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I r a k

 

 

Irak-SITREPs: bange?

22. Juli 2005

Wer sich zur Beurteilung der Entwicklung im Irak weniger für Bilder, sondern mehr für als repräsentativ einzustufende SITuation REPorts interessiert, sollte zwei abladen:

  • Rund 25.000 irakische Zivilisten haben seit Beginn des Krieges ihr Leben verloren. Die in London beheimatete Gruppe “Iraq Body Count” gliedert diese tödliche Bilanz auf; der Bericht darf als plausibel eingestuft werden:
    http://reports.iraqbodycount.org/a_dossier_of_civilian_casualties_2003-2005.pdf
     
  • Das U.S.-Verteidigungsministerium musste dem Parlament einen SITREP über Irak liefern, der reichlich Daten über die ökomomische Entwicklung und die der Sicherheit enthällt. Die Zahl der Toten der neu aufgebauten irakischen Sicherheitskräfte wird mit mehr als 2.700 angegeben. Dem irakischen Innenministerium unterstehen derzeit rund 94.000 Sicherheitskräfte, dem Verteidigungsministerium 77.300 Soldaten.
    http://www.defenselink.mil/news/Jul2005/d20050721secstab.pdf

U.E. hat vor längerer Zeit “Human Rights Watch” die Zahl der unter Saddam Husseins Regime getöteten Iraker auf eine Million beziffert; bei 30 Jahren Tyrannei sind das rechnerisch 33.333 Opfer pro Jahr. Für den 15. Oktober 2005 ist das Referendum über die bis zum 15. Aug. zu entwerfende Verfassung terminiert; am 15. Dezember 2005 werden die Iraker die neue verfassungsgemässe Regierung wählen.

Zu der “Iraq Body Count-Studie” hat die “New York Times” (20. Juli) Michael E. O’Hanlon, Experte der “Brookings Institution”, zitiert:
“This study says that Iraqis have basically accepted becoming the most violent country in the Middle East as a price for becoming the most democratic”.

{Demokratie hat schon mehr gekostet (z.B. 55 Mio. Tote in 6 Jahren)}
P.S. Die vergleichende (noch nicht ausführlich geschriebene) Todes-Statistik von Demokraten und Tyrannen wird den Bangen (Dems) auch nicht helfen.

 

New Yorker: Patai-SAP

24. Mai 2004

In Abu-Ghraib-Zeiten sollte man am Sonntag beim “New Yorker” vorbeisurfen, ob Altmeister Seymour M. Hersh nicht neues zu bieten hat. Für die aktuelle Ausgabe lohnt es sich; ausserdem bietet das Titelbild (Soldat mit Zielscheibe auf dem Rücken) sinnbildliches. Hersh bietet die 6-seitige “Gray Zone”-Geschichte, die perspektivisch aufzufassen ist:
http://www.newyorker.com/fact/content/?040524fa_fact

Seymour Hersh hat (seit langem) hervoragende Verbindungen zur U.S.-Intelligence-Community, er zitiert permanent Freunde aus diesem Bereich, die ihm hochgeheimstes erzählen:

  • Getreu der Bush-Aussage, dass Al-Qaida-Terroristen und Vergleichbare als nicht unter die Schutz-Bestimmungen der Genfer Konvention fallend betrachtet werden, wurde vom Pentagon für deren Vernehmung ein “Special Access Program” (SAP) entwickelt, welches von CIA, NSA, auch von Condoleezza Rice gebilligt wurde; der Präsident wurde informiert. Ideologische Grundlage für sexualisierte Verhör-Methoden sei die “bible of neocons on Arab behavior”, das Buch “The Arab Mind” (Raphael Patai, 1973).
    Demnach sei die sexuelle Entwürdigung, fotographisch dokumentiert, verbunden mit der Drohung der Offenbarung gegenüber Familien-Angehörigen, die “wirksamste” Erpressung.
     
  • Der Hebel-Punkt des Hersh-Artikels ist aber folgendes:
    - Gegen den Widerstand vor allem der CIA habe aber das Pentagon, vor allem dem für Intelligence zuständigen Under-Secretary of Defense, Steven Cambone, das in Afghanistan “erfolgreiche” SAP mit Zustimmung von Verteidigungsminister Rumsfeld, Generalstabschef Myers, General Miller und rund 200 Mitwissern dieses “Black Program” im Sommer 2003 auf die Anwendung im Irak befohlen; verhört werden sollten die immer aktiveren (auch vermeintlichen) “Insurgents” aus dem auf 5.000 geschätzten Potential des Saddam-Nachlasses.

Der möglichen Interpretationen des Hersh-Hebel-Punktes gibt es aber einige:

  • In absehbarer Zukunft wird nachgewiesen, dass das Pentagon - mit Billigung der politischen Leitung - den Patai-SAP nach Abu Ghraib befohlen hat. Nach den von Rumsfeld und der gesamten militärischen Führung vor der entsprechenden U.S. Parlaments-Kommission getätigten Aussagen (wir haben sie CNN-Live verfolgt) wäre die umfassende Ablösung gar keine Frage.
     
  • Bei der Analyse es Hersh-Artikels wirkt aber verstörend, dass er einen “Pentagon consultant” zitiert, der Rumsfeld “not be personally culpable” bezeichnet, nur “responsible for the checks and balances”. Damit würde die gesamte SAP-Geschichte von Hersh ihren eigentlichen Mittelpunkt verleugnen! Ausserdem wirkt komisch, dass Hersh der Offenbarung des SAP nur die Möglichkeit des Hollywood-Thrillers “Eine Frage der Ehre” einräumt (die U.S.-Parlamentarier müssten deswegen vor Wut schäumen).
     
  • Das hochkomplizierte Umfeld ist dermassen politisiert, dass man selbst einen so geschätzten Namen wie Seymour M. Hersh dieser Spannung zuordnen muss, nicht der Wahrheitsfindung.
     
  • Die “einzige und wahre” Interpretation des Vorgangs wissen natürlich nur wir:
    An den Lagerfeuern der globalisierten Stammtisch-Elite (sprich Verschwörungs-Theoretikern) werden immer dieselben Geschichten erzählt; diese wird zitiert, bis der Arzt kommt - so oder so.

Irgendwie scheint es langsam auf eine unangenehme Zuspitzung hinauszulaufen:

  • Ein moralin-sauerer Hegemon kann man nicht sein;
  • Die “hearts-and-minds”-Parole ist PR-dümmlich;
  • Die Wirklichkeit liegt ausserhalb jeglicher Fassbarkeit;
  • Der Wähler wird immer unheimlicher.

{Alexander Kluge for World President}

 

U.S.-Folter: Taguba-Report

3. Mai 2004

Wer zu den die Welt-Öffentlichkeit bewegenden Bildern von pervers irakische Gefangene folternden U.S.-Soldaten weitergehende Informationen will, sollte den Artikel von Altmeister Semour M. Hersh, “Torture at Abu Ghraib”, abladen und lesen:
http://www.newyorker.com/fact/content/?040510fa_fact

Für eine erweiterte Betrachtung entscheidend ist, das U.S.-General-Major Antonio M. Taguba bereits Ende Februar 2004 einen vernichtenden Untersuchungs-Bericht über die Praxis der U.S.-Gefangenen-Behandlung im Ex-Saddam-Hussein-Folter-Gefängnis Abu Ghraib vorgelegt hatte. Das “Strickmuster” ist bekannt: Der inner-systematische “Code Red” ist für alle Verbrechen im Kriege (und Frieden) nur eine “Frage der Ehre”. Seit der 9/11-Kommission feiert der Begriff “systemic” auch im Abu-Ghraib-Fall seine Verbreitung, die noch (und wieder) der Aufarbeitung bedarf. Dass man in einem “System” lebt, ist trivial; nicht so sehr, dass man letzlich Mensch ist.

Kommunikations-strategisch ist auch dieser Vorgang von erheblicher Bedeutung:

  • Exterritoriale Betrachter werden feststellen: Vorfälle wie Abu-Ghraib sind ganz “normale” Erscheinungen des Krieges (wer hieraus eine Entschuldung ableitet, weiss seine Schuld);
     
  • “Systemic”: Undenkbar wäre, dass die U.S.-Administration, sozusagen “vorbeugend”, den Taguba-Report veröffentlicht hätte.
     
  • Aberwitzig müssen angesichts solcher Vorkommnisse die Empfehlungen von irgendwelchen U.S.-PR-Gurus erscheinen: Public Diplomacy - Hearts and Minds etc.:
    Die dümmliche Frage: “Why they hate US” findet tagtäglich neue Antworten - weltweit.

Bedrohlich ist angesichts dessen allerdings die Wahrnehmung, dass Strategen, die unsere “grandiosen” Erkenntnisse natürlich längst wissen, im Lehnstuhl das Endspiel in aller Ruhe abwarten und auf das internationale “Journaille”-Getöse einen verschwörungs-theoretischen Furz ablassen.

{If in doubt - find it out}

 

Irak-Plan: Gerecht

26. April 2004

Wer sinnstiftendes zur Irak-Problematik lesen will sollte hier abladen:
http://www.weeklystandard.com/Content/Public/Articles/000/000/004/006frwvc.asp

Reuel Marc Gerecht, Ex-CIA-Spezialist, der sich mit einem Zeitschriften-Aufsatz kurz vor 9/11 als wirkliches Ass in Sachen CIA vers. Terrrorismus geoutet hat (kein Vergleich zu Richard A. Clarke), nimmt auf 5 Seiten konkret zur Frage Stellung:
“What Is To Be Done in Iraq? - A plan for dealing with every faction”

Die Handlungs-Empfehlungen für die Politik gegenüber Sunniten, Shiiten, den Kurden, den U.N. und den Europäern sowie den Amerikanern lassen an begründeter Deutlichkeit nichts übrig.

Wer immer zeit-geschundene Mitmenschen vom Lesen des Gerecht-Plans durch eigenes Geblubber abhält, sollte sich schämen - wir auch.

{Liest Du schon oder quatscht Du noch?}

 

Austral. Parl.: Intell

2. März 2004

Das australische Parlament hat uns vor einem Pleite-Tag gerettet und der Welt einen Untersuchungs-Bericht beschert, der die unendliche Geschichte der Berichte der Geheimdienste in Sachen Irak verlängert. Interessant sind die Passagen, in denen die Positionen der australischen Intelligence vor dem Irak-Krieg nachvollzogen werden:
http://www.globalsecurity.org/intell/library/reports/2004/australia_iraq-wmd-intell_01mar04_ fullreport.pdf

Leider haben wir den politisch viel wichtigeren Verfassungs-Entwurf für den Irak noch nicht gefunden; den Nachrichten zufolge ist er einstimmig (!) angenommen worden. Ausserdem haben wir mit Freude festgestellt, dass die Nachrichten der letzten Tage keinerlei Berichte über Bomben-Attentate oder Selbstmord-Anschläge im Irak enthielten.

Gelobt seien Tage wie dieser, die die Kürze voller Dichte zur Entspannung werden lassen.

{Ruhe ist in der Kraft der Tiefe}

 

U.N.-Sicherheitsrat: 1511

17. Oktober 2003

Mit der Resolution 1511 des U.N.-Sicherheitsrates
http://www.un.org/News/dh/iraq/IraqE_15oct.pdf
zieht wieder “Normalität” in die Völkerrechts-Beziehungen in Sachen Irak ein: Die irakische Übergangs-Regierung (Coalition Provisional Authority = CPA, im U.N.-Text “Governing Council”) wird in Ziff. 4 der UNSC 1511 zwischenzeitlich anerkannt. Alle Mitglieds-Staaten der U.N. werden aufgefordert, dem Irak in jeglicher Beziehung zu helfen. Gleichzeitig werden alle Staaten in Ziff. 19 aufgefordert, den Transit von Terroristen, Waffen für Terroristen und deren Finanzierung zu verhindern sowie die Kooperation zu verstärken, “besonders die Nachbarn des Irak” (Syrien hat als derzeitiges Mitglied des Sicherheitsrates dieser Formulierung immerhin zugestimmt). Angesichts der bisherigen (U.S.) Medien-Berichte über die Syria-Connection verspricht dieser Punkt zukünftig noch mehr Spannung.

Bedeutsamer ist die absehbare politische Wirkung der 1511:

  • Wiederum hat sich die U.S.-Administration in einer strategischen Frage durchgesetzt;
     
  • Allen sich mediengeil spreizenden Histerikern zum Trotz ist von einem U.S.-Rückzug aus internationalen Foren nichts zu merken; der “freundliche Hegemon” hat wieder erfolgreich “gebaggert”;
     
  • Der neue weltpolitische US-Anti-Pol, bestehend aus F, Rus und D, verflüchtigt sich mit doktrinären Ausreden vor den Konsequenzen der 1511.

Jeder, der die ideologischen Filibustereien und das schwärmerische Gutmenschen-Gerede satt hat, schaut auf die Wirklichkeit der Ressourcen-Fähigkeit der Staaten für die Aussenpolitik, d.h. die Hilfe der Nationen für ihre Nächsten. Dabei fällt auf:

  • DIe USA, inner-ökonomisch fragil erscheinend, buttern astronomische Beträge in das Abenteuer-Projekt des “demokratischen” Nahen Ostens;
     
  • Die Europäische Union, allen voran Frankreich und Deutschland, versucht, ihre Ressourcen-Leere mit idelogischen Vergangenheits-Doktrinen zu verklären (zum Themen-Komplex empfehlen wir die von uns fast himmlisch vereehrte Petra Pinzler von der ZEIT, die mit “Kamellen aus Brüssel” wieder ihre Klasse bewiesen hat
    http://www.zeit.de/2003/43/EU-Wirtschaftspolitik );

Offenkundig ist, dass dies den Analytikern in den Amtsstuben weltweit auffällt und sie daraus für ihre jeweilige Regierung die entsprechenden Empfehlungen verfassen. Sogesehen wird der globale Mechanismus der Politik sehr überschau- und einschätzbar, sofern man angstfrei zu einfachen Dreisatz-Rechnungen der Sachlichkeit imstande ist.

{Redereien werden Denken nie töten}

 

Rekonstruktions-Daten: Glückwunsch

15. Oktober 2003

Dieser Tage wird der U.N.-Resolution in Sachen Irak wahrscheinlich zugestimmt. Zeitgleich ist zu vermelden:

  • Vier (!) Jahre nach dem Kosovo-Krieg haben sich erstmals politische Repräsentanten des Kosovo und Serbiens an einen Tisch gesetzt. Fraglich: Wer schreibt die Fact-Story über die Fähigkeiten der Europäer für politische Exit-Strategien am Beispiel Kosovo?
     
  • Auf Betreiben Deutschlands ist die UNSC-Resolution 1510 einstimmig verabschiedet worden, die die Ausweitung der inzwischen von der NATO geführten ISAF-Mission über Kabul hinaus authorisiert. Zwei (!) Jahre nach Ende der Kampfhandlungen in Afghanistan kommt damit die internationale Gemeinschaft endlich dem Begehren der afghanischen Übergangs-Regierung nach, zur Sicherheit im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan beizutragen.
     
  • John Vinocur hat am 2. Okt. 03 für die “International Herald Tribune” den Artikel “For its intellectuals, France falters” geschrieben. Er berichtet, dass in der französischen Buch-Bestseller-Liste inzwischen drei Bücher von französischen Intellektuellen gediegener Herkunft verzeichnet werden, die die französische Aussenpolitik ganz erheblich auseinandernehmen und die althergebrachte Muster der Beschreibung des französischen Systems nur wieder bestätigen.

