Google
Search WWW Search geopowers.com

I r a k   II

 

 

Irak-SITREP: Wollende

14. Januar 2009

Man müsste den Überblick über die deutsche Medienlandschaft haben, um festzustellen, ob irgend jemand darüber berichtet, dass das U.S.-Verteidigungsministerium wieder seinen Halbjahresbericht an das Parlament abgeliefert hat, welches die Stabilität und Sicherheit im Iraq “misst”:
http://www.defenselink.mil/pubs/pdfs/9010_Report_to_Congress_Dec_08.pdf

Ratsam ist, sich mit diesem Thema lieber nicht zu beschäftigten. Denn am Ende könnte herauskommen, dass man der verhassten Bush-Administration eine gewisse Anerkennung zollen müsste, dass sie das doch noch umgebogen hat.

Dabei sind u.E. die beteiligten Spieler in folgender Priorität auszuzeichnen:

  • Den 1. und einzigen Preis, somit den “Sieg”, verdient AlQaida. Aufgrund ihres völlig durchgeknallten “Friendly Fires” (ab Samarra, 22.2.06) haben die Iraker doch begriffen, dass man gegen solche Irre aufstehen muss. Es hat tötlich lange gedauert, bis die Einsicht in den Wahnsinn der täglichen Schlachtplatte zwischen Sunnis und Shias platzgegriffen hat;
     
  • Auf diesem von AlQaida bereiteten Feld konnte die “Surge”-Strategie und das Counter-Insurgency-Verständnis von General Petraeus aufsatteln;
     
  • Den Politikern des Irak muss man schon attestieren: Gemessen an den Umständen haben sie letztlich ihren Job gemacht.

Unsereins würde die allererste “Lesson learned” aus dem “Nation-Building” nach 2000 so formulieren: Wenn die Betroffenen ihre “Ownership” so gar nicht begreifen wollen, sollte man sie, nach vorheriger deutlicher Warnung, sich selbst überlassen.

{Nicht neu: “Dem Wollenden geschieht kein Unrecht”}

 

Iraq alternativ: List

20. März 2008

Meine Güte, stöhnte ich, dass inzwischen 5 Jahre vergangen waren; als wäre es heute, erinnerte ich mich. Wohlweislich hatte mich Saddam Hussein ausgesucht, ein Interview mit ihm zu führen. Einen Tag vor Ablauf des U.S.-Kriegsultimatums hatte ich - so oder so - die atomisierende Informationsbombe schon im Kasten; mein Sender CNN (und ich) würden die absolute Quote haben.

Ich habe mich damals vor allem mental auf das Interview mit Saddam eingestellt. Also, Hitler soll ein wahnsinniges Charisma gehabt haben, Saddam auch, aber ich muss mir nur vorstellen, dass der genauso erbärmlich auf der WC-Brille sitzt wie ich. Letztlich hat mir das nicht geholfen.

Das hatte ich wirklich nicht erwartet: Saddam sagt mir in die “Breaking News”- Kamera, dass er alle U.N.-Inspekteure für ein Jahr völlig frei ins Land lässt, um seine Behauptung zu verifizieren, dass der Irak wirklich über keinerlei Massenvernichtungswaffen verfügt.

Nach diesem Schock war klar: Die U.S.-Regierung konnte keinen Krieg führen; und so kam es. Der kooperative Schurke hatte ein blendendes Mannöver gefahren.

Ich weiss nicht genau, wann mir aufgefallen ist, welche Konsequenzen das Saddam-Mannöver haben würde. Aber sie traten unerbittlich ein:

- Nach einem Jahr Suche dokumentierte man mit dem Siegel internationaler Amtlichkeit, dass Saddam Recht hatte;

- Zwei Jahre dauerte es, bis alle auf dem Verdacht beruhenden U.N. (oil-for-food) und U.S.-Sanktionen (no-fly-zone) nicht mehr aufrechterhalten werden konnten.

