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Israel / Palästina

 

 

Iran-Angriff: Zeit

16. April 2009

Um den Medien-Hype, dass die Israelis, allein oder mit direkter/indirekter Unterstützung der U.S.-Streitkräfte unter Bush-Kommando, übermorgen die iranischen Atom-Anlagen planieren, hatte man ungefähr 12 Monate vor Nov. 2008 mindestens einmal die Woche Gelegenheit, in den blanken Horror gestossen zu werden.

Mit der neuen israelischen und U.S.-Administration sind diese Szenarien verschwunden. Dass das Problem aber noch da ist, zeigt eine wahnsinnig gute Arbeit von Abdullah Toukan von der Referenz-Studierstube “Center for Strategic & International Studies”:
http://www.csis.org/component/option,com_csis_pubs/task,view/id,5337/type,1/

Man müsste schon oberpingelig sein, um eine Information zu reklamieren, die nicht in Toukan’s Arbeit zu finden ist; Tom Clancy schreibt daraus in 3 Wochen einen Bestseller.

U.E. ist die interessanteste Frage die der “Timeline” (S. 25 ff.):

  • Toukan dehnt den “Israeli Threat Time Frame” bis 2013, wo das bedrohliche U.S.-Zeitfenster erst beginnt;
     
  • Alles, was uns aus der Zeit der Ohlmert-Regierung in Erinnerung war, deutete auf das sich “schliessende Fenster” in 2009 hin (siehe z.B. Albright + Hinderstein, ISIS, S. 26 unten, und Hans Rühle).

Hat man das grundlegende Lagebild zu verdichten, gilt u.E.:

  • Die U.S.-Administration darf man getrost so einschätzen, dass sie einen israelischen Angriff auf die nuklearen Iran-Anlagen in 2009 gar nicht mag, sie insgeheim auch durch nichts unterstützen will und alles daran setzt, die israelische Regierung von eventuellen Absichten abzubringen (Obama’s Israel-Rede steht noch aus);
     
  • Geht man von dem auch von Toukan beschriebenen, grundsätzlichen israelischen Gefühlsbild aus, von aller Welt verlassen zu sein und gegen existenziell empfundene Bedrohungen “rücksichtslos” und notfalls allein vorgehen zu müssen, darf man einschätzen, dass dies für die Regierung Nethanjahu ganz besonders gilt;
     
  • Wer es ganz genau wissen will, sollte seinen guten Draht zum Mossad nutzen.

{Zeit kann man nie genug haben}

 

HAMAS-Charta: ewig?

6. März 2009

Zu unserem “Mann der Woche” möchten wir den Palistinenser Khaled Al-Hroub küren. Der Akademiker und Journalist hat im Londoner “Al-Hayat” mutig dafür plädiert, dass die HAMAS ihre aus 1988 stammende Charta “berichtigten” solle:
http://www.memri.org/bin/latestnews.cgi?ID=SD226609

Beachtenswert ist, dass Al-Hroub verschiedene Passagen der HAMAS-Charta kritisiert, den Artikel 7 jedoch nicht; wer weiss, was ihn dazu bewogen hat. Er stellt jedoch (wahrscheinlich richtig) fest, dass der Hinweis auf die HAMAS-Charta ein mächtiges Werkzeug der israelischen Argumentation ist. Wer die Grundsatzerklärung der HAMAS liest, wird dem wahrscheinlich nicht ehrlich widersprechen können:
http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2002/49/31a.htm

Ohne es wirklich zu wissen, meinen wir, dass das Standard-Lehrbuch über die Regeln und empirischen Befunde bei absoluter Feindschaft (von Gegnern) noch geschrieben werden muss. Gab es in der Geschichte je “ewige” Feindschaften? Endeten sie nicht doch, und wie? Wie lange dauerten sie? Und wie verhielten sich die Führenden und Geführten? (Literaturhinweise sind willkommen).

Für das tägliche Leben hätte das Lehrbuch übrigens auch einen Gewinn. Wer den “richtigen” Umgang mit dem Feind erklärt, müsste einen Bestseller landen.

{Dass man nur sich selbst bekämpfen müsste, reicht wohl nicht ganz}

 

Gaza-Krieg: Überraschung

12. Januar 2009

Es ist ganz normal, wenn sich Geführte hinter ihren Führenden schaaren und die Anti-Feind-Parolen heftig mitsingen. Normal ist normalerweise jedoch auch, dass, wenn die Führenden ihr Schäflein massiv in die Irre führen, bei dem einen oder anderen Geführten doch so etwas wie eine kritische Selbstreflektion eintreten müsste.

