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U S A  II

 

U.S. Defense Trade Policy: Mahnung

4. Juli 2003

Während der NATO-Aussenminister-Tagung in Florenz am 24. Mai 2000 versprach die damalige U.S.-Aussenministerin Madeleine Albright eine Initiative zur Verbesserung des Rüstungs-Austausches; unter dem Stichwort “Defense Trade Security Initiative” (DTSI) wurden 17 vereinbarte Vorschläge veröffentlicht.

Unter der neuen Bush-Administration wurde die DTSI übernommen. Mit Australien, Gross-Britannien, Schweden, den Niederlanden, Norwegen und Spanien (?) wurden gleichlautende Übereinkommen abgeschlossen. Auch für die Rüstungsindustrien in Europa und den USA ist die Frage von Belang, denn eine De-Regulierung würde gegenseitige Marktzugänge wesentlich verbessern, allerdings auch z.B. deutsche Regierungs-Bemühungen, den Verkauf von (privaten) Rüstungsfirmen zu reglementieren, verhindern.

Während der NATO-Tagung in Prag (21. Nov. 02) überraschte die Bush-Administration allerdings mit der Ankündigung einer Überprüfung (Review) ihrer Export-Politik für Rüstungsgüter:
http://usinfo.state.gov/topical/pol/nato/02112110.htm

Ein Satz in dieser Presse-Mitteilung gibt uns Anlass, heute die Zeilen zu füllen:
“The review will be completed in six month.” Es wird uns kein Mensch glauben, dass wir seit einem Monat jeden Tag dem Revisions-Ergebnis entgegenfiebern.

{Sorry, aber die Sommer-Zeit beginnt}

 

Vision: ... das Murmeltier

27. Februar 2003

Der Präsident hatte wieder schlecht geschlafen. Das Problem zermarterte seinen Kopf. Der Protest so vieler Menschen machte ihn nachdenklich, vor allem der der Kirchen-Vertreter, Intellektuellen und Künstler. Die errechneten Kriegskosten und die Erinnerungen an die Pest des Ölgeschäfts taten ihr übriges.

In totaler Niedergeschlagenheit sagte er alle Termine ab und legte sich auf das Sofa des Oval Office. Sein Gebet wurde erhört - er schlief ein. Nach etwa einer halben Stunde erwachte er und konnte sich genau an das erinnern, was er geträumt hatte.

Sofort terminierte er die nächste Kabinetts-Sitzung mit dem Zusatz äusserster Dringlichkeit. Als alle Kabinetts-Mitglieder gegen Mittag den Sitzungssaal betraten, war ihnen die Spannung von den Gesichtern abzusehen. Das Getuschel war beachtlich. Gegen 12.03 Uhr eröffnete der Präsident die Sitzung mit dem üblichen Gebet. Das Protokoll verzeichnet wortgetreu sein Statement:

  • “ Liebe Freunde, angesichts dessen, was ich Euch gleich mitzuteilen habe, möchte ich Euch nachdrücklich daran erinnern, dass
    - ich nach der Verfassung der Vereinigten Staaten der rechtmässig gewählte Präsident und für die Geschicke unserer Nation allein verantwortlich bin,
    - ich meine Amtsführung nicht nur als weltliche, sondern von Gottes Segen begleitete empfinde.
     
  • Besonders hinsichtlich dieses Umstandes habe ich heute eine geistige Erfahrung machen dürfen, deren Umstände ich nicht näher erläutern möchte. Diese Einsprechung führt mich zu den folgenden Weisungen, deren strikte Umsetzung ich hiermit ohne jede weitere Diskussion kraft der mir verliehenen Macht anordne:
    - Die U.S.A. werden ab sofort ihre militärische Macht nur noch zur direkten Verteidigung ihres Heimatlandes einsetzen;
    - Alle Beistandsverträge mit unseren Freunden und Verbündeten werden mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Alle ausserhalb unseres Heimatlandes stationierten Streitkräfte werden umgehend zurückbefehligt und entsprechend der neuen Konzeption strukturiert und bewaffnet.
    - Für die Zukunft gilt, das die Vereinigten Staaten von Amerika militärische Macht nur noch zu Verteidigung ihrer Heimat anwenden werden. Die Streitkräfte sind so auszurüsten, dass keine Konstellation eintreten kann, in der durch jede denkbare Kombination von Möglichlichkeiten ein Risiko für unser Land eintreten kann.
    - Für den sonstigen Verkehr der Nationen untereinander verzichten wir auf jegliche Form der Verwendung militärischer Mittel.
    - In allen internationalen Gremien nehmen wir die Position eines gewöhnlichen Mitglieds ohne jegliche Sonderrechte ein.
    - Die durch die o. a. Massnahmen eingesparten Mittel werden wir zur Durchsetzung unserer rein politischen Absichten gezielt für die zivile Konflikt-Prävention einsetzen.
     
  • Ich bitte sie alle, mir wegen dieser Weisung keinerlei unlautere Motive wie z.B. Wiederwahl oder Friedens-Nobel-Preis zu unterstellen. Ich bin davon überzeugt, dass die Welt angesichts unseres revolutionären Schrittes aufatmen und Amerika eine unendliche Welle der Liebe und Verehrung der ganzen Welt entgegenströmen wird. Unserem guten Beispiel werden alle Regierungen und Völker folgen. Bis auf einen kleinen Restbereich lösen wir damit die anscheinend ewige Geissel der Menschheit, den Manichäismus, für ewig auf. Die Welt, die Geschichte, und die gesamte Menschheit wird uns dafür neidlos für immer dankbar sein. God bless America.”

{Und ewig grüsst das Murmeltier}

 

US/UK-Entwurf: Irak

24. Oktober 2002

Nun ist der amerikanisch/britische Resolutions-Entwurf für die Entscheidung im U.N. Sicherheitsrat in Sachen Irak öffentlich zugänglich:
http://msnbc.com/news/824505.asp (als Quelle dort ist REUTERS genannt).

Der kriegsdrohungs-freie Text wird sicherlich so beschlossen werden. Die Auflagen für die irakische Regierung sind nicht unerheblich:

  • Ziff. 9:
    Der Irak hat nach dem Sicherheitsrat-Beschluss sieben Tage Zeit, die Resolution zu akzeptieren.
     
  • Ziff. 4:
    30 Tage nach Beschluss hat die irakische Regierung genaueste Informationen über ihre gesamten Anstrengungen im Bereich der Rüstung der Massenvernichtungs-Waffen und Träger-Mittel abzuliefern.
     
  • Ziff. 5: 45 Tage nach dem Beschluss sollen die Inspekteure ihre Arbeit aufnehmen, und 60 Tage danach dem Sicherheits-Rat ein “Update” geben.
     
  • In den Ziffern 4, 5, insbesondere 7 und 10, werden die Einzelheiten der Inspektion und Vernichtung von Waffen sehr detailliert beschrieben; die Formulierungen werden sicherlich als Vorlage für ähnliche Fälle in der Zukunft dienen:
    - Alle Staaten werden aufgefordert, Daten und Informationen zu liefern;
    - Es kann praktisch jedes öffentliche oder private Objekt, über- oder unterirdisch, untersucht werden; jede Person kann unter Ausschluss irakischer Offizieller befragt werden;
    - Die Inspekteure werden von U.N. Sicherheitskräften beschützt. Die Inspekteure können Objekte “einfrieren”, d.h. Fahr- und Flugverbots-Zonen dafür bestimmen, Boden- und Luftkorridore festlegen, die von Sicherheitskräften von U.N. Mitglieds-Staaten “enforced” werden. Ausserdem dürfen die Inspektions-Teams Flugzeuge, Hubschrauber und unbemannte Aufklärungs-Drohnen uneingeschränkt nutzen und alle verfügbaren Ausrüstungs-Gegenstände importieren, die sie anfordern (das wird die erste “friedliche” Militär-Invasion der USA!).
     
  • Ziff. 11 beauftragt die Leiter der Inspektions-Teams (UNMOVIC, Hans Blix, und IAEA, Mohammed el Baradei), dem Sicherheitsrat unverzüglich jeden Verstoss gegen die Resolutions-Bestimmungen zu melden.
     
  • Die Ziff. 12 umschreibt dann ganz soft, dass - falls die Ziff. 11 eintritt - der Sicherheitsrat die Situation sorgfältig zu betrachten habe und die Notwendigkeit für die volle Einhaltung aller relevanten Sicherheitsrat-Resolutionen gegeben sei, um den internationalen Frieden und die Sicherheit wieder herzustellen.

Wenn wir geschäftstüchtig wären, würden wir ja ein Wett-Büro eröffnen. Zu wetten wäre, ob Saddam Hussein die Resolutions-Bedingungen praktisch und letztlich erfüllt oder nicht. Wir sind makaber genug, gegen den “Spieler” Saddam zu setzen: 3 zu 1, NEIN.

{Makaber sind alle unserer “Spiele”}

 

Condoleezza Rice: depressiv?

23. Oktober 2002

In Ermangelung “brandheisser” Themen erlauben wir uns, etwas zurückzugreifen:

Am 15. Okt. 02 ist im “Washington File” von usinfo.state.gov - sozusagen exklusiv - ein zweiseitiger “Byliner” von Condoleezza Rice, “Assistant to the President for National Security Affairs” veröffentlicht worden. Thema:
“The Shared Values and Interests of the U.S. and its Allies”
http://www.usinfo.state.gov/topical/pol/terror/02101511.htm

Eigentlich ist eine sinnvolle Interpretation ihrer Aussagen gar nicht möglich, weil man nicht weiss, ob nur

  • irgendwelche PR-Fuzzies gedrängelt oder gute Beziehungen haben;
  • dicke Blätter wie NYT oder Washington Post einen Exclusiv-Abdruck abgewiesen haben;
  • Frau Rice den Entwurf eines Redenschreibers lustlos abgezeichnet hat,

    oder
     
  • eine ganz spezielle Message gesendet werden sollte, die nur ganz ausgeschlafene Experten entcodieren können.

Was u.E. bei der reinen Text-Analyse auffällt ist, dass

  • “Martialisches” nur in einem einzigen Satz vorkommt:
    “Security must rest also on military strength, but not on that alone”;
     
  • danach aber der ganz breite Fächer von “Soft”-Power-Tasks wie
    - demokratische Werte, “nicht-verhandelbare Forderungen für menschliche Würde”,
    - Beseitigung des Welthungers, HIV/AIDS und Unterdrückung,
    - Marktwirtschaft, offener Handel etc. folgt,
    der das “but not that alone” zur “military strength” ganz kräftig absetzt und unterstreicht;
     
  • zu recht die “herablassende Ansicht” zurückgewiesen wird, dass “Freiheit im Mittleren Osten nicht wachsen kann - oder das Muslime irgendwie den Wunsch nicht teilen, frei zu sein”;
     
  • die Aussage von Frau Rice, dass man “Demokratie Anderen nicht aufzwingen will”, gutgemeint ist, aber wohl weitgehend um-interpretiert wird in die US-Sucht nach Geld (fatal bei dieser Frage ist ja, dass es Rückkoppelungs-Effekte der Wahrnehmung gibt: wer selbst nur Interessen hat, wird nur die beim “Gegner” vermuten; wer einen “Werte”-Anteil nicht ausschliessen will, darf als naiv gelten).

Polit-psychatrisch würden wir den Gravitations-Punkt in den letzten zwei Absätzen des Rice-Byliners vermuten (falls Frau Rice daran einen eigenen, ehrlich-gemeinten Anteil hatte); es ist ein Canossa-Gang mit wahrlich depressiven Zügen:

  • “Aufgrund der eigenen Historie wissen die Vereinigten Staaten, dass wir geduldig -- und demütig sein müssen.”
  • “Veränderungen - wenn auch für besseres - sind oft beschwerlich. Und Fortschritt ist oft langsam.”
  • “Amerika hat nicht immer nach den eigenen hohen Standards gelebt.”
  • “226 Jahre, nachdem wir unsere eigene Freiheit gewonnen haben, praktizieren wir nach wie vor jeden Tag (den Versuch, d. Verf.), es richtig zu machen.”
  • Im letzten Satz fordert die Sicherheits-Beraterin des US-Präsidenten, nicht nur den eigenen Idealen zu dienen.

Letztlich verstehen wir uns selbst nicht mehr; es ist doch ganz einfach:

  • Wer selbst seine Werte (bzw. was er dafür hält) hat, wird kaum einem Anderen glauben, dass der überhaupt welche hat.
  • Wer vorgibt, Werte zu haben, steht unter dem erheblichen Verdacht, die Unwahrheit zu verspiegeln, insbesondere dann, wenn er Mitglied der amerikanischen Regierung ist.
  • Wer den Versuch machen will, seine Werte authentisch zu vermitteln, sollte durch seine Wortwahl signalisieren, dass er das Problem verstanden hat.

Hat das Condoleezza Rice verstanden?

{Sun Tsu sagt: “Der Weg zur Wahrheit ist lang und schwierig”}

 

CIA: einfach/wahr?

21. Oktober 2002

Wenn man von unserem Auslands-Nachrichtendienst-Chef (BND) Dr. August Hanning - von der Regierung zuletzt im Okt. 1999 erlaubt - für das Volk etwas Offizielles zu lesen  bekommen könnte, würden wir, um die Problematik zu verstehen zu versuchen, uns nicht über den Teich wenden.

Wer sich mit Emphatie und Distanz der Problematik der Terror-Bekämpfung nähern will, sollte deshalb ersatzweise das “Testament” von CIA-Chef George Tenet (24 S.) lesen:
http://www.usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=0210 1802.plt&t=/products/washfile/newsitem.shtml

Wieviel Jahre mag es noch dauern, bis es in der hochgelobten deutschen Demokratie vorkommt, dass der BND-Chef einen detaillierten Bericht über Versäumtes, Fehler, Erfolge und Notwendigkeiten der Terror-Bekämpfung vor einem Ausschuss des Parlaments geben “darf” und dieser auch noch der (weltweiten) Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird?

Die Eingeständnisse von George Tenet sind beachtlich. Den Spitzenwert erreicht die Ehrlichkeit, wenn er feststellt, dass im “counterterrorism business there is no such thing as 100 percent success -- there will never be.”

Was uns - hochtrabend “phänotypisch” genannt - bewegt, ist vielmehr folgendes:

  • Unsere Hypothese lautet: Die Menschen denken in Verschwörungs-Theorien. Beispiel:
    - Irgendwann die letzten Tage haben wir wieder unser (absolutes) Kommunikations-Ass, Prof. Lesch (richtig?) auf TV-Bayern3 erlebt. Normalerweise erklärt er auf wundersamste Weise die Herkunft der Welt, das Weltall, modernste physikalische Erkenntnisse etc.
    Diesmal war aber sein Thema (allein das bedeutet etwas) die augenscheinlich umsichgreifende Verschwörungs-Theorie, dass die Amis (und die Russen mit ihrem Roboter) gar nicht auf dem Mond gelandet sind.
    - Natürlich haben wir gezappt (gezippt), weil wir uns die in Aber-Stunden erarbeitete Argumentations-Strategie des tollen Professors schenken wollten (sorry, wir sind kleingläubig).
    - Aber am Wochenende treffen wir nahe eines Computer-Shops in Bonn alte Freunde, die die Mondlandungs-Verschwörung durchaus irgendwie plausibel finden (wirklich!)!