In den letzten zwei Jahren hat sich Saddam ordentlich aufgerappelt, wie Phönix. Die westlichen Geheimdienste überschlagen sich nun mit ihren Meldungen, was er alles auf die Rampe geschoben hat. In der arabischen Welt spricht sich herum, dass er ein ganz ausgebuffter Stratege ist, der das Zeug hat, die islamische Welt anzuführen (der im Iran kläffende Ahmadineschad wird als Maulheld abgebucht, typisch shiitisch).

Mich plagt die Frage, ob es irgendwie die “List der Geschichte” gibt. Mit gehöriger Phantasie ist diese “List” möglicherweise eine augenzwingernde, wunderschöne Fee, die mich (und Dich) so betörend lockt, ihr nur zu folgen.

{Sun Tsu sagt: “Du musst den strategischen Überblick behalten”}

P.S.: Wer Ordentliches zum Thema lesen will, muss abladen:
http://www.rand.org/pubs/monographs/2008/RAND_MG595.3.pdf  und
http://a.abcnews.com/images/pdf/Pentagon_Report_V1.pdf
und für das Osterfest wünscht unsereins treffliche Besinnung!!

 

Irak-Strategien: Hättiche

10. Oktober 2007

Unsereins ahnt ja, dass die Anzeige neuer PDF-Schinken zum Thema Irak “freundliches Desinteresse” erzeugt. Sollte es aber nicht, denn sie sind beste Munition gegen die Verfechter des “Nation-Building”. Wir wiederholen uns mit dem Hinweis, dass sich ein fundamentaler Wandel in der westlichen Strategie gegen “failed states” abzeichnet.

Zwei Dokumente sollte man im entsprechenden Ordner ablegen:

  • Der U.S.-Rechnungshof bilanziert die bisherigen Anstrengungen der U.S.-Administration bezüglich der Aufbauhilfe für den irakischen Regierungsapparat; detailliert werden die ungeheueren Anstrengungen und die fatalen Resultate aufgezeichnet (die EU ist immerhin, von 2003 - 2006, mit insgesamt 58 Mio. EUR dabei - Papier-S. 54):
    http://www.gao.gov/new.items/d08117.pdf
     
  • Eine Autoren-Gruppe (Olga Oliker et al.) des RAND-Denkpanzers hat für die zukünftigen Optionen der U.S.-Politik eine Neu-Bewertung  auf 75 S. vorgenommen; alle entscheidenden Iffies (if ...) werden ordentlich abgehandelt:
    http://www.rand.org/pubs/monographs/2007/RAND_MG613.pdf

Man darf den Iffies eigene hinzufügen:

  • FALLS (hätte ich = Hättiche)

    - der deutsche Bundesrechnungshof, der (systembedingt) entsprechende Sachverhalte nur als “Geheim-Papier” (VS-NfD) an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages liefert, neuerdings dem deutschen MICHEL per Internet seine Erkenntnisse mitteilen würde,
    - deutsche Denkpanzer alle Alternativen des deutschen Afghanistan-Engagements aufschreiben würden,
     
  • wäre der wohlmeinend desinteressierte Deutsche vielleicht doch etwas irritiert.

{Hättiche sind keine Habichte}

 

 

Irak-Berichte: Halbzeit?

12. September 2007

Es gehört sich schon, wenigstens die Links anzugeben, unter denen man die in den U.S.A. heftig diskutierten Berichte von Ryan C. Crocker, U.S.-Botschafter im Irak, und General David H. Petraeus, Kommandeur der “Multi-National Force - Iraq”, findet:

Da der Irak-Krieg eine extrem gesteigertes “Staatsaufbau-Projekt” im Vergleich zu Afghanistan ist, sollte man sich hierzulande trotzdem Gedanken über die zugrundeliegende Fragestellung machen und die Experten um Rat fragen:

  • Reduzieren sich (schwerwiegende) Probleme, die sich aus der Interaktion mehrerer Subjekte ergeben dadurch, dass sich ein Subjekt aus der Interaktion abmeldet?
    (Für den Aussteiger selbst aktuell ja, aber ansonsten?)
     