Zum Patchwork gehören die Summen für die Rekonstruktion im Irak, die wir der ap-Meldung vom 14. Okt. 03 entnehmen:

  • Die Bush-Administration hat das US-Parlament um 20 Mrd. US$ ersucht;
     
  • Die britische Regierung wird für die Jahre 2004 und 2005 insgesamt 439 Mio. US$ bereitstellen;
     
  • Auf Seiten der EU sind 233 Mio. US$ für 14 Monate im Gespräch.

Für die Beurteilung des Gesamt-Prozesses sollte man sich gewisse Gesetze des Power-Plays der Macht in Erinnerung rufen, die allseits gepflegt werden und gelten (dadurch aber nicht richtig oder gut werden):

  • Wer zahlt, schafft an;
     
  • Auch beliebt ist der Hinweis auf die “Augenhöhe”;
     
  • Zumindest gilt ganz allgemein die “Work-share-Regel”.

Eigentlich geht es ja nur darum, den irakischen Menschen so schnell wie möglich zu helfen. Wenn Politik aber eben als Power-Play gespielt wird, dann muss man sich schon fragen, warum die EU mit ihrem 1%-igen Rekonstruktions-Beitrag (gemessen an den US-Leistungen) den Mordsmolli macht. Würden wir in - unser Leben übersetzte - Situationen mit vergleichbaren Forderungen konfrontiert, wäre der allseits bekannte “Effenberg” das Mindeste. Weitergehende Anhaltspunkte für Mega-Phantastereien über Multi-/Unilateralismus der USA, den “freundlichen Hegemon” oder den Aufschwung Europas zum Global Player trotz Haushalts-Verstrickung ersparen wir uns. Gar nicht vergessen wollen wir, dass sich die Chinesen “über Nacht” zur dritten bemannte-Weltraumfahrt-Nation geschossen haben.

{Die Verteilung von Glückwünschen ist immer schwierig}

 

Irakische WMD: Faszination

7. Oktober 2003

Was einen Grossteil der durch die Medien-Welt geprägten Meinungen zu den irakischen Massen-Vernichtungswaffen (WMD=Weapons of Mass Destruction) so angeht, können wir nach Lektüre des (schon gestern kurz angesprochenen) Kay-Berichtes
http://www.cia.gov/cia/public_affairs/speeches/2003/david_kay_10022003.html
nicht ganz mitvollziehen.

Denn entsprechend der allgemeinen (westlichen!) Medienlage haben die Ami- und Briten-Regierungen gar entsetzlich und unverschämt gelogen, denn der demnach doch so ohne jeglichen Grund beschuldigte Saddam Hussein hatte gar keine WMD! Da wir uns im Minenfeld der Wirklichkeit gern gaannzz langsam bewegen - immer nach dem Motto “weil wir schlau sind” operieren - verfallen wir in die Paralyse der Analyse - streng nach den Daten von David Kay’s Bericht:

  • D. Kay berichtet, dass
    - es 130 bekannte Munitions-Lager gibt, von denen viele die Grösse von etwa 50 Quadrat-Meilen haben,
    - die Munitions-Bevorratung der Irakis ca. 600.000 Tonnen Artillerie-Granaten, Raketen, Luftwaffen-Bomben und sonstige Waffen umfasst (ein Drittel des U.S.-amerikanischen Bestandes),
    - es irakischer Praxis entspricht, chemische Munition unmarkiert neben konventioneller zu lagern,
    - von den 130 grossen Munitionslagern nach dreimonatiger Inspektions-Tätigkeit erst zehn (!) inspiziert worden sind und
    - dass das, was man zu finden “hofft”, im Raum von zwei Auto-Garagen Platz hätte.

Weit davon entfernt, dem Kay-Team von 1.000 Suchenden (doppelt so viel wie vor dem Krieg durch die U.N. gestellt) irgend eine geartete Form von Faulheit zu unterstellen, errechnen wir von unserem Comedy-Analyse-Schreibtisch im einfachen Dreisatz:

  • Da in drei Monaten 10 grosse Munitionslager geprüft wurden, wird es für die verbleibenden 120 grossen Munitionslager rechnerisch 36 Monate dauern, bis man “vielleicht” etwas gefunden hat (von 1991 bis 1995 hat man auch nichts gefunden).

Nun stelle man sich vor, dass der verdammte Zufall es will, dass erst am Ende die zwei Auto-Garagen gefunden werden. Welche Nachrichten-Redaktion wird denn in drei Jahren diese verdammte Meldung überhaupt noch bringen wollen? Bush und Blair sind dann schon im vermuteten Ruhestand. Und noch schlimmer: Nach dem Bible-Code von Michael Drosnin fliegen schon im nächsten Jahr ganz andere Fetzen!?

{Das Absurde hat eben eine unglaubliche Faszination}

 

Nach-Krieg: makaber

1. Oktober 2003

Paul Bremer, amerikanischer Administrator der “Coalition Provisional Authority” (CPA) hat bei einem Pentagon-Briefing am 26. Sept. näheres zur bisherigen Nach-Kriegs-Entwicklung im Irak angegeben:

  • 248 Kämpfer ausländischer Herkunft sollen bisher gefasst worden sein; 123 von ihnen sind syrischer Herkunft, einige aus dem Iran und Yemen. 19 sind als Al-Qaida-Terroristen eingestuft;
     
  • Als zweite gefährliche Terroristen-Gruppe wird die Al-Qaida-orientierte Ansar-al-Islam genannt, von denen “einige hundert Mitglieder” im Irak vermutet werden;
     
  • Zusätzlich wird mit Terror-Kräften gerechnet, die sich aus der ehemaligen Baath-Partei und den Feddajin Saddam rekrutieren sowie den ca. 100.000 entlassenen Gefängnis-Insassen, die vor Kriegsbeginn aufgrund einer von Saddam Hussein verordneten Amnestie freigelassen wurden.

Andererseits weist das U.S.-Verteidigungsministerium darauf hin, dass nach Ende des Krieges am 1. Mai 2003 83 Soldaten in Kampfhandlungen (hostile) und 90 nicht kampfbedingt (non-hostile) getötet worden sind (Stand: 30. Sept. 2003). Dazu ist die Zahl der Verwundeten zu rechnen, die offiziell nicht genannt wird, aber schätzungsweise mit dem Faktor 4, gerechnet an der Zahl der Toten, zu multiplizieren ist.

In emotionaler Hinsicht bedarf es keiner Frage, dass die Opfer zu beklagen sind. Betrachtet man die Entwicklung seit dem 1. Mai jedoch analytisch, ergibt sich u. E. ein anderes Bild:

  • Die Zahl der Hussein-getreuen Hardliner (Baath, Fedayeen Saddam, SSO etc.) muss auf eine Kopfstärke von mindestens mehreren Tausend Kämpfern geschätzt werden. Dazu sind die Kämpfer ausländischer Herkunft zu addieren.

    Setzt man dazu die in den seit dem 1. Mai vergangenen 150 Tagen in Kampfhandlungen getöteten 83 U.S.-Soldaten ins Verhältnis, ergibt sich rechnerisch für die Seite der Terroristen eine sehr niedrige Handlungs-Intensität.

Sicher ist diese Betrachtungsweise makaber. Aber sie ist sicher nicht so täuschend wie die Farbbilder sonstiger Medien, politischer Erklärungen, sonstiger Pietätsversuche oder Habe-ich-vorher-gewusst-Weisheiten. Schade, dass kein Nachrichten-Sender täglich berichtet, dass heute wieder zehntausende Kinder aufgrund ihres Hungers verstorben sind.

{Der Tod ist längst durch die Quote besiegt}

 

Baghdad: Mehrheit

26. September 2003

Man ist ja immer überwältigt von der Kraft der Bilder und Worte, die insbesondere die audiovisuellen Medien und Trendsetter zu hochpolitischen Themen präsentieren. Die Kunst besteht nur darin, die Betrachter darüber hinwegzutäuschen, dass Bild und Ton nichts mit der Repräsentativität des Gesamtbildes zu tun hat.

Zu gern wüssten wir, ob die deutsche Medien-Landschaft den Bericht der “Washington Post” über die erste repräsentative Umfrage zum Irak-Krieg in Baghdad
http://www.washtimes.com/national/20030924-112912-4233r.htm irgendwie transportiert.

Gallup hat 1.178 Baghdad-Bewohner in der Zeit vom 28. Aug. bis 4. Sept. face-to-face in privaten Interviews befragt; aller Plausibilität nach kein verschwörungs-theoretisches Puzzle-Stückchen:

  • 62 % aller Befragten meinen, dass “jedwede Härten, die sie persönlich erlitten haben mögen”, die gewaltsame Entfernung von Saddam Hussein rechtfertigen;
     
  • “Eine von drei befragten Personen meint, dass das Nachkriegs-Irak besser sei; 67 % haben die Hoffnung auf einen besseren Irak in fünf Jahren;
     
  • 61 % beurteilen die neue irakische Übergangsregierung positiv;
     
  • Dass die Umfrage kein Fake sein kann, beweist das Umfrage-Ergebnis, dass nur 29 % der Befragten eine positive Meinung über die USA haben; mit 29 % kommen die Briten nur wenig besser weg. Kriegsgegner Frankreich erreicht ein 55-%-Positiv-Votum (kein Wunder).

Schade, dass keine vergleichbaren, repräsentativen Umfrage-Daten über die “Befreiung” (die An/Abführung ist ‘ironisch’ gewollt) Deutschlands vorliegen. Man kann sie vielleicht noch nachholen.

{Be- ist noch lange keine Verantwortung}

 

WMD-Hype: gefällt

6. Juni 2003

Insbesondere nach den letzten TV-Tagen können wir uns der Hype-Diskussion über die irakischen WMD (Weapons of Mass-Destruction) überhaupt nicht mehr entziehen. Für Kommunikations-Wissenschaftler empfehlen wir den Vorgang dringend:

  • Zunächst schiesst ein Wolfowitz-Interview mit “Vanity Fair” auf, das nach Lektüre des Wortlauts (auf defenselink.mil) jeglichen Beziehungs-Charme mit der Medien-Berichterstattung vermissen lässt;
     
  • Dann folgt eine Berichterstattung, die die Wahrnehmung der Tatsache nahelegt, dass es definitiv keine irakischen WMD gibt;
     
  • Logisch ist, dass umgehend eine politische Debatte folgt, die von einem historischen Betrug der Herren Bush und Blair ausgeht;
     
  • Abschliessend wird Herr Blix so verwurstet, als ob sein Bericht die Bestätigung all dessen sei. Natürlich werden nur Verrückte die knapp 50 Seiten des 13. Blix-Reports überfliegen:
    http://www.un.org/Depts/unmovic/documents/S-2003-580.pdf

    - z. B. die Ziff. 11, in der noch dazu ein entscheidender Druckfehler zu finden ist. Die strategisch wichtige Aussage von Blix, dass mit dem damaligen Irak-Regime “progress in process”, aber nicht in “substance” festzustellen war, degeneriert nun in den Schreibfehler “subsistence”, was übersetzt “Sinken, Nachlassen” bedeutet;
    - auch die Ziff. 13 erinnert an die Feinheiten des Problems und an den 12. Blix-Report (sog. Cluster-Report), der zu seinem Erscheinungstermin vor dem Krieg kaum wahrgenommen wurde und der für Historiker die Zahlen über die “not accounted for”-WMD enthällt, die seit 1998 im Irak verschollen sein sollen;
     
  • Ausgehend von der Problem-Beschreibung müsste eine gewisse Sensibilisierung vorherrschen:
    Nach 1991 haben die U.N.-Waffen-Inspekteure erst nach vier Jahren Suche WMD gefunden; ein wichtiger irakischer Überläufer hatte die entscheidenden Tipps gegeben.

Mit anderen Worten: Es dürfte für Medien-Päpste etwas verfrüht sein, derzeit ein endgültiges Urteil dahingehend abzugeben, dass es definitiv keine irakischen WMD gibt.

Es wäre ja blöd, wenn man auflisten würde, welche “Experten”-Voraussagen (bis hin zu denen des Bundeskanzlers oder Aussenministers) sich nicht bewahrheitet haben. Besser wäre, nach den Gründen dafür zu fragen. Beispiele für vergleichbare Vorgänge sind uns in guter Erinnerung: NATO-Doppel-Beschluss, deutsche Wieder-Vereinigung, Afghanistan-Krieg, etc. Nie und nimmer besteht die Chance, dass mehr als “Einer” Irrtümer eingestehen wird. Deshalb ist ein “Set” von “lessons learned” überlegenswert:

  • Eine stramme Behauptung ist besser als ein schwacher Beweis (Jugendoffiziers-Weisheit);
  • Was schert mich mein dummes Geschwätz von gestern (Adenauer);
  • Mog watt Du wullst - de Lück kallen doch (Mach was Du willst - die Leute reden doch / Wandteller-Weisheit aus dem Büro des Ex-MdB Penner);
  • Never touch a running system (Windows-Weisheit);
  • Das Leben ist zu kurz für permanente Doktor-Arbeiten (unknown);
  • Nichts ist langweiliger als die Zeitung von gestern (unknown);
  • Wer liest, hat keine Zeit zum Sprechen (unknown);
  • Die Quote/Knete bin ich (Abwandlung von “Der Staat ...”);
  • Erlaubt ist, was mir gefällt.

{Alles fliesst - Prost}

 

CSIS: Kriegs-Lektionen

22. April 2003

Schon seit einer Woche hat Altmeister Anthony H. Cordesman vom “Center for Strategic and International Studies” seine “Instant Lessons’ of the Iraq War” online:
http://www.csis.org/features/iraq_instantlessons.pdf

Wir haben die 19 Seiten Analyse und den Anhang (insgesamt 95 Seiten) überflogen und können Interessierten nur die dringliche Empfehlung geben, den Download zu starten. Vergessen mögen wir nicht, hohe Anerkennung für diese Arbeit zu zollen, obwohl uns das kaum zusteht.

Im deutschen und europäischen Millieu befindlich fragen wir uns allerdings, ob die Befassung mit solcher Lektüre noch wirklich empfehlenswert ist:

  • Wirkliche Kriegsführungs-Fähigkeit ist “out”; gefragt sind Konflikt-Strategien, die ohne Anwendung von massenhafter physischer Gewalt den Willen des Gegners brechen (wir warten allerdings noch darauf);
     
  • Hätte der Irak-Krieg “Modell-Charakter”, was sollte man den europäischen und vor allem deutschen Strategen für die Modellierung ihrer Militär-Maschinerie empfehlen?
     
  • Was soll alle Kriegs-Buchhaltung, wenn übereinstimmend festgestellt wird, dass nicht das Gewinnen des Krieges, sondern das des Friedens entscheidend ist?

Wir sind mit unseren “Instant Lessons” etwas gröber. Wir stellen nur fest, dass das Streben nach Macht und Herrschaft (und Reichtum) - nach wie vor und mehr und mehr - jedermanns Alltags-Geschäft wird, auf welchen Strassen und Plätzen auch immer. Gleichzeitig wird die Friedfertigkeit umso drastischer gelogen. In einem sind wir sicher: Bisher ist kein Roman erschienen, der diesen Prozess auch nur annähernd einfängt.

{Wir sind alle Jedis}

 

Irak-Sanktionen: aufheben?

17. April 2003

In seiner gestrigen Rede in St. Louis (am Standort des Hauptquartiers der Rüstungs-Abteilung von BOEING) hat U.S.-Präsident Bush gefordert:

  • “Jetzt, nachdem der Irak befreit ist, sollten die Vereinten Nationen die über das Land verhängten Sanktionen aufheben.”
    (siehe whitehouse.gov; den Schreibfehler “life” statt “lift” haben wir beseitigt)

Heute wird sich zeigen, was die EU beschliesst. Wenn die EU-Politiker in ihrer “Erklärung des Europäischen Rats von Brüssel zum Irak” vom 21. 3. 2003 blättern, werden sie ihre gut vier Wochen alte, gegenteilige Empfehlung finden:

  • “Wir unterstützen den Vorschlag des VN-Generalsekretärs, dass die humanitären Bedürfnisse des irakischen Volkes weiterhin über das Programm “Öl für Lebensmittel” gedeckt werden können.”

