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Rüstung 2003

 

 

Rüstungsforschung: absetzen

18. Dezember 2003

Aus dem bereits öffentlich präsentierten Repertoiré der Abteilung Rüstung des Verteidigungsministeriums haben wir die Leitlinien und -aspekte , die die Strategie staatlich geförderter Rüstungsforschung betreffen, etwas aufgepeppt (upgesext).

Wesentlich ist, dass zunächst die entscheidenden System-Kategorien für die benötigten militärischen Fähigkeiten identifiziert werden und die dazu benötigten Technologien logisch abgeleitet werden. In der Umsetzung konzentriert man sich (wegen der begrenzten Ressourcen) auf die Technologien, die der zivile Markt nicht anbietet.

Nach Darstellung der Rüstungs-Abteilung sind die wesentlichen Technologien und Forschungszweige:

  • Sensorik im Bereich Infrarot, Radar, Laser und visuelle Auffassung;
     
  • Architektur und Organisation des Datenverbundes der Sensoren;
     
  • Präzision und Abstandsfähigkeit der Effektoren (hiessen früher Waffen, danach Wirksysteme);
     
  • modularer, abstandsfähiger sowie (teil-)autonomer Schutz der eigenen Systeme;
     
  • IT-Technologien;
     
  • Elektronische Kampfführung
    (gutes Beispiel ist ein Bericht des britischen “Telegraph” (14.12.03) über die Aussagen des irakischen Oberstleutnants al-Dabbagh, Luftabwehr; chinesische Spezialisten hätten ihnen $25-Decoys geliefert, die amerikanischen Piloten den virtuellen Eindruck vermittelt hätten, dass sie gerade eine irakische Radar-Stellung zerstört hätten).
     
  • Fahrzeug-Führung und -Navigation von Land/Luft/See-Fahrzeugen.

Bereits ausgemacht hat man die folgenden System-Gattungen:

  • Für die Führungsfähigkeit der Streitkräfte (bitte immer das Modewort Networkcentric Warfare - NCW - oder deutsch NetOpFü anhängen) benötigt man natürlich einen “weltweiten (raumgestützten) Breitband-Datenverbund (die USA streben für 2007 100 Gigabyte/sec an);
     
  • Zunächst nur für die Nachrichtengewinnung und Aufklärung, später aber auch für die “Wirksamkeit im Einsatz”, heisst das Stichwort (MALE+): “Medium Altitude, Long Endurance”, d.h. Systeme, die aus im Höhenband zwischen ca. 30.000 und 60.000 feet ausdauernd “wirken”.
     
  • Für die Unterwasser-Kriegführung ist ein unbemanntes Fahrzeug zu entwickeln;
     
  • Für den Bereich Unterstützung und Durchhaltefähigkeit soll ein “teilautonomer Kleinroboter” entwickelt werden;
     
  • Dass auch der Panzer nicht totzuschiessen ist zeigt, dass man für die Wirksamkeit im Einsatz immer noch den “Technologieträger Land-Kampf” identifiziert.

Wer aus sonstwelchen Gründen damit nichts anfangen kann, sollte wenigstens die beeindruckende Definition überdenken, die die Rüstungsabteilung zum Thema “Kernfähigkeit deutscher Rüstung” geschrieben hat:

  • “Kernfähigkeiten sind die Fähigkeiten, auf die aus sicherheitspolitischen, technologischen und/oder rüstungswirtschaftlichen Gründen unter Berücksichtigung einer zukunftsfähigen europäischen Ausrichtung in Verbindung mit industrieller Wettbewerbs- und Durchsetzungsfähigkeit künftig nicht verzichtet werden kann.”

{Selbst der Begriff der Absetzungsfähigkeit ist dreibödig}

 

Rüstung, 3te: Bestell-Liste 2004

4. Dezember 2004

Bei aller Beschäftigung mit den fehlenden Rüstungs-Milliarden auf der Bedarfs- und Zeitschiene darf man nicht vergessen, dass man trotzdem 2004 ff. eine steigende Marge hat, die sich aus der Lücke zwischen der Summe der vertragsgebundenen Finanz-Umfänge und der lt. Haushaltsplanung zur Verfügung stehenden Mittel ergibt (siehe Mat-CAT pdf. - Vergleich “unter Vertrag”-Säulen zu “gelber Line”, HH2004).

Demnach wird es in 2004 eine Reihe von Vorlagen des BMVg für den Haushalts-Ausschuss bezüglich Entwicklungs-/Rüstungs-Vorhaben geben, deren Gesamtsumme sich auf knapp 300 Mio. EUR belaufen dürfte (verglichen mit dem gemeldeten militärischen Bedarf ist das natürlich ein schmales Brett).

Die Quelle unserer Informationen ist wiederum eine kompetente Abteilung des BMVg:

  • Führungsfähigkeit:

    - Führungsinformationssystem Heer,
    - Streitkräftegemeinsames Führungsinformationssystem (Projekt 9.4.4.),
    - SATCOM Bw, Stufe 2;
     
  • Nachrichtengewinnung und Aufklärung:

    - SAR Lupe, europäische Einbindung,
    - Bodensensorausstattung des Panzer-Aufklärers FENNEK;
     
  • Wirksamkeit im Einsatz:

    - 20 vorgezogene Serienfahrzeuge des Schützenpanzer PUMA,
    - Schiff/Luft-Lenkflugkörper (Seasparrow-ESSM und SM-2),
    - Nebelgeschoss, multispektral, 155mm,
    - Lenkrakete MARS,
    - Fähigkeitsanpassung des Führungs- und Waffeneinsatz-Systems Fregatte F122/123,
    - Eurofighter 2000: Integration Luft/Luft-LFK mittlere Reichweite (AMMRAM), Rollenanpassung, Beseitigung von Obsoleszenzen und Systemintegration der geänderten System-Hardware;
     
  • Unterstützung und Durchhaltefähigkeit:

    - Kampf/Rettungs-Fähigkeit (CSAR) für den NH 90-Hubschrauber,
    - Einsatz-Fahrzeuge für Krisen-Spezialkräfte,
    - verschiedene Varianten gepanzerter Spezial-Fahrzeuge (BV 206 und Wiesel 2);
     
  • Überlebensfähigkeit:

    - Radar-Kenn-Gerät NIS/Mode S (NATO Identification System).