  • Gibt es eine relativ genau zu bestimmende Ressourcen-Grenze, die den Abbruch eines Problem-Engagements herbeizwingt? Ist der Abbruch eher das Ergebnis einer Gemengelage von (welchen strategischen) Faktoren, die den Willen eines Interaktiven umkehren?
     
  • Ist das Fussball-Spiel ein hilfreicher (makaberer) Vergleich?
    - Beim Anpfiff glaubt mancher, das Endergebnis schon sicher zu wissen.
    - Es soll schon (wie oft?) vorgekommen sein, dass ein 0:2 nach der Halbzeit noch in ein 3:2 umgewandelt wurde (wann ist in der Sicherheitspolitik Halbzeit, Elfmeter-Schiessen)? Ist der Schiedsrichter bei Sinnen? Ist nach dem Spiel vor dem Spiel? (Harry Hirsch, bitte melden!).

{Live is a process of trivial error}

 

 

 

Petraeus-Brief: tapfer

10. September 2007

Wer schon heute wissen will, welche strategischen Grundlinien der für diese Woche erwartete Bericht des die Multi-Nationale Streitmacht im Irak befehlende Kommandeur, General David H. Petreus, und des U.S.-Botschafters im Irak, Ryan C. Crocker, enthällt, muss nur die 2 Seiten des Briefes lesen, den General Petraeus an seine Untergebenen geschrieben hat:
http://www.realclearpolitics.com/RCP_PDF/PetraeusLetterSep7.pdf

Der Gesamtzusammenhang nötigt uns eine ganz gehörige Portion Respekt vor dem Charakter des Verfassers ab:

  • Vor der Unterrichtung seines Ober/Ober-Kommandierenden, dem U.S.-Parlament und der Öffentlichkeit, erklärt Petraeus “seinen” Soldaten, was Sache ist.
     
  • Wer die letzten Situations-Berichte verfolgt hat, wird zugeben müssen, dass der General die Pros und Cons der Lage umfassend und ausgewogen berichtet. Noch nicht einmal vor massiver Kritik an der irakischen Regierung schreckt er zurück.
     
  • Die Übertragung des Vorganges in die deutsche Szene wäre angebracht. Was meint die deutsche Generalität im Spannungsverhältnis von Politischem Primat versus Generals-Charakter (im adäquaten Sinne), sich leisten zu können? Unsere Einschätzung ist so schlecht nicht:

    - Der höchstrangige deutsche General in Afghanistan, Bruno Kasdorf, hat sich bei verschiedenen Erklärungen (für deutsche Verhältnisse) schon recht tapfer geschlagen.

    - Der bei NATO für Afghanistan zuständige Kommandierende General Egon Ramms hat ebenso mutiges Profil gezeigt.

Sollte sich dieser schwache Trend bei den Goldfasanen herumsprechen, wäre eine “Revolution in Military Affairs” (RMA) in Deutschland nicht ganz unmöglich.

{Ist www.generals-blog.mil eigentlich schon vergeben?}

 

GAO/Irak: gliedern

5. September 2007

Sorry, wenn wir uns - in Ermangelung eines “inländischen” Themas - schon wieder mit dem Irak beschäftigen. Das ist ein wenig damit begründet, wenn man die Bericht-Erstattung der Obersten Nachrichten-Leitung von SPIEGEL-Online anschaut:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,503876,00.html

Auslöser ist ein Bericht des U.S.-amerikanischen Rechnungshofes GAO (General Accounting Office).