Ausser mit einer formalistischen Argumentation wird man kaum etwas gegen die Aufhebung der Sanktionen einwenden können, sind sie (statt Saddam Hussein) doch in der Vergangenheit oft als die Ursache für die Not des irakischen Volkes bezeichnet worden.

Wer sich gegen die Aufhebung der Sanktionen positioniert, könnte leicht in eine Schieflage geraten, denn bei Streichung der U.N.-Sanktionen tritt eine Folge ein, die eine Reihe von Staaten erheblich betrifft: Bei der OPEC müssen die Öl-Förder-Quoten neuverhandelt bzw. muss der Irak seine alten Förder-Quoten zurückbekommen. Am meisten wäre Saudi-Arabien betroffen, welches mit seiner in den letzten Wochen eingesetzten “Swing”-Kapazität wesentlich höhere Ölpreise verhindert hat; nächstbetroffener wäre Russland.

{Was passt besser in die U.S.-Öl-Verschwörungs-Theorie?}

 

St. Petersburg: Leipzig

14. April 2003

Am vergangenen Freitag (11.4) haben sich immerhin drei Musketiere der Koalition gegen den “gütigen Hegemon” in Moskau getroffen. Lt. bundesregierung.de sollte das Treffen ein “ganz normales bilaterales Treffen im Rahmen des so genannten Petersburger Dialogs” (zwischen Rus + D) werden. Der französische Staatspräsident Jaques Chiraq hat sich aber dazu geladen.

Auf der genannten Website der Bundesregierung findet man immerhin einen zweiseitigen Text, der ein paar Häppchen an Informationen über dieses “wichtige” Treffen abgibt:

  • “Klar sei jedoch, so Schröder, dass der Wiederaufbau unter dem Dach der UNO stattfinden müsse. ‘Das ist aus Gründen der Erfahrung der Vereinten Nationen richtig, es hat aber auch legitimatorische Funktion’, sagte Schröder”
    (Gilt der Umkehrschluss, dass bei Fehlen des Daches UNO der Wiederaufbau illegitim ist?).
     
  • Am Samstag wurde dem Bundeskanzler die Ehrendoktorwürde verliehen und er nahm gemeinsam mit Putin und Chirac an einer Konferenz zum Internationalen Recht teil. Thema: “Frieden, Sicherheit und Völkerrecht: Ein Blick in die Zukunft”.

Schade, das unsere Regierung so mit Informationen geizt:

  • Kein Welt-Bürger kann sich ein genaueres Bild von dem Treffen der Drei machen: Es gibt kein gemeinsames Kommunique´. Konnte man sich nicht auf einen Text einigen?
     
  • Selbst auf der nur für Journalisten zugänglichen Website cvd.bundesregierung.de ist der Wortlaut der Pressekonferenz nicht zu finden.
     
  • Auch über die Konferenz zum Internationalen Recht findet man auch nur ein zusätzliches Wort.
     
  • Versucht man es auf elysee.fr., dann findet man wenigstens eine Rede von Chirac - natürlich nur in französisch.

Wir bewundern den Kanzler, was er gerade am Sonnabend alles geschafft hat, denn am Nachmittag war er schon wieder bei der Olympia-Wahl-Konferenz zu bewundern - nur um das eine Wort “Leipzig” auszuplaudern.

{Neugier ist eine furchtbare Angelegenheit - Basta}

 

ARD: Super-Krieg

10. April 2003

Unsere hierzulande vielleicht politisch nicht ganz korrekte Freude über die symbolischen TV-Bilder vom Sturz des Saddam-Denkmals im Zentrum Bagdads ist von den ARD-Nacht-Nachrichten schnell beendet worden. Denn der Bericht von Tom Burow aus Washington hat uns “alarmiert” und zugleich enttäuscht. Der ARD-Korrespondent legt mit hinreichender Authorität und sogar einem U.S.-Experten nahe, dass mit einem Angriff der USA auf Syrien wohl zu rechnen sein müsste; selbst Libanon (?) und Ägypten stehen auf der U.S.-Schiess-Liste.

Enttäuschend für uns als absolute U.S.-Experten ist, dass Tom Burow viel wichtigere U.S.-Pläne unerwähnt lässt:

  • Die U.S.-Streitkräfte werden mit einem präzisen Einsatz von low-yield-nucs das iranische Nuklear-Kraftwerk in Busher in wenigen Tagen wegblasen;
     
  • Simultan (und nicht sequentiell!) werden die nord-koreanischen Nuklear-Anlagen sehr platt gemacht;
     
  • Völlig ausseracht gelassen wird Kuba: Unsere Geheim-Information von Ex-CIA-Chef Woolsey weisen darauf hin, dass eine Invasion unmittelbar bevorsteht;
     
  • Wenig später werden Special Forces in der Residenz von Gaddafi landen;
     
  • Die weiteren Pläne, die uns bekannt sind, können wir leider nur gegen entsprechendes Honorar abgeben.

Sollte jemand mit dem Einwand kommen, dass U.S.-Verteidigungsminister Rumsfeld auf seiner gestrigen Pressekonferenz entsprechende “Syrien”-Erklärungen abgegeben hat, weisen wir darauf hin, dass das alles eine böse abgekartete Propaganda-Lüge war.

Ausserdem bewundern wir die brillante Analyste der Zukunft durch die versammelte Intelligenz allerorten. Einfältig dachten wir immer, dass das Morgen so ziemlich unvorhersehbar sei. Weit gefehlt. Nur die Analysten (früher Journalisten) anhören, und schon ist die Zukunft die Gegenwart.

{Sag die Zukunft - die Gegenwart ist sowieso Dein}

 

Kriegstag 19: Papier

9. April 2003

In der vergangenen Nacht wurde gemeldet, dass erstmals einige gepanzerte Kampf-Fahrzeuge (Abrams, Bradley etc.) per Luftfracht auf dem nord-irakischen Flugplatz Harir (?) für die 173. Luftlande-Division (U.S.) angekommen sind. Nach fast drei Wochen Kriegsdauer erreichen damit die ersten schweren Waffensysteme für die Land-Kriegführung ihr Einsatz-Gebiet, mehr als eine Woche nach dem Zeitpunkt, als die 173. LL-Div. mit 1.800 Fallschirmjägern landete.

Zur Beurteilung ist in Erinnerung zu rufen, dass U.S.-Militärs seit mehr als fünf Jahren davon sprechen, eine komplette Division innerhalb von wenigen Tagen (24 h?) per Lufttransport zum Einsatz bringen zu können. Ob sich diese Forderung (oder Tatsachen-Beschreibung?) mit der Wirklichkeit vertragen könnte, zeigen weitere Daten:

  • Die vier US/UK-Divisionen, die derzeit im Süden des Irak im Einsatz sind, konnten monatelang ungestört in Kuwait angelandet werden und ohne Luft-Bedrohung aufmarschieren;
     
  • Die 4. U.S.-Infantriedivision, die aus dem Süden der Türkei nach Kuwait umdirigiert werden musste, legte zunächst einen Seeweg von ca. 3.700 Seemeilen zurück und ist augenscheinlich immer noch nicht zum Abmarsch aus Kuwait bereit. Ihr Volumen von ca.
    - 16.500 Soldaten,
    - 200 Kampfpanzern M1 Abrams,
    - 200 Schützenpanzern Bradley,
    -  50 Panzer-Haubitzen des Typs M 109 Paladin,
    -  18 Kampfhubschraubern des Typs Apache und
    - 450 Unterstützungs-Fahrzeugen
    umfasst 14.000 Transport-Stücke und ist mit 36 (!) Schiffen zum Hafen von Kuwait-City gebracht worden.

Diese wie immer zu beurteilenden Vorgänge sind in Beziehung zur Europäischen Eingreif-Truppe (European Headline Goal) zu setzen. Im Juli dieses Jahres werden die politischen Führer der EU ihren Untertanen verkünden, dass die EU-Truppe

  • - mit ca. 60.000 Heeres-Soldaten,
    - in einem Umkreis von 4.000 km,
    - innerhalb von 60 Tagen einsatzbereit (!) sein könnte.

Das konkrete Beispiel Irak zeigt, welche Daten die U.S.-Streitkräfte mit ihren unvergleichlichen Nachschub-Fähigkeiten (Luft und See) erbringen. Auf europäischer Seite ist diesbezüglich fast nichts vorhanden. Für Deutschland ist dazu noch ein weiteres Datum einzubringen: Ohne Authorisierung durch das Parlament darf sich kein Soldat von seiner Heimat-Kaserne entfernen, um sich vorab für einen vermeintlichen Kriegs-Einsatz einschiffen zu lassen.

Nicht, dass dies als militaristische Klage verstanden werden sollte. Man sollte unser “Parlaments-Heer” dann auch konseqent auf seine Aufgaben hin ausrichten, die Kanzler Schröder schon mehrfach genannt hat.

Für die USA aber rückt aufgrund des Irak-Krieges die Stunde der Erkenntnis auch immer näher: Es reicht militärisch nur noch für die Verteidigung der nordamerikanischen Insel. Der Rest der Welt wird darüber glücklich sein - oder?

{Die Zukunft (wird - kann - muss - darf) hoffentlich (?) glücklich sein}

 

Kriegstag 18: Einstein

8. April 2003

Am 3. April hat sich U.S.-Aussenminister Colin Powell anlässlich seines NATO-Besuches mit europäischen Presse-Vertretern getroffen. Zur strategisch-politischen Regelung des Nachkriegs-Irak meinte er  http://usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=03040604.el t&t=/products/washfile/newsitem.shtml :

  • “Die Vereinten Nationen haben klar gesagt, dass sie es nicht wünschen, in der Verantwortung (to be in charge) zu sein. Kofi Annan hat das klar gesagt.”

Für die Bundesregierung eröffnet sich damit erneut eine entscheidende Positions-Alternative. Nimmt sie teil an der militärischen Absicherung der Nachkriegs-Ordnung, wenn die NATO dazu von den USA - mit oder ohne U.N.-Resolution - gefordert wird? Natürlich gibt es reichlich Gründe dagegen - welche sprechen dafür? Welche der Argumente sind innenpolitisch motiviert - und welche aussenpolitisch? Möchte die Bundesregierung der aufkommenden irakischen Interims-Regierung eine halbwegs positive Wahrnehmung vermitteln?

Neulich haben wir einen treffenden Spruch im TV aufgeschnappt, der von Einstein stammen soll und u.E. zu den Theoremen der Strategie der Politik gehört:

{Facts are Facts and perception is the reality}

 

Kriegstag 14: gesponnen

3. April 2003

Es ist uns immer noch ein Rätsel, warum der erst so stürmische Vormarsch der Boden-Streitkräfte der Koalition abrupt endete und für Tage (abzüglich Sandsturm und Re-Gruppierung und Pause) zum Stillstand kam. Dem Einwand, solche kriegslüsternde Martial-Art zu betreiben, entgegnen wir mit dem gestern von Aussenminister Fischer geäusserten Wunsch, dass der Krieg möglichst schnell beendet werden möge (damit hat er sicher nicht die Beendigung des Krieges durch die Einstellung der Kampfhandlungen seitens der Kriegs-Koalition gemeint).

Deshalb müssen wir die makabere “Buchhaltung” durchführen:

  • In einem Pentagon-Briefing am 19.3.03 hat der Stabschef für Strategie, Konzepte und Doktrin des U.S. Air Combat Command, Oberst Crowder, die Gesamt-Zahl der Ziele für die durch die U.S.-Luftwaffe zu bekämpfenden Ziele genannt:

    - 50.000
     
  • Nach einem Bericht der “Washington Times” vom 31. 3. 2003 müsste, um der “shock and awe”-Strategie zu entsprechen, im Irak täglich die folgende Anzahl von sog. Präzisions-Munition abgeworfen werden:

    - 3.000.
     
  • Demnach wären rechnerisch nach 16,7 Tagen alle 50.000 Ziele zerstört (also übermorgen).

Der Wirklichkeit des Krieges kommt man mit den offiziellen Zahlen des Pentagons etwas näher:

  • Im Pentagon-Briefing vom 31.3.03 erläutert der stellvertretende Operations-Planer, General Mc Chrystal, dass seit Kriegsbeginn 700 Marschflug-Körper und 8.000 Stück Präzisions-Munition abgeworfen worden seien. Bei hier eingesetzten 10 Tagen (statt 11) ergäbe dies rechnerisch pro Kriegs-Tag eine Summe von

    870 Präzisions-Bomben (statt 3.000 lt. “shock and awe”).

Völlig unerklärlich wird die o.a. Pentagon-Angabe alllerdings, wenn sie in Relation zu den offiziell genannten Daten über die Zahl der Kampf-Einsätze der Luftwaffe (pro Tag) gesetzt wird. Aus mehreren offiziellen Angaben (Presse-Konferenzen des Pentagon) kann man ableiten, dass täglich ca. 500 Kampf-Einsätze der Luftwaffe geflogen werden.

  • Rechnet man (durch die Daten der eingesetzten Kampf-Flugzeuge abgesichert) mit einer Zuladung von 4 Präzisions-Bomben pro Flugzeug, wären pro Tag 2.000 Präzisions-Bomben zu zählen - in zehn Tagen also theoretisch 20.000 (tatsächlich jedoch 8.000).

Die theoretischen Schlussfolgerungen lauten deshalb:

  • Alle Daten weisen darauf hin, dass nicht die Boden-, sondern die Luft-Kriegführung der Alliierten der Grund für die “Plan”-Abweichungen sind.
     
  • Am Kriegstag 14 wird die “Medina”-Division immer noch mit einer Kampfkraft von 50 % vermeldet.

Wahrscheinlich wird die Kampf-Flieger-Truppe die Ursache für die “Fehl”-Leistung an die fliegende Gefechtsfeld-Überwachung und das “Battle-Management” (ISR, E-8 JSTARS) verschieben. Denn der Abwurf der Präzisionsmunition setzt voraus, dass die entsprechenden Bodenziele in annähernder Echtzeit aufgeklärt und übermittelt werden.

{Nicht schlecht gesponnen, gell?}

 

 

Kriegstag 8: kritzeln

28. März 2003

Unseren heutigen Beitrag verdanken wir Jim Garamone, den wir seit langem als sehr fleissigen “Journalisten” des “American Press Service” des U.S.-Verteidigungsministeriums (theoretisch) kennen; seine gut ein-seitige Arbeit vom 27. März 03
http://www.defenselink.mil/news/Mar2003/n03272003_200303272.html
ist u. E. nachdenkenswert.

Entgegen allen (möglicherweise?) angebrachten Vorbehalten nehmen wir den präsumtiven Ober-Propagandisten sehr ernst. Zunächst bringt Jim G. eine Gliederung des von uns als wichtig erachteten Themas der Luftwaffen/Navy-Lufteinsätze (im folgenden “sorties”):

  • Am 26. März 2003 flogen die “Coalition”- Luftfahrzeuge 1.500 sorties, von denen 600 reine Kampf-Einsätze (“strike” sorties) waren (900 sorties, also 60 %, dienten der
    - Betankung,
    - dem Luft-Transport,
    - der elektronischen Überwachung,
    - der Aufklärung und Beobachtung der taktischen und operativen Entwicklung auf dem Gefechtsfeld.
     
  • Von den 600 strike-sorties waren 100 “geplant”; die restlichen 500 waren - makaber gesprochen - zur “freien Jagd” für die Piloten gegen Sicht-Ziele (die Republikanischen Garden) zur Verfügung.
     