Hinter so öffentlichkeitswirksamem Beschaffungs-Stolz verbergen sich allerdings

  • eine nie dagewesene Geschäftigkeit des BMVg, bei allen unter Vertrag laufenden Rüstungsvorhaben der Industrie Schiebungen auf der Zeitschiene abzuhandeln, immer mit dem zärtlichen Hinweis auf die Kundenbindung,
     
  • bei allen multilateralen Geschäften das händeringende Suchen nach Nachkasse und Kompensationen (z.B. MEADS/U.S.Army, MPA mit NL),
     
  • auch quoten-geil gemeinte Empfehlungen wie die des nach Brunssum abfliegenden Inspekteurs der Luftwaffe, Generalleutnant Back, auf der Fachtagung des Bundesverbandes der deutschen Luft- und Raumfahrt-Industrie (BDLI) in Bonn (3.12.): So man mit den Finanzen auszukommen habe, müsse man halt Fähigkeiten der Bundeswehr streichen - und man sei in Zukunft immer nur noch im Bündnis im Einsatz! Ist so wunderbar logisch und richtig, dass es Einen zerreisst (Grönemeier-Typ: alles ist richtig alles ist .. Ebbe/Flut). Seinem Nachfolger im Amte, Gen. Stieglitz, aber die Antwort zu überlassen, auf welche Fähigkeiten z.B. die ober-kostenträchtige German Luftwaffe denn verzichten könnte, ist unkameradschaftlich. Wie wäre es mit der politisch ganz mager akzeptierten Nuklear-Rolle eines EUR-verpulvernden Geschwaders? Oder dem Verzicht auf die ebenso wenig geliebte Luftangriffs-Rolle für den Eurofighter? Schlappe 68 Maschinen auf die für dieses Flugzeug gar nicht vorgesehene Fähigkeit einzurüsten, kostet horrende Summen, die man höchstens unter dem Kapitel Technologie-und Export-Förderung für Europa abbuchen könnte.

    Noch “leichter” wäre es, auf die SEAD-Rolle (Unterdrückung der gegnerischen Luft-Abwehr) zu verzichten, sie anderen zu überlassen. Oder RECCE (Aufklärung und Überwachung)? Mit einem NATO-gemeinsamen AGS-System (Air-to-Ground-Surveillance) würde noch ein (?) ganzes Geschwader sterben.

Richtig gut gefallen hat uns auf der BDLI-Tagung eine Äusserung des in letzter Zeit auf allen möglichen Tagungen auftretenden Generals Dr. Olshausen (oberster “Deutscher” bei NATO und EU). Seine Bemerkung zum ewigen Streit zwischen NATO und EU gilt u.E. ebenso innerhalb Europas und ist selbst für das ICH klassisch:
“Wenn wir nicht wegkommen von der Angst, dominiert zu werden, oder autonom sein zu wollen, geht es nicht” (Zitat möglicherweise nicht ganz 100%ig wortgetreu).

Olshausen muss Sun Tsu gelesen haben, denn der sagt:

{“Die Aufgabe des eigenen Machtanspruches führt in die Seligkeit”}

 

Rüstung, die 2te.: CAT-Grafik

3. Dezember 2003

Ein älterer, uns seit 25 Jahren bekannter und sehr geschätzter Herr aus der Abteilung Rüstung des BMVg hat uns den “Folien”-Satz eines Vortrages (Hattu Folie, hattu Vortrag) zukommen lassen, aus dem wir eine zum pdf. umgemodelt haben, die unseren (u.a.) gestrigen CAT-Bericht in die Grafik setzt. Was wir dort krampfhaft zu beschreiben versucht haben, ist nun ohne Ton sofort verständlich:
”Gegenüberstellung Datenwerk 2003 zu Datenwerk 2004” (pdf.)

Natürlich verbleibt die Frage, wie das “Delta” zwischen der “Mat-Datenwerk 2004”-Linie und dem “Basis-Entwurf Haushalt 2004” aufgehoben wird. So sorry - keine Ahnung.

Hilft die intuitive Interpretation der Linien-Charakteristik weiter? (Seitenriss-Optik):

  • Die grüne Linie (“Mat-Volumen Datenwerk 2003”) lässt den innovativen Entwurf eines Concept-Cars ala´ AUDI erahnen;
     
  • Die rote Linie (“Mat-Volumen Datenwerk 2004”) legt die Vermutung nahe, dass aus der Rüstung ein SUV wird;
     
  • Die gelbe (reale) Finanzplan-Linie lässt eher den Rückschluss zu, dass die Bundeswehr einen ganz flachen Schützenpanzer ohne Scheitel-Lafette bekommt.

{Isaac sagt: “Je flacher der Keil, desto mächtiger bebt’s”}

 

Rüstung, die 1ste: Planier-Raupe (CAT)

2. Dezember 2003

Beim Jahres-Empfang 2003 des “Förderkreis Deutsches Heer e.V.” durften wir zugegen sein und dem Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Gert Gudera, beinicken. Leider hat uns aber die After-Dinner-Szene eine Aufführung beschert, die die Gudera-News toppt: Das Gespräch mit dem sicherheitspolitischen “Iceman” dieser Republik. Frage war, wie man den vertragsgemässen, im Haushaltsausschuss so beschlossenen, “Überfluss” der Rüstungs-Beschaffungen in den Griff bekommen will, der sich nur im Kurzfrist-Zeitraum bis 2007 auf mehr als 4 Mrd. EUR beläuft (GP-User kennen unseren “Tick”).

Da wir naiv sind, meinten wir immer, dazu gäbe es keine Lösung. Aber, wie so immer, ist die Lösung ganz einfach:

Mit anderen Worten: Per Planierraupe verschiebt das BMVg seine (“vermeintlich” unlösbaren) Rüstungs-Probleme in 2004 bis 2006 nach 2007 ff., in schwindelnde Höhen; genial für das Heute, aberwitzig für morgen. Jeder Profiler in der Rüstungsbranche sollte sich fragen, ob sein Favorit das “RB-15/Mark III-Syndrom” aufweist.

Planier-Raupen generieren nicht umsonst Faszination; CAT ist nicht nur Katze, sondern pure Plan-Macht. Gestrige reden gern von Informations-Dominanz; gefragt ist aber CAT (-dominance).