Ist es wahrscheinlich, dass mehr als ein Gazaner so denkt?:

  • Natürlich will ich Frieden haben, aber mit den Israelis nie;
     
  • Wenn ich gegen meine Feinde in den Krieg ziehe, will ich nicht richtig verlieren;
     
  • Wenn ich mir die Kriegsführungskunst meiner Führenden anschaue, bekomme ich erhebliche Zweifel:

    - Sie schiessen seit Jahren Tausende von Raketen und Mörser mit einer Reichweite von bis zu 40 km ab und töten kaum einen Juden. Zu allem Überfluss liefert das dem Feind auch noch die Legitimation der Selbstverteidigung;

    - Wenn die Feind-Propaganda auch nur halbwegs richtig ist, werden unsere Erfolge durch Taktiken erreicht, die meine Lieben um Gesundheit und Leben bringen. Opfer müssen gebracht werden, aber das Opfer-Verhältnis muss sich in einem gewissen “Rahmen” halten (heute fast 900 Tote, lt. U.N. 265 Kinder);

    - Sollten wir nicht warten, bis wir genügend FAJR-3 Raketen unseren iranischen Freunden abringen (oder noch bessere Dinger)?
     
  • Ich kann damit leben, in einem schmutzigen Krieg zu unterliegen. Was derzeit abläuft, ist aber nicht nur schmutzig, sondern schlicht blöd.

Es wird manchen Intellektuellen überraschen: Kriegführung verlangt äusserste Intelligenz (was nichts mit Moral oder Wahrscheinlichkeit zu tun hat).

{Sun Tsu sagt: Überschätze und unterschätze nichts}

 

Winograd-Bericht: dran (+ 1. Nachtrag, 9.40 Uhr)

31. Januar 2008

Lt. Medienberichten soll gestern Eliyahu Winograd den gut 600-seitigen Abschlussbericht vorgelegt haben, der den Libanon-Krieg 2006 hinsichtlich der Regierungsentscheidungen und des militärischen Verlaufs kritisch untersucht (siehe Vorbericht).

Sorry, wir haben verzweifelt nach dem entsprechenden Link gesucht, aber bisher keinen gefunden. Etwas tröstet die Berichterstattung der HAARETZ:
http://www.haaretz.com/hasen/spages/949764.html

So verbleibt uns bei so einem dünnen Angebot nur das Versprechen, “sized to the matter” zu sein, wie es in U.N.-Resolutionen zum Schluss immer so schön heisst.

{Bleiben Sie dran, drauf, drüber}

(1. Nachtrag, 9.40 Uhr: Den Text der Presseerklärung findet man hier:
http://sebew.wordpress.com/2008/01/30/die-winograd-kommission-in-israel-bericht-2008/

 

Winograd-Report: disruptiv

2. Mai 2007

Was Eliyahu Winograd, Ex-Richter und Kommissions-Präsident für die Untersuchung des Verlaufs des 2. Libanon-Krieges, dem israelischen Premier Olmert am 30.4.07 als erstes Ergebnis präsentiert hat, ist nicht anders als der Aufruf zum Rücktritt des Premiers, des Verteidigungsministers und vielleicht einiger Militärs des Generalstabs:
http://www.mfa.gov.il/MFA/Government/Communiques/2007/Winograd+Inquiry+Commission +submits+Interim+Report+30-Apr-2007.htm

Die sechs Absätze auf Seite 3 (a. - f.) enthalten eine umfassende Beschreibung aller Fehlurteile, die die Olmert-Regierung getroffen hat (die Fehlentwicklung wird aber auch ab 2000 datiert);

In den Ziffern 12 bis 14 wird der obersten politischen und militärischen Führung völlige Unfähigkeit attestiert:

  • Premier Olmert hat Entscheidungen ohne jegliche vernünftige Basis getroffen;
     
  • Dem Verteidigungsminister wird Unfähigkeit in einer Form angelastet, die durch nichts zu überbieten ist;
     
  • Der israelische Generalstab kriegt ausreichend lesenswertes Fett weg.

Der Winograd-Bericht dürfte tiefgreifende Folgen haben: Entweder tritt die Regierung Olmert zurück und Neuwahlen folgen, oder sie schleppt sich abgewirtschaftet über (wieviel?) Runden.