  • Dann zitiert Jim Garamone “Offizielle” des Pentagons, die Berichte der U.S.-Presse kritisieren; sie hätten berichtet, dass die irakische Luftabwehr “nicht operieren” würde - und somit falsch sei: “Während wir das (Luft-Abwehr)-System degradiert haben, ist das Fliegen über dem Irak nach wie vor gefährlich”.
     
  • Die alliierten Luftstreitkräfte hätten keine Luftherrschaft (air superiority), sondern nur die “air dominance” (nebenbei: ein fundamentaler Widerspruch zur gegensätzlichen Aussage des “Dienstherrn” Donald Rumsfeld). Die irakische Luftwaffe würde den Gegner nicht in der Luft herausfordern, sondern am Boden verbleiben.
     
  • Die Luftstreitkräfte der “Koalition” hätten auch auf “vermutete SCUD-Raketen-Stellungen im westlichen Irak gezielt”.

Aus diesem “propagandistischen” Gesamtbild von Jim Garamone kann man auch eine massive, auf Kriegs-”Effizienz” zielende Kritik ableiten, die auf den Hochglanz-Broschüren der Rüstungs-Industrie und damit den “Computer”-Spielen des Instant-Sieges nach dem ex-und-hopp-Verfahren des Präventiv-Sieges beruht:

  • Die zentrale Schwäche der Mil.-Koalition liegt in der Aufklärung und Beobachtung (Intelligence, Surveillance, Reconissance = IRS). Wenn bei den entsprechenden alliierten Fähigkeiten, die
    - durch die jahrelange Dominanz über die Flugverbots-Zonen,
    - die Golfball-Aufschrift-Aufklärungsfähigkeit der U.S.-Satelliten,
    - die Verfügung über die JointStars-Boeings mit ihren “Ground Moving Target Indicator”-Fähigkeiten
    beschrieben werden,
    nichts anderes herauskommt, als dass man nach 7 Kriegstagen
    - 500 strike-sorties “verballert”,
    - das Fliegen über dem Irak noch immer gefährlich ist,
    - irakische Luftmacht noch am Boden ist,
    - man auf “vermutete” SCUD-Stellungen zielt,

    dann ist - unter Zugrunde-Legung makaberer Kriegs-Effizienz - irgend etwas “totally wrong”.

Genau diese Fragen würden wir gern General (ret.) Dan Christman stellen, der auf CNN immer so majestätisch vor seiner so irre beeindruckenden virtuellen Lage-Karte posiert und mit seinem electronic-driven-Zeichenstift ein so überaus verständliches Operativ-Gekritzel zaubert.

{YESS - wir kritzeln auch sehr gern}

 

Kriegstag 7: Flug

27. März 2003

Wir müssen schon wieder eingestehen, dass unsere Kommentierung des Kriegsverlaufs von dem Mainstream der überwiegenden TV-Berichterstattung selbsternannt abweicht. Nur ein Bericht (RTL, nachts) hat den Punkt zentral thematisiert, der für die letzten zwei Tage ganz entscheidend war:

  • Das Wetter:
    Stürme mit Windgeschwindigkeiten bis zu 100 km/h und Millionen winziger Sand-Geschosse.

Angesichts der praktischen Wirkung der Sandsürme wird niemand annehmen können, dass die allgemeinen taktischen militärischen Ereignisse der letzten zwei Tage von entscheidender Bedeutung sein konnten.

Für heute ist “schönes” Wetter angesagt. Zwei u.E. äusserst wichtige Punkte werden zu wenig beachtet. Grundlage dieser Analyse ist die Beobachtung der TV-Bericht-Erstattung von CNN und BBC sowie die (exellente) Beschreibung des Streikkräfte-Dispositivs des Irak (vor dem Krieg) durch den “Alt”-Experten Anthony H. Cordesman:
http://www.csis.org/burke/mb/iraq_edgeofwar.pdf

  1. - In der Berichterstattung findet die reguläre irakische Armee mit einer Stärke von immerhin 375.000 Heeres-Soldaten (ohne die 650.000 Reservisten!) schlicht nicht statt. Sicherlich wird es ganz minimale Reste von ihr irgendwo geben, aber: Diese Armee gibt es augenscheinlich nicht (mehr?);

    - Im Bagdad vorgelagerten äusseren Verteidigungsring werden drei der insgesamt 7 Divisionen der “Republikanischen Garde” (Gesamt-Stärke 60-70.000) gemeldet. Damit stehen geschätzt 30-40.000 RepGuards (rund um Bagdad verteilt!?) den ebenfalls grob geschätzt 40.000 (eher weniger) alliierten Angreifern gegenüber, die allerdings massiert aus Süden und teilweise aus Westen angreifen. Unter “normalen” Gesichtspunkten wäre dies ein Kräfte-Verhältnis, welches nicht nur für den Verteidiger, sondern auch für den alliierten Angreifer zu erheblichen Verlusten führen würde.
     
  2. Was in der uns zugänglichen “embedded”-Bericht-Erstattung im TV-Bild überhaupt nicht zur Wahrnehmung gelangt, sind die unverdächtig klingenden “sorties” der alliierten Luftstreitkräfte gegen die irakischen Landstreitkräfte (sorties = Lufteinsätze, ganz grob - in diesem Fall - 3/4 reine Luft-Boden-Einsätze mit einem grob 4mal Faktor für die abgeworfene Bombenzahl);

    In den Briefings aus Dohar und Washington werden tägliche Lufteinsätze mit steigender Tendenz von 1.000 aufwärts genannt (die “New York Times” vom 26. März vermeldet für die “Sandsturm-Zeit” allerdings nur “several hundred attack missions” gegen die RepGuards). Mit anderen Worten: Während der zwei Sandsturm-Tage haben die US-Offiziellen mit den “sortie”-Angaben höchstens die “halbe Wahrheit” genannt; ab heute werden sie erheblichen Nachdruck auf diesen Punkt legen.

Aus der Verbindung dieser zwei Punkte ergibt sich aber erst der absolut makabere Zusammenhang:

  • Während - natürlich in jeder Hinsicht - echte Trauer angesichts des Todes von 14 Zivilpersonen aufgrund der Bomben-Detonation in Al Shaab, Bagdad - auch als Synonym für Hunderte von zivilen Toten “angebracht” ist, findet der Tod der “gemeinen” irakischen Soldaten in aller Stille statt:
    - Nirgendwo addiert jemand den Tod dieser Menschen, der u.E. schon im völlig unbeachteten tödlichen Feuer der alliierten Luft-Herrschaft stattgefunden hat und vor allem noch stattfinden wird (das sind Zehn-Tausende);

    Kein Kommentar?: Die RepGuards sind von Saddam Hussein dazu verdammmt, vor den Toren Bagdads zu seiner “Vorne-Verteidigung” zu verbrennen. Denn aus der Cordesman-Arbeit geht hervor: In Bagdad dürfen sie sich nicht aufhalten; das den Diktator vor Umsturz schützende Privileg der Operationsfreiheit in Bagdad steht nur den
    - 15.000 Soldaten der “Special Republican Guard und den
    - 30-40.000 Mann starken “Fedayeen” (Saddam’s Matyrs) zu.
    Welches Waffen-Arsenal denen in Bagdad zur Verfügung steht, ist “Nightmare” genug.

Als selbsternannte Kultur-Archäologen der Echtzeit vermuten wir, dass

  • der Level des obsessiven (Macht)Narzissmus, weltweit und individuell gemessen, neue Höchstwerte erreicht oder respektive
     
  • wir alle die Herrschaft des Weltgeschehens - einzeln natürlich - endlich unter unsere doch allzu klugen Fittiche nehmen (können - dürfen - wollen!?!).

{Jede Landung, bei der Sie zu Fuss weggehen können, ist eine gute}

 

Kriegstag 6: TV out

26. März 2003

In der vergangenen Nacht sind in Bagdad wieder 30 Bomben explodiert. Um 4.00 Uhr verschwand das TV-Signal der irakischen Regierung. Direkt danach erscheint bei CNN der Info-Text, dass das Pentagon CNN erklärt habe, nicht auf das irakische Fernsehen gezielt zu haben. Nach ca. 5 Minuten heisst es, Irak-TV stehe auf der Zielliste der U.S.-Militärs. Simultan wird ein britischer Ex-General interviewt, der über die technische Möglichkeit räsoniert, dass ein fliegendes US-TV-Studio die Einspeisung über das nach wie vor funktionierende Satelliten-Signal vorzunehmen.

Natürlich sind ansonsten trotz des anhaltenden Sandsturms wichtige Dinge geschehen. Sie haben aber bei uns einen lähmenden Überflutungs-Effekt ausgelöst. So sorry.

{IN out}

P.S.: Nach einiger Zeit war Irak-TV wieder online - wir haben geschlafen.

 

Kriegstag 5: Rote Linie

25. März 2003

In fünf Kriegstagen haben drei (oder vier) alliierte Heeres-Gruppen den Raum nahe Bagdad (ca. 40 km) von Süden her erreicht. Damit haben sie durchschnittlich eine “Vormarsch-Rate” von 80 km/Tag erreicht. Dazu sind die Angaben eines Standard-Werkes (T. N. Dupuy, Numbers, Predictions and War, London 1979, S. 213 f.) zu beachten, welches als Höchstwert 60 km/Tag bei folgenden Umständen nennt:

  • “Gegen vernachlässigbaren Widerstand”
    - einem Gegnerschafts-Verhältnis (“P/P”) von 1 : 6 plus (6 = Angreifer)
    - “hastige Verteidigung/Verzögerung” (des Gegners)
    - “Panzer-Division” (Angreifer).

Klar ist, dass diese Vormarschgeschwindigkeit nur durch die Kampfkraft der begleitenden Hubschrauber und die massive Luft-Unterstützung (Close Airsupport durch z. B. A-10) erreicht werden konnte.

Anzumerken ist, dass von der “normalen” irakischen Armee nirgendwo die Rede ist. Lt. Fachliteratur ( www.globalsecurity.org ) steht sie immerhin mit 5 Corps (3 Panzer-, 3 Mechanisierte- und 11 Infantrie-Divisionen) zu Buche.

In der aktuellen Berichterstattung ist nur noch von der “Republikanischen Guarde” die Rede; das “nördliche Corps” wird mit 4 Divisionen, das “südliche Corps” mit 3 Divisionen verzeichnet.

Für die Verteidigung von Bagdad stehen lt. CNN nur drei Divisionen der “RepGuard” zur Verfügung (die restlichen Vier werden an Orten wie Basra zu vermuten sein):

  • die 1st Hammurabi (Südl. Corps),
  • die Al-Nida-Division (Südl. Corps),
  • die 2nd Al-Medina-Div. (Nördl. Corps).

Sollte das Wetter wieder “gut” werden, werden die nächsten Tage eine Entscheidung bringen:

  • Aus alliierter Sicht muss die Massierung der RepGuards ausserhalb Bagdads Fortune (milit. Synonym für Kriegs”glück”) bedeuten:
    - strategische und taktische Luftstreit-Kräfte der Alliierten werden ihre Luftherrschaft ausüben (augenscheinliche Einsatzrate pro Tag = 1.000, davon 800 nur gegen die RepGuards). Dabei werden die Alliierten Cluster-Bomben einsetzen, die eine verheerende Wirkung haben.
     
  • Für Buchhalter des Todes war ein kurzer CNN-Bericht eines “Senior-Analyst” interessant. Es ging um “Verlustraten” (lt T. Dupuy hatten die Deutschen im WK II gegenüber der Roten Armee zunächst einen “Vorteil” von etwa 1 : 2);
    - vor dem Golfkrieg 90/91 lag er zugunsten des US-Militärs bei 1 : 15;
    - im Golfkrieg 90/91 bei 1 : 150 - 300;
    - danach bei 1 : 1.500.
    Unter Zugrunde-Legung des Golfkrieges 90/91 bezifferte der CNN-Analyst die rein rechnerischen US-Verluste jetzt auf 17.000 (wirkliche “US-battle deaths” 1991: 148, plus 151 “other deaths”).
     
  • Für den heutigen 25. März steht aber erstmals die weitreichendste mögliche Entwicklung an:

    - Der israelische Online-Dienst
    www.debka.com behauptet unter Verweis auf U.S.-Geheimdienst-Kreise, dass die “Al-Medina”-Division die einzige bekannte Einheit ist, die für den Einsatz von Massen-Vernichtungswaffen (hier wahrscheinlich C-Waffen) vorgesehen ist;

    - Seit heute (ab etwa 5.00 Uhr) berichtet CNN, dass wohl von irakischer Seite gegenüber den Alliierten eine (gedachte) “rote Linie” vor Bagdad gezogen worden ist, deren Überschreitung mit dem Einsatz von C-Waffen beantwortet werden soll;

    - Lt. deklarierter U.S.-Militär-Doktrin wäre nach einem irakischen Einsatz von C-Waffen ein nuklearer Gegenschlag “fällig”. Der wird u.E. aber nicht tatsächlich folgen.

{Heute fehlt uns der unschlagbare schwarze Humor der Briten}

 

Kriegstag 4: Köche

24. März 2003

Natürlich haben wir die Kriegstage 2 - 4 - mehr oder weniger - auch vor der Glotze vollbracht. Alle seien zu preisen, die in der Vergangenheit und jetzt dafür gesorgt haben, dass unsereins BBC und CNN sehen kann (eye-catching: es hat sich seit 39/45 nicht sehr viel geändert). Bei aller in dieser Hinsicht noch überheblich anzubringender Kritik ist die Beobachtung der öffentlich-rechtlichen und privaten deutschen TV-Anbietern dazu ein wahrer Graus; unsere Highligts (garantiert parteilich):

  • Den ZDF-Oberen ist es seit Monaten (einem Jahr) nicht gelungen, Frau Slombka beizubringen, dass ihre An-Moderation zu lang und nicht dazu da ist, ihre als intellektuelle Spitz-Bübigkeit verspielte Mordsklugheit zur befördernden Konkurrenz zu Anne Will (ARD) zu “Grimmisieren” (wir freuen uns auf Claus Kleber in der nächsten Woche, dessen Nervosität nur mit seiner Umgebungs-”Temperatur” zu erklären ist).
     
  • Wer beim ZDF auf die glorreiche Idee gekommen ist, permanent Herrn Prof. Günter Meyer als “Experten” einzuladen, muss belohnt werden; einmal gehört - für immer gezappt.
     
  • Wahrscheinlich werden wir nie von den unglaublich “erfolgreichen” Fossilen wie Klaus Bresser und Dieter Kronzucker erlöst werden; wer merkt schont, welche “Glanzleistungen” sie vollbringen. Wenn dagegen die nach Intelligenz und Aussehen, nicht aber nach Sachkenntnis ausgewählten, Hübschheiten ihre “Fragen” stellen, sagt man sich richtig, dass sie die Fragen stellen, die ein in der Sache gar nicht Interessierter/e - also ein(e) Normal-BürgerIn - auch stellen würde. Die Antworten sind immer schön mit allen Vorbehalten garniert, sagen gar nichts, schielen nach der Quote und verraten höchstens, dass die Beteiligten alle CNN und BBC verfolgt haben.
     
  • Andererseits ein unglaublicher Genuss:
    - Wenn einem Zivildienstleistenden wie Harald Schmidt schon die absolut geile Persiflage eines Peter Scholl-Latour gelingt?
    - Wenn in den “Mitternachts-Spitzen” (des WDR!) “Jäger” Becker schon die deutsche Eroberung Amerikas mit der Bundesbahn-Tarif-Struktur verspricht und der absolut gelungene, kulturelle “Enthauptungsschlag” gegen die Amis mit dem Song “Amerikaner sind zu dick” gelingt (Ironie vom feinsten).