{Sun Tsu sagt: “Herrschaft ist, den Ton im Augenblick zu bestimmen”}

Nachtrag: Siehe überliegenden Beitrag (CAT-Grafik)

 

Prague Capabilities Committment (PCC): Ziegelstein-Tag

26. November 2003

Auf dem in Prag stattgefundenen NATO-Gipfel (21./22. Nov. 2002) haben die Staats- und Regierungs-Chefs sich nach Scheitern der beim NATO-Gipfel in Washington 1999 vereinbarten “Defense Capabilities Initiative” (DCI, 58 Felder der Verbesserung der milt. Fähigkeiten) auf 33 Felder geeinigt, die nun dringenst zu verbessern seien; Oberbegriffe für die unter dem Synonym “Prague Capabilities Committment” (PCC) zusammengefassten Vorhaben sind:

  • “ABC-Abwehr (5 Vorhaben),
  • Informationsüberlegenheit (7 Vorhaben),
  • Verbesserung der Interoperabilität verlegbarer Kräfte/Wirksamkeit im Einsatz (18 Vorhaben,
  • Verlegbarkeit und Durchhaltefähigkeit (3 Vorhaben)”.

Vorab sei die generalisierende Beurteilung erlaubt, dass die “NATO-Fraktion” in fast allen NATO-Staaten “well and alive” ist, insbesondere natürlich beim Militär. Auch die Politiker, z.B. in der Bundesrepublik Deutschland, wissen, dass sich die NATO historisch in der finalen Phase befindet: Werden bestimmte “Eckpunkte” nicht erreicht, wird der Laden irrelevant. Zu den Eckpunkten gehört:

  • Allgemein alles zum Stichwort “Transformation”;
  • “Spin-Doctor”-gemässes Trommeln der “Network-Centric-Warfare”-Mantra;
  • Energisches “Pushen” der “NATO Response Force” NRF);
  • für Spezialisten die beiläufige Erwähnung von “Concept Development & Experimentation” (CD&E), kurz “Zieh die Ie”), wo selbst die Franzosen die Teilnahme vorgezogen haben, obwohl sie der militärischen Integration der NATO grundsätzlich noch immer ferne stehen.

Wirft man einen Blick auf die Liste der 33 PCC-Vorhaben, ergibt sich:

  • Die Deutschen haben zu den 33 Prag-Verpflichtungen 19 nationale Vorhaben gemeldet, von denen bisher eins im April 03 aus Geldmangel gestrichen wurde: Zwei Radar-Systeme (verlegbar);
     
  • Bei den verbleibenden 14 multinationalen Vorhaben hat die NATO Arbeitsgruppen eingerichtet, die recht deutschdominiert (bezüglich des LEAD sind):
    - GE führt 7 Arbeitsgruppen,
    - Italien und Grossbritannien führt zwei, die Niederlande und Spanien je eine.
    - Über die von Frankreich geführte Arbeitsgruppe “Unbemanntes Fluggerät zur Gebietsüberwachung” werden keine Fortschritte gemeldet, denn die Lead-Nation verhält sich “extrem passiv”.
     
  • 21 der 33 Vorhaben darf man als problemlos bezeichnen; der Rest müsste mit Anmerkungen versehen werden:

    - Das Thema “Fähigkeit zur Raketen-Abwehr” (MEADS, PAC 3) dürfte im nächsten Jahr politisch sekt-knallen;

    - Zum Thema “Verlegbare Geschwader-Gefechtsstände” wird Unheil vermeldet;

    - Hinter dem Stichwort “”Luftgestütze Gebietsüberwachung” verbirgt sich ein Prestige-Unternehmen für die Industrie-Konsortien EADS und Raytheon, welches deutscherseits in der Finanzplanung keine Abbildung findet;

    - Obwohl augenscheinlich die Bw-Fähigkeit zur luftgestützten See-Überwachung zwischenzeitlich aus der Finanzplanung geflogen war, ist die Rückkehr aufgrund des phantastischen NL-Angebotes (Kauf von 10 P3-Orion) wahrscheinlich;

    - Für die Zwischenlösung des “strategischen Lufttransportes” bis zum Anflug der ersten A400M im Jahr 2010 wird sich zeigen, ob die unter deutscher Führung arbeitende NATO-Gruppe einen Vorschlag zaubert, der ohne die irrwitzig kostentreibende “Broker”-Lösung (+ 30 - 100 %) zurecht kommt;

    - Beim “strategischen See-Transport”, der sich in seiner Dringlichkeit zum Luft-Transport wie ca. 10:1 verhält, hat man national für den Zeitraum 2004 - 2006 die Charter für sechs Ro-Ro-Schiffe vorbereitet;

    - Die A400M-Fraktion von EADS darf sich freuen, nach 2009  Rüstsätze für die Luftbetankungs-Fähigkeit von 10 deutschen A400M in der Planung zu sehen; leider ist das Vorhaben bisher nicht im finanzplanerischen “Datenwerk” abgebildet.

Summasumarum muss man die PCC-Bilanz eigentlich recht positiv einschätzen. Andererseits ist am Tag des deutsch-französischen Dolchstosses gegen den EU-Stabilitätspakt zu hören gewesen, dass Prophezeiungen/Planungen/Projektionen nur für ein einziges Jahr doch sehr vage sind, zumindestens hinterfragt werden müssten. Recht so:

{Aufstehn, es ist Murmeltier- (Ziegelstein) Tag!}

 

Raketen-Abwehr: Aster-Attack

13. November 2003

Man muss ja oft einiges erklären, bevor man zur Pointe kommt:

  • Bonn, 12. Okt. 03, OCCAR (vertrags-technische “Rüstungs-Agentur” von F, D, UK, I, Bel), näheres www.occar-ea.org ;
     
  • Unterzeichnung eines 3 Mrd. EUR-Vertrages zwischen der abwickelnden Behörde OCCAR (im Auftrag der Regierungen F, I und UK) über die Lieferung von 21 see- und 20 landgestützten Raketen-Systemen zur Abwehr von Bedrohungen aus der Luft: 1.800 Raketen der Typen Aster 15, 30 incl. Radar etc., geliefert von EUROSAM, einer von der zweitgrössten Raketen-Schmiede MBDA (BAE-Systems 37,5 %, EADS 37,5 %, Finmeccanica 25 %) und dem Global Player THALES betriebenen Joint Venture.
     
  • Das unter dem Kürzel SAMP/T fungierende Boden/Luft-Abwehr-System mit dem Flugkörper ASTER 30 (100 km Reichweite) wird in den für die Presse bereitgehaltenen Unterlagen als Antwort für “Verteidigung der unteren Ebene gegen ballistische Flugkörper der 600 km-Reichweitenklasse” vorgestellt.
     