Nur ganz langsam brechen sich die Tatsachen Bahn:

  • In der Überschrift heisst es noch, der (U.S.)Kongress (also das Parlament, Senat und Repräsentantenhaus) zögen eine “verheerende Bilanz”;
     
  • Im Sub-Titel wird suggeriert, die U.S.-Regierung habe 11 ihrer 18 politischen Ziele verfehlt;
     
  • Bereits in der ersten Zeile wird aber getreu berichtet, dass es sich um einen Bericht des Bundesrechnungshofes handelt. Danach greift man aber wieder daneben und redet von einer “gemeinsamen Kommission von Repräsentantenhaus und Senat” (der amerikanische Bundesrechnungshof hat genausowenig wie der deutsche etwas mit dem parlamentarischen Bereich zu tun);
     
  • Am Titel des GAO-Berichtes gehen die Bericht-Erstatter völlig vorbei:
    Der GAO-Report misst an 18 Messlatten (benchmarks) der irakischen Regierung aus dem Juni 2006 die “verheerenden Fortschritte”;
     
  • Fortschrittlich ist SPIEGEL-Online insofern, als es einen Link zur vermeintlichen Quelle  legt. Aber selbst hier sollte man korrekt sein:

    - Der angebotene Link verbindet nur mit der Dokumentation des 18-seitigen Wortlautes der Erklärung, die David M. Walker, “Comptroller General” des GAO, am 4. Sept. 07 vor dem parlamentarischen “Committee on Foreign Relations” des U.S.-Senats abgegeben hat;

    - Wer den 100-seitigen Text des gesamten GAO-Berichts abladen möchte, sollte es hier versuchen:
    http://www.gao.gov/new.items/d071195.pdf ;

    - Wer den wirklich ein-seitigen Bericht über die Situation mag, sollte diesen Link nutzen;
    http://www.nytimes.com/2007/09/04/opinion/04ohanlon.html
    (und die im Artikel angebotene gute Übersicht (“Multimedia”) ansteuern; sie sollte man nicht direkt ausdrucken, sondern als “Bild” (jpg.) speichern und dieses dann ausdrucken).

Betrachtet man den GAO-Bericht an sich, kann man eigentlich nur Beifall klatschen: Ein kritisches “Monitoring”, welches die Politik der Regierung unter die Lupe nimmt, deren Staat “aufgebaut” (“ge-”nation-builded”) werden soll, ist absolut notwendig.

Man stelle sich vor, der deutsche Rechnungshof würde einen entsprechenden Bericht über die afghanische Regierung (natürlich Verschluss-Sache incl. Copyright) vorlegen (man würde hierzulande in Ohnmacht fallen müssen).

Zu dumm ist, dass man nach solchen Berichten immer noch vor der Frage steht, was man eigentlich machen soll. Auf diese Idee kommt man nur, wenn man dem analytischen Stil eines deutschen Stabsoffiziers folgt. Er schreibt - zu welchem Problem auch immer - sein Papier nach der Gliederung: Sachstand - Bewertung - Empfehlung. Und das ist:
RICHTIG!

{Lerne: Immer schön (militärisch) gliedern}

 

NIE/Irak: fundamental

27. August 2007

Ein halbes Jahr nach seinem ersten Bericht hat der “Director of National Intelligence”, Mike Mc Connell, die Fortsetzung vorgelegt, die die Einschätzung für die nächsten sechs bis 12 Monate enthällt. Lesen sollte man das “National Intelligence Estimate” (NIE), weil es die sorgsam abgestimmte Fassung der 16 U.S.-“Geheimdienste” zur Einschätzung der Entwicklung im Irak enthällt:
http://www.dni.gov/press_releases/20070823_release.pdf

Die knapp 4 Seiten des neuen NIE sind die amtliche Bestätigung dafür, dass die politischen Kräfte des Irak bisher nicht in der Lage waren, das Land in eine halbwegs vernünftige Bahn zu lenken. Bis dato ist der Nachweis nicht erbracht, dass “die Iraker” (richtig: die irakischen Politiker) grundsätzlich demokratie-fähig sind (dies wurde vor dem Krieg oft abgestritten).

Eigentlich reicht es, zwei Passagen zu markieren:

  • “... and to date, Iraqi political leaders remain unable to govern effectively”;
     
  • “Broadly accepted political compromises required for sustained security, long-term political progress, and economic development are unlikely to emerge unless there is a fundamental shift in the factors driving Iraqi political and security developments”.