{Verantwortung ist disruptive Innovation}

 

Kriegsnachlese: böses Blut

17. Januar 2007

Zu der landläufigen Meinung, dass Israel den Libanon-Krieg im Sommer letzten Jahres verloren hat, sollte man den “Jerusalem Issue Brief” vom 16. Januar 2007 zu Rate ziehen. Yaakov Amidror, pensionierter Generalmajor der israelischen Streitkräfte, hat unter dem Titel “Misreading the Second Lebanon War” eine Einschätzung veröffentlicht, die das einfache Urteil erschüttert und gute Einblicke in israelisches Denken vermittelt:

  • Die Hizballah hat zwischen 500 bis 700 Kämpfer verloren und wird 2 Jahre für den Wiederaufbau benötigen;
     
  • Die Raketenwerfer der Hizballah konnten nur einmal schiessen. 5 Minuten nach dem ersten Schuss wurden sie von der israelischen Luftwaffe zerstört. Gegen die “Katyushas” habe man die Mission verfehlt. Die “Long-Range Missiles” (die wirklich gefährlichen “Zelzal”?) habe man mit einem preventiven Luftschlag während der ersten Nacht zerstört (diese Frage ist u.E. eine der interessantesten);
     
  • Der Gegenschlag der israelischen Streitkräfte (IDF) ist absichtlich über-proportional, weil man meint, dass eine proportionale Reaktion ein unerlaubter “Luxus” sei. Ausserdem kehre man zur Politik der “preemptive action” zurück;
     
  • Man traut den Vereinten Nationen nicht;
     
  • Iran hat den Krieg verloren. Der Autor beziffert die iranischen Investitionen in die Hizballah auf 2 Mrd. USD;
     
  • Interessant sind die Passagen über die Selbsteinschätzung; man will dieselben Fehler nicht noch einmal machen (“we are not suckers”);
     
  • Brisant sind die Formulierungen zu Syrien. Dem 10%igen Anteil der regierenden Alawiten (eingruppiert als schiitische “leichtgläubige” Sekte) stehen 90 % Sunniten gegenüber; das “böse Blut” zwischen beiden Gruppen sei schlimmer als das zwischen Sunniten und Schiiten im Irak.

(Wir haben den Text heute als e-mail von www.jcpa.org erhalten; er war noch nicht in der entsprechenden Rubrik “Jerusalem Issue Brief”
http://www.jcpa.org/JCPA/Templates/showpage.asp?DBID=1&LNGID=1&TMID=84&FID=443& PID=0&Action=1
aufgeführt, müsste aber dort bald zu finden sein)

{Der Heimatdichter reimt: “Böses Blut facht Himmelsglut”}

 

UNIFIL/Marine: Gischt

8. November 2006

Obwohl die Deutsche Marine erst seit dem 15. Oktober ihren UNIFIL-Beitrag übernommen hat, ist im Seegebiet vor der libanesischen Küste viel Gischt aufgewirbelt worden - vor allem von den israelischen Streitkräften, denen “robustes Auftreten” attestiert wird:

  • Gut bekannt ist die Attacke von 6 F-16 Jets der israelischen Luftwaffe auf das Spähschiff “Alster” und die “Bedrohung” von Marine-Hubschraubern.
     
  • Weniger bekannt ist, dass

    - ein israelischen Schnellboot mit voller Kraft und aktiv augeschaltetem Feuerleit-Radar direkt auf ein deutsches Schnellboot zugefahren ist und erst im letzten Moment die Kurve eingeleitet hat;

    - mindestens ein israelisches U-Boot unter dem deutschen Verband vermutet wird, die Fregatte “Mecklenburg-Vorpommern” es aber vermeidet, auf ihm “rumzutrampeln” (ihr Sonar zu aktivieren);

    - die israelische Luftwaffe zwei Übungsgebiete über See für ihre Luftwaffe deklariert hat, in denen sie Flüge über 5.000 Fuss untersagt. Diese Massnahme ist allerdings den Behörden der internationalen zivilen Luftfahrt nicht mitgeteilt worden;

    - sich neuerdings auch ein israelisches Horchboot die Wellen mit der UNIFIL-Armada teilt.

Rund 500 Schiffe sind bisher von der deutschen Flotte registriert worden. Soviel Arbeit ist das nicht, weil - international verordnet - jedes Schiff über eine Sendebox seine Kenndaten automatisch abspult. Drei libanesische Häfen sind für den Schiffsverkehr offen und ihre Zufahrtswege sind genau vorgeschrieben. Auffällig hat sich bisher nur ein ägyptischer “Seelenverkäufer” verhalten. Nach Überprüfung hat sich herausgestellt, dass der Grund dafür mangelnde seemänische Erfahrung war.