  • In der Presse-Mitteilung der MBDA heisst es zudem:
    “Zusätzlich sind für das “full-scale-development” der “Aster (30) Block 1 Anti-Tactical Ballistic Missile (ATBM)” zusätzliche Mittel (EUR) freigegeben worden. Der MBDA-CEO, Marwan Lahoud, wird dazu in wörtlicher Rede wiedergegeben:
    “... provide the backbone for Europe to develop a full wide-area ATBM capability.”
     
  • Abgesehen von allem bisher Gesagtem weiss man ja, dass das gleichgerichtete ATBM-Projekt MEADS (PATRIOT, PAC 3 plus neuem System) mit den USA, D und wiederum Italien bisher noch wie ein Fels in deutscher Brandung steht, erstmals mit Mitteln für den D-Haushalt 2004 ausgestattet, polit-emotional in Sachen D/US-Verhältnis hochgeladen. Ausserdem ist bei MEADS deutscherseits wiederum die EADS beteiligt, allerdings eher der “deutsche” Teil, die nicht zur MBDA gehörende LFK (zugehörig zu EADS, Defence and Security Systems).

Die Pointe ist: Von Klaus von Sperber, Direktor der OCCA, hat man gehört, dass den Italienern mit der gestrigen Vertragsunterzeichnung die Finanzen ausgehen; demzufolge hätte die italienische MEADS-Unterstützung keine Zukunft. In diesem Strudel würden auch die deutschen Ambitionen versinken. Logisch ist, dass danach ASTER 30 Block 2 wie Phönix die Asche schiessen würde; der “Tervuren”-Fraktion müsste das gefallen.

{Säd is bizznäß, würde Beckenbauer sagen}

 

SIGINT: breitbandig

3. November 2003

Rund eineinhalb Jahre haben deutsches und amerikanisches Militär sowie die Firmen EADS und Northrop Grumman vorbereitet, was am 14./15. Oktober als beachtliches Ereignis abgelaufen ist:

  • Start eines unbemannten Flugzeuges (“Global Hawk”, RQ4A, vergleichbar dem bemannten Höhen-Aufklärer U-2) auf der U.S. Air Force-Basis Edwards/Kalifornien;
     
  • Elektronisch gesteuerter Flug über den Atlantik;
     
  • Nach 20h 53min. Landung in Nordholz bei Cuxhaven, Standort des Marine-Flieger-Geschwaders “Graf Zeppelin” (MFG 3). Damit ist erstmals in Richtung Europa ein kontinent-weiter Flug mit einem “unmanned air vehicle” (UAV) erprobt worden;
     
  • 5 Flugtests in der Küstenregion mit einer Zuladung, die die EADS entwickelt hat: Sensor zur Lokalisierung und Bestimmung von Radar-Sendern (zum Aufgabengebiet “Electronic Intelligence”, ELINT, gehörend).

Zunächst ist bedeutsam, dass der Flug erstmals die umfangreiche Prozedur, vor allem die mit der zivilen deutschen Flug-Überwachung, durchgespielt hat, und damit der für diese Zwecke ideal gelegene NATO-Fliegerhorst Nordholz zum amerikanischen Zwischen-Landeplatz ausgelegt werden könnte. Ideal ist die Region deshalb, weil in dem Nordholz seeseitig vorgelagerten “Naturpark Wattenmeer” das leicht für den zivilen Flugverkehr sperrbare Gebiet liegt, in dem ein unbemanntes Fluggerät im Spiral-Flug auf eine Höhe von mehr als 45.000 Fuss geschraubt werden kann. Dies ist eine Vorbedingung, denn unbemannte Flugsysteme sind bisher von den Luftfahrtbehörden in deren Zuständigkeitsbereich nicht zugelassen (Flight-Level bis 45.000 ft, kurz FL 450 - der Flug oberhalb FL 450 ist behördlich unkontrolliert). Ausnahme ist wiederum das Global Hawk, das kürzlich die Zulassung für den US-Luftraum erhalten hat).

U.E. ist jedoch ebenso bedeutsam, dass mit der ELINT-Präsentation konkret für die Beschaffung der Waffen-Kategorie SIGINT geworben wurde, die einiger Erklärung bedarf:

  • SIGINT (Signal Intelligence) gehört zum früher so genannnten Gebiet der elektronischen Kampfführung (ELOKA). Zu dieser Kategorie gehört das Lauschen im militärisch genutzten elektronischen Frequenzband, vor allem der Kommunikation der hohen politischen und militärischen Kommando-Führung (COMINT).
     
  • Wichtig ist, das SIGINT bisher strikt national durchgeführt wird und der strengsten Geheimhaltung unterliegt. Ergebnisse der SIGINT werden in multinationalen Gremien höchstens dazu benutzt, um mit anderen Regierungen in den Tausch einzutreten; in dieser Situation geht es um nationale Bedeutung nach dem Prinzip “Augenhöhe”.
     
  • Beim MFG 3 in Nordholz sind vier Flugzeuge des Typs ATLANTIC (Breguet BR 1150) stationiert, die luftgestützte SIGINT betreiben; gegen 2010 müssten sie von einem neuen System abgelöst werden.
     
  • Sicher ist, dass ein UAV-System vom Typ Global Hawk idealer Träger der SIGINT-Fähigkeit sein könnte: 24 h kann das System mit seiner Sensorik über einer Fläche von 40.000 Quadrat-Meilen kreuzen, 3.000 nautische Meilen vom Startplatz entfernt.
     
  • Andererseits sind die operativen Szenare einer deutschen Global-Hawk-SIGINT gar nicht unproblematisch:

    - Selbst bestens befreundete Nationen sind gegen SIGINT-Überflüge hochallergisch;
    - Flüge oberhalb FL 450 sind höchstens über internationalen See-Gewässern als unkritisch anzusehen. Unterhalb FL 450 ist der Zwischenfall mit der U.S.-SIGINT-EP-3 nahe China noch in Erinnerung. Dass auf hochfliegende Aufklärer mit Flugabwehr-Raketen geschossen werden kann, zeigt der Abschuss der von Gary Powers gesteuerten U-2 über der damaligen Sowjet-Union;
    - um im Konflikt (Krieg) SIGINT zu fliegen, muss bereits in der Vor-Phase eines sich entwickelnden Konfliktes das COMINT-Profil des betreffenden Staates archiviert werden, damit auffallende Veränderungen erkannt werden können. Eher noch ist SIGINT vor Beginn des Krieges ausschlaggebend, weniger im Verlauf des Krieges;
    - fraglich ist, ob einem SIGINT-Einsatz der militärische Charakter abgesprochen werden kann. Damit erscheint sofort die Parlaments-Beteiligung, womit alles ad absurdum geführt wird;
    - gänzlich wirr wird jede Debatte, so man zukünftige Konflikt-Szenare auf ihre “deutsche” SIGINT-Relevanz untersucht.
     