Nach diesem Bad in der deutschen Spass-Kultur ist die Betrachtung der Wirklichkeit eigentlich überflüssig - makaber ist:

  • Kein Mensch wird sich in Deutschland für die Analyse interessieren, dass die Amis und Briten (und Dänen, Niederländer und Australier) sich augenscheinlich erhebliche Mühe geben, “Nebenschäden” zu vermeiden. Man zielt ganz massiv auf die Vermeidung von irakischen Einsätzen mit chemischen Waffen und Überläufern. Und auf die Einhaltung der Versprechen, die man gegeben hat.
     
  • Die letzten zwei Tage waren (aus Sicht der Alliierten) mit einer Reihe von sehr tragischen Rückschlägen begleitet. Dass aber das Problem des “Friendly Fire” ausgestorben sein könnte oder gar alle der als kampfwillig eingestuften “Republikanischen Garden” (80.000) nicht die geringste Wirksamkeit entfalten wollen, konnte niemand annehmen. Was für ein “Erfolg” wäre es, wenn die immerhin mit 400.000 und weiteren 650.000 Rerservisten gebuchten regulären Streitkräfte keinen Schusss abgeben?
     
  • Die letzten Kriege haben die USA in einem Zeitraum von 7 - 10 Wochen gewonnen; die erste Woche ist noch nicht vorbei.
     
  • Auf der entscheidenden Ebene der allgemeinen Diskussion haben vor einiger Zeit un-identifzierte Witzbolde eine These erfunden, die seitdem unüberprüft in fast jede “Experten”-Diskussion übernommen worden und Teil dieser wunderbaren “Hegemon-These” ist:
    Die Amis sind der “Koch” und die Europäer “wischen die Tische ab”, räumen den “Dreck”, den die Amis hinterlassen haben, ab (Balkan, Afghanistan etc.):

    Entschuldigung, very, very Entschuldigung:
    Wer - mit allem dahinter jahrzehntelang gestaffelten Aufwand an Material und vor allem Personal - jetzt und in der Vergangenheit (bei aller Diskussion über die einzelne Frage) ganz ganz über wiegend den “Kopf” hingehalten hat, waren die verdammten Amis. Sie als die “Köche” einzustufen, ist wenigstens ganz unbeschreiblich dämlich.

    Die wahren “Köche” sind diejenigen, die
    - für die Welt-Öffentlichkeit als Friedensbewahrer antreten mit einem chicen “blauen” Helm;
    - ihre Arbeit als die wahre Krönung von Friedens-Intelligenz preisen. Wer nicht ganz verblödet ist, erkennt darin die immer beklatschte Volkswut auf die “Bullen”.
    - nur noch mit dem Friedens-Nobel-Preis ausgezeichnet werden müssen und sich anschliessend den päpstlichen Segen holen, obwohl sie mit dem HERRN nichts oder ganz wenig am Hut haben und z.B. in Sachen Abtreibung den Stellvertreter GOTTES auf Erden für einen Irren(den) halten.

Wir sehnen den Tag herbei, an dem die in Jahrhunderten geschulten “alten” Europäer endlich mit aller MACHT ihre unendliche Weisheit über die Welt schütten, um dieselbe mit aller Selbstherrlichkeit uneigennützig zu retten.

{Sieht gut aus, sich als Friedens-Geschichts-Ewigkeit fliegen zu sehen}

 

Kriegstag 1: BILDer

21. März 2003

Augenscheinlich sehr genau sind am 1. Kriegstag einige Staatsgebäude in Bagdad durch Luftangriffe zerstört wurden. Aber die erwarteten massiven Luftangriffe sind ausgeblieben. Dass von der Medienwelt schnell aufgeschnappte Prinzip von “shock and awe” (Schock und Einschüchterung) hat seine Entsprechung in der Kriegs-Wirklichkeit noch nicht gefunden (“put on hold”). Plausibele Erklärung dafür wäre, dass U.S.-Verteidigungsminister Rumsfeld wohl die Informationen streut, dass man das irakische Militär zur Kampfaufgabe bewegen kann.

Relativ “quälend” haben die Heeres-Verbände die irakisch-kuwaitische Grenze überschritten und sind auf dem Weg nach Basra und Uum Qasr, im Norden des Irak nach Mosul, ebenso sehr zäh.

Die Berichte des “embedded” CNN-Reporters Walter Rodgers, der mit der 7th Cavalry im Süden den Scout reitet, sind ein “Genuss”; sie fahren nun mit 40 km/h, haben keine irakische Gegenwehr. Noch verliebter haben Aaron Brown und Wesley Clark die CNN-Video-Bilder von fahrenden Panzern endlos bequatscht, “stunden”lang! Zwischendurch dreht Rodgers mit seinem Kommentar völlig ab (4.30 MEZ und später). Kein schönerer Beweis, dass der “verantwortliche” CNN-Redakteur Aaron Brown so unendlich “liebenswert” ist (Diese TV-Sequenzen werden Comedy-Geschichte schreiben; ansonsten mögen wir CNN).

Obwohl der ausser Dienst befindliche U.S.-General Shelton auf CNN mit Brustton verkündet, dass alles nach Plan verlaufe, ergeben sich u.E. erhebliche Zweifel:

  • Minister Rumsfeld hat als erster die Information gegeben, dass 3 - 4 Ölfelder brennen. Natürlich ist jemand vor Ort mit einem Feuerzeug schneller als heranfliegende Spezialtruppen; von dem Einsatz solcher Truppen konnte man bisher allerdings nicht die geringste Information sehen.
     
  • Geradezu katastrophal war die Lage in Kuwait. Dort wurde 8mal Luftalarm gegeben, bei der 101. Airborne Division 3mal. Vom Beschuss von 10 (?) irakischen Raketen (Scud und andere) ist die Rede; Patriot-Abwehr-Raketen sollen zwei (?) abgefangen haben. Schäden wurden nicht berichtet. Obwohl ein deutscher Reporter aus Kuwait die ganze Geschichte bezweifelt, urteilen wir:

    - Aufgrund der jahrelangen Erfahrung aus der Flug-Überwachung der südlichen Flugverbots-Zone müssten Amis und Briten “jede Maus beim Vornamen” kennen.

    - Wenn die U.S.-Streitkräfte ihre immer immens gepriesenen Aufklärungs-Kräfte im Einsatz hätten (E-8 Sentry JSTARS), müssten solche “Boden-Bewegungen” festgestellt  und von Luft-Streitkräften bebombt worden sein.

Wunderbar, dann auf die ZDF-Berichterstattung um 5.40 Uhr zurückgreifen zu können. Der Kommentator fragt, ob der (Unfall)-Tod von 12 amerikanischen und 4 britischen Soldaten denn den Präsidenten zur Umkehr bewegen könne.

{Schön, dass es all diese BILDer gibt}

 

Kriegsbeginn: abtauchen

20. März 2003

Heute morgen gegen 4.00 haben die U.S-Streitkräfte mit zu diesem Zeitpunkt behaupteten 24 Marschflugkörpern (jetzt sind es 40) auf die “Leadership-Targets” (“targets of opportunity”) im Irak gefeuert, den in unendlicher wirrer Verquatschung von Glasperlen-Spielern aller Coleur seit 1980 verwendeten Begriff des “Enthauptungs-Schlages nutzend. Sicherer Quatsch ist, dass die Marschflugkörper von F-117-Bombern abgefeuert worden sind. Prima erklärt Eberhard Pilz (ZDF, 05.40), dass der Angriff wirklich eine “Opportunity” war, nämlich ein Treffen von Saddam plus Anhang.

Um 4.15 (“Berliner” Zeit) hat U.S.-Präsident dann seine 4-minütige Kriegs-Beginn-Rede gehalten, mit einer steinernden Miene, die wir schon kennen:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/03/print/20030319-17.html

Unsere Freunde von der spezifizierten Fraktion werden natürlich melden, dass in diesen furchtbaren Zeiten der U.S.-Präsident “relaxed in ein Dinner mit der First Lady” gegangen ist und sich danach zu Bett begibt.

Die echten Spezies werden sich auch die knapp acht Seiten abladen, die Präsident Bush zur Begründung seiner Kriegführung dem U.S.-Parlament übersandt hat:
http://usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=03031904.nl t&t=/products/washfile/newsitem.shtml

Angesichts der ganz überwiegenden Berichterstattung der deutschen Medien (vor allem TV) strecken wir aber die Arme ganz weit in Richtung Oben, denn der “Krieg” ist eindeutig verloren.

In den nächsten Wochen mag die U.S..Militär-Maschinerie erhebliche Erfolge erzielen, “shock and awe”. Das ändert aber nichts

  • an den CNN-Berichten des arroganten Aaron Brown, der selbst seinen Kollegen wahnsinnig auf den Geist gehen muss;
     
  • an der Lage, die SPIEGEL-ONLINE mit seinem Bericht über die internationale Meinungs-Situation geliefert hat (die USA sind so im Keller, das glaubt man kaum);
     
  • an der unglaublich generierten Aufgeregtheit der TV-Berichterstatttung, die durch die gewinn-geile Quoten-Folter sich selbst ad absurdum führt und wahrscheinlich nur eine ganz kleine Anzahl von durchgeknallten Idioten erreichen wird;
     
  • an den Vorurteilen, die wir
    - tiefenpsychologisch gegenüber uns selbst haben,
    - gegenüber jeder martialischer Positur hegen,
    - den Amis gegenüber sowieso ahnen.

Der globale, sicherheitspolitische Gegen-Entwurf gegenüber den Amis  lautet ganz schlicht:
Alle Möglichkeiten nicht-militärischer Willens-Beeinflussung müssen genutzt werden. Wenn es nicht hinreicht, wiederholen wir unseren friedenspolitischen Ansatz, bis unser Gegenüber völlig genervt aufgibt.

Wenn wir in unsere Zeit zurückspringen, erleben wir gerade gegen 6.30 Uhr Saddams Ansprache:

  • Very sorry, das umgeblätterte Gestammele eines Top-Tyrannen, der aufgrund seiner kommunikativen “Kompetenz” seine ganze Kunst der Staatsführung offenbart, hat sich wirklich auf GOTT berufen. Welche “Nachsicht” muss DIESER eigentlich aufbringen, um sich das noch gefallen zu lassen?

Wenn Sie klug sind, gehen Sie für einige Zeit auf Tauch-Station. Wenn es wirklich wichtig wird, werden wir Ihnen einen Weck-Ruf senden.

{Im richtigen Moment die richtige Taste drücken}

 

Geheimplan: last minute

19. März 2003

Aufgrund eines tera-genialen Glücks ist es uns gelungen, eine Fotokopie des Geheimplans zu ergattern, der die Einzelheiten für die Strategie von Frankreich, Deutschland, Russland und China für die heutige Sitzung des U.N.-Sicherheitsrates enthällt. Die Überraschung, die die Welt heute erleben wird, darf als einmalig betrachtet werden. Es ist die konkrete Roadmap, um den Frieden in letzter Sekunde zu retten.

In den Regierungen von F/D/Rus/Chin ist in den letzten Tagen ein umfassender Plan ausgearbeitet worden, der sehr konkret alle Fragen beantwortet, die aus der Annahme des F/D/Rus/Chin-Memorandums folgen, welches eine Verlängerung der Zeit für die Inspektionen im Irak um weitere 120 Tage vorsieht. Wir zitieren die wichtigsten praktischen Vorschläge aus dem Geheimplan (GP-Übersetzung):

  • “Wir halten an unserem Kurs, welchen wir durch das Memorandum beschrieben haben, fest und sind überzeugt, dass die sehr konkreten Massnahmen, die wir hiermit zur Unterstützung unserer Position vorschlagen, die Ernsthaftigkeit unserer Friedensbemühungen belegen.
     
  • Die unterzeichneten Partner des Memorandums werden innerhalb von 14 Tagen die zur Aufrechterhaltung des militärischen Drucks auf Saddam Hussein notwendigen Streitkräfte im Umfang von 200.000 Soldaten in die Stationierungsräume der alliierten US-Koalition verbringen, um die alliierten Streitkräfte für die nächsten 4 Monate abzulösen. Die äquivalenten Land-, Luft- und See-Streitkräfte Frankreichs, Deutschlands, Russlands und der Volksrepublik China werden somit die materielle Unterstützung der U.N.-Res. 1441 darstellen. Die Kosten dieser Massnahme werden von den Unterzeichner-Staaten zu gleichen Teilen getragen.
     
  • Nach Ablauf der 120-Tage-Frist für die Inspektionen werden wir zusammen mit den dann wieder aufmarschierenden alliierten Streitkräften den Irak besetzen, sollte die irakische Regierung bis dahin nicht ihr gesamtes Potential an Massenvernichtungs-Waffen offengelegt haben, welches in den entsprechenden Dokumenten seit langem verzeichnet ist.”

Unsere Blitz-Recherchen bei der U.S.-Administration haben ergeben, dass der Nationale Sicherheitsrat des Weissen Hauses bereits seine Gesprächsbereitschaft signalisiert hat: “Dieser Plan ist eine sehr realistische Symbiose für unser aller Probleme.”

Allerdings haben wir auch einen Hinweis aus höchsten Kreisen bekommen, dass der Plan so geheim ist, dass ihn niemand kennt.

{Keiner weiss, dass ich Rumpelstielzchen heiss}

 

Präsident Bush: 48h

18. März 2003

Wer in diesen Landen überhaupt noch bereit ist, eine Bush-Rede überhaupt lesen zu wollen, sollte diesen Link wählen:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/03/print/20030317-7.html

U. E. ist an dem 14-Minuten-Statement des US-Präsidenten folgendes bemerkenswert:

  • Die Legitimation zur Kriegführung wird 2-fach hergeleitet:

    - Aus der “souveränen Authorität”, die “eigene nationale Sicherheit abzusichern” (damit dürfte Art. 51 der U.N.-Charta gemeint sein);
    - durch den Verweis auf die U.N.-Resolutionen 678 und 687, die beide noch “in Kraft” sind und als Authorisierung für die Anwendung militärischer Gewalt bezeichnet werden. Dieser Darstellung folgt der Nachsatz, das dies nicht eine Frage der Authorisierung, sondern des (politischen) Willens sei.
     
  • Zu dem die Debatte vorrangig beherrschendem Thema der Differenzen hinsichtlich der Inspektions-Effizienz verliert der amerikanische Präsident ganze neun Zeilen:
    - Keine Nation könne reklamieren, dass der Irak abgerüstet habe;
    - Solange Saddam im Amt sei, werde es auch keine Abrüstung geben;
    - einige P-5-Nationen hätten öffentlich dargelegt, dass sie jede Sicherheitsrats-Resolution per Veto zu Fall bringen würden, die den Irak zur Abrüstung zwingt. Der U.N.-Sicherheitsrat habe nicht seine Verantwortung wahrgenommen.
     
  • In Bezug auf die Iraker verwendet G. W. Bush die direkte Ansprache mit Verhaltens-Anweisungen, die (von fliegenden Radio-Stationen) übersetzt ausgestrahlt werden. Interessantes Detail ist die Ankündigung, dass die U.S.-Truppen den irakischen Streitkräften klare Instruktionen geben werden, wie sie U.S.-Angriffe verhindern können. Besonders vor Aktionen gegen die Ölfelder und den Einsatz von Massenvernichtungs-Waffen wird gewarnt.
     
  • Über die ganze Rede verteilt sind Passagen für die Begründung präventiver Kriegführung.

Laut CNN wird die Bush-Regierung 72 - 100 Mrd. US$ Kriegskosten im Parlament beantragen. Laut Umfragen sollen 66 % der Bevölkerung der Politik des Präsidenten zustimmen; 68 % meinen, dass die diplomatischen Mittel ausgeschöpft sind.

