-Antrag beschliessen, und Herr Scharping meint, es sei alles eine Sache des Kanzlers.
     
  • Der englische “Sunday Telegraph” hat eine Studie des britischen Aussenministeriums in die Finger bekommen, die bestätigt, was jeder Analytiker, nur ohne amtlichen Segen, ebenso schreibt: Die famose EURO-Streitmacht ist vor 2012 nicht in der Lage, Kriegs-Missionen (netter: peace-enforcement-missions) durchzuführen. Trotzdem werden natürlich unsere lieben Politiker euro-weit das Publikum weiter damit verschaukeln, dass die Phantom-Force 2003 einsatzbereit ist. Wetten, dass?
     
  • Aus verschiedenen “klaren” Quellen erhalten wir immer wieder den Hinweis, dass sich vor allem die europäischen Truppen-Steller für ISAF (vielleicht ausser D) bei ihrem Beitrag auf die ersten drei Monate konzentrieren (ausser GB auch definitiv F). Der Grund ist ganz einfach: Aufgrund des öffentlichen Interesses muss man anfangs dabei sein - wenn die Kameras abgeschaltet werden nicht; das sind die Polit-Quoten-Heinis.
     
  • Von keinem in Europa voraussgesagt, sind die Phillipinen das nächste Ziel der militärischen Anti-Terror-Politik der US-Regierung. Das Gesamt-Bild des Einsatzes dort zeigt, welche Formen zu erwarten sind. Übrigens: “Die Woche” feiert Somalia als “einzigartiges Labor der Zeitgeschichte”, dass sich vor allem vor dem “Einmarsch der Deutschen fürchtet”! (“Lasst uns in Frieden”, S. 10).
     
  • Wo verpufft eigentlich gerade Herrn Aussenminister Fischers so unendlich gelobte Nah-Ost-Politik. Nicht unbedingt ein Vorwurf an Josef Fischer, aber an die deutsch/europäische Intelligenzia-Hype, die ein Gacker-Windei blasen wollte.

Es gab aber auch “erfreuliche” Dinge, deren Studium man sich nicht entgehen lassen sollte - wenn’s geht:

  • Die “alte Krähe” Edward Luttwak vom “Center for Strategic and International Studies” hat sich in der “Los Angeles Times” - kurz und knackig - zu einer ersten Nach-Afghanistan-Analyse aufgerafft, vor allem in Hinsicht auf die Europäer:
    http://latimes.com/templates/misc/printstory.jsp?slug=la-000002194jan10  - lesen.
     
  • US-Cowboy W. Bush hat immerhin 15,4 Mrd. US$ der “Foreign Operations Bill” quergezeichnet. Wir werden bald eine Analyse anfertigen, die die Ausgaben für Sicherheitspolitik (Aussen + Verteidigung) der USA und der EU miteinander vergleicht:
    http://www.usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=0 2011101.clt&t=/products/washfile/newsitem.shtml  
     
  • Bei den “Tauben” vom CIA ist wieder ein Update über die “Entwicklung der Bedrohung durch auswärtige Raketen-Entwicklungen bis 2015” zu finden:
    http://www.cia.gov/nic/pubs/other_products/Unclassifiedballisticmissilefinal.htm
    Der Knackpunkt aus europäischer Sicht ist, dass es um Bedrohungen der USA geht. Da aber insbesondere der Iran lange vor den USA Europa wird bedrohen können, wäre es ja wohl löblich, wenn sich irgend jemand - vielleicht in Deutschland - bemüssigt fühlen würde, die Öffentlichkeit darüber in vergleichbarer Form informieren würde. Wer doch ein Thema für Scharpings Weissbuch, welches nie erscheinen wird.
     
  • Noch dringender wünschten wir uns, “Europäische Intelligence” würde zustande bringen, was wiederum bei den Tauben vom CIA zu finden ist: Das “U.S. National Intelligence Council” (NIC) hat einen Bericht über die für 2002 zu erwartenden “Global Humanitarian Emergencies” veröffentlicht:
    http://www.cia.gov/nic/pubs/other_products/global_humanitarian_pub.htm
    Das wäre der Stoff, aus dem deutsche/europäische Aussen/Sicherheitspolitik zu nähen wäre, koordiniert mit der US-amerikanischen - und dann tit for tat.