Deutlich ist, dass die Frage nach der Führungsfähigkeit der politischen Klasse eines Staates für das Konzept des Nation-Building von strategischer Bedeutung ist. Die Bundesregierung steht vergleichbar dazu vor dem gleichen Problem in Afghanistan. Die afghanische Regierungsführung müsste präzise mitgekoppelt werden, “Fehler” bedürften des energischen Einwirkens der deutschen Regierung, ggfs. gegen den mächtigen Rat der U.S.-Administration. Konzeptionell ist das kein Problem, nur der politische Wille dazu samt der Bereitstellung der entsprechenden personellen und materiellen Ressourcen ist unabdingbare Voraussetzung.

{Ohne Knete kommt man nicht auf den Mond}

 

6. Irak-Bericht: Innenpolitik?

19. Dezember 2006

Die Zahl derjenigen, die Berichte wie den 6. Report des U.S.-Verteidigungsministeriums über die Entwicklung im Irak lesen mögen, wird sicherlich so gross nicht sein:
http://www.defenselink.mil/pubs/pdfs/9010Quarterly-Report-20061216.pdf

Die “blutleeren” Statistiken sind u.E. Wegweiser für strategische Erkenntnisse:

  • S. 25 (pdf):

    Ab Febr. 06 haben sich die wöchentlichen Angriffe auf die Ziele (obere Tabelle) proportional gesteigert. Bei den Opfern (untere Tabelle) sticht hervor, dass die Zivilisten ab Febr. 2006 einen ungeheureren Blutzoll entrichten mussten.
     
  • S. 27 (pdf):

    Korrespondierend zu der Steigerung bei den zivilen Opfern zeigt die Tabelle über die “Ethno-Sectarian Incidents and Executions”, dass sich die irakischen ethno-religiösen Fraktionen im Irak in einem blutigen Machkampf befinden, in dem die amerikanische Rolle nicht die Bedeutung hat, die ihr in der Wahrnehmung der Weltöffentlichkeit zugemessen wird.
     
  • S. 44 (pdf):

    Vertraut man den Daten über die Fortschritte des Aufbaus der irakischen Streitkräfte, dann hat in der Zeit von Juni 2005 bis Nov. 2006 ein erheblicher Fortschritt stattgefunden. Auf S. 45 (pdf) sieht dieser Aufwuchs aber nicht so glänzend aus.

Die “Erkenntnis” ist wirklich trivial: Wenn im Irak (oder Kosovo, Afganistan, Kongo, Sudan oder sonstwo) nicht selbst ein letzter “common ground” gefunden wird, ist der Aufwand an westlichem “Nation-Building” verfehlt; die “Heimat” ist zu medien-gesteuert und innenpolitisch-bestimmt, dass daraus eine vernünftige Strategie erwachsen könnte.

{Innenpolitik ist Machtpolitik - Aussenpolitik ist Innenpolitik}

 

Irak-Leaders: Licht

13. Dezember 2006

Es ist ein gewisser Hoffnungsschimmer, dass zwei führende irakische Politiker sich bei U.S.-Präsident Bush die Klinke in die Hand gegeben haben:

  • Gestern war der irakische Vizepräsident Hashemi zu Gast im Weissen Haus. Der politische Führer der Sunniten sieht “a light in the corridor”.
     
  • Am 4. Dezember war Abdul-Aziz Al-Hakim, Präsident des schiitischen “Supreme Coucil for Islamic Revolution In Iraq” (SCIRI) und Vorsitzender der “United Iraqi Alliance”, bei Präsident Bush.

    Am gleichen Tag hat er eine Rede am “United States Institute of Peace” (USIP) gehalten:
    http://www.usip.org/events/2006/Alhakim_speech.pdf

Diese sechs Seiten Text haben u.E. Lehrbuch-Charakter und sind die intensive Befassung wert, insbesondere die neun konkreten Forderungen. Wird nach erhöhten deutschen Leistungen gefragt, wäre z.B. die Ziff. 3 ein Betätigungsfeld (Material-Lieferungen aus Bw-Beständen).