Ein Erfolg ist nicht zu bezweifeln: Zwölf Seeleute des brennenden Containerfrachters SILINA wurden aus Seenot gerettet. Ein in See treibender Fernseher und ein Ölfass wurden als mögliche Bedrohung per Gewehrschuss abgetastet - und versanken.

Als Hit erweist sich das “Flottendienstboot” der “Oste”-Klasse (423), die “Alster” (A 50),  vollgepackt mit elektromagnetischen, hydroakustischen und elektro-optischen Sensoren. Die unbewaffnete Einsatzverdrängung von 3.200 t kennt inzwischen viele der Prozeduren bei der vorherrschenden Militärmacht. Bei www.deutschemarine.de wird das Horchboot allerdings nicht aufgeführt, formal zu recht, denn es ist im nationalen Auftrag unterwegs und gehört nicht zur deutschen UNIFIL-Flotte.

Gegen die grösste Bedrohung - die Hizballah - hat die Deutsche Marine keine Chancen. Ihr Generalsekretär Nasrallah kann mit den auf 100 Mio. USD pro Monat (!) geschätzten Überweisungen der iranischen Regierung innenpolitisch Powerplay spielen. Da der deutsche Marine-Beitrag auf der Bitte der derzeitigen libanesischen Regierung beruht, kann er schneller zu Ende sein, als mancher denkt.

{Die See ist der schönste Urlaub vom Land}

 

Rules of Engagement: Ahnung

21. September 2006

Über die Fragen, welchen Auftrag die UNIFIL-2-Streitkräfte haben und vor allem, nach welchen Regeln sie ihn durchführen dürfen, ist im Vorfeld heftig diskutiert worden. Seit dem 11. September 2006 liegen die “Rules of Engagement for the Military Component of the United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) vor: UN RESTRICTED (30 S.). Insgesamt werden die Rules of Engagement (ROE) als “predominantly defensive in nature” beschrieben:

  • Die Durchführung militärischer Operationen soll vereinbar (comply) sein mit
    - den “international legal principles of proportionality”,
    - der Regel des “minimum use of force” und
    - der Minimierung des Potentials an Kollateralschaden.
     
  • Das Recht zur Selbstverteidigung gegen Angriffe (Self-Defence) ist selbstverständlich. Der darüber hinausgehende Gebrauch von Gewalt (Use of Force Beyond Self-Defence)   erlaubt “forceful means”, falls Kräfte die UNIFIL von ihrem Auftrag abhalten wollen. Dieser Auftrag ist hergeleitet aus den U.N.-Sicherheitsrats-Resolutionen 425 und 426 (1978) und 1701 (2006).
     
  • Die konkreten ROE sind in 17 Felder aufgeteilt und umfassen 83 Regeln. Die wichtigsten Felder sind:
    - “Level of Force” (21 Regeln); hier wird insbesondere definiert, wann “deadly force” “included” oder “excluded” ist:
    - “Use of Weapons Systems, Warnings” (14),
    - “Detention, Search, and Seizure” (18).

Für den deutschen Marine-Beitrag sind insbesondere die folgenden Regeln von Belang:

  • Die Regel 2.4 verhindert, was als Argument für die Ablehnung des deutschen Beitrages vorgebracht worden ist: Sog. “Dritt-Staaten-Kriegsschiffe” und “Government Vessels” (alle ausser libanesische und die der UNIFIL) dürfen nur unterhalb der Schwelle “warning shots” angesprochen werden. Somit kommt die Möglichkeit der Beschiessung israelischer Waffensysteme auf See und in der Luft erst gar nicht in Betracht;
     
  • Gegen “other vessels” ist “disabling fire” unter Bedingungen erlaubt:
    - Sie müssen identifiziert und vernommen (interrogation) worden sein,
    - der Einsatz von “non-disabling fire” war erfolglos und es ist die Warnung vor einem gezielten Schuss ausgesprochen worden;
     
  • Die “Rule 6.1” (Geographic Positioning of Forces) lautet:
    “Entry into territorial waters (12 sm), national airspace and territory of Lebanon for the purpose of conducting Maritime Interdiction Operations is authorized, with the consent of the Government of Lebanon. (Hervorheb. im Original).
    Falls die deutschen Kriegsschiffe diese Zustimmung der libanesischen Regierung für die Bewegung innerhalb der 12-Meilenzone zeitlich uneingeschränkt bekommen, wäre die bisher von der Bundesregierung vorgebrachte Argumentation richtig (Stationierung im Abschnitt 0 bis 50 sm vor der libanesischen Küste). Sollten das deutsche Marinekommando jedoch bei jeder einzelnen Operation, die innerhalb der 12 sm-Zone stattfinden soll, die jeweilige Zustimmung der libanesischen Regierung einzeln einholen müssen, ist eine ganz andere Situation gegeben.
     