  • Lt. “ELINT”-Informationen, die in Nordholz präsentiert wurden, soll “in 2004/2005” die “Realisierung eines unbemannten SIGINT-Prototypen” demonstriert werden. Zu beachtende Kandidaten für SIGINT-Nutzlast wurden im Unter-Offiziers-Kasino in Nordholz gleich mitpräsentiert:
    - die multi-nationale MRCM (incl. EADS):
    www.mrcm.net ;
    - die “kleine” deutsche
    www.medav.de ;
    - und die Daheim-Gebliebenen finden zusätzliches auf
    www.eads.net/nordholz .
     
  • Wenn im 1. Quartal 2004 die neue Rüstungs-Priorisierung des General-Inspekteurs Schneiderhan vorgelegt wird und auch das Licht der Öffentlichkeit erreicht, wird man sehen, ob es für SIGINT noch reicht.
     
  • So die SIGINT-Fraktion zu den härteren Bandagen greift, kann sie erfolgreich sein:
    Wird dem Bundeskanzler der politische “Bargaining-Chip” der geheimnis-umwölkten SIGINT-Kiste richtig verklickert, wird das Nordholz-Projekt genauso durchgewunken wie SAR-Lupe. Nationales ist “in”.

{“Intelligence” ist immer ganz breitbandig}

 

Rüstungs-Titel: Insolvenz

29. Juli 2003

Heute haben wir dreifachen (!) Grund zur Freude:

  1. Hat uns wieder ein guter Freund zur Story verholfen;
  2. ist die Angelegenheit wieder - der Urlaubszeit entsprechend - kurz;
  3. vermelden wir die amtliche Bestätigung unserer immer wieder krampfhaft vorgetragenen These, dass die Rüstungskasse so leer ist, wie es ein Insolvenz-Verwalter nur fürchten kann:

Grundlage ist der schon etwas ältere Brief des Parl. Staatssekretärs Karl Diller, MdB, an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, Manfred Carstens, MdB, vom 9. Juli 2003 in Sachen dringliche Beschlussvorlage 1. Los Triebwerksumrüstung des Hubschraubers CH-53 (Ausschuss-Drucksache 732/15. Wahlperiode). Hintergrund ist der CH-53-Absturz am 21. 12. 2002, der sieben Soldaten der Bundeswehr das Leben kostete und die “besondere Dringlichkeit der Massnahme” auslöste.

Obwohl es nur um 33 Mio. EUR bis 2005 insgesamt geht, um 6 Mio. EUR in 2003, heisst es auf S. 3 des Briefes:

  • “Bei dem Beschaffungstitel wird der Ausgabenansatz 2003 durch bereits eingegangene Verpflichtungen überschritten. Das BMVg hat hierzu erklärt, den Verpflichtungsüberhang durch Bewirtschaftungsmassnahmen auszugleichen.”

In feinem Haushälter-Deutsch wird amtlich bestätigt, dass alle Rüstungs-Mittel für 2003 voll verausgabt sind und somit in diesem Jahr keinerlei Beschaffungsverträge mehr abgeschlossen werden können. Allerdings war sowieso nur noch eine Beschaffungs-Vorlage für den neuen Schützenpanzer PUMA geplant.

Abzuwarten bleibt, ob sich das Verteidigungsministerium in 2004 die Insolvenz-Fahne zu hissen geneigt sieht oder weiterhin alle Tricks nutzt, um die Firmen-Schliessung zu verhindern. Tröstlich ist, dass sich das Finanzministerium (zu recht) genötigt fühlt, in jede Beschaffungs-Vorlage ihre diesbezüglichen Bemerkungen einzuflechten. Und 2004 gehen die Ausgaben aller bereits beschlossenen Beschaffungsverträge zügig nach oben.

{Das BMVg ist pleite und uns geht es auch schon ganz schlecht}

 

Rüstungsindustrie: amtlich

28. Juli 2003

Wir denken, dass Sie erst gar nichts von uns, sondern gleich die 18 Seiten Original-Ton des deutschen Verteidigungsministeriums
“zur Lage der deutschen wehrtechnischen Industrie” (als pdf-Dokument)
lesen wollen.

{Jeder denkt sich sein Teil - und alle teilen mit}

 

BDI: last call

25. Juli 2003

Der “Rüstungswirtschaftliche Arbeitskreis” (RüAK) des BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) ist richtig fleissig gewesen und hat seine
“Überlegungen zu zukünftigen Rüstungsindustriestrukturen sowie Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsstellung deutscher wehrtechnischer Unternehmen”
aufs Papier gebracht. Die 15 Seiten der faktenreichen Darstellung des BDI haben wir zum
Download als pdf.

Diskussionsbedürftig dürften die letzten zwei Seiten des Dokuments sein, die zur “Bereitschaft” und zu Vorschlägen des RüAk Positionen verzeichnen:

  • Zur Kommunikations-Performance sei angemerkt, dass kein Semi-Profi in Kernsätzen die “aber”-Funktion anführt, schon gar nicht unterstrichen; professionell ist die “und”-Version;
     
  • Grundlage jeden Fortschritts zur Angleichung der Positionen von Industrie und Regierung könnte zunächst nur sein, dass man sich über die Daten einigt. Solange das Verteidigungsministerium nicht die entsprechenden Planungsdaten freigibt, die sich an den Vorgaben der Finanzplanung orientieren, fehlt jede Gesprächsgrundlage;
     
  • Zum Thema “alternative Finanzierungsmodelle” gibt es in Sachen A400M ein Referenz-Modell. Allerdings ist fraglich, ob es je ein Nachfolge-Modell geben kann. Dazu müsste schon erheblicher Sachverstand mobilisiert werden. Die Aussichten sind aber eher düster;
     
  • Eine “frühzeitige” und “aktive” Beteiligung der Industrie am Planungsprozess des Verteidigungsministeriums setzt voraus, dass die politische Führung des BMVg ein unbelastetes Verhältnis zur deutschen Rüstungsindustrie hätte. Alle bisherigen Indikatoren sprechen dagegen;
     
  • Die Forderung nach “rascher” Erhöhung der “unzureichenden deutschen F&T-Mittel” (Forschung und Entwicklung) ist selbstverständlich. Im Korsett der mitelfristigen Finanzdaten führt sie aber zu Verdrängungseffekten. Alle Sektoren des Verteidigungshaushaltes können jeweils für sich selbst höchste Priorität reklamieren.