Stunden vom dem Zeitpunkt des Ablauf des 2-tägigen Ultimatums (Mi., 20 Uhr) werden die “Friedensmächte” F/D/Rus/Chin. wahrscheinlich den absoluten Propaganda-Hit gegen die USA in einer Sitzung des Sicherheits-Rates starten:

  • Diskussion und Antragstellung des von Dr. Blix inzwischen augenscheinlich fertiggestellten “Arbeitsprogramms” für die Waffen-Inspektionen mitsamt einer Frist von 120 Tagen (sorry: für die weitere Nadel/Heuhaufen-Prozedur).
  • Damit wäre der Diplo-Krieg zwischen den Beteiligten auf seinem Höhepunkt angelangt.

Natürlich ist es absolut blödsinnig zu fragen, warum während der wochenlangen Verhandlungen zur Erarbeitung der Resolution 1441 die versammelten Herrschaften nicht in der Lage waren, sich auf ein “Arbeitsprogramm” sowie einen Zeitplan zu einigen. Zu gern würden wir die gesamten Protokolle aller Verhandlungen zur RES. 1441 einsehen. Ernüchterung über die lang angelegte, allseitige “legitime Inszenierung” wäre wohl das Ergebnis.

{Ernüchterung ist vorzüglichster Grund für ein ordentliches Besäufnis}

 

Heute: Tag der Wahrheit

17. März 2003

Kritiker werden feststellen, dass U.S.-Präsident Bush (zusammen mit Blair und Aznar) gestern auf den Azoren wieder einen recht hegemonialen Akt vorgenommen hat, denn für heute hat er den “moment of truth for the world” angekündigt:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/03/20030316-3.html

Frankreichs Präsident Jaques Girac war etwas weniger hegemonial und hat die im F/D/Rus/-Memorandum genannte Zeit von 120 Tagen auf 30 (oder 30 - 60?) heruntergeschraubt. Das wird ihm heute wenig helfen, denn die “war-coalition of the willing” stellt dagegen fest, dass nach Verabschiedung der legendären UNSC 1441 schon vier Monate vergangen sind, ohne dass Saddam Hussein umfassend und sofort seine Kooperation gezeigt hätte.

Deswegen scheint U.S.-Präsident Bush heute bei der französischen Regierung wohl noch einmal nachfragen zu wollen. Nach seiner “texanischen” Aufforderung, die “Karten” zu zeigen, hatte Präsident Chirac für jeden Fall sein Veto angekündigt. Heute will Bush eine “Beurteilung” vornehmen, “was diese Karte bedeutet” (S. 7).

Noch in der gestrigen Nacht haben wir ein Interview  von J. Chirac mit CNN (Christiane Amanpour) gesehen, bei dem unsere Analyse-Fähigkeit (wieder) ihre Grenzen erreicht hat. Nur eine Detail-Analyse könnte zeigen, wie der französische Präsident taktiert hat. U.E. ist sicher, dass er wieder ausgebufft trickreich war.

In einem sind wir sicher: der heutige Tag markiert eine entscheidende Wegmarke in der internationalen Sicherheitspolitik:

  • Erstmals nach Ende des Kalten Krieges schwingt sich Frankreich zu einer weltpolitischen Rolle auf - als Gegner der weithin gern so gesehenen U.S.-Hegemonie:

    - mit einem zögerlichem Russland, welches unter reinen Macht-Gesichtspunkten seine eigenen Gedanken hegt;
    - mit der Veto-Macht China, die unter der Hand schon lange signalisiert hat, dass sie ihre langfristigen Eigeninteressen nicht an der Irak-Frage aufhängen mag;
    - mit der Macht des “Schröder”-Deutschlands, welches seine aussenpolitische Bedeutung in der Vergangenheit immer aus der “Spagat-Kür” zwischen Gaullismus und Atlantizismus bezogen hat, und nun das “eine Bein” schlicht abgehackt hat. Es ist schade, dass Kanzler Schröder sicherheitspolitisch so unterbelichtet ist, dass er auf die strategische These vom Welt-Hegemon (geflüstert von E. A. Winkler oder M. Bissinger?) hereingefallen ist.
     
  • In grandioser Selbst-Überhebung setzen die “grossen” europäischen Mächte ihre “Gleichgewichts”-Politik fort, die bis 1945 Aber-Millionen von Menschen das Leben gekostet hat. Derzeit verbleibt ein Scheiterhaufen der europäischen “sicherheitspolitischen Identität und Verantwortung”. Wenn nicht wenige “kleine” Staaten in West-Europa und ungezählte in “Ost-Europa” dem U.S.-Weg folgen, dann ist dies nicht Schuld ihrer “Unerzogenheit” (F), sondern fehlende “Subtilität” der Gleichgewichtspolitik.

Passend dazu haben wir ebenfalls durch die Nachrichten erfahren, dass “Prinz Hans Adam II” in Liechtenstein durch eine Volksbefragung mit einer Mehrheit von 60 %+ in den Stand gehoben worden ist, Minister abzusetzen und Gesetze abzusetzen befugt ist. In Italien soll auch ein König heimgekehrt sein.

{Für die entsprechenden Fuzzies ist nur Macht richtig geil}

 

Containment: Kill-Rate

14. März 2003

Es ist ein uralter journalistischer Trick, wichtige Zeitungsberichte aus den USA anzuführen, um dem Leser mit solchem Authoritäts-Schrein die Beförderung der eigenen Linie unterzujubeln. Tagtäglich kann man das bei einer auch von uns hochgradig geschätzten Website beobachten. Heute erlauben wir uns, auch diesem Strickmuster zu folgen, in dem wir den Artikel “Deadlier Than War” von Walter Russell Mead, Alt-Kämpe des natürlich ehrwürdigen “Council on Foreign Relations”, in der “Washington Post” vom 12. März 2003, hoch”jubeln”; zu finden auf der von uns sehr geschätzten Greuel-Propaganda-Walze:
http://usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=03031303.tlt &t=/products/washfile/newsitem.shtml

Entgegen der eingängigen “2”-Kinder-Strategie von Jürgen Todenhöfer argumentiert Mead in makaberen absoluten Zahlen:

  • Der Golfkrieg 90/91 hat 21.000 - 35.000 Iraker, von denen 1.000 bis 5.000 Zivilisten waren, das Leben gekostet;
     
  • Die als konsequente Folge der Nicht-Einhaltung der U.N.-Beschlüsse beschlossenen U.N.-Sanktionen werden nicht Saddam angerechnet, sondern - von einem bestimmten “Lager” -  im wesentlichen den USA. Folge lt. UNICEF: jährlich 90.000 tote Iraker, davon 60.000 Babies (Alter unter fünf).
    Natürlich wird von interessierter Seite gern übersehen, dass die Oil-for-Food-Einkünfte der irakischen Regierung bei entsprechender Verwendung für die Bevölkerung derart dramatische Folgen nicht hätten eintreten können. Beweis dafür ist insbesondere die Situation im Norden des Irak, wo die Kurden mit ihrem 13 %igen Anteil an den Oil-for-Food-Mitteln augenscheinlich ein erträgliches Leben gestalten.
     
  • Damit wäre die seit 1991 anhaltende “Eindämmungs-Politik”, die von einigen europäischen Friedens-Politikern als Erfolg und zur weiteren Anwendung empfohlen wird, nichts anderes als eine “Lizenz zum Töten”, die die Zahl der Kriegsopfer 90/91 in geradezu aberwitziger Höhe übersteigt.

Der Schwall der Gegen-Argumente gegen solche Rechnungen ist einschätzbar:

  • Unter europäischer Ägide wird (grundsätzlich) immer alles besser als unter der hässlich-hegemonialen Knute der kill-wütigen Amis;
     
  • Mit dem “dialogischen” Prinzip und der Krisen-Prävention unter der Fahne des Typs der roten Heidemarie d’ Arc hat das Prinzip Hoffnung wieder eine Chance;
     
  • Die in Jahrhunderten gereifte Subtilität der französischen Gleichgewichtspolitik wird - unter Zuhilfenahme blech-getrommelter Hegemon-Reflexe, russischem deja vu` und chinesischer Schlitz-Äugigkeit - bei bewiesener Zahnlosigkeit schon zeigen, wie man Kaugummi kaut;
     
  • Immer wieder pussierlich wirkt ein provinzieller Rhetorik-Trick eines höchst-anerkannten Turnschuh-Profis, der in aufgepumpter Erregung, verbunden mit intellektueller Chuzpe, Andersmeinenden entgegenschleudert, dass er deren Argumente gar nicht “begreife” (klassisch auf der Münchner Tagung). Hört man dem ganz entspannt zu, weiss man sofort die Antwort: Er will sie gar nicht begreifen - zumindest öffentlich (in Hintergrund-Gesprächen ist er dann ganz smooth).

Als Moral von der Geschicht’ müsste man also empfehlen, die Kill-Rate noch einmal “durchzurechnen”?

{Die Buchhaltung des Todes will gelernt sein - aber nur diesseitig}

 

UNMOVIC: Cluster-Report

12. März 2003

Nun ist der sog. “Cluster”-Report doch abladbar:
http://www.un.org/Depts/unmovic/documents/cluster6mar.pdf

Auf 173 Seiten nimmt die U.N.-Inspektoren-Truppe (UNMOVIC) unter Hans Blix mit ihrem Bericht vom 6. März 2003 ausführlich Stellung zu:
“Unresolved Disarmament Issues - Iraq’s Proscribed Weapons Programmes”. Das U.S. Aussenministerium liefert eine 4-seitige Kurzfassung unter
http://usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=03031018.tlt &t=/products/washfile/newsitem.shtml

Wahrscheinlich werden sich bestimmte Medien mit dem Cluster-Report überhaupt nicht beschäftigen, weil er nicht ins Weltbild passt. Wir haben immerhin die Seiten 11 - 18 gelesen, die sich mit den Entwicklungen im Irak seit Dez. 1998 beschäftigen. Natürlich kann jede Seite wieder ihr Argumentations-Muster auf dem Report aufbauen:

  • Der Blix-Report beweist, dass die Inspektoren aufgrund der Masse der “unresolved issues” allermindestens 120 Tage (wie im F/D/Rus-Memo gefordert) nach dem Nadel/Heu-Prinzip benötigen würden, um bei zögerlicher Regime-Kooperation sehr bescheidene Erfolge erzielen zu können (diese Formulierung ist nicht “freundlich” genug).
     
  • Die U.S.-Administration hat recht, wenn sie durch ihren Aussenminister vor dem U.N.-Sicherheits-Rat schlussfolgert, dass Saddam Hussein beweisbar eben nicht die “strategische Entscheidung” getroffen hat, seine Massenvernichtungs-Waffen offenzulegen (folgt man einigen Medien-Berichten, dann gibt es gar keine irakischen (A)BC-Waffen/Träger, weil alles eine Erfindung der U.S.-Greuel-Propaganda ist).

Versetzte man sich in die Denke von Saddam Hussein, dann könnte man mit der F/D/Rus-Variante gut überleben - das Prinzip müsste ungefähr “Häppchen/ times go bye” lauten. Die Alternative konsequent durchdacht, könnte ja die allseits gelobte militärische Drohkulisse der U.S.-Truppen nicht als Dauer-Stationierung voraussetzen. Und wer - von der Friedens-Front - würde denn nach 120 Tagen plötzlich als Kriegherr auftreten, wenn eine nochmalige Verlängerung der Schnüffel-Phase als eleganter Ausweg locken würde?

Solche Gedankenspiele taugen aber nicht, weil die U.S.-Administration den Krieg führen wird. Das argumentative Müll-Gekübele, dass zu “Ehren” der Bush-Truppe stattgefunden hat, sucht seine Entsorgung.

Für Ihre nächste Diskussion zum Thema empfehlen wir die Frage, ob denn Ihr Gesprächspartner schon den Cluster-Report gelesen habe (bitte nicht anwenden bei Grass, Bölsche, Todenhöfer, Ströbele, und Schröder - bei Fischer könnte man es einmal versuchen).

{Bestimmte Fragen sollte man nur gegen Honorar diskutieren}

 

Op.-Ed.: whatsoever

10. März 2003

Es war nicht gut, dass U.S.-Aussenminister Colin Powell sich am vergangenen Freitag bei der Sitzung des U.N.-Sicherheits-Rates während seiner Rede ausführlich mit der für jederman unverständlichen Sachlage mit dem ominösen R-400-Waffen-Behälter aufhielt. Er zitierte aus einem fast 170-seitigen Bericht der Waffen-Inspekteure, den wir leider nirgendwo gefunden haben (doch, am 12.2.03) , der anderseits aber eine Fundgrube für Facts zu sein scheint.

Die Geschichte war sympthomatisch. In einem Krieg der Fakten obsiegen die Amis, die Euros (nur ein Teil) pflegen das Prinzip der Hoffnung und verlängern den Show-Down publikumswirksam um 120 Tage.

Wie der Krieg im Westen auch immer ausgehen mag, das Ergebnis steht schon heute fest: Verlierer können nur die Amis sein, und manche Euros können sich nur blamieren.

Der “blamabele” Fall des Ami-Alleingangs wird zu einem unerträglichen EU-Getröte. Nachdem sich das Leichentuch über die Toten gesenkt hat und die Lebenden Hoffnung haben, wird die Welt vor den gleichen sicherheitspolitischen Problemen (minus Irak) stehen:

  • Werden die Teil-Europäer einen immensen Druck auf die iranische Regierung ausüben, ihr Nuklear-Programm aufzugeben?
     
  • Werden die Teil-Euros die Nordkoreaner mit ihrer Dialog-Bereitschaft friedenspolitisch beeindrucken (durch keine Comedy kann eingefangen werden, wie dämlich die Eilfertigen in allen TV-Diskussionen nach dem Unterschied der Behandlung von Irak und Nord-Korea fragen)?
     
  • Werden die Teil- und Gesamt-Euros bei ihren Staatsbesuchen in Russland, Indien, China, Nord-Korea, Pakistan und sonstwo nach deren Proliferations-Praktiken fragen, um ja keine Miss-Stimmung aufkommen zu lassen? (man könnte ja einen Transrapid weniger verkaufen).

Es ist tröstlich zu wissen, dass unseren Bundeskanzler bei all diesen Fragen einzig und allein die Wahnvorstellung umtreibt, dass die Amis die “globale Hegemonie” anstreben. Wenn man solche “strategischen, erkenntnisleitenden Grundgedanken” sein eigen schätzt, sind die Antworten vorprogrammiert. Die entsprechenden russischen, französischen, chinesischen und sonstwelchen Grundgedanken werden wir noch erleben.

{in jeder problematischen, irdischen Lage hilft: whatsoever}

 

U.S.-Präsident Bush: weht

7. März 2003

Für seine zweite Pressekonferenz, zum Thema Irak, hat sich George W. Bush 52 min. Zeit genommen; von den 11 Seiten Niederschrift belegen seine einführenden Bermerkungen 1,5:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/03/print/20030306-8.html

Die zur besten TV-Zeit (20 Uhr EST) ausgestrahlte Überzeugungs-Versuch zielte natürlich in erster Linie auf die U.S.-Bürger:

  • Zentrale Botschaft: Saddam Hussein hat nicht abgerüstet und verstösst damit massiv gegen die U.N.-Sicherheitsrats-Resolution 1441;
     
  • “Dies ist die letzte Phase der Dipomatie”;
     
  • Zu den den Vorschlägen Frankreichs, Deutschlands meint G:W. Bush nach pfleglichen Formulierungen zu den Dissonanzen: “If they think more time will cause him to disarm, I disagree with that”;
     
  • Auf die Frage nach einem Militär-Einsatz ohne Authorisierung durch die U.N. antwortet der Präsident, er sei “not worried about that”, weil die USA ja mit den U.N. zusammengearbeitet hätten. Zweitens brauche man, wenn es um die eigene Sicherheit ginge, niemandes Erlaubnis;
     
  • Bush’s Antwort auf die Frage nach seiner “Glaubens-Sicherheit” (S. 9) wird nicht wenige Medien-Vertreter in Europa, die sich auf diesem Gebiet kaum auskennen, wieder zu einem Verbal-Gemetzel ermuntern. Dem Papst verbleibt ja noch die Möglichkeit, den Kirchenbann auszusprechen. Die Versicherung des Präsidenten, dass er für den Frieden bete, werden seine Kritiker ihm mit Sicherheit nicht abnehmen. Schwieriger dürfte werden, dem Argument zu widersprechen, dass Saddam allein den Frieden retten kann (zugegeben: ein abgedroschen klingendes Argument - aber falsch?).