Morgen wird der Sunnit Hashemi ebenfalls eine Rede am USIP halten. Mit diesem Text wird man den zweiten Teil des Bildes bekommen, der für die Beurteilung der zukünftigen Entwicklung im Irak von Bedeutung sein kann (danach sollte man die 79 Empfehlungen des Baker-Reports bewerten).

{Am Ende eines Tunnels ist immer Licht}

 

Iraq-Report: Vorgriff

7. Dezember 2006

Nun liegt er vor, der “Iraq Study Group Report”:
http://www.usip.org/isg/iraq_study_group_report/report/1206/index.html

Bisher 2.900 tote U.S.-Soldaten, 21.000, teilweise Schwerverwundete, Kosten von 400 Mrd. USD und finale Kosten von 2 Billiarden USD sind der Preis, den die U.S.-Administration dafür zahlt, mit dem Irak-Krieg den Einbruch in die grimmige Zukunft des Nahen Ostens zu veranstalten.

Die 29 Seiten der Lage-Beurteilung (“Assessment”) sind vom Allerfeinsten und sind ein Lese-Muss, weniger die 79 (!) “Verbesserungs”-Vorschläge, deren Weg in einem Dschungel des Spezialistentums enden werden.

Medial wird gern der “Study Group”-Vorschlag diskutiert, dass die U.S.A. mit Iran und Syrien (als “Feinden”) ins Gespräch zu kommen hätten. Der Vorschlag ist semi-professionell, denn mit dem “Feind” musss man immer eine Kommunikationslinie offen halten; sie ist aber nie eine Frage der zu diskutierenden Inhalte. Und die Inhalte sind purste Machtfragen - reinstes Powerplay. Müsste man gewichten, welchen Anteil die inner-politischen gegenüber den aussen-politischen Triebkräften im Irak haben, wäre man wohl eher geneigt, den innenpolitischen Akteuren den Hauptaugenmerk zu widmen (S. 40).

Uns hat beeindruckt:

  • S. 13
    Die Schiiten “have gained power for the first time in more than 1.300 years” - und sie wollen sie behalten. Völlig irre dabei ist: “Shia factions are struggeling for power...”

    S. 34
    Die Öffnung der “Pandora-Box” eines schiitisch-sunnitischen Krieges, der über Jahrzehnte ausgefochten wird.

U.E. ist im Irak die Entfaltung eines Phänomens beobachtbar, das - in dieser Form -  seines  gleichen sucht und eigentlich “modern” ist:

  • In einem Blutrausch sondergleichen sucht eine schmale Schicht von unglaublich machtgeilen Politikern, sich mittels religiöser Parolen in die paradisische Unsterblichkeit zu katapultieren. Dummerweise fragt sich von Denen niemand, was der ALLMÄCHTIGE zu diesem Blutrausch eigentlich zu sagen hat.

{Dem ALLMÄCHTIGEN sollte man nicht vorgreifen}

 

Kriegslehren: Jacop

3. Juli 2006

Am 31. März 2004 hatte die “Arbeitsgruppe Joint and Combined Operations” (ArbGrp JACOP) ihren  164-seitigen “Abschlussbericht über die Auswertung des Irak-Krieges 2003” vorgelegt; untersucht  wurde die Kriegsphase vom 20. März bis 20. April 2003 hinsichtlich der Belange des Heeres.

Aus den insgesamt 125 Vorschlägen für das Heer haben wir ausgewählt (es geht um richtige Kriegseinsätze!):

  • “Konzeptionen” (31 Vorschläge):

    - “Erwirken eines Konzepts/Weisung für die Integration von Journalisten in Truppenteile im Einsatz;
    - Einbeziehen von Einsatz- und Führungsunterstützungstruppen bei der Ausplanung künftiger Führungsmittelausstattungen” (das ist teuer!);
    - Sicherstellung der notwendigen Aufklärungsfähigkeit auch auf Brigade- und Bataillonsebene;
    - Initiieren eines multinationalen und “joint” ausgelegten Systems von Ausrüstung und Maßnahmen zur Vermeidung von Verlusten durch eigenes Feuer (wie weit das wohl ist?);
    - Hinwirken auf Anpassung der Targeting-Verfahren im Bündnis.”
     