Uns erscheint eher, dass die deutsche Rüstungsindustrie damit den Kern für die Entwicklung ihres Momentums noch nicht gefunden hat. Typen, die die Bezeichnung als “super-empowered individuals” verdienen, würden

  • die betroffenen Rüstungs-”Familien” an einen Tisch bringen,
     
  • eine “demand”-Strategie vorlegen und in Brief-Form an den Bundeskanzler (Neben-Abdruck an den Verteidigungsminister) hämmern und nach “tit for tat”-Manier abarbeiten. Der Durchsetzungs-Wille müsste den Worten entspringen.

{Dein Wort sei Hammerschlag}

 

Rüstungsplanung: Y. for U

21. Juli 2003

Sorry, wenn wir heute schon wieder auf der Spur nach der Schneiderhan-Konzeption unterwegs sind. Es geht schon wieder um die Frage der Finanzierbarkeit, diesmal im Bereich Rüstung. Grundlage ist wieder das Datenwerk, zu dem wir bereits berichtet haben. Unser Rechenweg ist wie folgt:

  • Aus dem (Kujat)Katalog von 2001 über alle Wesentlichen Gross-Vorhaben (WGV) der geplanten Rüstung haben wir alle Projekte herausgenommen, die noch nicht vom Bundestag beschlossen worden sind;
     
  • In der neuen Tabelle sind wieder die Summen für “sonstige militärischen Beschaffungen” eingerechnet, wie sie der Bundesrechnungshof in seiner Grafik angibt (Schreiben zur Beschaffung A400M, Anlage 1,2). Die jeweilige Summe (2003/4: je 2,35 Mrd. EUR, 2002: 2,8 Mrd. EUR) wird mit dem Gesamt-Betrag der WGV jeweils addiert;
     
  • Auf der Ausgaben-Seite des Verteidigungshaushalts 2003 errechnen wir als Summe der Beschaffungen aus allen Unterkapiteln des Einzelplan 14 den Betrag von 4,049 Mrd. EUR. Dieser Betrag ist als “Verfügungsmasse” im Lichte der erforderlichen Mittel zu sehen, die die bisher beschlossenen WGV + sonst. mil. Beschaffungen zusammen ausmachen (Delta): Die neue Rüstungs-Rechnung als pdf.
     
  • Die “Schneiderhan”-These lautet deshalb wie folgt:
    - Ohne jeden weiteren Beschaffungs-Beschluss des Bundestages (den SPz 3 haben wir ausnahmsweise weitergeführt) fehlen
    2003: rund 700 Mio. EUR (die bekommt man noch durch “Überkipper” hin),
    2004: rund 1.000 Mio EUR;
    - Für 2004 ff. müssten Einsparungen auf der Betriebskosten-Seite eintreten, die 2006 fast 2 Mrd. EUR erreichen;
    - alle durch Verteidigungsminister Struck bisher veranlassten Streichungen bieten Entlastungen, aber nicht dann, wenn in 2004 dringend notwendige Beschaffungen wie “Hercules” (zivile IT) mit einem rechnerischen Jahres-Durchschnitt von gut 600 Mio. EUR zu Buche schlagen würden.

Wenn Sie unserem Rechnungs-Gedöns nicht folgen wollen, besorgen Sie sich bitte “Y. - Magazin der Bundeswehr”, und zwar das gerade erschienende “Special”: “Kraftakt für die Zukunft - Modernisierung der Bundeswehr”.

Auf S. 16 ist genau die Grafik des Rechnungshofes veröffentlicht worden, die wir gern als Beleg im Gesamtpaket zum Rüstungs-Thema anführen. Nun muss man nur noch die Grössenordnung einsetzen, die für Rüstung grob zur Verfügung steht - 4 Mrd. EUR, mit sehr leicht steigender Tendenz - und die rechnerische Verzweiflung nimmt ihren Lauf.

{Y. = no iX for You}

 

BOXER: Knockout?

7. Juli 2003

Der SPIEGEL von heute meldet, dass die Briten nach Beendigung der Entwicklungsphase aus dem Projekt BOXER (Ex GTK, MRAV) aussteigen; damit endet das britisch-niederländisch-deutsche Projekt und eröffnet sogar auf deutscher Seite die Möglichkeit des Niederschlags der Beschaffung von zunächst 200 Fahrzeugen; eilfertige SPD-Abgeordnete plädieren schon dafür.

Die Grössenordnungen, um die es bei dem trilateralen Projekt der Firma ARTEC (Alvis, Krauss-Maffei/Wegmann und die niederländische SP) ist bei einem Einzelpreis des BOXER von 1,5 Mio. EUR nicht unerheblich:

  • Die beteiligten Staaten hielten bisher eine Option auf je 200 Fahrzeuge; der gesamte Bedarf der drei Staaten wurde auf 3.500 BOXER veranschlagt. 2005 sollte die Serienproduktion beginnen
     
  • Für die bundesdeutsche Armee sollte die Leistungsfunktion von 2.600 M 113 und knapp 1.000 Fuchs-Panzern ersetzt werden. In der aktuellen Bundeswehrplanung ist das Projekt von 2004 bis 2013 noch mit insgesamt 978,3 Mio. EUR gelistet.
     
  • Für die deutsche Panzerschmiede Krauss-Maffei-Wegmann, deren 49%-Anteil seit Herbst 2002 bei SIEMENS zum Verkauf garen, ist das Projekt überlebenswichtig.

Die Begründung für den Abgang der Briten erscheint zunächst einleuchtend. Sie wollen dem Trend folgen, den die amerikanischen Modernisierer mit dem Modell der “Stryker”-Brigade setzen: Gepanzerte Fahrzeuge sollen per Lufttransport in der Hercules-Klasse (C-130) verlastbar sein, was das Gewicht auf etwa 18 t limitiert. Für das amerikanische Heer soll das “Future Combat System” (FCS) ab 2008 eingeführt werden; in Grossbritannien heisst das entsprechende Gegenstück “Future Rapid Effective System” (FRES). Absehbar ist, dass die britische Regierung auch auf dem Heeres-Sektor die Bindung mit den USA anstrebt.