  • Für das “Boarding” sind 5 Regeln gegeben:
    - Das Anbordgehen von Drittstaaten- und Regierungsschiffen ist natürlich verboten;
    - Das “cooperative” und das “non-cooperative” Boarding von “other vessels” ist erlaubt;
    - Schwierig wird u.E. die Boarding-Regel 11.4, wo es um das “opposed boarding” geht. Es ist erlaubt, aber der “Operational Commander” sollte die Entscheidung an den “Force Commander” delegieren. Man müsste bei diesem Szenar die ROE insgesamt befragen, was erlaubt oder verboten ist. Die Regel 16.3 hat jedenfalls eine Lösung parat:
    “Use of riot control agents including pepper spray in Opposed Boarding operations is authorized.”

Wer den Wortlaut der auf ca. 8 DIN-A4-Seiten niedergeschriebenen 83 Begegnungs-Regeln konsumiert und dazu den Befehl an die Kommandeure liest, die ROEs einmal pro Monat (“as a minimum”) in der UNIFIL-Truppe zu trainieren, ahnt, was den Kameraden an Bord blüht.

{Regeln ahnen die Wirklichkeit}

 

Libanon-Krieg: Misthaufen

15. September 2006

Zur Nacharbeit (De-Briefing) des “Libanon”-Krieges 2006 muss man lesen, was AMNESTY INTERNATIONAL (AI) anbietet:

Heute kann AI Satisfaktion verlangen, denn man hat überparteilich auch die Verstösse der Hizballah gegen die Gesetze des Krieges untersucht:

Der Knalleffekt dieses AI-Berichtes liegt u.E. aber darin, dass AI die Vereinten Nationen auffordern muss, beide Seiten auf Verletzungen der Gesetze des Krieges zu untersuchen (siehe S. 6: “The need for an international investigation”); wir erinnern uns der gewisse Meinungstendenzen unterstützenden ARD (oder ZDF?)-Tagesschau/Heute-Meldung, dass die verdammten Zionisten-Amis in irgendeinem U.N.-Ausschuss mit ihrem Veto die Untersuchung nur allein der israelischen Kriegsgesetz-Verstösse blockiert hätten!

Die Schwerpunkt-Argumentation des letztgenannten AI-Berichts wird wohl die meisten Leser an den Rand ihrer eigenen Selbstgerechtigkeit führen:
Du darfst, auch wenn der “Feind” ungesetzliche Methoden ergreift, diesem dann wiederum nicht mit ungesetzlichen Mitteln antworten, sondern musst Dich streng an die Gesetze des Krieges halten. Die “rheinische Strategie” würde antworten: “Du hast recht, aber was soll der Quatsch”! Zum Unterschied dazu sagt die “norddeutsche Grossmutter”:

{“Der Hinweis auf einen anderen Misthaufen ist nicht die Entschuldigung für den eigenen”}
(im hoffentlich gedanken-intensiven Wochenende finden Sie Ihre “kulturelle” Antwort ganz bestimmt)

 

UNIFIL-Kriegsbericht: Fiktion

22. August 2006

Wer sich einen sachlichen Überblick über die Vorgeschichte und den Kriegsbeginn zwischen Israel und der Hizbulla verschaffen will, muss den 10-Seiten-Bericht von U.N.-Generalsekretär Kofi Annan lesen, der über die UNIFIL-Berichtszeit vom 21. Januar bis 18. Juli 2006 den Konflikt und den Kriegsbeginn beschreibt:
http://www.un.org/Depts/dpko/missions/unifil/unifilDrp.htm (wähle S/2006/560).

Für die deutsche Debatte enthällt der Report in Ziffer 23 (S. 5) einen interessanten Hinweis: Die israelische Luftwaffe hat (vor Beginn des Krieges) des öfteren den Umweg über See genommen, um in den Luftraum des Libanon einzudringen und damit natürlich auch den Waffenstillstand vor dem 12. Juli verletzt.