Dabei überfällt uns eine Vision, bei der wir uns empathisch in den Kopf des von vielen Experten als “Überlebenskünstler” bezeichneten Diktators versetzen:

  • In der nächsten Woche tritt Saddam Hussein vor die Weltpresse und verkündet,
    - dass er bisher nicht so ganz die reine Wahrheit gesagt hat,
    - wo alle ABC-Waffen versteckt sind,
    - dass er alle Forderungen aller U.N.-Beschlüsse haargenau erfüllen werde.
     
  • Danach muss er zwangsläufig den Friedens-Nobelpreis erhalten.
     
  • Anschliessend kann er ungehindert seine Untertanen weiter unterdrücken und sich mit den Öl-Milliarden ganz langsam und vorsichtig der Frage der ABC-Wiederbewaffnung widmen, allerdings nur als Konzernleiter für das Management der WORLDBLAST, die erste Konkurrenz zu Al-Qaida (Sorry, betet jemand für diese Version?).

{Warum “weht” der ‘Zipfel der Weltgeschichte’ eigentlich?}

 

Blix-Report: Very limited

3. März 2003

Hans Blix, Chef-Inspekteur der U.N., hat dem U.N.-Sicherheits-Rat am 28. Febr. 03 einen schriftlichen Bericht über seine Irak-Mission für die Zeit vom 1. 12. 02 bis 28. 2. 03 gegeben (11 Seiten, 73 Ziffern):
http://usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=03022808.tlt &t=/products/washfile/newsitem.shtml

Sicher wird man - nur mit einiger Gewalt - positives zitieren können, aber die negativen Ziffern sind eindeutig genug:

  • Ziff. 7 - 11:
    Die vom Irak im Dez. 02 gelieferten 12.000 Seiten Deklaration über seine Waffensysteme enthalten “wenig neue signifikante Informationen”:
     
  • Ziff. 13:
    An allen vor 1998 inspizierten Orten sind Wiederaufbau-Arbeiten (“re-baselining activities”) durchgeführt worden;
     
  • Ziff. 25:
    Die am 8. und 9. 2. 03 vom irakischen Regime zu den wichtigen ausstehenden Abrüstungsfragen gegebenen Erklärungen enthalten keine “new evidence” noch erklären sie irgendeine der offenen Fragen;
     
  • Ziff. 33:
    In der Raketen-Fabrik in Al Mamoun haben die U.N.-Inspekteure festgestellt, dass die vor 1998 zerstörten Guss-Vorrichtungen zur Herstellung der BADR-2000-Rakete wiederhergestellt worden sind; die Reichweite dieses Raketen-Typs ist “signifikant grösser als 150 km”;
     
  • Ziff. 38:
    Die Liste mit den Namen der Wissenschaftler ist immer noch “inadequate”;
     
  • Ziff. 50:
    Etwa 12 Staaten haben der Blix-Truppe Geheimdienst-Infos zur Verfügung gestellt;
     
  • Ab Ziff. 68 wird es richtig spannend; der Bericht unterscheidet zwischen
    - “cooperation on ‘process’” (Ziff. 70) und
    - “cooperation on ‘substance’” (Ziff. 71) - ein Lese-Muss für Late-Night-Talker;
     
  • In der letzten Ziff. 73 werden die Bemühungen über 3 Monate wenig schmeichelhaft beschrieben:
    “The results in terms of disarmament have been very limited so far.”

Für die Creation von entsprechenden Statements ist das alles irrelevant. Am Rosen-Montag ruft man auch entweder

{Hellau oder Allaaf}

 

RES./Memo: Krieg

25. Februar 2003

Mit der Vorlage des Memorandums zur Irak-Frage durch Frankreich, Russland und Deutschland (F/R/D)
http://www.cnn.com/2003/US/02/24/sprj.irq.memo/index.html

und dem von den U.S.A., Grossbritannien und Spanien im U.N.-Sicherheits-Rat eingebrachten Resolutions-Entwurf
http://usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=03022405.tlt &t=/products/washfile/newsitem.shtml

beginnt der Krieg der Diplomaten, Politiker, Medien-Schaffenden und Völkerscharen jetzt erst richtig.

Dabei sind die Befürworter des F/R/D-Memorandums scheinbar eindeutig im Vorteil:

  • “... die Bedingungen für die Anwendung von Gewalt sind nicht erfüllt”;
     
  • Der U.N.-Sicherheitsrat “muss seine Anstrengungen erhöhen, um einer friedlichen Beilegung eine reele Chance zu geben”. Die dann folgenden Konditionen, die als “paramount importance” betitelt sind, werden Befürwortern der U.S.-Linie wie eine Verhöhnung vorkommen:
    -  “Die Einheit des Sicherheits-Rates muss gesichert bleiben”;
    -  “Der Druck auf den Irak muss verstärkt werden”.
     
  • Die konkreten Vorschläge für eine “überprüfbare Abrüstung des Irak” sind dreigeteilt:

    A) Die Inspekteure sollen nicht nur erstmal ein Arbeitsprogramm (“Program of Work”) vorlegen, sondern dessen Präsentation beschleunigen; der Sicherheitsrat soll es dann absegnen;

    B) Die Inspektionen sollen verbessert werden;

    C) Die genannten Zeitlinien kommen zum Kern: 120 Tage nach Annahme des “Program of Work” sollen die Inspekteure berichten, ausserdem alle drei Wochen über dessen Umsetzung.
     
  • Im Abspann werden die U.S.-Anhänger nochmals verhöhnt:
    “Iraq must disarm. Its full and active cooperation is necessary.”
    Diese Forderung entspricht zentral der U.S.-Interpretation der UNS-Resolution 1441, dass Saddam seine Arsenale aktiv zu öffnen hat, und nicht die Inspekteure danach suchen müssen (Saddam behauptet nach wie vor, dass er über keinerlei ABC-Waffen samt Trägermittel verfügt).

U. E. ist die Logik und “Sachlichkeit” jedoch auf Seiten der U.S.-Anhänger:

  • Bevor die UNSR 1441 einstimmig im Sicherheitsrat verabschiedet worden ist, war sie vorher 9 (?) Wochen diskutiert worden. Ist den beteiligten Regierungen (und sonstigen Experten) nicht klar gewesen, dass “full and active cooperation” bedeutet, dass das irakische Regime alle seine (westlicherseits vermuteten) ABC-Waffen und Trägermittel von sich aus offenbaren muss? Ohne das die Inspektoren in eine wie lange auch immer dauernde Suche danach aufbrechen sollen?
     
  • Kannten die Beteiligten nicht die Erfahrung der Inspekteure im Irak nach 1991? Die haben erstmal vier Jahre gesucht, ohne etwas zu finden. Erst, nach dem wichtige Überläufer aus dem Irak ausgepackt haben, wurden sie richtig fündig (deshalb verweigert Saddam freie Interviews durch diverse Tricks).
     
  • Ist verschiedenen Beteiligten nie klar gewesen, dass die “Probezeit” für den Willen Saddams zur aktiven Offenlegung seiner Potentiale mit der Beendigung des alliierten Truppen-Aufmarsches im Monat März 2003 zu Ende geht? Oder makaber: Hat irgend jemand angenommen, dass man 250.000 Soldaten derart ihren Sommer-Urlaub verordnen kann? Trost?: Es sind ja nur Amis und ein paar Briten und so.

Es ist ja jederman unbenommen, heute anders zu entscheiden als gestern. Übel wird es allerdings, wenn man dies nicht eingesteht oder gar noch den Eindruck erweckt, man sei der wirkliche Vollstrecker des gestern Beschlossenen.

Es wird sich in den nächsten Wochen zeigen, von welchen Texten man Abschied nimmt: Von der 1441 oder dem Memorandum. So oder so ist es politischer Wille. Und dann gilt wie ehedem:

{Dem Wollenden geschieht kein Unrecht}

 

DIA: Irak-Handbuch

19. Februar 2003

Der militärische Nachrichtendienst der U.S.-Streitkräfte, die “Defense Intelligence Agency” (DIA), hat im Sept. 2002 ein 410-seitiges “Iraq-Country-Handbook” veröffentlicht, welches zu finden ist auf:
http://www.globalsecurity.org/wmd/library/news/iraq/2002/iraq-book.pdf

Man kann wohl eins mit hinreichender Sicherheit annehmen: Jede(r) wird dort irgend etwas finden, was ihm hilft.

{Wer weiss schon, wer einem wirklich hilft}

 

U.N.: Kindermörder?

31. Januar 2003

Jürgen Todenhöfer, Ex-CDU-Politiker, jetzt Buch-Autor, darf man in der letzten Zeit in allen Talk-Shows erwarten; auch in “Berlin Mitte” vom ZDF war er Gast von Maybritt Illner - und Kronzeuge gegen den Krieg.

Nicht, dass das Argument neu wäre, aber es muss einem nicht nur als Kreuzzügler immer wieder schmerzen: Die nach 1991 von den Vereinten Nationen angekurbelten Sanktionen haben den Tod von 500.000 irakischen Kindern zur Folge gehabt. Dies, so Herr Todenhöfer, sei einer Studie von UNICEF zu entnehmen.

Auf der Suche nach dem Beleg auf unicef.org haben wir die “Executive Summary der “Iraq Situation Analysis” gefunden:
http://www.unicef.org/media/publications/iraqsitan2002complete.txt ,
wissen allerdings nicht, ob dies die von Todenhöfer gemeinte Quelle ist.

Zwar findet man nicht die Zahl 500.000, aber sie ergibt sich:

  • Am Ende der 80er Jahre lag die Kinder-Sterblichkeits-Rate bei 47 von 1.000 lebend-geborenen Kindern - 2002 bei 107/1.000.

Interessant ist auf den 50 Seiten der Zusammenfassung die Unterteilung in

  • direkte Gründe für die Kindersterblichkeits-Rate (S. 16 f.),
  • zugrunde-liegende Ursachen (S. 17 - 21) und
  • “Basic causes” (21 - 23).

So man diese Abschnitte analytisch zur Kenntnis nähme, würde man - zurückhaltend formuliert - sicherlich nicht die These von Herrn Todenhöfer ungehindert akzeptieren wollen.

Auf S. 9 f. der UNICEF-Studie findet man Aussagen zum Oil-forFood-Programme”. Dort kann man einen Beleg für die Todenhöfer-These vermuten, denn es heisst, dass die ersten Anwendungen für humanitäre Lieferungen vom UN-Sekretariat erst sechs Jahre nach Ende des Krieges (Januar 1997) beschlossen wurden. Sucht man auf die Schnelle nach Erklärungen auf der U.N.-Website, dann findet man:
http://www.un.org/Depts/oip/background/fact-sheet.html (Office of the Iraq Programme).

In dem “Fact-Sheet” steht am Ende des ersten Spiegel-Strichs, dass die irakische Regierung 1991 die U.N.-Angebote zur Hilfe für die Bevölkerung abgelehnt hat und augenscheinlich erst im April 1995 das Oil-for-Food-Programm eingerichtet werden konnte.

Whatsoever: Herr Todenhöfer und andere werden weiterhin mit der U.N. - (gemeint US, weil die den Laden beherrschen) Kinder-Tötungs-These Beifall einheimsen wollen. Aber Übermorgen wird ein Autor durch die Medien geschaukelt, der einen die Emotionen der Menschen erreichenden Roman geschrieben hat, wie zwei Kinder unter der gloriolen Staatskunst des Saddam Hussein verreckt sind. Warum soll man sich mit einem “geliebten” Toten als Waffe nicht gegenseitig den Schädel einschlagen?

Man darf sich ja aussuchen, welche Opfer man beweint:

  • Die der Tyrannen
  • oder die der Befreier.

{Beide sind aufgehoben - nur die wirklichen Täter nicht ganz}

 

UK: Irak-Bericht

3. Dezember 2002

Das britische Aussenministerium hat einen 23-seitigen Bericht - “Saddam Hussein: crimes and human rights abuses” herausgegeben, der in jeden Irak-Ordner gehört:
http://www.fco.gov.uk/Files/kfile/hrdossier.pdf

Je nach Standpunkt werden Zeitgenossen die Daten des Grauens kommentieren; Häme kann man garantieren in Hinsicht auf die Einschätzung der Absicht der britischen Regierung, die sie mit der Vorlage verfolgt. Dass die irakische Regierung für die Vorkommnisse die alleinige Verantwortung trägt, dürfte eigentlich unbestritten sein. Aber auch das ist ja umstritten, denn beispielsweise MdB Hans-Christian Ströbele würde argumentieren, dass die bösen Amis Schuld sind, weil sie Saddam ein knappes Jahrzehnt im Krieg gegen den aufstrebenden Nahost-Hegemon Iran unterstützt haben und danach mit den UN-Sanktionen (Oil-for-Food-Program) den Tod von Hundertausenden von irakischen Kindern verursacht haben (siehe die vor einigen Tagen von PHOENIX übertragene “Kirchen”-Diskussion in Hannover (?) - vor allem die “grandiose” geostrategische Sachkunde des Kirchen-Patrons).

 Falls Sie in die Talkerei einsteigen, bereiten Sie sich bitte gut auf diese Argumentationslinie vor; leider können wir Ihnen zum Thema US-Irak-Policy von 1980 bis 1990 nicht mit Hinweisen auf saubere Ausarbeitungen dienen. Auch die US-Presse-Dokumentation mit dem Wortlaut des wichtigen Gesprächs der US-Botschafterin mit Saddam Hussein vor der Kuwait-Okkupation ist leider nicht mehr zur Hand (das war nach unserer Erinnerung keinesfalls ein US-Freibrief für den Einmarsch). Schade, dass das “Office of Strategic Influence” nicht in unsere Hände gelangen will.