Folglich müssen wir an unserem eigenen Verstand zweifeln. Wer wird denn solch ganz mies abgefeimten Verschwörern wie CIA-Tenet nur ein Wort glauben? Der macht doch in seinem Statement ganz deutlich, dass er nur mehr Knete für seinen Kriegsladen will!

Wie Wagner’sche Dämmerung dünkt es uns, dass wir selbst - ohne es auch nur zu bemerken - Teil der weltweiten Verschwörung geworden sind. So einfach ist das alles.

{Das Einfache ist wahr und wahr ist nur das Einfache}

 

Skiba: Nord-Korea

18. Oktober 2002

Wir haben wieder einmal eine schöne Fügung zu verzeichnen:

Einer unserer lieben Freunde, Alexander Skiba, hat punktgenau seine 15-seitige Arbeit zur Nordkorea-Strategie der Bush-Administration” abgesetzt; der Autor ist Student der Politik-Wissenschaft in Berlin.

Wir freuen uns, Ihnen diese Arbeit zur Verfügung stellen zu können, sind sicher, dass sie Ihnen dient und hoffen, dass Sie wie wir dem Autor dafür dankbar sind:

Alexander Skiba
Engagement or Confrontation?
Überlegungen zur Nordkorea-Strategie der Bush-Administration (pdf)

{Dank aus der Runde}

 

D. Rumsfeld: Guidelines

15. Oktober 2002

Wir sagen ja nicht, dass Sie einen Verteidigungsminister mögen sollen, schon gar nicht einen wie Donald Rumsfeld. Aber: zu welchem Zwecke auch immer sollte man seine “Guidelines for Committing Forces” gelesen haben:
http://www.nytimes.com/2002/10/14/international/14MTEX-WEB.html

Vielleicht reichen sie ja für Bündnis 90/DIE GRUENEN als abschreckendes Beispiel. Wenn wir uns richtig erinnern, plädiert ja vor allem Claudia Roth für die Festschreibung von Kriterien für den Einsatz der Bundeswehr. Als zusätzliche Unterlage empfehlen wir, heimlich die entsprechenden Artikel von Volker Rühe und Klaus Kinkel aus ihren Minister-Zeiten (nutze Such-Maschine von GeoPowers) zu Rate zu ziehen; weiterführender Geheimtipp sind die entsprechenden Auslassungen von Madelein Albright, als sie noch UN-Botschafterin war.

Sorry, wenn wir nicht glauben, dass die schal-verliebte Claudia das Projekt verfolgt. Es reicht ja, wenn man es bei Bedarf “hochziehen” kann. Ausserdem wäre eine Ausarbeitung zu dem Thema intellektuell wirklich anspruchsvoll und jeder halswärmenden Dampf-Plauderei zu Integrations-Zwecken abträglich.

Zudem müsste man ja - irgendwo zwischen den Zeilen - eingestehen, dass es im allerhöchsten deutschen Nationalen Interesse liegen muss, zu den “verdammten Amis” ein halbwegs freundschaftliches Verhältnis zu haben, weil sie die einzigen sind, die - mindestens in den nächsten zwanzig Jahren - die deutsche Sicherheit notfalls auch militärisch sichern können. Der Wimpern-Schlag amerikanischen Zögerns im Krisenfall hätte für Deutschland makabere Folgen; Tony Blair hat es begriffen.

Aber wer mag denn solche Szenare? Lieber sollten wir uns überlegen, ob wir nicht die alte Forderung der GRUENEN aufleben lassen, dass die NATO auf den nuklearen Erst-Einsatz verzichtet (wie zu Beginn der letzten Legislatur-Periode). Noch anheimelnder wäre, wenn Oskar Lafontaine in seine alten Papiere schaut, die er während der Nachrüstungs-Debatte (NATO-Doppel-Besch”ummelung”) losgelassen hat. Es ist geradezu ein Wunder, dass er noch nicht seine damaligen Thesen von der “horizontalen Eskalation” u.ä. neu aufmischt und in fröhlichen TV-Talk-Runden präsentiert. Es ist noch viel mehr Musik drin!

{Come on - spiel’s noch einmal}

(Sorry, wir sind etwas vom Thema abgekommen)

 

US-House: 2/3 + Nachtrag

11. Oktober 2002

Natürlich war es ein breit gefächertes Set von Motiven, welches die 429 Mitglieder des US House of Representatives bei der Stimm-Abgabe zur “House Joint Resolution, “To authorize the use of United States Armed Forces against Iraq” (H. J. Res. 114) bewegt hat. Die übergeordnete Begründung dürfte gewesen sein, durch politische Einigkeit dem Kurs des Präsidenten - letztlich dem politischen Willen der USA - Nachruck zu verleihen, damit er gegenüber dem U.N.-Sicherheitsrat eine Power-Position hat.

Von den 429 Kongress-Abgeordneten stimmten 296 für und immerhin 133 gegen die Res. 114, deren Text wir schon abgehandelt haben (der verabschiedete Text ist praktisch identisch).

  • Somit ergibt sich eine Zwei-Drittel-Mehrheit von 69% zu 31%.
     
  • Im einzelnen haben die Parlamentarier wie folgt gestimmt:
    - Republikaner: 215 JA - 6 NEIN;
    - Demokraten: 81 JA - 126 NEIN;
    - 1 Unabhängiger: NEIN.

Spannend bleibt, ob US-Präsident Bush auch eine Zweidrittel-Mehrheit im 100-köpfigen Senat erhält. Falls ja, werden wir uns in den nächsten Tagen mit dem US-Entwurf für eine drastische  U.N.-Sicherheits-Rat-Resolution zu beschäftigen haben. In New York kursierte ja bereits ein Entwurf, den die Administration zwar der Presse zugesteckt, den nicht-ständigen Mitgliedern des Sicherheits-Rates aber vorenthalten haben soll.

Falls die US-Regierung auch noch ein One-Way-Ticket durchsetzt, dürfte Bundeskanzler Schröder sein erstes aussenpolitisches Problem bekommen, denn nach seinen gesammelten Werken zum Thema Irak ist die US-Politik grundfalsch. Wir sind gespannt, welche Weisung der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen für sein Stimm-Verhalten als Inhaber des nicht-ständigen Sitzes im Sicherheits-Rat aus Berlin erhält. Ist der Inhalt der Weisung schon aus dem abgehandelten Text der Koalitionsvereinbarung zu entnehmen? Entscheiden Sie selbst:

  • “Bei der Bewältigung der großen Herausforderungen des 21.Jahrhunderts fällt den Vereinten Nationen eine Schlüsselrolle zu. Die Bundesregierung ist entschlossen, als nicht-ständiges Mitglied des Sicherheitsrats in den Jahren 2003/2004 ihren Beitrag zur Wahrung des internationalen Friedens und der Sicherheit zu gewährleisten.
    Sie stützt sich dabei auf einen Sicherheitsbegriff, der auch wirtschaftliche, menschenrechtliche und entwicklungspolitische Aspekte berücksichtigt.”

Unserem Aussenminister wird schon eine rhetorische Schleife einfallen, denn Bundeskanzler Schröder interessiert sich herzlich wenig für Sicherheitspolitik. Zu diesem Urteil sind wir nun endlich aufgrund “beleuchtender” Informationen gekommen. Die politische Sozialisation ist halt zu prägend.

{Macht ist eine besondere Form uneingestandener Hilflosigkeit}

Nachtrag 14. Okt. 2002:

Am 11. Oktober hat auch der US-Senat über die “Joint Resolution 114” abgestimmt:

  • 48 der 49 Republikaner stimmten dafür;
  • 29 Demokraten JA, 21 Demokraten NEIN;
  • 1 Unabhängiger (Ex-Rep.): Nein.

Mit 77 : 33 ist damit eine gute Zwei/Drittel-Mehrheit erreicht worden.

 

DIA: Iraks D&D

10. Oktober 2002

Für einen nicht unwesentlichen Neben-Aspekt von Saddams Verteidigungspolitik hat das US-Verteidigungsministerium Dr. John Yurechko ins Rennen geschickt. Er ist Experte für die Denial (Verleugnung) und Deception (Täuschung)-Techniken des irakischen Regimes bei der Defense Intelligence Agency (DIA), der uniformierten Konkurrenz der CIA.

Wenn Sie in Ihrem Wissensdrang nicht zu bremsen sind, sollten Sie die 18 Seiten des Briefings:
http://www.defenselink.mil/news/Oct2002/t10082002_t1008dia.html
und die 31 dazugehörigen Folien (pdf, 2,4 MB) runterladen:
http://www.defenselink.mil/news/Oct2002/021008-D-6570C-001.pdf

Wir haben in drei Punkten dazugelernt:

  • “ In fact, Iraq has now established a large-scale, redundant, and concealed biological-warfare-agent-production capability based on mobile facilities” (S. 6).
     
  • Die Ableitung, dass bei der durch die damaligen U.N.-Missionen angenomme Vernichtung von 95 % der Anthrax-Bestände der 5 %ige Rest fast für die Auffüllung von drei Scud-Sprengköpfen ausreichen würde, von denen ein einziger, abgefeuert auf die saudische Hauptstadt Riadh, mehr als 100.000 Opfer zur Folge hätte (S. 10).
     
  • Leider verstehen wir - im Zusammenhang mit der Entwicklung von Nuklearwaffen - überhaupt nichts von augenscheinlich “einfachen” Möglichkeiten wie Implosions-Waffen und “calutrons, et cetera” (S. 14).

Die Meisterschaft der Lage-Analyse erreichen Sie aber, wenn Sie in der Lage sind, die (eventuellen!) D&D-Techniken der US-Regierung oder der darüber berichtenden Presse zu “entlarven”, die den Brief von CIA-Direktor George Tenet an Senator Bob Graham vom 7. Okt. betreffen:
http://www.nytimes.com/2002/10/09/international/09TTEX.html

Nachdem Sie diesen Blitz-Lehrgang in Sachen D&D erfolgreich absolviert haben, sollten Sie aber bitte nicht dazu übergehen, Ihre famose D&D-Technik in ihrem eigenen Umfeld anzuwenden. Der Lehrgang sollte eher dazu angetan sein zu erkennen, dass man schon immer D&D-Meister war!

{Was ich weiss, macht mich ganz heiss}

 

US-Präsident Bush: “did not ask for”

8. Oktober 2002

Zum 1. Jahrestag des Beginns des Krieges gegen das Taliban-Regime hat sich US-Präsident Bush mit seiner gestrigen Rede in Cincinnati, Ohio, zur TV-prime-time (hier 2.00 Uhr nachts) u. E. in Sachen Irak nicht übel aufgestellt:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2002/10/20021007-8.html

In 29 Minuten hat sich Walker Bush non-verbal zwar dezidiert, aber doch zurückhaltend gezeigt. Geschickt hat er alle Addressaten seiner Rede abgearbeitet:

  • Den Bürger, mit dem er all dessen Fragen diskutiert;
  • den Experten, die alle die zahlreichen “Evidence”- Broschüren nicht gelesen haben;
  • die Iraker, denen Amerika “Freund” ist;
  • die US-Parlamentarier, die vor einer “historischen Entscheidung” stehen;
  • die irakischen Generale, die Saddams Befehle nicht ausführen sollen;
  • die Mitglieder des U.N.-Sicherheitsrates; alle Kern-Elemente einer neuen U.N.-Resolution sind in der Rede enthalten;
  • alle internationalen Beobachter, die auch auf die Rede-Passagen achten, zu denen es Zwischen-Applaus gibt:
    Das 1. Mal: “... and we will prevail”;
    das 2. Mal: “We refuse to live in fear”;
  • alle “Beunruhigten”, denn es kamen erstaunliche Passagen über die Lippen des Texaners:
    - “Iraq is unique”: will heissen, die USA greifen nicht nur Iran und Korea danach nicht an, sondern auch nicht die Niederlande oder Deutschland (zur Beruhigung hyperventilierender Literaten-Strategen);
    - “... the Iraqi regime has an opportunity to avoid conflict”;
    - “ ... does not mean that military action is imminent or unavoidable”;
  • und Saddam Hussein, den er einen “mörderischen Diktator” nennt, einen “Studenten Stalins”, und der seine Nuklear-Wissenschaftler als “nuclear mujahideen” tituliert.

Denjenigen, die in der Rede keine Neuigkeiten sehen, mögen wir so schnell nicht folgen, denn der Präsident bringt erstmals hochamtlich ins Spiel:

  • Die Aussagen von hochrangigen irakischen Überläufern, deren Gesamtzahl und jeweilige Ex-Funktion wir gern gelistet hätten;
     
  • die Zahl von 135.000 US-Bürgern, die in Reichweite irakischer Raketen mit einer Reichweite von mehr als der erlaubten 150 km (“likely range of hundreds of miles”) leben;
     
  • spezifizierte Angaben zu der Verbindung Irak/Al Qaeda (z.b. medizinische Behandlung eines “very senior al Qaeda leaders” in Baghdad in 2002);
     
  • mehrmals eines der interessantesten Phänomene der Sicherheitspolitik: “blackmail”;
     
  • letztlich das konkret benannte Szenar, mit dem Saddam mit Massenvernichtungs-Waffen die USA(!) erreicht:
    - einen Container samt einem Terroristen oder “Iraqi intelligence operative” (was noch einigermassen nachvollziehbar ist) und
    - dem u. E. völlig neuen Bedrohungsmodell (gegen die USA), dass das irakische Regime “is exploring ways of using these UAV’s for mission targeting the United States.”
    Diese neue Variante würde bedeuten, dass der Irak seine UAV’s (unbemannte Luftfahrzeuge - bisher wurde immer der aus der Ex-CSSR stammende Typ L-29 genannt, neuerdings werden aber auch MIG 21 und 23 einbezogen) auf “wundersame” Weise über den Atlantik schifft und dann - per Katapult-Start (??) den US-Kontinent erreicht. Sorry, aber da müssten die entsprechenden Irakis eigentlich auf einem massiven Holzweg sein - aber wir lassen uns gern eines anderen belehren.

Natürlich fehlen knackige “Bronze”- Sätze nicht:

  • In Abwandlung der entsprechenden amerikanischen Lebensweisheit (“Hope for the best, but prepare for the worst”) heisst es:
    “... we have every reason to assume the worst, and we have an urgent duty to prevent the worst from occuring”;
  • “I’m not willing to stake one American life on trusting Saddam Hussein”;

Eines müssen wir George W. Bush allerdings gestehen: Der erste Satz des letzten Absatzes seiner Rede hat uns stutzig gemacht (er hängt nicht unbedingt mit den danach folgenden Sätzen zusammen). Wir fragen uns, wer diesen Satz formuliert hat, welche Denkweise, “Geisteshaltung”,  ihm unterliegt und vor allem: ist sie echt? Für diesen Fall hätten wir eine Interpretation, aber wir sind zu feige, sie zu wagen. Wie ist die Ihrige dafür?:

{“We did not ask for this present challenge, but we accept it”}

 

CIA: Irak-Dossier

7. 10. 2002

Eine relativ alte Ankündigung von US-Aussenminister Powell, man müsse von Regierungs-Seite konkrete Daten zur irakischen Bedrohung vorlegen, ist nun umgesetzt worden. Nicht nur die Briten, auch der CIA hat einen lesenswerten Bericht über “Iraq’s Weapons of Mass Destruction Programms” (25. S.) vorgelegt:
http://www.cia.gov/cia/publications/iraq_wmd/Iraq_Oct_2002.pdf

Für Spezialisten wird der Text (u.E.) nichts Neues bieten. Interessant sind allerdings die vier Karten des Berichts: Insgesamt 62 konkrete Ortsangaben über Produktions-Anlagen (und dazugehörige Flugplätze etc.),

  1. für nukleare Rüstung (10),
  2. für chemische Waffen (23),
  3. für biologische Kampf-Mittel ((17) und
  4. 12 Anlagen für die Produktion ballistischer Raketen.