Leider verhilft die Erkenntnis nicht weiter, dass die blöden Amis sich tatsächlich für Sicherheitspolitik zumindest interessieren - und die Europäer nicht. Spätestens, wenn es im Irak zur Sache geht, ist Schluss mit lustig. Dann werden wir richtige Fronten haben: Die USA gegen den Rest der Welt.

{Wetten dass?}

 

Rüstungs-Plus: Futsch?

9. Januar 2002

Ein neidisches Raunen ging durch die Reihen: Das von der Bundesregierung vor einiger Zeit beschlossene “Anti-Terror-Programm” in “stattlicher” Höhe von 3 Mrd. DM ging zur Hälfte an die Oliven. Frohlocken bei denen, die darin eine List der Geschichte für die Anschub-Finanzierung der Modernisierung der Ausrüstung der Bundeswehr sahen. Gleich zur Hand hatten die Militärs eine Shopping-List, mit der notwendig erachtete Massnahmen vorgezogen und beschleunigt werden hätte können. Allein für 2002 hätte dies ein Plus bedeutet für:

  • Führungsfähigkeit: 88 Mio. DM
  • Nachrichten-Gewinnung und Aufklärung: 92 Mio. DM
  • Mobilität: 29 Mio. DM
  • Wirksamkeit im Einsatz: 150 Mio. DM
  • Unterstützung und Durchhalte-Fähigkeit: 85 Mio. DM
  • Überlebens-Fähigkeit: 44 Mio. DM
  • Forschung und Technologie: 100 Mio. DM
  • zusammen: 588 Mio. DM

Dazu sollten 145 Mio. DM für die Nachwuchs-Gewinnung und Attraktivität, Reservisten und Ausbildung verbraten werden, insgesamt also 733 Mio. DM.

Wir wagen die Behauptung, dass man diese Shopping-List verbrennen kann:

  • Die Bundestags-Drucksache 14/7296 - Bw-Beitrag “Enduring Freedom” - verzeichnet auf S. 5, dass dafür “bis zu 500 Mio. DM erforderlich sind; “sie werden aus den zusätzlichen Anti-Terror-Mitteln finanziert”.
     
  • Wegen einer dpa-Meldung (“Afghanistan-Einsatz reisst Etatloch auf - Quersubvention für GEBB”) hatte sich der Presse- und Informationsstab des BMVg in einer Sprecher-Erklärung am 21. 12. 2001 recht uncool echauffiert (“zeugt nicht von besonderer Sachkenntnis, ausschliesslich abstrus”) und dozierte:
    “Die aus dem Anti-Terror-Paket bereitgestellten Haushaltsmittel werden für den vom Bundestag beschlossenen Einsatz für die Operation “Enduring Freedom” genutzt und darüber
    teilweise für die noch zu beschliessende Operation in Afghanistan.”
     
  • Lt. “FOCUS” (1/2002, S. 29) rechnet das BMVg mit 665 Mio. DM für ein halbes Jahr Bw-Beteiligung an der UN-Schutztruppe in Afghanistan.

Schreiben wir nun grosszügig die Beträge untereinander, ergibt sich:

  • 500 Mio. DM “Enduring Freedom” (hoffentlich “bis zu”)
  • 665 Mio. DM für ein halbes Jahr UN-Beteiligung (halbes Jahr synonym für “teilweise”)
  • 145 Mio. DM für Nachwuchs-Gewinnung/Attraktivität/Reservisten/Ausbildung
  • zusammen: 1.310 Mio. DM;
  • verbleiben also schlappe 190 Mio. DM für die knapp 600 Mio. DM (448 + 100 Mio. FT) schwere “Shopping-List”.

Bei aller Nachsicht und Untertänigkeit unserer lieben Regierung gegenüber: Wir vergessen den Regierungs-Schwur, dass Bundeswehr-Einsätze extra bezahlt werden sollen. Wir warten - mit unendlicher Geduld - auf den Bundeswehr-Reformer.

{Geduld ist ein wunderbares Phänomen}

 

[Home] [News] [Mächte] [Allianzen] [Konzepte] [Kriege] [Szenarien] [i-Views] [Kontakt]