  • “Führungs- und Einsatzgrundsätze” (20 Vorschläge):

    - “Berücksichtigung der erweiterten Rolle von Kampfhubschraubern in Führungsvorschriften;
    - Berücksichtigung der speziellen Anforderungen zur Vermeidung von Kollateralschäden an die Feuerleitung und BDA in Führungsvorschriften;
    - Entwickeln und Aufnahme von Grundsätzen ‘Joint Urban Operations’ in Führungsvorschriften.”
     
  • “Struktur” (10 Vorschläge):

    - “Beibehaltung eines breiten Aufgabenspektrums für die Pionierverbände;
    - Strukturelles Abbilden des Bedarfs an Aufklärungs- und Sicherungskräften für Gefechtsstände, Einrichtungen, Lines of Communication und rückwärtiger Räume im Rahmen der Eingreifkräfte. Aus dem Kräftekontinuum der mechanisierten Brigaden mit drei Kampfbataillonen ist dies nicht zu leisten” (dringender Hilferuf!).
     
  • “Ausrüstung” (20 Vorschläge):

    - “Priorität für die Beschaffung von Präzisionsmunition;
    - “Berücksichtigung der Notwendigkeit zum Selbstschutz bei Ausrüstung der Eingreifkräfte, einschließlich der zugeordneten Unterstützungskräfte (das wird noch teuerer!);
    - Gemeinsam mit der Luftwaffe prüfen, welche Ausrüstung notwendig ist, um die Eingreifkräfte des Heeres auf die zu erwartende engere Kooperation mit Luftstreitkräften vorzubereiten” (das Heer hat immerhin jetzt ein Link 16!).
     
  • “Ausbildung/Übungen” (32 Vorschläge):

    - “Festlegen durch Übungsweisungen, dass der stete Wechsel von Einsatzszenarien Element jeder Übung sein muss (Weisung schon ergangen?);
    - Wiederbelebung von Volltruppenübungen auf Großverbandsebene in verbundenen Operationen für die Eingreifkräfte” (von der Übung hätten wir gehört).
     
  • “Einsatzvorbereitung” (12 Vorschläge):

    - “Erwirken von klaren Zielvorgaben durch die strategische und operative Führung hinsichtlich der beabsichtigten Wirkung durch die Truppe nach Eintreffen, zur Sicherstellung zielgerichteter Einsatzvorbereitung und Verlegeplanung”.

Der JACOP-Report ist eine blitzsaubere Arbeit, im Papierkrieg hat er zumindestens gewonnen.

{Auch Papiertiger sind wertvoll}

 

Irak-SITREP 5/06: Mut

1. Juni 2006

Den vierten Stituations-Report (56 S.) über die Lage und Entwicklung im Irak hat das U.S.-Verteidigungsministerium an das U.S.-Parlament versandt. Wer sich einen repräsentativen Überblick verschaffen will, wird sich den SITREP anschauen:
http://www.defenselink.mil/news/may2006/d20060530SecurityandStabiltyRptFinalv2.pdf

In den letzten drei Monaten haben sich einige Veränderungen ergeben:

  • Während die Zahl der Toten bei den Koalitions-Streitkräften seit Nov. 2004 sehr langsam auf 17 pro Woche abnimmt, erreicht sie bei den Irakis nach vorher 50 - 60 den Stand von fast 80;
     
  • Die durchschnittlich pro Woche durchgeführten Angriffe haben erstmals die 600-Marke überschritten. Im Gefolge des Bombenangriffes auf die Moschee in Samarra (Febr. 06) werden insgesamt rund 900 Tote als Opfer in der Kategorie “sektierische Angriffe” gezählt. Die Zahl der Angriffe gegen die Infrastruktur hat sich auf zwei pro Woche halbiert. 81 % aller Angriffe werden in den vier Provinzen ausgeführt, die die geografische Mitte des Irak ausmachen; sie belegen 37 % des Bevölkerungsanteils;
     
  • Bei Umfragen lehnen 78 % der Iraker Gewaltanwendung strikt ab, 17 % bejahen sie;
     
  • 90 % aller Selbstmord-Anschläge werden der Al-Qaida-Gruppe Irak zugerechnet.