Andererseits zeigt sich damit, dass man mit dem “Stryker”-Syndrom einem Hype folgt:

  • Das US-Heer will 3 Stryker-Brigaden aufstellen; das derzeitige Heeres-Potential umfasst aber 10 Heeres-Divisonen mit ca. 25 Brigaden; das US-Heer wird auch in ferner Zukunft über eine gewisse Anzahl von “schweren” (stark gepanzerten) Divisionen verfügen. Das hergebrachte Konzept-Gesetz von Schutz, Feuerkraft und Beweglichkeit kann nicht ausser Kraft gesetzt werden.
     
  • Die von Militärs allgemein festgesetzte (und nicht hinterfragte) Forderung nach Verlegbarkeit in 48 Stunden oder ein bis drei Wochen ist angesichts der “politisch diktierten” Aufmarschzeiten von Monaten (Irak-Krieg: 3) irrelevant.
     
  • Die Luftverlast-Ideologen verschweigen gern, was “eine Division” bedeutet:
    Die 4. (US) Infantrie-Division, die von der türkischen zur irakischen Südfront verlegt werden musste, umfasste 16.500 Soldaten und 14.000 Transport-Stücke (u.a. 200 Abrams M1, 200 Bradley, 50 M109 Paladin, 18 Apache-Helis und 450 Unterstützungsfahrzeuge (BOXER sozusagen): 36 Schiffe (!) haben den Job erledigt.
    Nachtrag: Entsprechende Referenz-Daten für die Luftverlastung der Stryker-Brigade sind zu finden in:
    http://www.gao.gov/new.items/d03801.pdf
     

  •  
  • Gänzlich undiskutiert bleibt die “Schutz”-Frage. Ein Fahrzeug der 18t-Klasse ist nur deshalb luftverlastbar, weil gut 10t Panzerung eingespart werden. Beschiesst ein 14,5 mm-Gewehr oder ein Mittel-Kaliber der Klasse 30/35mm den Fliegen-Gewichts-Panzer, wird es Todesanzeigen hageln. Jede politisch/militärische Führung sollte deshalb den Soldaten die Haltbarkeits-Daten des Geräts deutlich mitteilen.

Sicher ist, dass unsere britischen Freunde - rein militärisch gesehen - durchaus einen Bedarf für 200 BOXER hätten. Nur ist es auf der Insel genau wie bei uns: Leere Kassen, strategisch-politische Gründe, Industrie-Politik u.a. bestimmen die Rüstungs-Beschaffung, nicht militärische “Zweckmässigkeit”.

{Es gibt ja auch keinen Boxer-Aufstand}

 

BMVg-Rüstung: Freiraum?

24. Januar 2003

Zum Thema Rüstung und Finanzen haben wir wieder eine schöne Grafik aus dem Verteidigungsministerium, die unsere Berichtslinie verdeutlicht. Aus der u.a. pdf.-Datei ist zu ersehen, dass

  • die in 2003 vorliegenden Bindungen für Rüstungs-Vorhaben, Fernmelde-Beschaffungen sowie Forschungs- und Technologie-Projekte (F+T) genau der Höhe der zur Verfügung stehenden Haushalts-Mittel entsprechen (es somit in 2003 keine ins Gewicht fallenden neuen Rüstungs-Beschlüsse geben kann - ausser evtl. A400M, dass jedoch erst ab 2008  finanzwirksam ist);
     
  • bis 2006 die für F+T und Rüstung geplanten Finanzen kontinuierlich auf ca. 4,6 Mrd. EUR anwachsen (Linie “36. Fi. Plan”) und damit wenig über dem Bindungsstand liegen;
     
  • der Abstand zwischen dem von den Militärs geplanten Modernisierungs-Volumen der Rüstung der Bundeswehr mit der Finanzlinie deutlich wird (“Mat Volumen DW=Datenwerk - 2003”).

Wer den Militärs nun Rüstungsträume von gestern andichtet, muss schon im Schlüssel-Dokument “Datenwerk 2003” (siehe unsere Mitkoppelung) nachweisen, was davon “Gefecht der verbundenen Augen” ist. Oder anders herum: Die BMVg-Grafik dokumentiert  Anspruch und Wirklichkeit der Modernisierung der Bundeswehr. Wenn nach der deutschen Unterschrift unter den Vertrag für 60 A400M die Tabelle neu geschrieben werden muss, wird sie ein gänzliches anderes Aussehen bekommen, denn die jetzige spiegelt den Stand Nov. 2002:

Ein vielleicht verwirrendes Bild erhält man, wenn man der Darstellung einer anderen Abteilung des Verteidigungsministeriums folgt, deren Bedeutung man nicht negieren kann. Nach deren Grafik (ebenfalls Stand Nov. 2002) scheint es “Freiraum” für Entwicklungs- und Waffen-Beschaffungen, die jedem Rüstungs-Fan die Augen feucht werden lassen müssten:

Allerdings täuscht der erste Eindruck. Zieht man die entsprechenden Linien durch (für 2003 4,0 Mrd. EUR vorhandene Haushaltsmittel für F+T und Rüstung), ist man bereits “unter Wasser”. Für den Zeitraum danach nähern sich die Rechnungen der beiden Tabellen an. In der alternativen Grafik fehlt allerdings jeglicher Hinweis auf die Modernisierung der Bundeswehr, das “Datenwerk”. Der stattdessen gezeichnete “Freiraum” verspricht schon bald paradiesische Zeiten.

Fragen Sie bitte bei passender Gelegenheit im Verteidigungs-Mysterium nach, was wirklich angesagt ist.

{Zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist immer genügend Freitraum}

 

SFT 21: Deutsche Rüstungsfähigkeit

8. Januar 2003

Über die 2030-Studie “SFT 21” des Bundeswehr-Think-Tanks “Zentrum für Analysen und Studien der Bundeswehr” (ZAS, in Waldbröl) haben wir schon berichtet.

Da 2003 das Schlüssel-Jahr für die Weichenstellung hinsichtlich des Erhalts einer hinreichenden deutschen Rüstungsfähigkeit ist, mögen wir Ihnen den entsprechenden Text der SFT 21-Studie als pdf.-Datei (18 S.) zur Lesung empfehlen:

SFT 21: Perspektiven der Rüstungsfähigkeit (pdf.)

Falls Sie die e-mail-Adresse von Peter Strucks “One-Euro-Man” Werner Engelhardt, Beauftragter für wirtschaftliche/industrielle Angelegenheiten, kennen, sollten Sie ihm die pdf-Datei schicken. Vielleicht ölt der Text seine vom BMVg als “Scharnierfunktion” betitelte Rolle. Ansonsten müssen wir die Zeit nach dem 2. Febr. 2003 abwarten, ob Verteidigungsminister Struck, wie von seinem Vater gelehrt, auch den “Hof richtig fegen” kann.