{Wem gehört schon, was sich gehört}

 

Sabri-Brief: Collapse

14. November 2002

Zwei Tage vor Ablauf des gesetzten Termins hat der irakische Aussenminister Jaji Sabri der “Excellency Mr. Kofi Annan”, Präsident der Vereinten Nationen, offiziell auf die am 8. Nov. 02 verabschiedete Resolution 1441 des UN-Sicherheitsrates (UNSC) reagiert. Der englische Text seines Briefes ist zu finden auf:
http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/2468487.stm

Es ist schon faszinierend, im kleinen Kämmerlein den Voyeur staatlich-irakischer Briefschreibe-Kunst zu mimen:

  • Immerhin ist zunächst die Rede von der “President of the United States administration”, dagegen vom “Lakei Tony Blair”;
  • Dann liest man aber von der Transformation der US-Administration durch die “Zionisten und andere wohlbekannte Faktoren” in die “Tyrannei unseres Zeitalters” - allerdings mit einem Fragezeichen!
  • Die Vereinten Nationen kriegen auch erhebliche Backenstreiche. Ihnen wird der gleiche “collapse” wie dem Völkerbund vorausgesagt;
  • Dann kommt das Eingeständnis, dass man mit der Res 1441 trotz ihrer Bösartigkeit “deal with”, um die Bevölkerung zu schützen; und dass man vorbereitet sei, die Inspekteure nach dem Zeitplan zu empfangen gedenke, allerdings den “heiligen Monat des Ramadan” in Erinnerung bringend;
  • Wenig später greift Sabri den Ereignissen weit vor, in dem er das Ende aller UN-Sanktionen fordert;
     
  • Direkt nach diesem Passus wird die UNSC-Res. 687 (§ 14) aufgegriffen mit dem Zweck, den Nahen Osten von Massenvernichtungs-Waffen zu befreien, gerichtet auf die “Zionist entity”, um deren “Aggressionen gegen die Muslime und die Welt” zu stoppen. Später wird sie gar als “final word and reference” für den gesamten Vorgang beschrieben;
  • Abschliessend kündigt Aussenminister Sabri einen weiteren Brief an, in dem nachgewiesen werden soll, dass die “Massnahmen und Prozeduren” der Resolution 1441 gegen das internationale Recht und die U.N.-Charta verstossen.

Der rote Faden des Briefes ist aber, dass die irakische Regierung sehr strikt jeglichen Besitz von Massenvernichtungs-Waffen (und das Streben danach) abstreitet. Dies muss eigentlich als determinierender Faktor für den 8. Dezember gewertet werden, denn bis dahin muss lt. Res. 1441 der Irak seine Bestände, Anlagen etc. an ABC-Waffen deklarieren. Nach dem Sabri-Brief muss diese Liste ein unbeschriebenes Blatt sein. Den hergebrachten Regeln der Logik ergäbe sich:

  • Ist die irakische Aussage wahr, müssten die Inspektoren völlig ungehindert suchen dürfen - sie werden ja nichts finden können;
  • Gibt es ABC-Programme, müssen die Inspektoren auf jeden Fall daran gehindert werden, entsprechende Hinweise zu finden.

Gänzlich “unpassend”, aber fast zutreffend, müssen wir den vorletzten Absatz des Briefes werten: “... and that God, the Almighty, is capable of doing everything ...”

{mit Ausnahme des Bösen}

 

BND: kleines ABC

10. Sept. 2002

Am Ende der vergangenen Woche haben wir uns mal wieder eine Martin-Schulze-Runde bei PHOENIX zum Thema Irak gegönnt. Abschliessend wurde klar, dass der arme Saddam von vielen Leuten schon arg verkannt wird: im Grunde ist er schon in Ordnung. Ausserdem leidet er unter den Sanktionen und konnte mit seinen Öl-Einnahmen seine Bevölkerung nicht ernähren, weil die böse UNO (natürlich unter US-Führung) das verhindert hat.

Davon “irritiert”, haben wir noch einmal in die 44-seitige Broschüre “Proliferation von Massenvernichtungsmitteln und Trägerraketen” geschaut, die der Bundesnachrichtendienst (BND) im Oktober 1999, also 10 Monate nach dem Abzug der UN-Inspektoren (UNSCOM), veröffentlicht hat, vor fast drei Jahren. Dem ABC-Kapitel Irak sind gut zwei Seiten plus einer schönen Grafik gewidmet (S. 28 ff.); wir zitieren nur die “Bronze-Sätze”:

  • “3.3.1 A-Waffen
    ... Es ist zu befürchten, dass Irak ohne die Aufsicht durch UN-Inspektionen bzw. sonstige Kontrollmassnahmen in maximal drei bis fünf Jahren (sic!), abhängig von der Intensität des Wiederaufbaus und den zur Verfügung stehenden Mitteln, technisch wieder den Stand von 1990 erreichen könnte” (d.h. kurz vor dem Ziel, d. Verf.).
     
  • “3.3.2 B-Waffen
    “Es muss (im Orig. fett) befürchtet werden, dass Irak innerhalb von mehreren Monaten sein B-Waffenprogramm wieder aufleben lassen könnte”.
     
  • “3.3.3 C-Waffen
    Nach Lockerung bzw. Wegfall des Embargos ist die Wiederaufnahme der Aktivitäten im Bereich chemischer Kampfstoffe binnen weniger Monate zu befürchten.
    Es bestehen erhebliche Zweifel, dass alle früheren irakischen Aktivitäten vor allem auf dem Forschungssektor bereits aufgedeckt wurden.”

Schade, dass diese 1999er-Broschüre des BND eine Solo-Nummer war, denn wir können nicht nachvollziehen, ob die gruseligen Voraussagen unserer Intelligenz-Beamten auch wirklich eingetreten sind. Stimmt so nicht ganz, denn es gibt ja noch Reden des BND-Präsidenten August Hannig, z.B. die vom 27 Juni 2000 am “Internationalen Clausewitz-Zentrum” in Hamburg, die wir schon “abgefrühstückt” haben:

  • BND-Chef Hannig hat ein Diagramm flimmern lassen, auf dem ab Sommer 1999 ein “starker Anstieg auf derzeit ca. 70 Projekte” (vorher rund 15, d. Verf.) zu verzeichnen ist, “von denen wir ca. 20 auf Grund der beteiligten Personen, Institutionen oder Waren als potentiell CW-relevant (Chemical Warfare) einstufen ... Das wichtigste Lieferland ist Indien, die Lieferungen erfolgen praktisch durchgängig über Beschaffungsfirmen in Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten” (S. 27).

Die rühmliche Ausnahme der Hannig-Reden, die wiederum sicherlich nicht “öffentlichkeits-wirksam” vom BND verbreitet oder über bundesnachrichtendienst.de abladbar sind, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Deutschland in einem diesbezüglich jämmerlichen und vordemokratischen Informations-Zustand befindet:

  • Per Gesetz ist die CIA verpflichtet, alle halbe Jahre dem US-Parlament einen Bericht über nachrichten-dienstliche Erkenntnisse von Bedrohungen und Risiken vorzulegen. Die veröffentlichten Berichte sind weltweit einzige Referenz des Themas. In ganz Europa traut sich keine Regierung, ihre Bürger relativ unabhängig über sicherheitspolitische Risiken durch die Geheimdienste zu informieren. Allein deshalb kann fast die gesamte Welt behaupten, dass die US-Regierung, wie es jetzt wieder sehr kurz bevorsteht, schlicht die Welt mit hirngespinstigen Propaganda-Lügen hegemonisiert (Goebbels lässt aus 1984 grüssen, würde ein guter deutscher “Intellektueller” formulieren).
     
  • Per Gesetz ist der US-Präsident, der Verteidigungsminister und sonst noch wer verpflichtet, jedes Jahr über Sicherheitspolitik amtliche Stellungnahmen abzugeben. In unserer Bananenrepublik kann ein Verteidigungsminister (und eine Regierung) die Öfffentlichkeit jahrelang an der Nase herumführen, wann ein “Weissbuch” erscheint, welches immerhin die amtliche Stellungnahme der gesamten Regierung zur Sicherheitspolitik darstellt; das letzte deutsche “Weissbuch” dürfte 1994 erschienen sein.
     
  • Dagegen sind die Innenpolitiker in Deutschland zu loben. Irgendwann muss es einen klugen Beschluss gegeben haben, den Bundes-Innenminister zu verpflichten, jährlich einen Verfassungsschutz-Bericht vorzulegen; den liest zwar auch niemand, aber man kann nach dem “Bomben-Einschlag” wenigstens nachlesen, dass schon alles in dem Bericht steht.
     
  • In Schnarch-Deutschland passiert es noch nicht einmal mehr, dass die CSU oder die WELT aus BND-Pullach eine Leckage hinbekommt. Wie soll man das interpretieren?

Dass wir Deutschen ganze Glückspilze sind, dürfte klar sein: Trotz Fahndungspannen schaffen wir doch noch, dass Heidelberg so bleibt, wie es ist. Möge uns das “Glück” - was immer das ist - erhalten bleiben: wir sind halt tüchtig.

{ruhe sanft}

 

Saddam Hussein: Leerbriefe

1. November 2001

Wir haben es uns schon gedacht, dass Sie die Briefe alle nicht gelesen haben, die Saddam Hussein Ihnen geschrieben hat. Am 16. September 2001 hat er angefangen, offene Briefe an “das amerikanische Volk und die Western Peoples (das sind auch wir!) und ihre Regierungen” zu schreiben. Aber Sie haben nichts verpasst - und ausserdem haben wir das für Sie erledigt. Wenn Sie den englischen Wortlaut lesen wollen:
http://www.iraqwatch.org/government/index.html#SAD

Der erste Brief (5 S.) ist auf den 16. Sept. datiert:

  • Ein Teil der Argumente ist uns bestens bekannt. Westliche Literaten, Professoren und andere Experten (und manchmal wir selbst, wenn uns undifferenzierendes Generalisieren, Allmacht-Beglückung und Nachhinein-Klugscheisserei überfällt) haben das schon abgegrast.
     
  • Andere Zusammenhänge sind feinste Propaganda. Klar ist natürlich, dass die Aggression gegen Kuwait 1990 und die weltweite Koalition dagegen nirgendwo stattfindet.
     
  • In dem andauernden Propaganda-Gesäusel fällt dann auf Seite 3 eine eigenständige Aussage auf: Die nationale Sicherheit Amerikas und die Sicherheit der Welt könnte dann erreicht werden, wenn die USA sich von der teuflischen/übelen Allianz mit dem Zionismus lösen würde, der ränke-schmiedend die Welt ausbeutet, und Amerika und einige westliche Staaten in Blut und Dunkelheit stossen will. Danach folgt die väterliche Ermahnung: Was das amerikanische Volk am meisten braucht, ist jemand, der ihm die Wahrheit mutig und ehrlich sagt, wie sie ist.
     
  • Abschliessend finden wir einen schönen Bronze-Satz, dem sicherlich viele zustimmen, nur wir bezüglich eines Wortes nicht: “America needs wisdom, not power” (streiche not, setze and).

Drei Tage später hat Saddam schon wieder sechs Seiten fertig:

  • Die eifernde Fleiss-Arbeit saust natürlich wieder unstrukturiert durch’s wilde Argumentistan, aber grösserer Stein des Anstosses bei Saddam ist, dass die Amis doch noch keine wirklichen Beweise für die Täterschaft haben.
     
  • Umso überraschender ist, dass Saddam zum Schluss seines Briefes die Täter ganz klar ausmacht: Der Zionismus plant die Beherrschung der Welt seit der allseits bekannten Konferenz in Basel im Jahr 1897!
     
  • Und dann kommt die einzig wahre Abwandlung von Huntingtons Zusammenstoss der Zivilisationen: Die “Masterminds” des Zionismus arbeiten auf einen Clash zwischen Christen und dem Islam hin! Geradezu flehend fragt Saddam zum Schluss: Werden die “sensible men” (also wir!) sich dessen bewusst sein? Oder wird der Zionismus uns “outsmart”(en) und seine Ziele erreichen?

Leider musste die Welt dann wieder 11 Tage, bis zum 30. Okt., warten, bis ein abgeschlaffter Brief eintrudelt:

  • Saddam fordert nur noch, dass die Amerikaner ihr gesamtes ABC-Arsenal abschaffen und damit den Weg der Weisheit finden. Danach wird die Welt die USA mit Respekt und Liebe behandeln.

Wir verstehen überhaupt nicht, dass die Welt nicht kapiert, wie klug und weise unser Saddam ist. Und uns selbst fragen wir, warum wir solchen Müll eigentlich lesen und dann unser Geschreibsel Ihnen zumuten. Haben Sie nichts besseres zu tun?

{Schwachsinn wird erst schön, wenn er richtig blüht}

 

Irak: Nichts wie hin

31. Januar 2001

Nachdem wir von der ARD (NDR, Übernahme eines französischen (?) Films von “Canal +” (??) gerade den “Tödlichen Staub” (23.30 Uhr, statt “Oh Gott, es lebt”) von DU inhaliert haben, befällt uns der dringende Wunsch, erhebliche Geldmittel zu haben, um diese Geschichte nachzuprüfen. Paul Sullivan, US-Bürger, diesmal Chef eines “Golfkrieg Forschungs-Zentrums”, haben wir von “Arte” (“Die wahre Geschichte des Golfkrieges”) noch als Verbands-Vertreter der Golfkriegs-Geschädigten in Erinnerung. Besonders der deutsche Professor mit seinen Bildern wäre eine Recherche wert. Aber es ist recht komisch: Bisher ist keine wissenschaftliche Peer-Studie (von zweiter Seite wissenschaftlich nachgeprüft) genannt, die den “Tödlichen Staub” als solchen identifiziert.

Aber wir haben uns entschlossen, noch einen draufzusetzen: Eine unglaubliche Propaganda-Lüge der hässlichen Hegemonen, die die über ihre Kanäle verbreiten, was Saddam Hussein so alles für seine Untertanen tut:
http://usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/topic/intrel&f=010126 02.npo&t=/products/washfile/newsitem.shtml :

Ein Fact-Sheet des US-Aussenministeriums vom 26. Januar, welches unter Zuhilfe-Name einer Untersuchung der Vereinten Nationen (klar: alles US-gesteuert) ein Schlaglicht auf die Wirkungen der UN-Sanktionen wirft (Sie wissen ja: die irakische Regierung darf eine bestimmte Summe ihrer Öl-Einnahmen für humanitäre Zwecke benutzen). Wir übersetzen die wichtigsten Punkte (“geopowers-like”):

  • Saddam’s Sohn Uday, Parlaments-Mitglied, hat sich mit der Forderung hervorgetan, ein neues Parlaments-Emblem zu fordern, dass Kuwait als Teil des Irak zeigt.

Da die UN aufgrund des Verfahrens genau verfolgen kann, was die irakische Regierung im zweiten Halbjahr 2000 bestellt hat, ergeben sich die folgenden Angaben:

  • Die irakische Regierung hatte insgesamt  7,8 Mrd. US$ für Einkäufe in den letzten 6 Monaten des Jahres 2000 zur Verfügung; genutzt hat sie 54 % davon: 4,26 Mrd. US$.
     
  • Auf den Sektoren Gesundheit und Ernährung hatte die Regierung 624,7 Mio. DM; genutzt wurden 13 %: 83,6 Mio US$.
     
  • Lieferungen für Erziehungs-”Material”: 21,5 Mio. (6 %) statt der 351,5 Mio.
     
  • Wasser- und Sanitär-Anlagen: 184,7 Mio. statt 551,1 Mio.
     
  • Ausrüstung und-teile für den Öl-Sektor: 22,7 Mio. (3%) statt der genehmigten 600 Mio.
     
  • Mehr als 4 Mrd. US$ hat die irakische Regierung auf dem Konto für den Kauf humanitärer Güter. Offiziell reklamiert sie aber, sie könne für die notleidende Bevölkerung aufgrund der UN (US!)-Sanktionen nichts tun.
     
  • Im Dezember 2000 hat die irakische Regierung die Ölförderung runtergefahren. Schätzung der UN vom 10. 1. 2001: Einnahme-Verlust = 1,4 Mrd. US$.
     
  • Glücklicherweise (für uns) hat Sadam entschieden, die Öl-Verkäufe nicht nach dem Welt-Standard in US$, sondern in EURO abzurechnen: Dieser Spass kostet ihn 250 - 300 Mio. US$ jährlich .

Wie man sieht, macht Saddam das prima. Deshalb ist auch das zivile Flugverbot nach Bagdad nicht mehr zu halten und die Franzosen und Russen (und wer sonst noch) strömen zuhauf. In unserer Naivität vermuten wir, dass man da mächtig abzocken kann, wenn man die richtige Spur-Weite hat.

{Nichts wie hin}

 

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