Vielleicht könnten sich die Beteiligten im Propaganda-Krieg um die Frage, ob Saddam nun seine Bevölkerung verhungern lässt oder der böse Westen Schuld ist, dass im Irak eine halbe Million Kinder zu Tode gekommen sind, auf eine Lesart einigen.

Wir machen es uns in dieser Frage ganz einfach: Nach allen Informationen, die wir bisher zum Thema Irak konsumieren durften, kommen wir nicht auf die Idee, dass es der irakischen Regierung unter Führung von Saddam Hussein auch nur irgendwo und irgendwie daran gelegen war, ist und sein wird, für die Menschen im Irak sinnstiftende Politik zu machen. Aber was soll es, wenn die Menschen nicht mehr unterscheiden können, ob Politik für Menschen gemacht wird.

{Auf NDR3-TV haben wir gerade von Franz Alt gelernt: “Frieden durch die Sonne”}

 

US-Parlament: Psszztt

4. Oktober 2002

Nun geht dem US-Parlament doch noch eine “Joint Resolution” zu, die sich von dem White House-Entwurf (siehe Dashle/Lott) unterscheidet. Veröffentlicht ist der Text auf:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2002/10/20021002-2.html
(bei unserem Lieblingssender usinfo.state.gov muss es ex- oder intern “eingeschlagen” haben; die Freunde sind off). Nachtrag 11. 10. 02: es war extern!

Uns fällt auf, dass:

  • im White House-Entwurf 16 “whereas” (klassische U.N.-Sicherheitsrats-Formel; “während” die Welt brennt...) zu zählen sind (haben die “Büchsenspanner” wahrscheinlich so geschrieben, weil Saddam Hussein gegen 16 U.N.-Resolutionen verstossen hat);
    - im brandneuen Entwurf 23 “whereas” zu lesen sind; von fleissigen Amtsräten müssen sie nun in Synopsen übertragen werden, um zu sehen, was neu und alt ist;
     
  • der fühere Resolutions-Entwurf in “Section 1” den “Kurz”-Titel “Further Resolution on Iraq” trug;
    - jetzt lautet er: “”Authorization for the Use of Military Force against Iraq”;
     
  • die “Section 2” (semi-professionelle Übersetzung) neu ist:
    “Das US-Parlament unterstützt die Anstrengungen des Präsidenten,
    (a) alle bezüglich des Irak relevanten (U.N.) Sicherheitsrats-Resolutionen strikt und nachdrücklich (enforce) zu verfolgen und unterstützt (encourages) ihn bei diesen Anstrengungen,
    (b) beim U.N. Sicherheitsrat prompte und entschiedene Aktionen zu verlangen, die sichern, dass der Irak seine Strategie der Verzögerung, Ausflucht und Nicht-Einwilligung aufgibt und sich strikt allen relevanten Sicherheitsrats-Resolutionen unterwirft”;
     
  • die Authorisierung der Gewalt-Anwendung (jetzt “Section” 3, Absatz (a)) etwas feiner geschliffen ist. Was vorher ein einziger Satz war, ist nun ein Zweiteiler:
    “Der Präsident ist authorisiert, die Streitkräfte der USA einzusetzen, wie er es für notwendig und angemessen hält, um
    - die nationale Sicherheit der USA gegen die anhaltende Bedrohung durch den Irak zu verteidigen, und
    - alle bezüglich Irak relevanten U.N. Sicherheitsrats-Resolutionen durchzusetzen (enforce).”

In irgendwelchen TV-Nachrichten haben wir den Kommentar aufgeschnappt, dass die Parlaments-Resolution den Präsidenten nun auf den Irak einenge und es nicht mehr - wie im White-House-Entwurf - heisst: ”... and restore international peace and security in the region” (bekanntermassen gehen ja reichlich Literatur-Strategen davon aus, dass der “Abenteuerer” Bush in Nah- und Fernost alle Achsenmächte platt macht, die Saudis gleich mit, und wer aufmuckt, auch: - Landung in den Niederlanden - und - ach herrje, auch bei uns?: das war tatsächlich die Frage einer 18-jährigen Gymnasiastin an ihre Mutter, selbst Gymnasial-Lehrerin, zu Bonn.

Diesbezüglich empfehlen wir Feinschmeckern der Interpretier-Kunst die “SEC 3. (b) Presidential Determination”. Nach unserem Urteil kann sich der “Abenteuerer” genüsslich im Amtssessel zurücklehnen, denn er kann “determinieren”, was Sache ist. Wir übersetzen es hier nicht, weil wir Ihnen den Genuss nicht nehmen wollen, die Absätze “(1)” und “(2)” der SEC. 3 selbst zu lesen. Wir wollen nicht verhehlen, dass uns das Szenar durch den Kopf gegangen ist, was wäre, wenn Hertha Däubler-Gmelin - und nicht nur sie - das liest: “Das ist ja ein Errrmäächtigungs-Gääsetzz!!!!”

{Pssszzztt}

 

US-Parlament: Dashle/Lott

1. Oktober 2002

Es ist nicht uninteressant, die Wege der amerikanischen Irak-Politik nachzuvollziehen:

  • Am 19. September veröffentlichte das “White House” einen Diskussions-Entwurf für eine Joint Resolution des US-Senats und des US-Repräsentanten-Hauses. Immerhin: Die Regierung (der Präsident) entwirft eine Resolution für das US-Parlament, als ob es nicht dessen Aufgabe sei (Der Text war auf usinfo.state.gov: “Bush Asks Congress for Use of Force Resolution on Iraq”). Jetzt finden Sie es auf:
    http://208.37.97.178/scripts/cqcgi.exe/@pdqtest1.env?CQ_SESSION_KEY=ROQXFX IHQJAD&CQ_QUERY_HANDLE=124032&CQ_CUR_DOCUMENT=1&CQ_PDQ_DOCUME NT_VIEW=1&CQSUBMIT=View&CQRETURN=&CQPAGE=1#BESTHIT
     
  • Gestern, am 30. Sept., waren wir gegen 23.00 Uhr wieder auf usinfo.state.gov und haben uns ausgedruckt:
    “Dashle, Lott Submit Joint Resolution on Iraq”.
    Auf drei Seiten wird berichtet, dass
    - der Mehrheits-Führer im Senat, Tom Dashle (Democrat of South Dakota) und
    - der Minderheits-Führer im Senat, Trent Lott (Republican of Mississippi)
     die “Senate Joint Resolution 45 (S. J. RES. 45)” eingebracht haben,
    “to authorize the use of United States Armed Forces against Iraq”.

Interessant ist, dass der Dashle/Lott-Entwurf wortwörtlich dem White-House-Text vom 19. Sept. 02 gleicht.

Völlig überrascht hat uns aber folgendes:

  • Als wir am 1. 10. gegen 3.00 Uhr unseren verehrten (und lieben!) Usern den Link für den Dashle/Lott-Text bei usinfo.state.gov einholen wollten (Strg C > Strg V), waren wir baff: Dashle/Lott  waren im “Washington File” von usinfo.state.gov nicht mehr zu finden - augenscheinlich deleted!

Zunächst versichern wir dazu, dass dies kein Joke ist und wir nicht trunken sind -  Ehrenwort! Falls notwendig, liefern wir die Copy per pdf nach. Nein, Sie glauben doch nicht, dass wir derart ausgebuffte Fälscher sein könnten - an einem solchen Objekt?

Wir ergehen uns jetzt auch nicht in Verschwörungs-Theorien, sondern verfolgen die Sache weiter. Wir schauen nach, ob Dashle und Lott tatsächlich den “Washington File”-Text im US-Parlament eingebracht haben - aber nicht heute. Irgend wie muss irgend wer irgend einen Fehler gemacht haben - wir suchen nach der “smoking gun”!

{Ein blindes Huhn trinkt auch mal ‘nen Korn}

Nachtrag 2. 10. 02:

Auf dem Server des US-Parlaments können Sie die Dashle/Lott-Resolution leider nur so finden:

  • Gehen Sie auf www.senate.gov
  • bitte scrollen
  • links erscheint das “Such”-Fenster “keyword”
  • tragen Sie bitte ein: S. J. RES. 45

(vielleicht schaffen wir es ja noch, unseren auf usinfo.state.gov “verlorengegangenen” Dashle/Lott als pdf. zu fabrizieren) don’t worry - be happy!

 

NATO-Botschafter: Daumen-Kino

20. September 2002

Wenn in unserer geliebten Republik - in den letzten Wahlkampf-Zuckungen - davon berichtet wird, dass Frau Däubler-Gmelin das Närrinnnen-Zepter übernommen hat oder von Herrn Stoiber berichtet wird, dass er auf RTL die grosse Anti-US-Keule herausholt, kümmert uns das herzlich wenig. Wir meinen, dass jegliches “Irak-Argument” aller Beteiligten so daneben war, dass es einer näheren Untersuchung nicht wert ist. Oder doch? - aber nur kurz:

  • Wir bewundern all diejenigen (“Roten” und “Grünen”), die mit traumwandlerischer Berherrschung der Zukunft vorhersagen, was in Nahost nach einem militärischen Angriff der USA gegen Irak passieren wird (unsere Version präsentieren wir noch - unsere User können es sich denken):
     
  • Einem “Kanzler” Stoiber wird der General-Inspekteur der Bundeswehr melden müssen, dass die Bundeswehr doch über taugliche “Interventions-Truppen” verfügt, was einem Gebirgsjäger verborgen geblieben sein muss: Das Jagdbomber-Geschwader “Boelke” (JaBo 31) in Kerpen/Nörvenich ist mit n-tv (oder N24)-Sponsering vor wenigen Monaten abgefeiert worden als das erste deutsche Geschwader, das “Smart-Bombs” einsetzen kann (bummelig 20 Jahre, nach dem die Politik solche “Gross-Taten” angekündigt hat). Die Amis haben solchen “Fliegenschiss” (sorry) natürlich nicht nötig.
     
  • Beglückwünschen wir die Politiker aller Parteien, die mit ihrem “jeweiligen” Beitrag die Aufrechterhaltung der “Drohkulisse” gegenüber Saddam ihrem Wahlvolk erfolgreich beibiegen konnten. So signalisiert man deutsche “Wichtigkeit”, die nur Wichtelkeit ist.
     
  • Ist nicht “seit” Hitler, sondern seit Aristoteles (oder Platon) klar, dass unter ganz erheblichem Rechtfertigungs-Druck stehende Regierungen gern auf “böse auswärtige Mächte” verweisen und gegen jene den Volkszorn für den Kriegsbeginn richten. Wir sehen allerdings bei der Politik der US-Regierung die entsprechenden Kriterien nicht erfüllt, weil es um die Akzeptanz-Werbung einer freien und vor allem der Welt-Öffentlichkeit ausgesetzten Regierung geht - und nicht um einen verdammten Diktator, der ganz cool diese altbewährte Strategie vorsätzlich einsetzt.

So sorry, über diesen emotionalen Ausreisser:
Zurück zum Thema:
Die Botschafter der NATO-Staaten wurden in Washington für den 17. Sept. 02 kurzfristig in das Pentagon gebeten. Ausser den Tschechen schickten die kleineren NATO-Staaten ihre Botschafter, die grösseren ihre Gesandten. Vortragender war “Assistant Secretary of Defense” (International Security Policy), J. D. Crouch. “Nach 45 Minuten stand VM Rumsfeld - in Anwesenheit seines Stellvertreters Wolfowitz - 30 weitere Minuten für Fragen zur Verfügung.”

Aus dem Washington-Berlin-Kabel schneiden wir die weiteren Einzelheiten mit:

  • “Dabei Hinweis auf eine Katastrophenschutz-Übung (“Dark Winter”) zur Folge einer Pocken-Infizierung in drei (US)Bundestaaten. Im Worst Case Szenario waren nach drei Wochen 26 (US)Staaten betroffen. Nach 7 Wochen wurden von 1 Million Toter und 2 Millionen Infizierter bei ausgeschöpften Impf-Kapazitäten ausgegangen. Die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, vor allem durch Quarantäne-Massnahmen einzelner Staaten und Unterbrechung des globalen Handelsverkehrs, wurde angesprochen”.
     
  • “Darstellung der Staaten, die aus US-Sicht terroristische Gruppen unterstützen (SYR, IRK, IRN, KON (Korea Nord, d. Verf.), SUD und LYB, aber auch KUB), sowie Foto-Material zu Produktions-Stätten und Träger-Systemen. Die Satelliten-Aufnahmen waren allgemein ‘US-Secret - releasable to AUS, CAN, GBR’ eingestuft” (da kocht doch die deutsche Seele - wir haben es immer gewusst! - d. Verf.).
     
  • “Darstellung der breiten Möglichkeiten der Verbringung von MVM (Massenvernichtungs-Mitteln, d. Verf.) mit zum Teil einfachsten Mitteln. Dabei Hinweis, dass die Bedrohung unterschätzt würde, Überrraschungen seien zu erwarten” (Würden Sie deshalb Gross-Alarm auslösen? Es muss erst richtig “krachen” - sorry, d. Verf.).
     
  • “VM Rumsfeld ergänzte das Briefing in diesem Bereich durch Hinweis auf die bereits erfolgte Erprobung des Abschusses einer taktischen Kurzstrecken-Rakete von einem Handels-Schiff aus, mit allen Auswirkungen auf die Reichweiten-Problematik” (u. E. meint er die Libyer, die vor bummelig 15 Jahren die “Kiste” gegen die italienische Insel Lambedusa geballert haben - Nachhilfe-Unterricht erwünscht, d. Verf.). “Als weitere Bedrohung unkonventioneller Art wurden ferngelenkte Flugzeuge benannt” (bisher wurde immer die tschechische L-29 benannt, die nicht einmal in der dritten Edition von “Flight International” verzeichnet ist; beim BND ist es jetzt augenscheinlich die MIG-23, d. Verf.).
     
  • “Darstellung des hohen Interesses terroristischer Organisationen, vor allem Al Kaida, an MVM allgemein. Überraschend seien die aufgeklärten weitgehenden Kenntnisse zur Herstellung von MVM unter zum Teil primitiven Bedingungen. Bei Staaten, die den Terrorismus unterstützten, seien die langfristigen und hartnäckigen Bemühungen, in den Besitz von B, C, R (radiologischen, d. Verf.) und auch N Fähigkeiten zu kommen, erkennbar und alarmierend zu gleich. Hand in Hand damit ginge das Streben dieser Staaten nach immer weiter reichenden Trägermitteln. Am weitesten fortgeschritten sei ohne Frage KON.”
     
  • “Es wurde darauf hingewiesen, dass dieses Briefing in Kongress und Senat gehalten wurde und interessierten Regierungsvertretern befreundeter Nationen bei Besuchen angeboten würde. Man sei bereit, Briefing-Teams in die Hauptstädte zu entsenden und habe dies auch kundgetan. Es lägen bisher allerdings keine Anfragen vor.” (Im Ernst: Würden Sie sich ein solches “Schwachsinns”-Briefing anhören wollen? “Im Leven nich - sagt der Rheinländer - et kütt wie’s kütt, sorry).
     