Verlängert man diese israelische Luftwaffen-Taktik in ein zukünftiges Krisenszenar, ergeben sich Konsequenzen:

  • Die Argumentationslinie, dass ein deutscher See-Beitrag zur UNIFIL die Fiktion ausschliesst, dass deutsche auf israelische Soldaten schiessen, ist falsch. Der Auftrag an die besagte deutsche Fregatte kann deshalb nicht nur auf die Sicherung der See-Seite des Libanon gerichtet sein, sondern hat eine deutliche israelische Komponente.
     
  • Sicherlich werden einige Beobachter genau darauf achten, welchen Fregatten-Typ die Deutschen beisteuern werden. Der neueste Typ, die Sachsen-Klasse (F 124), darf gar nicht stationiert werden; sie ist ganz gezielt auf die Flugabwehr optimiert. Auch die Brandenburg-Klasse (F 123) ist zu modern für eine zurückhaltende deutsche Präsenz. Folglich muss es die Bremen-Klasse (F 122) richten.

Man sollte sich aber über solche Zukunftsbilder keine Sorgen bereiten. Die Robustheit des UNIFIL-Mandats wird mit Sicherheit nicht so ausfallen, dass es zu einem deutsch-israelischen Schusswechsel wasserseits kommen könnte (und damit logischerweise auch hinsichtlich der UNIFIL-Bodentruppen).

{Fiktionen sind (leider) äusserst beliebig}

 

UNIFIL/Bundeswehr (II): egal

18. August 2006

Nachdem Kanzlerin Angela Merkel die Position Deutschlands hinsichtlich eines möglichen Beitrages zur neuen UNIFIL-Truppe bekanntgegeben hat, ist sicher, dass es nicht zu einer Verwicklung von Bodentruppen der Bundeswehr in Kampfeinsätze kommen kann. Damit hat sich die Hauptlinie der bisherigen Diskussion durchgesetzt:
Aus historischen Gründen müsse vermieden werden, dass Deutsche auf Israelis schiessen.

Interessant bei dieser Meinungswelle sind die damit einhergehenden Unterströme:

  • Logisch unterstellt wird damit, dass die Israelis die Waffenruhe brechen und unprovoziert auf die UNIFIL und die libanesischen Streitkräfte schiessen. Das eher wahrscheinliche Szenar, dass die Hizbullah die Friedensmacht testweise herausfordern  könnte, haben wir in der Debatte nicht ein einziges Mal vernommen;
     
  • Wenn nach dem deutschen Meinungsbild Israel mehrheitlich sowieso als der zentrale Friedensstörer ausgemacht wird, ist ein von See her ausgeführtes israelisches Mannöver ja nicht unwahrscheinlich. Folglich darf die Bundesmarine dann auch nicht schiessen. Man muss sich nur fragen, wie die “Rules of Engagement” aussehen. Dürfen die deutschen Schiffe nur in der Drei-Meilen-Zone operieren? Welche Kriegsregeln gelten ausserhalb dieser Zone? Ist die Bundesmarine strikt auf den Bereich festgelegt, der sich seeseitig aus der Eingrenzung des UNIFIL-Gebietes ergibt (Blue-Line/Litani) und welche Bedeutung hat dies?

Dass Meinungstrends durch die politisch Führenden nicht unerheblich beeinflusst werden können, ist kein Geheimnis. Wenn man bedenkt, dass der Koalitionsvertrag erstmals das Eintreten Deutschlands für das Existenzrecht Israels enthält und sich fragt, ob CDU/CSU und SPD “kraftvoll” in der aktuellen Lage dafür eingetreten sind, dann sind wohl erhebliche Zweifel angebracht. Man muss dem Fraktionsführer der CSU, MdB Peter Ramsauer für seine Ehrlichkeit dankbar sein, denn im “Heute”-Journal des ZDF von gestern (gegen 22 Uhr) hat er ausgesprochen, weshalb die Bundesregierung so entschieden hat: Man könne wegen des Meinungsbildes der Bevölkerung gar nicht anders entscheiden.

Schon heute morgen kann man auf CNN erkennen, wie der “bedeutende” deutsche Seebeitrag ins Wasser fällt (wohl nicht bei den arabischen TV-Sendern). Wenn man sich in seiner Sicherheitspolitik derart von innenpolitischen Faktoren leiten lässt, kann einem das sich Aussen (westlich) entwickelnde Meinungsbild über die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland auch egal sein.

{An deutschen Eichen können sich auch andere als nur Sauen reiben}

 

Syrien: Front

16. August 2006

Mit seiner gestrigen Rede vor der 4. Konferenz syrischer Journalisten in Damaskus hat sich Präsident Bashar al-Assad recht eindeutig auf die Seite der als Gewinner betrachteten Hizbullah geschlagen:
http://www.sana.org/eng/21/2006/08/15/57835.htm
Am Ende seiner Rede erklärt er (trotz Ablehnung des Hasses), für Israel sei nur Hass übrig.