Für die sicherheitspolitische Diskussion in Deutschland ist der Irak-SITREP ein Lehrbeispiel:

  • Im Zusammenhang mit der Zustimmung zum Verteidigungshaushalt hat das U.S.-Parlament das Pentagon gezwungen, alle drei Monate einen Irak-Bericht vorzulegen;
     
  • Gerade weil der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr kritischer wird, sollte der Verteidigungsminister gezwungen werden, detailliert über die Lage-Entwicklung schriftlich und öffentlich zu berichten. Andernfalls wird die Meinungsführerschaft von Experten wie Oberst Gertz, Vorsitzender des Bundeswehrverbandes, angestrebt, dessen grundsätzliche Ablehnung gegen jeden Bundeswehr-Einsatz aus seinen dementsprechenden Beiträgen der vergangenen Jahre offensichtlich wird.

{Tu Gutes - dann bleibst du vollen ...}

 

U.S./Irak-SITREP: Haustür

29. März 2006

Es kommt uns so vor, als würde die U.S.-Administration ihren neuen Report “Measuring Stability and Security in Iraq” verstecken. Durch Gesetz verpflichtet, muss die Regierung dem Parlament halbjährlich relativ sachlich berichten, wie sich die Situation im Irak allgemein entwickelt (57 S.):
http://www.defenselink.mil/home/features/Iraq_Reports/docs/2006-02-Report.pdf

12 Notizen haben wir uns gemacht:

  1. In den letzten 6 Monaten gab es 4 “complex coordinated attacs” (S. 4);
     
  2. Die Wahlbeteiligung ist von 58 % (Jan. 05) auf 77 % (Dez. 05) gestiegen (S. 8);
     
  3. Die Zahl der Zeitungen und Magazine ist von Sept. 05 bis Dez. 05 von “über 100” auf 294 gestiegen (S. 11);
     
  4. Die ökonomische Situation verbessert sich. Die Arbeitslosigkeit liegt 9 % über der deutschen, bei 21 % (S. 17);
     
  5. Die Ölproduktion ist bis Dez. 05 deutlich gesunken; nur bei der Abwasser-Versorgung gibt es Fortschritte (S. 20);
     
  6. Die AlQaida-Deklaration des “War on Shia’s” war ein verheerender Fehler (S. 25);
     
  7. 3/4 aller Angriffe ergab keine Verluste oder besonderen Schaden (S. 25);
     
  8. In drei irakischen Provinzen (von 18) werden 83 % aller Angriffe verübt (S. 27):
     
  9. 23 % aller Auto-Bomben-Angriffe sind abgefangen worden (S. 29);
     
  10. AlQaida hat Tausende schiitische Männer, Frauen und Kinder getötet (S. 30);
     
  11. Eine stabile Mehrheit von 2/3 der Iraker glaubt an einen Sieg der irakischen Sicherheitskräfte (S. 34);
     
  12. Mitte 2006 soll die Selbständigkeit der 131.000 irakischen Streitkräfte gegeben sein.

Bleibt man dem Grundsatz treu, vor allem vor der eigenen Haustür zu kehren, werden die Iraker einsehen müssen, dass sie ganz allein ihre Zukunft bestimmen.

{Der Hinweis auf einen anderen Misthaufen ist keine Entschuldigung für den eigenen}

 

[Home] [News] [Mächte] [Allianzen] [Konzepte] [Kriege] [Szenarien] [i-Views] [Kontakt]