{Die Einen lesen - und die Anderen fegen}

 

BOXER: genug?

18. Dezember 2002

Vor sechs Tagen wurde auf dem Werks-Gelände von Krauss-Maffei Wegmann in München die “erste fertiggestellte Version des 8x8-Radfahrzeugprototyps” vorgestellt, bisher als “Gepanzertes Transport Kraftfahrzeug” (GTK) bekannt, nun auf den international gültigen Namen BOXER festgelegt.

Im November 1999 haben Briten und Deutsche das Projekt gestartet; vorher waren die Franzosen aus dem Konzept-Stadium ausgetreten, während die Niederländer im Februar 2001 in die Gemeinschaft eintraten.

  • Alle drei Partner haben sich auf die Abnahme von je 200 Fahrzeugen verständigt, die von den Firmen Alvis (UK), Krauss-Maffei/Wegmann (D), Rheinmetall-DeTec und Stork (NL, in Krauss-Maffei-Besitz) gebaut werden sollen.
     
  • Ab 2006 soll die Serien-Fertigung über einen Zeitraum von etwa drei Jahren beginnen;
     
  • Für UK, NL und D werden Versionen eines Mannschafts-Transporters (11 Soldaten) und eines Führungs-Fahrzeuges gebaut, für NL ein MEDIAVEC-Typ. Ausserdem sind für den BOXER, der Module auf- und abnehmen kann, Mörser, Granatwerfer- und mittlere Maschinen-Kanonen-Träger (30 - 40 mm) konzipiert.
     
  • Der britische Rechnungshof NAO hat in einem jüngst veröffentlichten Bericht die gesamten Beschaffungs-Kosten auf 318 Mio. GBP taxiert, den Preis pro Stück auf 1,1 Mio. GBP. Die Entwicklungskosten und der System-Zuschlag müssen demnach auf insgesamt 450 Mio. EUR taxiert werden. Deutscherseits wäre demnach mit ca. 150 Mio. EUR Entwicklungskosten-Anteil und System-Zuschlag sowie rund 1,8 Mio. EUR pro Fahrzeug (zusammen 360 Mio. EUR) zu rechnen; insgesamt ca. 510 Mio. EUR für 200 Fahrzeuge.

Interessanter ist allerdings, wie sich die “BOXER-Frage” konzeptionell weiterentwickeln wird:

  • Der BOXER ist wahrscheinlich der einzige Typ eines Fahrzeuges in Europa, der ganz wesentlich auf Beschuss- und Minenschutz für die Soldaten ausgelegt ist. Folglich ist er schwer (incl. Nutzlast 33 t), damit schwer luftverlastbar und vor allem teuer. Im Spektrum der Einsatz-Kategorien ist er sowohl in schweren Gefechten als auch in Friedens-Missionen einsetzbar.
     
  • Andererseits ist ein allgemeiner Trend zu erkennen, der gepanzerten Fahrzeugen mit einer Gewichtsklasse von rund 20 t (luftverlastbar) den Vorzug gibt, die den Schutz für Soldaten vernachlässigen. So wird von dem deutschen, für Heeresrüstung zuständigen Brigade-General Quast berichtet, dass er in Finnland und den USA nach Boxer-Herausforderern sucht.
     
  • Noch bunter könnte man es treiben, wenn man nachfragt, wieso die Bundeswehr eigentlich einen neuen Schützenpanzer benötigt. Die bisher technologisch nicht gelöste Aufgabe eines “mann-losen” Geschütz-Turms (Kaliber 30 - 50 mm) könnte auch im BOXER versucht werden. Leider haben wir vergessen, dass wir uns damit in die “unendliche Geschichte” des Krieges zwischen den Anhängern von Rad oder Kette zu  verstricken beginnen; und das ist nicht gut so.
     
  • Um alle Aufgeregtheiten zu beenden, möchten wir darauf hinweisen, dass in den Bw-Planungen vom Sommer 1998 noch von 3.000 BOXERn und 4.000 “Neuen Gepanzerten Plattformen”, sprich “Igel”, die Rede war.

Damit landet man wieder bei einem der Mega-Gesetze:

{Jede(r) bekommt etwas - nur nicht genug}

 

RÜ-Planung: Dinner for one

11. Dezember 2002

Bitte, bitte, nicht gram sein: Wir haben den Versuch gemacht,

in Verbindung zu bringen. Das klingt nach Rüstungs-Sado-Maso - ist es auch irgendwo, aber die Irrläufer der Rüstungs-Evolution kann man nicht aufhalten. Wären wir ein demokratischer, moderner Staat, müsste der Verteidigungsminister der Tabelle liefern.

Wir geloben, in unserem Irre-Sein nicht nachzulassen und erklärende Nachbesserungen unserer Tabelle hinreichend zeitgerecht zu liefern, wohlwissend, dass wir mindestens bis Febr. 2003 Zeit haben, weil selbst dann die harten Facts nicht zu erwarten sind.

Wir erlauben uns ausserdem, die wohlmeinende Ankündigung des Verteidigungsministers bezüglich der neuen “Verteidigungspolitischen Richtlinien” (VPR) etwas zu versauern:

  • Den bekanntermassen allgemein gehaltenen VPR muss als konkreteres Dokument das Papier “Konzeption der Bundeswehr” folgen (das Scharping’sche haben wir schon vor Zeiten kommentiert - es liegt immer noch in der Schublade und bleibt auch dort - Stand: 13. 12. 2001);
     
  • Der “Konzeption der Bundeswehr” müsste die “Weisung zur Ausplanung der Streitkräfte” des General-Inspekteurs” folgen (siehe die WASK von Ex-GI Kujat vom 4.8.2000).
     
  • Und irgendwann erscheint das “Weissbuch zur Sicherheitspolitik”, welches selig-Scharping Ewigkeiten versprochen hatte und nun vielleicht 2004 erscheint, zehn Jahre nach Erscheinen des letzten - recht so: wen interessiert es denn?

Aber genug der perplexen G’schaftelhuberei:
In unserer “integrierten” pdf.- Tabelle finden Sie alles, was Sie immer über die Bw-Rüstung wissen wollten und sich nie zu fragen getraut haben:
Langfristige Rüstungsplanung nach der 1. Struck-Nachsteuerung vom 5.12.2002 (pdf) (Abkürzung: LaRüPlanaerstStruckNasteu)

{“Dinner for one”: “I do my very best”}

 

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