Man kann diese deutliche Sprache nur begrüssen, denn sie klärt die Fronten. Die speziell deutsche Hoffnung, dass Syrien als moderierender Teilnehmer am Friedensprozess erreichbar wäre, zerschlägt sich damit; die dafür angebotenen ökonomischen Lockmittel haben in Hinsicht auf die politische Kern-Position der syrischen Regierung versagt (kein Wunder).

Mit dieser Positionierung durch Präsident Assad werden die möglichen Szenare für die erweiterte UNIFIL-Truppe, für die es keine Exit-Strategie gibt, umso düsterer. Entgegen der weitverbreiteten Auffassung, dass UNIFIL die Israelis schützt, könnte es eher sein, dass die israelischen Streitkräfte die UNIFIL vor den syrischen Streitkräften und Hizbullah schützen müsste. Oder erwartet jemand, dass die UNIFIL zu ernsthafter Selbstverteidigung aufgrund ihres Ausrüstungsprofils in der Lage wäre?

Wer noch deutlichere Worte für vermeintliche Kriegsabsichten von Bashar al-Hassad sucht, kann sie finden:
http://memri.org/bin/latestnews.cgi?ID=SD125006
(Die Golan-Höhen werden durch die Syrer befreit).

{Hass klingt nicht unbedingt friedlich}

 

UNIFIL/Bundeswehr: klären

15. August 2006

Nachdem wir auf www.tagesspiegel.de waren, ist uns bewusst geworden, dass der SPD-Vorsitzende Kurt Beck uns in die Irre geführt hat (siehe u.a. UNSECRES-Artikel). Sein  lancierter Vorschlag, dass die Bundesmarine den deutschen Beitrag zur neuen UNIFIL-Truppe (in Form einer Fregatte) leisten soll, entspringt nicht sozialdemokratischer Wehr-Intelligenz, sondern ist nur das Ausplaudern des am vergangenen Wochenende erzielten Koalitionsbeschlusses.

Ebenso ist im Berliner TAGESSPIEGEL (“Gemustert - und tauglich”) ein orakelndes Zitat des Generalinspekteurs, Wolfgang Schneiderhan, zu finden: “Wir haben auch nicht gebundene Fähigkeiten”. Aber welche sind das?

Wenn man der Meinung ist, dass eine deutsche Fregatte und einwenig Bundespolizei an der libanesisch-syrischen Grenze in Hinsicht auf die “Bedeutung” Deutschlands als Truppensteller doch sehr mager ist (300 Personen?), und gleichzeitig einen hohen “Level of Ambition” hat, wäre ein qualititativ hoch zu bewertender deutscher Beitrag “nicht gebundener Fähigkeiten” möglich, der sich hauptsächlich in der Aufklärung (und damit “Dokumentation”) niederschlägt, also nicht auf Israelis schiessen kann (niemand befürchtet, auf die Hizbulla!):

  • Mit der Stationierung eines Artillerie-Beobachtungsradars vom Typ COBRA könnte die Bundeswehr eine “nicht gebundene Fähigkeit” beitragen, die eine immense Steigerung des UNIFIL-Profils bedeuten würde;
     
  • Ob die neue UNIFIL über eine Luftwaffen-Komponente verfügen sollte, ist augenscheinlich noch gar nicht diskutiert worden. Dass sie eigentlich unabdingbar ist, darf man ausser Frage stellen; gemeint ist natürlich eine luftgestützte Aufklärungskomponente (keine Bomber, keine Jäger!).

Man darf sicher sein, dass die grundsätzlich als ambitioniert einzustufenden Führungsstäbe der Teilstreitkräfte von solchen Einsätzen träumen. Andererseits kann man sicher sein, dass die deutsche Politik solche kühnen Ambitionen strikt ablehnt.

Wenn man einwenig bösartig wäre, würde man gerade eine solche Strategie betreiben: Man bietet diese Fähigkeiten bei U.N.-Generalsekretär Kofi Annan an, um sich eine Abfuhr einzuholen. Danach kann man immer behaupten, dass man ja zu bedeutenden Beiträgen bereit gewesen wäre.