  • “Auf Rückfragen wurde betont, dass IRK nur einer der Problemstaaten sei und keine Schlüsselrolle spiele. Auf die Frage, warum Nord-Korea nicht vorrangiges Ziel sei, antwortete VM Rumsfeld, dass gerade dieses Beispiel die markante Anhebung der Bedrohungsschwelle und den eingeschränkten Handlungs-Spielraum bei zu später Reaktion zeige.”
     
  • “Er (Rumsfeld) wies in diesem Zusammenhang auf das unklare Lagebild durch unvollständige Aufklärung hin. Selbst in Staaten, die man gezielt  beobachtet habe, sei man immer wieder überrascht worden. Verlässliche Informationen habe man erst, wenn es zu spät sei.”

Nach dieser Sachdarstellung der deutschen Teilnehmer sollten sie keineswegs beunruhigt sein, denn ihre Bewertung cooled down:

  • “Briefing enthielt keine Überraschungen oder wesentliche Neuigkeiten”.
     
  • “Bezeichnend war der Hinweis durch Crouch:
    ‘If we wait for a smoking gun, we wait for a weapon of mass destruction having been used against one of our countries’. Das Beispiel Nord-Korea zeige die Gefahr eines ‘to have not to use’. Auch das Verhalten der Nachbarn IRK sei von Angst geprägt. Alle Anwesenden (vermutlich mit Ausnahme GBR) waren auf den Inhalt des Briefings nicht vorbereitet” (zu Beginn des “Kabels” heisst es: “Die Präsentation war die aktualisierte Version eines Briefings, welches den NATO-Botschaftern in Norfolk und den NATO VM beim NAC D in Brüssel im Juni vorgetragen wurde”).
     
  • “Die Darstellung der Veranstaltung als Teil einer regelmässigen Informations- und Diskussions-Plattform war insofern überzeichnet. Die relativ lange persönliche Anwesenheit VM Rumsfelds und seines Stellvertreters überraschte, sie sollte der Veranstaltung sichtbar Gewicht verleihen. Eine Anforderung des angebotenen Briefing-Teams sollte - verbunden mit dem Ziel vertiefter Diskussion - geprüft werden.”

Wir bitten Sie um eine wirklich extra-ordinäre Anstrengung in Sachen Empathie:

  • Würden Sie als wahl-kämpfender Aussenminister diesen “Schwachsinn” lesen? Verbergen Sie bitte doch das Schlottern vor dem Macht-Verlust!
     
  • Wie könnte ein Polit-Profi auf die abwegige Idee kommen, dass das Washington-Kabel irgend-jemand in seinem Kopfe erreicht?
     
  • Jederman muss doch klar werden, dass dieses Botschafts-Kabel von seinen Verfassern so orakelt worden ist, dass Delphi ob deutschen Genius die Waffen streckt!

{Wenn das der Kanzler wüsste}

 

UN/Bush-Rede: unvermeidbar

13. Sept. 2002

Man müsste schon ziemlich unverfroren sein, wenn man der Rede-Dramaturgie des US-Präsidenten (am 12.9. vor der UN-General-Versammlung) nicht ein Quentchen Anerkennung zollen wollte:

  • Mit der Mimik eines General-Staatsanwaltes verliest er das gesamte Strafregister von Saddam Hussein;
  • geradezu genüsslich führt er die Verstösse des irakischen Regimes gegen (16) Resolutionen des UN-Sicherheitsrates seit 1991 auf;
  • mit texanischem Charme verknüpft er
    - die Erinnerung an das Scheitern des Völkerbundes,
    - die erneute Teilhabe der US-Regierung an der Arbeit der UNESCO (seit 1984 suspendiert),
    - die Gründungs-Teilhabe der USA an den Vereinten Nationen,
    mit der Zusage, den UN zu erneutem Respekt und Erfolg durch eigene kraftvolle Mitarbeit zu verhelfen.
     
  • argumentativ gekonnt logelt er, dass man komplette Gewissheit (über den Besitz nuklearer Waffen) erst dann habe, wenn Saddam sie - “was GOTT verhüten möge” - einsetzt. Alles in seiner Macht stehende will G.W. Bush tun, um das zu vermeiden (“prevent”);
     
  • ganz ausgebufft ist die Passage mit den “rhetorischen Fragezeichen”:
    - “Are Security Council resolutions to be honored and enforced, or cast aside without consequences? Will the United Nations serve the purpose of its founding, or will it be irrelevant?” (die Antwort ist US-Strategie, d. Verf.).

Als Kurzfassung der Rede empfehlen wir:

  • “But the purposes of the United States should not be doubted. The Security Council resolutions will be enforced -- the just demands of peace and security will be met -- or action will be unvermeidbar.”

Überlesen sollte man - wenn es sich einrichten lässt - auf keinen Fall:

  • “Und unsere grösste Furcht (!) ist, dass Terroristen für ihre irren Ambitionen eine Verbindung zu Unrechts-Regimen finden, die sie mit Technologien beliefern, mit denen sie in massivem Ausmass töten können.
    An einem Platz - in einem Regime - finden wir alle diese Gefahren, in ihrer tödlichsten und aggressiven Form, exakt die Art von aggressiver Bedrohung, zu deren Entgegnung die Vereinten Nationen gegründet wurden.”

Für Interessierte ist das 16-seitige Hintergrund-Papier Lesepflicht, welches die Bush-Rede fakten-mässig untermauern soll:
http://www.usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=0209 1201.nlt&t=/products/washfile/newsitem.shtml

Allerdings haben wir bei dieser Fleiss-Arbeit einen nicht unerheblichen Fehler festgestellt, der uns über unsere eigene Schlampigkeit hinwegtröstet:

  • Auf Seite 2 von “A Decade of Deception and Defiance” wird im “Table of Contents” ausgeworfen:
    “Saddam Hussein’s Support for International Terrorism”
  • Im Papier findet man allerdings dann keinerlei Angaben zu dem nicht ganz unwichtigen Thema.

Wir “ahnen” schon, was jetzt kommt:

  • Fleiss-Arbeiten werden angefertigt, welche UN-Sicherheitsrat-Resolutionen ausserdem nicht befolgt worden sind (z.B. die Israelis werden sich warm anziehen müssen);
     
  • im Oktober will sich Präsident Bush in die Debatte mit dem US-Parlament begeben;
     
  • im November finden US-Wahlen statt;
     
  • im Januar 2003 wird in Palästina gewählt (haben Sie auch die aktuellen Vorgänge dort verfolgt? Das Parlament redet von Korruption und Unfähigkeit der palästinensischen Regierung (?!);
     
  • im Im Januar 2003 übernimmt die deutsche Regierung wieder einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat, evtl. sogar den Vorsitz (?!?!).

Irgendwann wird Saddam Hussein auch etwas entscheiden müssen (es wird wohl negativ werden - beim Arzt positiv).

{ *:-(   *:-)  \:-)  *\:-(  §?  $?  ~  ~ ~ }

 

Irak: Überraschung?

5. Sept. 2002

Es ist schon vulminant, wie sich die Medien an dem Sommerfeuer Irak erwärmt haben. Aber es verdient Beachtung, wenn Sandra Maischberger im Gespräch mit Gregor Gysi den Kurs des Bundeskanzlers als Nervosität charakterisiert und Werner Sonne, immerhin WDR, im ARD-Kommentar der Spätnachrichten das deutsch-amerikanische Verhältnis verquatscht sieht. Keine Comedy kann vermitteln, für wie blöd man die Amis halten kann. Als Zeugen dafür darf man den Bundeskanzler zitieren. Nach seiner Meinung wissen die Amis nicht, welch ein Risiko sie eingehen und ausserdem haben sie keine Ahnung von der “Nachkriegs-Ordnung”. So sorry, aber dass kan man nur jemandem erzählen, der in der Eifel lebt und sich nur um seine Kühe kümmert, was für sich eine sehr löbliche Arbeit ist. Nach dem gestrigen Bush-Statement und dem unendlichen Nachrichten-Strom der vergangenen Wochen zum Irak-Thema kristallisiert sich heraus:

  1. Wir gehen zunächst einmal davon aus, dass die Amis nicht blöd sind.
     
  2. Allein die Beurteilung, welchen Erfolg (ganz oder teilweise) sie hatten, um die “chaotischen” Anti-Saddam-Gruppen zu kanalisieren, entzieht sich jeder bescheidenen Analyse-Kapazität. Aber: die Anstrengungen sind erkenntlich “mondlandungs-mässig”.
     
  3. Der oberblöde Busch fährt eine ganz saubere Strategie:
    - Erst schmust er sich bei Parlament und US-Öffentlichkeit mit einem Diskurs ein. Danach werden (bis zum 12. Sept.) einige Geheimdienst-Erkenntnisse über den Irak als “evidence” veröffentlicht, vielleicht wieder zuerst in UK;
    - Am 11. Sept. wird er eine Rede zur prime time halten, die sein Volk hin und weg reisst;
    - Am 12. Sept. tritt er vor den Vereinten Nationen auf. Wenn wir Reden-Schreiber von Bush wären, würden wir uns nur noch mit “Eure Herrlichkeit” anreden lassen.
    - Danach wird eine UN-Resolution entworfen, die Saddam ein Ultimatum stellt. Und irgendwo in dem super-gestylten Text wird eine Passage eingebaut, die den Freifahrt-Schein für militärische Massnahmen enthält;
    - Tony hat er schon im Kasten. Die Franzosen werden ihre Schularbeiten gemacht haben hinsichtlich der Chinesen und Russen. Letztere haben schon durch Ivanow signalisiert, dass die Inspektionen zugelassen werden müssen. Die Chinesen wissen, dass ihre Zeit noch nicht gekommen ist. Und unser lieber Kanzler wird die Franzosen umkippen sehen, dass es graust. Und schon ist die UN-Sicherheitsrats-Resolution fertig.
     
  4. Nach den November-Wahlen in den USA wird Walker Bush alle Ruhe haben, sich Saddam zurechtzulegen. Vor dem Frühjahr 2003 wird nichts Militärisches passieren. Wenn die wichtigsten Flugzeugträger aus der Liege-Werft schippern und im “Theater” angekommen sind, sollte man die Kamera anschalten.
     
  5. Was ist mit dem nahöstlichen “Risiko”, das der Kanzler gern zitiert?
    - Ist dem erlauchten Publikum verborgen geblieben, dass es seit Wochen keine Nachrichten mehr über Extremisten-Bombings in israelischen Cafes und Diskos gibt? Und entsprechende Aktionen der Israelis (gerade heute haben wir Sharon mit Friedens-Schalmeien im TV sehen können)?
    - Wir darf man denn die ap-Meldung (Bonner GA vom 29. 8.) verstehen?:
    “Seine Versuche, mit den islamischen Hardlinern zusammenzuarbeiten, seien gescheitert, sagte Chatami gestern auf einer Pressekonferenz in Teheran. In der Öffentlichkeit sei die Enttäuschung darüber gross, dass versprochene Reform-Projekte nicht vorankämen.” Da unser Aussen-Joschka gern auf die Reformer setzt, müsste er eigentlich nach Teheran eilen.
    - Verbleibt als grosser Player Saudi-Arabien. Wenn sie tatsächlich 200 Mrd. US$ (700 wäre ein bisschen viel) vom US-Markt abgezogen haben, ist das für die Amis ärgerlich. Deshalb wird die saudische Position aber nicht berückender. Sie werden den Teufel tun, sich als US-Feind zu entblössen, um mit Saddam in einen Konkurrenz-Kampf zu treten, wer denn der oberste Zionisten-Krieger ist. Die Aussicht auf ungestörten Genuss der Öl-Milliarden ist ohne Saddam wesentlich geruhsamer.
     
  6. Die militärische Strategie für den Krieg gegen Saddam ist ebenfalls relativ klar:
    - es wird keine Panzerschlacht geben;
    - vom Irak sind schon heute zwei Drittel unter US/UK-Lufthoheit;
    - für den Rest wird die US-Satelliten-Aufklärung die entscheidenden Daten liefern müssen (sie sind entscheidend);
    - wenn BOEING dann (in Drei-Schichten-Arbeit) bis zum Frühjahr 2003 genügend JDAM’s geliefert hat, ist ein “Afghanistan-Sieg” nicht auszuschliessen;
     
  7. Wir haben das Papier des Auswärtigen Amtes zu den wirtschaftlichen Fragen eines Irak-Krieges aufmerksam gelesen. Tolle Fleiss-Arbeit. Aber leider diskutiert es nicht die “Gefühls”-Lage nach 9/11, die Priorität von Sicherheitspolitik nach US-Verständnis und moderne Formen militärischer Kriegführung;
     
  8. Irgendwann werden sich die USA der Sehnsucht entledigen, von der ganzen Welt geliebt zu werden. Es ist relativ einfach, sich das vorzustellen. Im ganz engsten Privatleben schafft man das ja nicht einmal. Weshalb dann im Weltmass-Stab?

Demnach müsste es für die amtliche deutsche Sicherheitspolitik ein “böses” Erwachen geben. Aber wir lieben halt die “rheinische” Strategie:

{If in doubt - find it out}

 

Verschwörung: Ende?

12. Juli 2002

Gestern hat die “Washington Post” (Dana Priest und Juliet Eilperin, “Panel finds no ‘Smoking Guns’ in Prob of 9/11 Intelligence Failures”) vermeldet, dass der entsprechende US-Parlaments-Ausschuss (Intelligence Committee von US-Senat und US-House) nach sechs Monaten intensiver Untersuchung herausgefunden hat, dass

  • “keine einzelne Information, angemessen analysiert, dass Disaster (9/11) hätte verhindern können.”

Wir haben ja die hübschen Meldungen der letzten Monate mitgeplottet, das CIA, FBI und NSA (und wer sonst noch) - also die US-Intelligence-Community, die das Land 30 Mrd. US$ kostet - in ihren Daten-Beständen 9/11-verwendbare Files hatten, die in der Ex-Post-Betrachtung überdeutlich sind.

Was soll man denn glauben, wenn man von Pearl Harbor und dem Kennedy-Mord ohnehin weiss, dass dunkle Mächte sowieso die Weltgeschichte steuern? Welche bösen Hintermänner haben nun dieses Ding wieder gedreht?

Whatsoever: Nein, es ist kein Ende der Verschwörungs-Theorien angesagt. Zur Freiheit gehört, sich niemals sachlich in eine Sache hineinzuhängen, um ein “kompetentes” Urteil abzugeben. Andererseits: Warum soll man sich nur unendlichen Ärger an den Hals laden, um eine Position zu vertreten, die nicht im Mainstream liegt?

{Sowieso verschwört sich jeder und alles - gegen jeden und alles}

 

RUS/US-Gipfel: Gross-Angriff

29. Mai 2002

Bei seinem historisch einzustufenden Staats-Besuch in Russland hat US-Präsident Bush am 24. Mai in Moskau mit seinem russischen Counter-Part Wladimir Putin eine Reduzierung der strategischen Nuklearwaffen um zwei Drittel beschlossen. Damit kann Bush eine wichtige Forderung aus seinem Wahlkampf abhaken; alle Begleitumstände dieser Abmachung und der Vergleich mit bisherigen Abkommen müssen sprachlos machen.

Noch wichtiger ist jedoch, was zwischen beiden Nationen ansonsten vereinbart worden ist. Bush und Putin unterschrieben die folgenden “Joint Statements” über:

  • die neue amerikanisch-russische “Relationship”;
  • die “People-to People Contacts”;
  • den “neuen US-russischen Energie-Dialog”;
  • die amerikanisch-russischen ökomomische Relationship;
  • die Politik hinsichtlich Nah-Ost;
  • die Counter-Terrorism Cooperation.

Zum Gross-Angriff scheinen die Amerikaner aber mit dem Bush-Besuch in ökonomischer Hinsicht anzutreten. Liest man die von usinfo.state.gov veröffentlichten “Fact-Sheets” zu

  • “Business Development,
  • Commercial Energy Relations,
  • Banking Dialogue”,

dann ist das nur die Bestätigung einer kürzlich erschienenden US-Zeitungs-Analyse über Bush’s Wirtschaftspolitik, dass sie alles andere als “neoliberal” ist. Leider fehlt uns der Verstand und die Analyse-Kapazität, die längerfristigen Aussichten des Wirtschafts-”Krieges” zwischen den USA und der EU zu beurteilen; wir glauben nicht, dass die EU zu einem “Fact Sheet” fähig ist.

{Trost: Auch der Wirtschaftskrieg ist infinite}

 

G.W. Bush/Berlin: Choose

24. Mai 2002

Mit sicherem Auge hat Late-Nighter Harald Schmidt genau die Body-Language-Szene herausgeschnitten, die den (in Wirklichkeit) rund zwei-stündigen “Arbeits”-Besuch von US-Präsident George W. Bush am 23./24. Mai 2002 in Berlin kennzeichnet:

  • Zur ersten Begegnung vor dem “Tucher” am Pariser Platz (Brandenburger Tor) entsteigt Bush der Limousine. Gerhard Schröder versucht eine als “herzlich” wirkende Umarmungs-Szene, wird von der Coolness Bush’s abgewiesen. Danach merken es beide und zum Abschluss gelingt (verunglückend) eine halbe “französische” Begrüssung.

Den Rest konnte man von des Kanzlers Gesicht ablesen: Durchgehend ernst, überernst. Die Ausnahme verzeichnet das Textprotokoll der Presse-Konferenz (usinfo.state.gov) im Kanzleramts-Garten:

  • “President Bush: First, what the Chancellor told you is true.
    Chancellor Schroeder: Of course it is. (Laughter.)
    President Bush: I’m surprised anybody would doubt your word, Chancellor. (Laughter).

Man könnte auf die Idee kommen, dass Bush hier eine gekonnte Hintergründigkeit abgelassen hat. Sicher ist eins: Am Arbeitstag des Besuches haben wir nichts von des Kanzlers sonst festzustellender kommunikativer Eloquenz gesehen; die Gründe wüssten wir gern.

Smiley Bush war allerbestens während der Pressekonferenz aufgelegt. Für uns notizwürdige highlights:

  • Die Bundeswehr in Afghanistan “have performed brilliantly”.
     
  • In der Irak-Frage wird augenscheinlich genebelt: Kanzler Schröder meinte, es sei keine Differenz zwischen ihm und Busch, dass auf Saddam Hussein Druck ausgeübt werden müsse, dass er internationale Waffen-Inspektoren ins Land lassen müsse. Sicher wird dieser Druck augebaut, aber die “Falken” sind sich seit längerem einig, dass Sicherheit durch Inspektionen nicht gewährleistet werden kann. In den Bergen des Irak gibt es jede Menge unterirdischer Anlagen, die als (allgemeine) militärische gekennzeichnet werden können und somit für Inspektionen tabu sind. Seit längerem ist klar, dass die US-Administration durch eine längerfristige politische Aktion Saddam stürzen will und militärische “Begleit”-Massnahmen erst im Frühjar 2003 zu erwarten sind. Das ist logisch, denn die US-Navy hat ihre Präzisionsmunition im Afghanistan-Krieg vollständig verschossen.
     
  • Da inzwischen alle mitbekommen haben, dass Bush “Klartext” zu reden beliebt, war seine Kennzeichnung der iranischen Regierung eigentlich auch nicht überraschend:
    “It’s run by a group of extremists who fund terrorist activity, who clearly hate our mutual friend, Israel.”
     
  • Auf die Frage, ob Bush höhere deutsche Militärausgaben erwarte, filibusterte Bush super-höflich, ohne auch nur einen konkreten Antwort-Satz zu sprechen.
     
  • Wirklich neu ist Ärger für Hans Eichel. Bisher haben die USA zur Verschrottung der sowjetischen Militär-Hinterlassenschaft aufgrund des Nunn-Lugar-Gesetzes allein beigetragen. Nun rollt auf die G-7-Staaten “10-plus-10-over 10” zu: Über 10 Jahre 10 Mrd. US$ von den USA und 10 Mrd. durch die G-7-Staaten. Leider kennen wir nicht den Lasten-Schlüssel bei den G-7.
     
  • Hoffentlich hören wir von den europäischen Entwicklungspolitikern Daten und Fakten zu Bush’s Hilfe-Strategie: Geld gibt es nur bei guter Regierungs-Führung, als Hilfe zur Selbsthilfe.

Nur für kurze Zeit werden die recht positiven Kommentierungen verschiedener Politiker vorhalten, die wir auf allen TV-Kanälen mi Amüsement verfolgt haben. Wundersam ist schon, wenn der US-Präsident fast nichts neues sagt, vorab der US-Polit-Marketing-Tross die (blöde) Parole von der “historischen Rede” streut, und die Medien fast nur auf die Irak-Frage abzielen. Interessant ist auch das ganze Gequatsche über

  • den (sindkenden) Macht-Einfluss Deutschlands (hinter dem man die tiefe Trauer des Verlustes geradezu greifen kann);
     
  • die Freude, dass man nun ja konsultiert werden wird (allein die Definition, was “Konsultation” bedeutet und wie sie “gedeutet” wird, ist Stoff reichlich - abgesehen von der Verschleierungstaktik von Regierungen zu diesem Thema überhaupt);
     
  • “historische” Elemente der Rede und sonstige “Neuigkeiten”:
    - dass die Amis nun endlich erkannt hätten, dass man Sicherheitspolitik umfassend sehen müsse;
    - dass die Amis aufgrund unseres guten Zuredens wieder zum Multilateralismus zurückehren würden;
    - dass die “russische” Passage der Bush-Rede “historisch” sei;
    - dass man ja mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes habe;
    - dass man endlich mal vom allgemeinen (im Grunde nur partei-taktisch motivierten) Hin- und Her-Geschwafel “zur Sache” kommen müsse, etc.

“Neu” ist in der Bush-Rede für uns nur eines (erstmals vom US-Präsidenten in dieser Deutlichkeit - dazu noch in Europa):

  • “As it faces new threats, NATO needs a new strategy and new capabilities. Dangers originating for from Europe can now strike at Europe’s heart - so NATO must be able and willing to act whenever threats emerge. This will require all the assets of modern defense - (Unterteilung von uns)
    - deployable forces
    - sophisticated special operations
    - the ability to fight under the threat of chemical and biological weapons.
    Each nation must focus on the military strengths it can bring to this alliance, with the hard choices and financial commitment that requires.”

Dies ist der “Fachwelt” seit Ende Januar diesen Jahres bekannt; und man kann alle daraus abzuleitenden Facts runterrasseln. Wann wird dieses nicht ganz unwichtige Thema endlich die Medien erreichen? Vor der Bundestagswahl ist zu verzeichnen, dass sich keine Partei zu dieser Frage (und den Konsequenzen für die Bundeswehr-Reform) spezifizierter äussert - die “Regierungs”-Programme sind dafür Beleg.

Dass den hegemonistischen Bush-Reden-Schreibern die intellktuelle Befindlichkeit im Nietzsche- und Baudrillard-geschwängerten Europa nicht entgangen ist, dürfte manchen Reden-Hörer und -Leser besonders nerven:

  • “Ärgerlich” benutzt Bush x-mal “evil”. Eine “Beleidigung” ist:
    “Whishful thinking might bring comfort, but not security. Call this a strategic challenge; call it, as I do, axis of evil; call it by any name you choose, but let us speak the truth. (Applause). If we ignore this threat, we invite certain blackmail, and place millions of our citizens in grave danger.”
     
  • Auf den (deutschen) Nerv zielt Bush zum Schluss seiner Rede mit einem Zitat:
    “I believe”, said Bonhoeffer, “that God can and wants to create good out of everthing, even evil.”

Als “echte europäische Intellektuelle” bestreiten wir (ironisch) die Bush-”fundamentals” und beharren darauf, dass es “Gut und Böse” und die “Wahrheit” nicht gibt.

{Trost: Wir werden es alle erleben}

 

Globaler Terrorismus: 0,0008

23. Mai 2002

Vorgestern hat das US-Aussenministerium wieder den Jahresbericht “Patterns of Global Terrorism 2001” vorgelegt: Von den rund 180 Seiten werden 60 für die Beschreibung der Situation in verschiedensten Staaten genutzt; der Rest sind informative Anhänge, die wohl als Standard genutzt werden:
http://www.state.gov/s/ct/rls/pgtrpt/2001/pdf/ (Vorsicht, das “single pdf” hat 32 MB und der Download dauert mit DSL über 10 min.).

Eyecatcher sind natürlich die fünf Seiten über “State-Sponsored Terrorism”; Kuba, Iran, Irak, Libyen, Nord-Korea, Sudan und Syrien werden lesenswert abgehandelt. In Anhang B findet sich eine detaillierte Beschreibung von 33 FTOs (Foreign Terrorist Organizations). Die einzige Mühe, die wir uns machen wollen ist, die “Truppenstärke” ganz grob zu addieren (a “few hundred” zählen wir als 300, “several thousands” als 3.000):
Es sind ganz bummelig grob 50.000 hochmotivierte Kämpfer, bei denen wir keinen Versuch machen würden, in den interkulturellen Dialog einzutreten. Gemessen an der Weltbevölkerung von hier eingesetzten 6,2 Mrd. Menschen sind das gerade mal 0,0008 Prozent.

Nehmen wir dieses statistische “Standardmass” von 0,0008 Terroristen, so dürften wir in der Bundesrepublik immerhin 656 Terroristen beherbergen. Und bei 1,3 Mrd. Muslimen sind statistisch immerhin 10.400 “erlaubt” (für Rechenfehler übernehmen wir kein Gewehr). Dabei fällt uns auf, dass das Phänomen des Terrorismus überhaupt noch nicht künstlerisch/politologisch/intellktuell aufgearbeitet worden ist:

  • Verteilt man die 50.000 auf die rund 200 Regierungen der Welt, sind gerade einmal 250 pro Staat in die Kabinette aufzunehmen!
     
  • Warum kann man nicht wenigstens eine der zehntausenden Arenen weltweit dafür nutzen, das neue Parlament der 50.000 zu eröffnen für eine globalisierte Weltregierung?
     
  • Warum baut man nicht ein ganz grosses Football-Stadion, in dem 50.000 Terroristen gegen 50.000 Spitzenkräfte aus den Kabinetten und Welt-Institutionen sowie den  Vorstands-Etagen der Weltkonzerne zum Super-Bowl um die Weltherrschaft spielen (mit Verlängerung und Elfmeter-Schiessen)?

Wir sind sicher, dass gerade die europäische Elite aus Wissenschaft und Kunst noch lange nicht all ihre geistige Kreativität aufgebracht hat. Letztlich würden wir auch unseren Widerspruch aufgeben, das Spiel 50.000 gegen GWB als unbedingt unfair zu betrachten. Es könnte alles so einfach sein, wenn wir uns endlich aller Regeln entledigen würden - no risk, one rule.

{Rechne immer mit der einen Bekannten}

 

G. W. Bush: Anstrengungen

18. April 2002

Der US-Präsident hat (schon wieder - gähn) eine Rede zu den Kriegs-Anstrengungen gehalten - zum “George C. Marschall ROTC Award Seminar on National Security, Cameron Hall” am “Virginia Military Institute” in Lexington, Virginia (was immer ROTC ist: vielleicht “Reserve Officers Training Course”?)
http://whitehouse.gov/news/releases/2002/04/print/20020417-1.html

Wenn man als hoch-intellektueller Mittel-Europäer den texanischen Cowboy-Käse durchliest, findet man wieder:

  • Die Achse des Bösen
  • Ihr seid mit uns - oder mit den Terroristen

Wenn wir uns aber auf unser bauern-schlaues Analyse-Vermögen herunterschrauben, dann geben wir alle Anstrengungen auf, die Rede auseinander zu klamüsern. Das muss man lesen - besser noch im Original-Ton hören. Wir werden uns unsterblich blamieren, wenn wir dieser “legitimen Inszenierung” unseren Respekt zollen - ist egal.

Als Deutscher muss einem der Begriff der “Führung” einen gnadenlosen Stich versetzen. Aber es ist nun einmal so, dass es dieses allseits herrschende Phänomen gibt (sorry - die “Ver”führung liegt zu nah). Dass hier deutlich Führung stattfindet, ist ausser Frage. Und dass sich gegen Führung die eigene Hoch-Herrschaftlichkeit geradezu notwehrhaft stemmt, ist auch nicht neu. Kein Wunder, dass aus Neid und dem Nachhängen “verpasster Chancen” tristes und trotziges Aufbäumen resultiert.

Wenn man aber klein anfängt, wird man lernen können. Schauen Sie auf den ausgedruckten Text:

  • Der Beginn der Rede ist klar verzeichnet: “10:15 A. M. EDT”
     
  • Das Ende der Rede ist klar verzeichnet: “10:46 A. M. EDT”.

Haben Sie je bei der Dokumentation/Darstellung einer Rede eines deutschen (oder europäischen) Politikers gesehen, dass die Dauer der Rede so leicht zu ermitteln ist?

Haben Sie jemals einen Politiker in Europa erlebt, der nur 31 Minuten redet? Zu einem solchen Thema in derart impressiver Form? Es ist wunderbar zu wissen, dass über dererlei Fragen die Zeit mit einem unglaublichen Amüsement hinweggehen wird.

{Nur das Ende trägt die Last}

 

DIA: ...on the bubble

4. April 2002

Seit gut  14 Tagen haben wir das Statement von Vize-Admiral Thomas R. Wilson vorliegen. Am 19. 3. hat der Direktor der US Defense Intelligence Agency (DIA) vor dem Verteidigungsausschuss des US-Senats zum Thema “Globale Bedrohungen und Herausforderungen” vorgetragen:
http://www.senate.gov/~armed_services/statemnt/2002/March/Wilson.pdf

Im Vergleich zu seinem zivilen Amtskollegen George J. Tenet von der CIA, der am gleichen Tage zum gleichen Thema vor dem Ausschuss referierte, hat Wilson u. E. eindeutig die bessere Figur abgegeben, vor allem, weil er zu einem der faszinierendsten Themen, der Wahrnehmung (der Wahrnehmung - Perzeption der Perzeption), einen “Klassiker” abgeliefert hat, den es zu referieren lohnt (aus unser Übersetzung kann keine Begründung für feindselige Akte hergeleitet werden), S. 8 ff.:

  • “Identifizierung der Player (wie andere auf unsere globalen Fähigkeiten und unseren Status reagieren)
    Viele in dieser Welt sind zunehmend beunruhigt, dass zentrale Trends, die die globale Umwälzung betreiben - speziell die Globalisierung - innewohnend pro-US sind und in einer Expansion, Konsolidierung und Dominanz amerikanischer Ideen, Institutionen, Kultur und Macht resultieren werden. Dies begründet unterschiedliche Formen der Wahrnehmung; und die Art, wie Staaten, Gruppen und Individuen auf diese Empfindungen reagieren, wird auf verschiedene Art und Weise unsere strategische Agenda einrahmen. Ich sehe vier generelle Kategorien der Reaktion:
     
  • Freundlich gesonnene Konkurrenten
    Unsere Freunde und Alliierten sind so lebensnotwendig für unsere Sicherheit, wie wir für ihre sind. Sie teilen unsere Werte und Vision der Zukunft, prosperieren von der Globalisierung, und sind am wenigsten über die US-Macht besorgt. Sie wünschen US-Führung und ziehen Nutzen daraus, reiben sich gleichzeitig aber an einigen ihrer Aspekte. Sie konkurrieren in ökonomischer Hinsicht mit uns, gelegentlich auch in ausgewählten Sicherheitsfragen, sind aber mit uns hinsichtlich der grossen strategischen Herausforderungen. Obwohl unsere Differenzen nicht trivial sind, gehören sie doch generell in den Bereich der Fragen der Interoperabilität, der Lastenteilung, der Argumentation über spezifische regionale Perspektiven, des Votums im UN-Sicherheitsrat, der Kooperation der Rüstungsindustrie, der Dynamik von Koalitionen etc. Unsere Herausforderung ist es, eine produktive Beziehung aufrechtzuerhalten, die unsere gemeinsam getragenen Interessen sichert.
     
  • People on the Bubble (hier versagt unsere Übersetzungs-Seifenblase)
    Der grösste Teil der Welt - eingeschlossen die meisten grösseren regionalen Mächte - teilen unsere Vision nur partiell. Sie wollen die Vorteile, die sie durch die Globalisierung erreichen können, sichern, ohne von ihr überwältigt zu werden. Sie sind derzeit nicht willens oder in der Lage, sie (die Globalisierung, d. Ü.) in Gänze anzunehmen, weil sie die innenpolitischen Konsequenzen fürchten und sind auf der Hut vor der US “Hegemonie”. Jene “on the bubble” wünschen sich auf der Gewinnerseite, und werden zeitweise mit uns sein in “einfachen” Fragen. Aber sie werden gleichzeitig Politiken verfolgen, die gegen unsere Interessen arbeiten (Proliferation beispielsweise), in Opposition gegen uns sein in einem erweiterten Bereich von Sicherheitsfragen, und werden zeitweise schwierigkeiten-bereitende auswärtige Beziehungen und bedeutsame militärische Streitkräfte unterhalten als Gegendeckung gegen US-Westliche Dominanz. Sie stellen generell ein Problem für die US-Sicherheit nach Art des ‘carrot and stick”-Musters dar ... sie müssen von militärischem ‘Abenteuerertum’ abgeschreckt und abgebracht werden, gleichzeitig aber ermutigt und belohnt werden für Aktionen, die sie näher an die Gemeinschaft von verantwortungsbewussten Nationen bringen.
     
  • Schurken, Abtrünnige und Gesetzlose (Rogues, Renegades, and Outlaws)
    Diese Staaten, Gruppen und Individuens fürchten die US-Macht und weisen unsere Vision absolut zurück. Sie geben uns die Schuld für die ‘Welt-Probleme’ und wollen uns gewöhnlich gewalttätig begegnen, nutzen in erster Linie asymetrische Mittel, um  unsere Politik, Eigentümer, Interessen und Staatsbürger als Ziel zu nehmen. Sie respektieren unsere militärische Stärke, sind davon aber nicht notwendigerweise auch abgeschreckt. Sie werden nicht nach unseren Regeln kämpfen. Unsere Vision kann nicht mit ihrer koexistieren.
     
  • Die “Habenichtse” (have nots)
    Diese sind ‘Globalisierungs-Verlierer’ ... zu arm, nicht ausgebildet, schlecht regiert oder auf andere Weise benachteiligt, um in den Genuss der Vorteile von politischer und ökonomischer Offenheit zu gelangen. Sie sind generell mit tiefgreifender ökonomischer Stagnation, politischer Instabilität und kultureller Entfremdung  konfrontiert. Oberflächlich betrachtet ist diese Gruppe relativ machtlos, und repräsentiert mehr eine humanitäre denn eine sicherheitspolitische Herausforderung. Aber die Umstände, in denen sie leben, sind ein fruchtbarer Boden für politischen, ethnischen, ideologischen und religiösen Extremismus, und ihre Frustration ist zunehmend gegen die Vereinigten Staaten und den Westen gerichtet. In der globalisierten Welt ignorieren wir sie bis zur eigenen Gefährdung.”

Zu gern würden wir sehen, wie eine solche Darstellung von den Experten und Intellektuellen wiederum wahrgenommen wird. Sicher dürfte sein: Nach diesen Kategorien haben zumindest die Amis keinerlei Schwierigkeiten, die Frage zu beanworten: “Why they hate us.” Teilt man die rund 180 Staaten der Welt samt ihrer Bevölkerung auf die vier Felder auf, bleibt nicht viel übrig für die Kategorie der “freundlich gesinnten Konkurrenten”. Die wiederum mögen sicherlich nicht eine solche “amerikanische” Einteilung. Hier dürfte eher die Imagination vorherrschen, dass man “everbodys darling” sein kann. Vor gut einem halben Jahrhundert haben wir das noch ganz anders gesehen:

{Viel Feind - viel Ehr’}

 

Horror: Radiologische Bomben

28. März 2002

Das “Committee on Foreign Relations” des US-Senats hat seit März damit begonnen, sich intensiv mit möglichen Bedrohungen/Risiken auseinander zu setzen. Am 6. März trat Dr. Henry Kelly, Präsident der “Federation of American Scientists” (FAS), mit einem 8-seitigen Manuskript an:
http://www.fas.org/ssp/docs/030602-kellytestimony.htm
Der Inhalt der Message enthällt blanken Horror: Formen der Bedrohung mit sog. radiologischen Bomben, “Hit” aller Real-Risiken in der Nomenklatura der Massen-Vernichtungswaffen.

Henry Kelly hat mit seinen Helfern Michael Levi und Dr. Robert Nelson sowie der FAS folgendes angenommen:

  • Explosion einer herkömmlichen Sprengmasse (TNT) in der Grössenordnung von einem bis rund 4,5 kg, der entweder
    - Cäsium (Gamma-Strahler),
    - Kobalt (Gamma-Strahler), Halbwertszeit 5 Jahre, oder
    - Americium (Alpha Strahler), Halbwertszeit 430 Jahre,
    beigemischt wird.
    Die jeweils dafür benötigte Menge bewegt sich in Grössen-Ordnungen von “Füllfederhalter”-Format oder einem halbgefüllten Reagenz-Glas.
     
  • Natürlich wird es durch die Explosion nur geringe direkte Tote und Verluste Unschuldiger geben. Aber es wird durch den auch vom Wind verwirbelten Staub eine weiträumige Kontaminierung entstehen, die absolut über den zugelassenen Werten der Umweltschutz-Behörden liegt, weil ein Risiko der Krebs-Erzeugung ab der Wahrscheinlichkeitsrelation von 1:1.000 entsteht.
     
  • Neugierige können auf der o. a. Web-Adresse sich durch einen “Click for Larger Image” Einzelheiten von fünf Szenaren anschauen.
     
  • Die so kontaminierten Gebiete können nach der Absperrung wegen der langanhaltenden Verstrahlung nur noch planiert werden. Für den Fall eines Anschlages in New York (als Synonym für jede irgendwie vergleichbare Großstadt) werden die Verluste schlicht auf “trillions of dollars” geschätzt.
     
  • Der “Clou” bei dieser Geschichte ist, das die o. a. Alpha/Gamma-Strahler in den USA fast an jeder “Ecke” zu haben sind; in
    - wissenschaftlichen Laboren, Ausbildungseinrichtungen, Kliniken etc.
    - der Lebensmittel-Industrie als Bakterien-Killer,
    - Rauchmeldern (Americium),
    - der Öl-fördernden Industrie.

Natürlich enthällt die hervorragende Kelly-Arbeit auch Vorschläge für die Risiko-Minimierung in den USA. Wir fragen uns allerdings, wie es diesbezüglich daheim ausschaut:

  • Welcher Ausschuss des Bundestages wird sich bewegen?
    Zuständig ist der Innen-Ausschuss, weil Zivil- und Katastrophen-Schutz unter Schilys Kommando steht. Wir fürchten, dass die Freunde sich doch in die Fragen der “legitimen Inszenierung” verbissen haben.
     
  • Hoffnung kann man auf den “Medien”-Druck haben: Wenn “Monitor”, “Panorama” oder “frontal” die Geschichte richtig würzen, werden Manchen die Chips vom Sofa helfen (es dürfen auch Brezeln sein); Print-Medien wirken zwar subtiler, aber anhaltender.

{Lao-Tse sagt: “Das Bild des Todes kann Leben fördern”}

 

NPR II:  Sachlich irre (incl. Nachtrag 15.3.)

14. März 2002

Für die weicheren und harten Kritiker der US-Regierung gibt es wieder reichlich Stoff zum Nachlegen. Durch die Veröffentlichung der “Los Angeles Times” (Paul Richter, “U.S. Works Up Plan for Using Nuclear Arms”
http://www.latimes.com/templates/misc/printstory.jsp?slug=la%2D030902bombs
sowie die William M. Arkin-Kolumne “Secret Plan Outlines the Unthinkable” (die man genau studieren sollte, weil Arkin eine super-”Alte-Krähe” ist)
http://www.latimes.com/news/opinion/la-op-arkinmar10.story 
dürfen wieder Kommentare blühen, wie wir sie im Bonner “General-Anzeiger (12.3.) als Zitat der Labour-Abgeordneten Alice Malron gefunden haben:

  • Das Weisse Haus sei jetzt endgültig “von Irren übernommen worden”.
  • So denkt auch der “Liebe Führer” in Pjöngjang: “Atomwaffenfanatische Irre” hätten die Macht im Weissen Haus an sich gerissen (SPIEGEL Online, 13.3.).

Wir sind aber genauso irre und behaupten, dass sich durch die “Nuclear Posture Review” (NPR) nichts geändert hat, (ausser das bereits von uns erwähnte):

  • Die NPR ist eine vom US-Parlament geforderte “Review”, die keine Entscheidungen enthällt, sondern Erwägungen und Entwürfe zu Ernstfall-Szenarien und den dazugehörigen Nuklear-Waffen;
     
  • Es werden drei Typen von Situations-Szenaren genannt:
    I. Einsatz von Nuklear-Waffen gegen Ziele, die von konventionellen Waffen nicht zerstört werden können,
    II. Einsatz von Nuklear-Waffen als Vergeltung gegen einen vorherigen Einsatz von B+C-Waffen durch den Aggressor,
    III. im Falle “überraschender militärischer Entwicklungen”.

    Den aufgezählten Ländern ordnen wir (in Klammern) “freihändig” die entsprechenden Typ-Zahlen zu:
    - China (III)
    - Russland (III)
    - Irak (II)
    - Nord-Korea (III)
    - Iran (II)
    - Libyen (II)
    - Syrien (II)
    Der “Typ I” ist deshalb nicht zugeordnet, weil er für alle genannten Staaten zutreffen könnte und die entsprechenden Nuklearwaffen noch nicht produziert worden sind.
     
  • Vergessen, sind nicht informiert oder verschweigen reihenweise Kommentatoren, dass
    - die derzeitige gültige NATO-Nuklear-Doktrin, die natürlich eine “amerikanische” ist, seit dem Jahr (haben wir vergessen, heisst aber MC 14/3 - siehe Nachtrag) einen ganz entscheidenen Punkt hat: Die “Vorbedachte Eskalation” - sprich Erst-Einsatz von Nuklear-Waffen ... zur Kriegsbeendigung nach einer (ehemals massiven) Aggression durch den “presumtiven Gegner” (die Freunde aus der Zeit des NATO-Doppelbeschlusses werden sich gut erinnern),

    - es schon immer deklarierte US-Nuklear-Strategie war, gegen einen Angriff mit biologischen und/oder chemischen Waffen mit dem Erst-Einsatz von nuklearen Waffen zu drohen. Letztes wirkliches Beispiel ist der Golfkrieg 90/91:
    “Die USA hätten Präsident Saddam Hussein ‘alle möglichen Signale übermittelt’, um ihm klarzumachen, dass sie einen Chemie-Waffen-Angriff mit noch grösserer Macht beantworten würden” (“Süddeutsche Zeitung”, 21. 5. 1991, AFP);

    - es seit anno-dunnemal den Streit zwischen zwei Fraktionen gibt:
    Die Deklarateure haben immer von “Abschreckung” im Sinne einer atomaren “Hiroshima”-Strategie geredet;
    Den Action-Irren war immer klar, dass die durchgestylten Nuklearwaffen-Arsenale für eine wahnsinnig ziselierte “Kriegführungs-Strategie” optimiert worden sind (was irgendwie- wie weit auch immer - zwischen Reagan und Gorbatschow und Tschernobyl zum “Ende” geführt hat);

    - nicht irgendwelche Abrüstungs-Verträge irgend jemanden beeindruckt haben, sondern nur die Russen mit den Amerikanern einen neuen politischen Anfang gefunden haben, während die bekannten Regierungen lustig weiter werkeln.

Um zur Kategorie I (Ziele, die nur nuklear zerstört werden können) zurückzukommen, erinnern wir uns zunächst an die Pershing II aus der NATO-Doppelbeschluss-Zeit. Die sollte als nuklearen Sprengkopf einen “Earth-Penetrator” bekommen: Nuklearer Erst-Einsatz gegen gehärtete Command- and Control-Bunker der Sowjets im polnischen Hinterland (Oskar Lafonatine interpretierte das damals als EUROSHIMA: Die Amis führen einen “Enthauptungsschlag” und begrenzen den Nuklearkrieg auf Europa, um sich eines unangenehmen Konkurrenten zu entledigen - die Debatte machte damals echt Spass!).

Irgendwo haben wir gelesen, dass allgemeine Militär-Erkenntnis des Golfkrieges 90/91 sei, dass man seine Kommando-Bunker super-härten muss; neue US-Abkürzung dafür ist: HDBT (Hard and Deeply Buried Targets). Für einen echten US-Kriegs-Konzeptionär dürfte es selbstverständlich sein, für dieses “contingency” auch eine “Lösung” zu offerieren.

Zum bitteren Schluss müsste man noch die Golfball-Nucs abhandeln, die auch in die Kategorie I zu sortieren sind: Vermeidung von “Kollateral-Schäden” bei Einsatz von Nuklear-Waffen (diskutieren die Amis auch seit anno-dunnemal). Gegen-Argument ist auch klar: Damit wird der Nuklear-Krieg führbar!! Nein, wird schliessen das Grusel-Kabinett jetzt.

Aber einen haben wir noch: Die “Neutronen-Bombe”. Im Jahr 1978 sahen sich die Europäer schon in einem Krieg “versaftet”. Wie wärs denn, wenn irgend jemand diese Kiste noch einmal bringt?

Eines meinen wir schon: Dass die Amis aus der “Bösewicht-Ecke” herauskommen, ist doch sehr unwahrscheinlich.

{Macht macht Hass - ich mach nix - macht nix}

Nachtrag 15. 3. 2002:

Unser Freund A. Skiba hat uns aus Boston den Hinweis auf 19 Seiten Original-Auszug aus der NPR geschickt (Thank You so):
http://www.globalsecurity.org/wmd/library/policy/dod/npr.htm

Ein guter Partner aus Österreich hat uns den Text der MC 14/3 zugesandt (damals tausendfach drüber geredet, aber den Original-Text nie gesehen, geschweige denn gelesen): Die legendäre MC 14/3 (22 S.) trägt das Datum 16. Januar 1968!

P. S. Im Nachgang zu gestern haben wir noch das “tripartiale Theorem” entwickelt:

  1. Diejenigen, die sich sachlich mit Sicherheitspolitik beschäftigen, sind irre.
  2. Diejenigen, die sich mit Sicherheitspolitik beschäftigen, irren nur sachlich.
  3. Diejenigen, die sich nicht mit Sicherheitspolitik beschäftigen, müssen irre ... gut drauf sein. (Ciao - nichts für ungut - ist nur ein Test).

 

AF/Bomben-Bilanz: Lessons

12. März 2002

Natürlich waren wir am 5. März nicht in Washington, als das Pentagon eine Zwischenbilanz seiner Luft-Einsätze (bis Ende Februar) im Rahmen von “Operation Enduring Freedom” (OEF) veröffentlicht hat. Aber aufgrund einer guten Fügung können wir trotzdem haarklein schrecklich berichten (ohne “ “):

  • Zahl der insgesamt geflogenen Einsätze: 21.500
  • Einsätze im Luftraum über Afghanistan: 13.000
  • Von diesen 13.000 Einsätzen waren Kampfeinsätze: 6.546 (Verhältnis der Kampf-Einsätze zu Unterstützungs-Einsätzen: annähernd 1 : 3)
  • Die 6.546 Kampfeinsätze (75 % US Navy) verteilen sich auf die Flugzeugmuster
    - Navy F-14: 1.200
    - Navy F/A 18: 3.700
    - AirForce F-15 E: 250
    - AirForce F-16: 470
    - AirForce AC 130 U: 225
    - AirForce B 1: 320
    - AirForce B 2: 6
    - AirForce B 52: 375
     
  • Zahl der insgesamt eingesetzten Waffen (Bomben): 17.400
    - plus 74 Marsch-Flugkörper “Tomahawk”
  • 74 % der Bomben wurden von Flugzeugen der US AirForce abgeworfen
    - ca. 11.500 (66 %) durch die Bomber-Typen B1, B2 und B 52
  • Kampf-Flugzeuge des Typs AC 130 U (“Gunship”) haben
    - 3.300 Artillerie-Geschosse vom Kaliber 105 mm,
    - 22.500 Geschosse kleineren Kalibers (40mm, 25 mm, 7,62 mm) verschossen.
     
  • Eingesetzte Bomben-Typen:
    - Anteil der Präzisions-Munition: 69 % (Golf-Krieg 91: 9 %, Kosovo: 35 %)
    - 6.450 nicht-gelenkte Bomben der Typen MK 82 und MK 84
    - 750 Cluster-Bomben
    - am meisten eingesetzter Präzisions-Typ: “Joint Direct Attack Muniton” (JDAM): > 4.700 (GPS-gesteuert - Das “Tail-Kit” für den Aufsatz auf “normale” Bomben kostet grob 15.000 US$ und ist damit im Vergleich zu sonstiger Präzisions-Muniton sehr billig).
     
  • Sonstige Anmerkungen:
    - Nach Angaben aus Kreisen der US-AirForce wurde angestrebt, bei besonders sensitiven Zielen eine Bekämpfung mit Laser-Zielbeleuchtung sicherzustellen. JDAM habe jedoch die Zielgenauigkeit von Laser-Waffen erreicht und teilweise übertroffen. Dazu habe auch die Verbesserung der Satelliten-Konstellation beigetragen.
    - Die Mehrzahl der Laser-Bomben ist durch träger-gestützte Systeme der US-Navy verschossen worden.
    - 80 % der Einsätze von den Flugzeug-Trägern begannen ohne eine feste Zielzuweisung und wurden aus den “Engagement Zones” kurzfristig zur Bekämpfung aufgeklärter Ziele abgerufen.
    - Der “Verbrauch” an satelliten- und laser-gestützter Bomben durch die US-Navy war so hoch, dass der Bedarf aus Navy-Vorräten nicht mehr gedeckt werden konnte und auf die Bestände der US AirForce zurückgegriffen werden musste. Die Firma RAYTHEON wurde noch während der laufenden Operationen beauftragt, ihre Produktion an Laserwaffen und Marsch-Flugkörpern zu erhöhen. Eine bestehende Produktionslinie ist hinsichtlich der Kapazität auf maximale Leistungsfähigkeit hochgefahren und eine zweite Produktionslinie eröffnet worden. Die US Navy hat zugegeben, seit Mitte der 90er Jahre Präzisionswaffen nicht im vollem Umfang bevorratet zu haben, um auf neuere und kostengünstigere Systeme zu warten. Angaben, wann eine angemessene Bevorratung von Präzisions-Munition erreicht werden kann, sind vom Pentagon nicht zu erhalten.

Wer sich der “Kriegsbericht-Erstattung” dieser Art nähert, hat mit dieser “Bomben-Bilanz” einen Fundus ganz eigener Art (beware of cynicism):

  • Du kannst ruhig den Anteil der wirklich teueren Präzisions-Munition auf 69 % steigern: werfe nur eine Cluster-Bomb ab, dann haben Dich die (europäischen) Medien an der Gurgel (um nicht ein anderes Körperteil zu nennen);
  • Wenn Du auf 100 % Präzisions-Munition aufrüsten willst, kriegen sie dich wegen Hochrüstung;
  • Dass sich die US-Navy “verschiesst”, glaubt Dir kein Mensch;
  • Wenn Du in die europäischen Bomben-Arsenale hinsichtlich “Präzision” schaust, findest Du fast nichts (seit 10 Jahren warten die deutschen “Tornados” auf “Taurus”, das bummelig bei 2008 kommt - vielleicht);
  • Wenn Du solche Dinge in Deutschland überhaupt diskutierst, musst Du absolut blöde und/oder krank sein.

{Die Karawane ruht - die Hunde ziehen weiter}

 

George W. Bush: Let’s roll

30. Januar 2002

Capitol Hill, Washington, 29. Jan., 21.10 Ortszeit: State of the Union Message des US-Präsidenten vor der politischen Elite des Landes. Die First Lady eingerahmt von Afghanistans Ministerpräsident Karzai, der Soldaten-Witwe Frau Spann, einem am Ellbogen verletzten Staff-Sergeant und Frau Sanar, afghanische Ministerin für Frauen-Angelegenheiten. Besonders erwähnt und im Bild gezeigt werden zwei Hostessen (eine mit Arm in Schlinge), die sich auf einen Al Qaida-Attentäter gestürzt hatten, nach dem er während des Fluges ein Streichholz zur Zündung eines Sprengsatzes entflammt hatte.

Von den 45 Minuten sind höchstens 20 min. reine Redezeit. Regel ist, das nach drei (oder weniger) Sätzen alle Anwesenden aufstehen und klatschen (bei einigen innenpolitischen Sätzen nur die Republikaner). Die politische Bedeutung wird wohl nur dann klar, wenn man sich das Ereignis in Gänze anschaut.

Auch den Text der Rede sollte man lesen:
http://www.usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=0201 2950.tlt&t=/products/washfile/newsitem.shtml (um 6.00 eingefügt)

Auf wenige Spots unserer Mitschrift wollen wir hinweisen:

  • Es gibt Ausbildungs-Camps für Terroristen in 12 Staaten
     
  • Das “2. Ziel” sind Staaten mit Massenvernichtungs-Waffen, von denen derzeit “einige still” seien.
     
  • Direkt namentlich erwähnt werden Nord-Korea, Iran und Irak. Wahrscheinlich werden einige Kommentatoren wieder recht hektisch werden. Wir meinen dagegen, dass der US-Präsident auf absehbare Zeit nur den allergrössten politischen Druck ausübt, der vorstellbar ist.
     
  • Beim Thema Raketen-Abwehr gibt es wieder standing ovations.
     
  • Das möchte die Bundeswehr mal hören: “Was immer es kostet, unser Land zu verteidigen - wir werden es bezahlen.”
     
  • Zu innenpolitischen Fragen fordert G. W. Bush in jedem Bereich, visionäre Ziele anzustreben. Ebenfalls in Deutschland würde man sich die energiegeladene Bush-Formel wünschen: “one word: jobs”.
     
  • Wohl kaum werden die entsprechenden Amerika-Kritiker zur Kenntnis nehmen, was Bush zur amerikanischen Kultur und Werten sowie zur Position gegenüber anderen Kulturen bemerkt hat. Immerhin findet sich dabei auch ein Satz: “(We must) change our culture”. Aber es wird die Bush/Texas/Cowboy/Peng-Surfer nicht erreichen.
     
  • Gänzlich aus dem Tritt bringt natürlich Leidens-Empathie, die mit “GOD ist near” endet. So bei welchem Staatsmann weltweit je gehört? Alles nur Show-Biz?

Danach folgt ein Sound, der uns wie ein Focus erscheint: “Let’s roll.” (Natürlich stehender Beifall).

{“Amerikanischer Traum” - 2002}

 

NPR: alles besser

10. Januar 2002

Was seit Monaten als grundsätzliche Absicht bekannt ist, liegt nun ein wenig öffentlich vor: Die nach 1994 zweite “Nuclear Posture Review” (Neu-Betrachtung der gesamten US-Nuklear-Strategie incl. Bewaffnung etc.), in einem speziellen Briefing am 9. 1. 02 von J. D. Crouch, Assistant Secretary of Defense for International Security Policy, in Washington vorgestellt: http://www.defenselink.mil/news/Jan2002/t01092002_t0109npr.html
Die vom US-Kongress angeforderte Studie ist streng geheim, wesentliche Punkte sind in den 15-seitigen Folien enthalten:
http://www.defenselink.mil/news/Jan2002/020109-D-6570C-001.pdf

Kernpunkte der NPR sind:

  • Bis 2007 soll die Zahl der auf Trägermitteln aufmontierten Nuklear-Sprengköpfe (derzeit ca. 6.000) auf ca. 3.800, bis 2012 auf 1.700 - 2.200 reduziert werden. Die somit nicht-operationellen Sprengköpfe sollen teilweise ganz de-aktiviert werden; eine nicht genannte verbleibende Zahl soll de-aktiviert, aber in einem Zeitraum von Wochen/Monaten re-aktivierbar gelagert werden.
     
  • Die Träger-Mittel werden wie folgt aufgestellt:
    - Die landgestützten “Peacekeeper”-Raketen werden abgebaut
    - 4 Trident-U-Boote werden aus der nuklearen Rolle genommen und zu Trägern für konventionelle Marsch-Flugkörper umgebaut.
    -Der B-1-Bomber wird nicht mehr für Nuklearwaffen rückverwendungsfähig gehalten.
    - Die Minuteman-III-Rakete, die see-gestützten D-5-Raketen, die B-52 und B-2-Bomber sowie die atomaren U-Boote werden bis 2020 oder länger in Dienst gehalten und “lebensdauer-verlängert”.
     
  • Die nicht-nuklearen “Strike”-Fähigkeiten werden vor allem auf dem Gebiet der Waffen gegen gehärtete und Untergrund-Ziele verbessert.
     
  • Im Bereich der Raketenabwehr wird eine “robustes” Forschungs- und Entwicklungsprogramm incl. Test- und Auswahl-Verfahren sowie die Stationierung einer begrenzten und effektiven Abwehr gefordert.
     
  • Für die nicht-nuklearen und nuklearen Offensiv- und Defensiv-Kräfte wird unter dem Terminus Command and Control, Intelligence, and Planning besonderer Wert gelegt auf
    - die Entwicklung sicherer Breitband-Verbindungen für die Kommunikation zwischen nationalen Befehlsgebern, Kommando-Zentralen und operierenden Streitkräften;
    - die Entwicklung fortgeschrittener Techologie-Programme für “Intelligence”, besonders hinsichtlich gehärteter Untergrund-Ziele sowie mobiler Ziele;
    - die Verbesserung der Kapazitäten für die Anpassungs-Planung (adaptive planning).

Aus dem 15-seitigen Text des Briefings ist erwähnenswert:

  • John Harvey, Verantwortlicher vom Energie-Ministerium (DOE), welches für die Bereitstellung der nuklearen Sprengköpfe zuständig ist, beziffert die Zeitspanne, um wieder nukleare Untergrund-Tests aufnehmen zu können, auf 24 bis 36 Monate.
     
  • Im späteren Verlauf dieses Jahrzehnts benötigt das DOE Produktions-Kapazitäten, um Elemente der Nuklear-Sprengköpfe des verbleibenden Arsenals erneuern bzw. überarbeiten zu können; ausserdem müsse die Produktion von Tritium neu aufgenommen werden.
     
  • Zum Schluss erwähnt Vortragender Crouch, dass man die Möglichkeit überprüfe, eine existierende Waffe gegen gehärtete, tief verbunkerte Ziele zu optimieren. Der Nachsatz macht deutlich, dass er einen Nuklear-Sprengkopf gemeint hat. Das erinnert “alte Krähen” wie unsereins an den Sprengkopf der Pershing II, die an die Hoch-Zeiten des Kalten Krieges und des NATO-Doppelbeschlusses erinnert, der wiederum das Ende dessen auslöste.

Der bewegende Grund des Gesamt-Vorganges ist jedoch der politische Wandel des amerikanisch-russischen Verhältnisses. Gut 10 Jahre nach Ende der Sowjetunion können tiefgreifende Nuklear-Reduktionen beginnen und werden 2012, nach einem Viertel-Jahrhundert, zu Abrüstung führen. 2003 werden die US-Verteidigungsausgaben jedoch wieder das Niveau von 1990 erreichen. Diesbezüglich ist eine Folie eingefügt, die natürlich nur die USA betrifft (!??):

  • 12 Nationen haben Nuklearwaffen-Programme
  • 28 Nationen haben ballistische Raketen
  • 13 Nationen haben biologische Waffen
  • 16 Nationen haben chemische Waffen.

{Es kann ja nur alles besser werden}

 

ABM-Vertrag: Ende von was?

13. Dezember 2001

Heute wird die US-Administration wohl ankündigen, den 1972 mit der damaligen UdSSR abgeschlossenen Vertrag über die Begrenzung der Anti-Raketen-Rüstung (Anti-Ballistic-Missile-Treaty, ABM-Vertrag) im Januar 2001 ganz formell kündigen zu wollen: Kündigungs-Zeit 6 Monate.

Vor dem 11. Sept. 01 sind ja schon einige Krokodils-Tränen über den möglichen Fortfall dieses “Ecksteins strategischer Stabilität” vergossen worden. Nach dem Wende-Tag gibt es keinen übermässigen Aufschrei. Dabei wird allenthalben vergessen, dass schon 1999 der US-Senat mit 97 : 3 Stimmen für den Aufbau einer Raketen-Abwehr votiert hatte.

Auf US-Seite ist es aber mehr:

  • Eine Abstinenz oder gar Aufkündigung mehrerer internationaler Rüstungskontroll-Abkommen (z. B. B-Waffen);
  • Eine Tendenz zu präventiven Militär-Einsätzen gegen “Schurken”-Staaten, die im Besitz von Massenvernichtungs-Waffen sind oder ihn anstreben (Irak);
  • Andererseits ein neuer Rüstungskontroll-Ansatz, der (weitgehende) Vereinbarungen anstrebt ohne ein umfangreiches Vertragswerk (“SALT III”), sozusagen per Handschlag, allerdings mit “Fast”-Freunden wie Putin.

Ob die intellektuellen “Gunships” vor allem europäischer Herkunft sachlich gerechtfertigt auf die Texas-Amis ballern dürfen, sollte evtl. erwogen werden:

  1. Im Rüstungskontroll-Zeitalter galt für alle US-Regierungen, dass man Rüstungskontrolle betreibt, um die Sicherheit zu erhöhen;
  2. Rüstungskontrolle und Abrüstung war immer von “unausgesprochenen” Faktoren begleitet; Rüstungskontroll-Verträge
    - hielten “Scheunentore” für neue Rüstungen offen (SALT I);
    - limitierten Rüstungen in astronomischer Höhe (SALT II);
    - haben Rüstungen verboten, die technisch gar nicht effizient realisiert werden konnten und/oder unsinnig waren (ABM);
    - sahen keine effektive Handhabe bei Vertragsverletzung vor;
    - waren bei Nicht-Unterzeichnern oder “Betrüger”-Unterzeichnern wertlos.
  3. Weder werden die Befürworter noch die Kritiker je nachweisen können, ob durch das Rüstungskontroll-Geflecht wirklich Rüstungs-Bestrebungen bestimmter Macht-Eliten verhindert worden sind;
  4. Beruhte der Rüstungskontroll-Gedanke auf dem des “Gleichgewicht des Schreckens”, der “Abschreckung”, in einem eindeutig “rationalen” gleichviel auch irrationalem Umfeld auf der “Nordschiene”, und kam durch durch politische Änderungen (Gorbatschow) zum Ende;
  5. Gab es nicht das Phänomen der “asymetrischen Krieg-Führung”, deren gedanklicher Kern sich selbst ad absurdum führt, trotzdem aber am 11. Sept. vorgeführt worden ist.

Angesichts der auf mindestens die nächsten zwanzig Jahre absehbaren US-Dominanz des Militärischen verbliebe unter rationaler Betrachtung eigentlich nur der friedliche Verkehr der Völker untereinander. Wer sich dieser militärischen Rationalität nicht unterwerfen will, hat nur die “Chance des kurzfristigen Schreckens”. Wer, mit welcher Begründung auch immer, sich dazu entschliesst, wird sich von seinem Vorhaben durch keinerlei Argumente abbringen lassen wollen.

Stellt sich nur noch die Frage der Zahl solcher “Kandidaten”. Völlig richtig ist, dass die heutigen “Schurken” morgen nicht mehr regieren könnten. Ob morgen aber alle heutigen Freunde dies noch sind, ist leider genauso fraglich. Noch schwieriger ist die Fragestellung auszuhalten, ob denn die Hilfe an einen heutigen Freund und sein Sinneswandel zu meinem Feind meiner “Naivität” angerechnet werden kann. Wenn ja, sollte man alle als Feinde betrachten.

{Der Feind meines Feindes ist auch mein Feind - viel Spass}

 

US-Strategie: Phase 1 1/2?

12. Dezember 2001

Nachdem die Phase I des “Weltkrieges” gegen den Terrorismus beendet scheint, werden Millionen von Buchstaben über die Phase II vergossen. Dabei dürfen wir nicht fehlen:

  • Irak:
    Das Problem wird gern an erster Stelle genannt. Es hat sich aber inzwischen eine Formel eingebürgert, die man als richtig annehmen darf: “Keine Frage des Ob, sondern des Wann (und wie)”. Das “Wann” kann noch lange dauern.
     
  • Somalia:
    Es ist eines der besten Beispiele für einen “zerfallenen Staat”. Die drei wichtigsten politischen Restgruppen sind:
    - Somaliland
    - Puntland
    - Transitional National Government (TNG).
    Alle haben von der US-Regierung eine “Botschaft” erhalten: “Es reiche nicht aus, sich nur verbal zum Kampf gegen den Terrorismus zu bekennen.” Allgemein bekannt ist die Terror-Organisation “Al-Ittihad Al-Islamiya (AIAI)”. Die TNG ist gewarnt, keine Kabinetts-Mitglieder mit AIAI-Vergangenheit in das Kabinett aufzunehmen. So kontrolliert die AIAI beispielsweise in Puntland die Justiz. Generell hat die AIAI sich aber auf einen “langen Marsch” durch alle Institutionen eingestellt.
    Gegen die Unternehmensgruppe AL-Barakat als wesentlicher Teil der Al-Qaida ist man präventiv vorgegangen: Ca. 1 Mio. US$ sind eingefroren worden. Dummerweise transferieren Somalis in den USA über AL-Barakat ganz gewaltige Summen an die Familien-Mitglieder daheim. Man hofft, dass das Transfer-System “Hawala” den Job übernimmt.
    Unisono wird Somalia aber als hervorragende “Durchgangsbasis” angesehen: keine Polizei, viele unkontrollierte Häfen, offene Grenzen sowie Finanz-Zentren in Dubai und Nairobi.
    Natürlich werden Militär-Einsätze von seiten der USA nicht ausgeschlossen, aber wahrscheinlich sind sie absolut nicht. Generell gilt augenscheinlich: Wenn die Betroffenen nicht handeln, werden das die USA tun.
     
  • Sudan
    Der US-Sonderbeauftragte, Senator Danforth, hat gerade seine Sudan-Mission begonnen. Begehren ist, dass die sudanesische Regierung gegen Terror-Gruppen vorgeht. Man sieht zwar “kein Ende am Licht des Tunnels”, aber den Tunnel. Militär-Einsätze werden als unwahrscheinlich eingestuft.
     
  • Philippinen/Indonesien
    Hier setzt die US-Administration auf intensivierte Zusammenarbeit und Unterstützung. Militär-Aktionen sind unwahrscheinlich.

Gegen alle Erwartungen haben sich dagegen die führenden “Sprengstoff-Köpfe” in Palästina in die Phase 1 1/2 gebombt, dumm oder hochintelligent: Durch das Wochenend-Massaker vom 1./2. Dezember mit 26 Toten und 175 Verwundeten ist Yassir Arafat in der Postion der “letzten Chance”. Die Folgen: Das US-Repräsentanten-Haus hat am 5. Dez. mit 348 zu 11 Stimmen eine Resolution verfasst, die den Handlungsdruck auf Arafat legt. Der immer lächelnde Javier Solana, Hoher Repräsentant der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, folgte gestern  mit einer “einseitigen” Forderung an den Palästinenser-Führer.

Entgegen allen Medien-Botschaften ist so eher die nächste US-Phase in Nah-Ost zu erwarten, allerdings nicht mit Bomben, sondern Bewegungen:

  • Gibt es hinter Arafat nur Hisbollah etc. oder auch eine neue Generation palästinensischer Politiker?
  • Ist Ariel Sharon und die israelische Nation auch friedensfähig?
  • Welche Wirkungen hätte ein US-”Sieg” in der Phase 1 1/2?

Die “intellektuellen Knallerbsen” haben ja eine Alternative anzubieten: Entweder findet die Apokalypse im Jahr 2000 oder 2006 statt: Michael Drosnin, Der Bibel Code, München 1997, S. 185. Augenscheinlich haben wir noch Zeit - und Handlungsoptionen, die die “Knallerbsen” immens betonen.

{Aber was machen wir bis 2006?}

 

Zwischenbilanz: Irrtum?

21. November 2001

Am 2. August 1990 begann der Golfkrieg (II) mit dem Einmarsch irakischer Truppen in Kuwait. Es dauerte fast vier Monate, bis am 29. November mit der UN-Resolution 678 die Anwendung von Gewalt zur Vertreibung der Streitkräfte des Irak aus Kuwait legalisiert und legitimiert wurde. Nach fast zwei weiteren Monaten begannen am 17. Januar 1991 die Luftangriffe der Koalition; sie wurden vor allem durch die US-Luftwaffe ausgeführt.

  • Nach sechs Wochen alliiertem Luftkrieg begann der Bodenkrieg; er dauerte drei Tage. Am 27. Februar wurde die Waffenruhe beschlossen.

Der alliierte Luftkrieg, vor allem der US-Luftwaffe, über Serbien und dem Kosovo 1999 dauerte rund

  • zehn Wochen (73 Tage).

Der alliierte Luftkrieg gegen das Taliban-Regime in Afghanistan, vor allem durch die US-Luftwaffe, begann am 7. Oktober, rund 4 Wochen nach dem auslösenden Anlass. Die entsprechende UN-Resolution (1373) lag nach gut 14 Tagen vor.

  • Der Luftkrieg wird - mit Ausnahme geringerer Angriffe gegen Gebirgsbunker der Al-Qaida - gegen Ende der Woche beendet werden können. Damit hätte er
    sieben Wochen gedauert. Die Intensität war im Vergleich zu den beiden o. a. Luftkriegen wesentlich geringer.

Somit darf als These für Kriege, in denen sich die USA in den letzten zehn Jahren massiv engagiert haben, gelten, dass sie sechs bis 10 Wochen gedauert haben. Die Interpretation und vor allem sicherheitspolitische Bedeutung dieser Feststellung ist anheimgestellt.

{Su Tsu sagt: “Manche gewinnen aufgrund ihrer Schnelligkeit, selbst wenn sie über kein grosses Geschick verfügen.”}

 

US-Kriegführung: Verhältnislos

22. Oktober 2001

Zur Erinnerung:

  • Am 7. Okt., knapp vier Wochen nach dem Terror-Angriff, begannen die US-Bomben-Angriffe gegen Ziele in Afghanistan;
     
  • Am 16. Okt. waren mehr als 2.000 Bomben abgeworfen worden;
     
  • Am 20. Okt. begann der Bodenkrieg durch Einsatz von mehr als 100 US-Fallschirm-Jägern.

Ebenfalls zur Erinnerung:

Aus einer uns vorliegenden Studie von 1995 (!) sollte im Rahmen des “(US)Army Strategic Mobility Program(s)” für die “Force Projection” folgendes erfüllt werden:

  • “Ein durchhaltefähiges Korps mit fünf Divisionen und Luftlandefähigkeit stellen zu können;
  • Die erste Brigade dieses Korps vier Tage nach Alarmierung (C),
  • die erste Division in C + 12 Tage,
  • zwei schwere Divisionen in C + 30 Tage,
  • das vollständige Korpws in 75 Tagen im Krisen-Einsatzraum verfügbar zu haben.

Die fünf Divisionen (82nd Airborne, 101st Air Assault, 10th Mountain, 1st Calvalry, 24th Infantry) bilden das XVIII. Airborne Corps in Fort Bragg, 68.300 Soldaten.

Dass es nach Beginn der Luftangriffe 14 Tage dauert, bis erste Luftlande-Truppen in 100er-Grösse eingesetzt werden, lässt auf erhebliche Schwächen der US-Kriegführung schliessen, die nur teilweise mit strukturellen Hindernissen erklärt werden können:

  • Mit einem Vorlauf von vier Wochen und dem vorher angesammelten Bestand an Zieldaten sowie zunächst ausschliesslich auf die Taliban-Flugabwehr konzentrierten Luftangriffen hätte es gelingen müssen, sehr viel früher die Handlungsfreiheit für den Einsatz von Luftlande-Truppen zu gewinnen. Noch am 20. Okt. waren TV-Aufnahmen zu sehen, die erhebliches Rohrwaffen-Flugabwehr-Feuer zeigten sowie ein im Explosionsfeuer zu erkennendes abdrehendes US-Flugzeug. Sicher wird die politische Weisung, zunächst Al-Qaida-Ziele zu bekämpfen, zu der Schwäche beigetragen haben.
     
  • Die strukturelle Schwäche, dass die US-Streitkräfte von keinem direkten Anrainer die Erlaubnis zur Nutzung von Flugplätzen für militärische Angriffe erhalten haben (wohl von einigen Ausnahmen abgesehen), hätte die Verantwortlichen ganz zu Beginn der Luftkrieg-Führung dazu veranlassen müssen, einen oder mehrere Flugplätze im Süden Afghanistans freizukämpfen, zu besetzten und als zentrale Basen aufzubauen. Wesentlich tiefgreifender ist aber die dadurch bedingte allgemeine Logistik-Schwäche. Wenn schon für die vielen Nachschub-Schiffe kein Hafen zur Verfügung steht, ist der Flugplatz-Mangel umso drückender. Damit wird ein gravierender Mangel offensichtlich, der z. B. von den amerikanischen Militär-Reformern um Andrew Marshall bereits angesprochen worden ist.
    Richtig politisch wird es, wenn Bill Gertz und Rowan Scarborough mit ihrem Bericht “Uzbeks threatened” (Washington Times) vom 19. Okt. recht haben: Die usbekische Regierung würde den USA gern grössere Militär-Aktivitäten erlauben, die russische Regierung würde dagegen aber Druck ausüben, weil das Land zum russischen Einfluss-Gebiet zähle.
     
  • Die Ziel-Aufklärungs-Fähigkeit der US-Kräfte muss verheerend schlecht sein. Erstes Indiz waren die Meldungen, dass die Träger-Piloten schon am zweiten Tag nach Beginn der Bombardierungen mit ihren Waffen auf ihre Schiffe zurückkehrten. In Eile mussten zwei Satelliten gestartet werden, um die Abdeckung Afghanistans herzustellen, bzw. entscheidend zu verbessern. Per Eil-Antrag will Verteidigungsminister Rumsfeld die stillgelegten U2-Nachfolge-Muster vom Typ SR-71 Blackbird reaktivieren. Allen sonst vorhandenen Zieldaten-Systemen wie Drohnen, der E-8 JSTARS usw. fehlt wiederum der näher gelegene Flugplatz (ausser Global Hawk).
     
  • Sogar blühender Unsinn wird praktiziert und dabei noch als Erfolg gefeiert. Eine Drohne des Typs Predator wird mit einer Hellfire-Panzer-Abwehr-Rakete bestückt, um auf einen einzigen Panzer zu schiessen!
     
  • Die für die Luftnah-Unterstützung wichtigen Flugzeuge des Typs AC-130 waren bisher nur einmal zu “sehen”. Plausibel dürfte sein, dass der Einsatz zum Schutz einer US-Boden-Einheit durchgeführt wurde.
     
  • Um den 19. 10. wurde erstmals von zwei Bomben-Abwürfen durch US-Träger-Flugzeuge zur Luftnah-Unterstützung der Nord-Allianz berichtet. Dass es bisher nicht mehr US-Luft-Unterstützung für sie gegeben hat, muss nicht unbedingt politische Gründe haben; die Flug-Entfernung bis in den Norden beträgt incl. Rückflug immerhin rund 3.000 km. Dazu kommt, dass die Ziele eher beweglich als fest sind.

Zweifellos müssen diese Darlegungen nicht wenigen Zeitgenossen befremdlich erscheinen. Begründet sind sie aber nur in einem: Unserem Wunsch, dass das tyrannische Taliban-Regime samt 55. Al-Qaida-Brigade so schnell wie möglich endet und der Weg für die Hilfe für Millionen hungernder Afghanen damit frei wird.

Und die “Rechnung”, die Buchhalter des Wahnsinns makaber, zynisch und hilflos dazuliefern müssen lautet: Präzisionswaffen wird eine allgemeine Funktionsfähigkeit von grob 95 % zugesagt. Bei 2.000 Bomben sind dies 100, bei 99 % 20. Wenn nur 10 davon Männer, Frauen und vor allem Kinder treffen, sieht man die Bilder, die wir auch sehen. Aber das sind noch nicht alle Bilder, die wir sehen müssten.

{Irgendwann sehen wir mehr - irgendwann alles}

 

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