{Klärwerke sind einfach toll}

 

UNSEC.RES 1701: Trost

14. August 2006

Es wird nichts nützen, die Befürworter oder Gegner einer deutschen Beteiligung an der U.N.-Friedenstruppe (UNIFIL) für die israelisch-libanesische Grenze (Blue Line) dazu bewegen zu wollen, sich die entsprechende Resolution des Sicherheitsrates der U.N 1701 (UNSEC RES 1701) genau anzuschauen, bevor sie eine entgültige Entscheidung treffen:
http://www.un.org/News/Press/docs//2006/sc8808.doc.htm

Die Resulution 1701 bedeutet zunächst eine Ausweitung des bisherigen UNIFIL-Stationierungsgebietes (siehe UNIFIL-Map auf www.un.org ) bis zum Litani-Fluss, also ca. 15 km in nördlicher Richtung; die Breite des neuen Streifen beträgt grob 20 km. Im bisherigen UNIFIL-Gebiet sind 2.000 Soldaten stationiert, also müssen 13.000 zusätzliche UNIFIL-Soldaten gestellt werden.

Die Ziff. 12 der Res. 1701 beschreibt, wie “robust” das Mandat der neuen UNIFIL-Truppe ist:

  • Innerhalb ihres Stationierungsgebietes darf die neue UNIFIL “all necessary action”  unternehmen, “by forceful means”, und “as it deems within its capabilities”. M.a.W.: Der Anschein für ein wehrhaftes Mandat ist gewahrt. Man könnte aber bezüglich der “capabilities” einen kurzen Realitätstest durchführen:
    - Dürfte die Bundeswehr ihr tolles Artillerie-Ortungsradar COBRA mitnehmen? (Nein);
    - Fliegen genug Aufklärungsdrohnen, um evtl. Verstösse gegen die Waffenruhe zu dokumentieren?
    - Gar nicht hinterfragen mag man, ob UNIFIL gegen irgendwelche 1701-Verstösse das “Feuer eröffnen” würde (dazu würden dann die entsprechenden “Kapazitäten” gehören).

Die “Landkarte” möglicher Truppensteller für die neue UNIFIL kann Deutschland gar nicht auslassen. Wenn Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan einen deutschen Beitrag ohne die entsprechende Sanitätskomponente offeriert, ist er bekannt “tricky” - oder auf der “Höhe der Zeit”: Deutsche Soldaten im Auslandseinsatz haben einen verbrieften Anspruch auf eine sanitätsdienstliche Versorgung wie im Inland; entcodiert ist dies ein schlichtes Nein des obersten deutschen Militärführers.

Die Militär-Strategen um den Vorsitzenden der SPD, Kurt Beck, muss man hingegen schlicht bewundern. Sie verlagern den deutschen Beitrag auf See (die ARD schaltet dafür ein Bild der Flugkörperabwehr-Fregatte der Klasse F-124 ein) und mogeln sich so gekonnt an der Fragestellung vorbei.

Den Trost sollte man geniessen: Die Debatte hat gerade erst angefangen; und die “Fraktionsloyalität” ist praktisch schon aufgehoben.

{Was ist - bitteschön - das “Existenzrecht”?}

 

Israelische Militärstrategie: kritisch?

10. August 2006

Nachdem der Krieg zwischen Israel und der Hizbulla (“Partei Gottes”!) seit fast einem Monat tobt (Beginn 12. Juli), zeichnet sich ab, dass die “Israel Defence Forces” (IDF) mit ihrer Militärstrategie nicht dazu beitragen, das Phänomen Abschreckung zu stärken:

  • Erst gestern Nacht konnten die IDF eine umfangreichere Bodenoffensive in Richtung Litani-Fluss beginnen, der 30 bis 40 km von der israelisch-libanesischen Grenze entfernt verläuft; in der Breite geht es ebenfalls um grob 30 - 40 km, also etwa 1.600 km2. Ohne den Aufruf von Reservisten konnten das Heer nicht bemannt werden.
     
  • Die israelische Luftwaffe wurde geordert, ein strategisch intendiertes Bombardement gegen Ziele in Beirut zu fliegen. Die Annahme, dass man mit massiven Angriffen auf den südlichen Stadteil von Beirut die politische Führung der Hizbulla beeindrucken könnte, kann nur abwegig sein. Wenn dabei noch vorbedacht die Ölanlagen Beiruts angegriffen worden sind, ist dies umso katastrophaler.
     
  • Bis heute sind die IDF nicht in der Lage, den Kern der militärischen Macht der Hizbulla drastisch zu reduzieren, die Raketenbedrohung. Die Hizbulla-Millizen sind nicht nur gute - asymetrisch und symetrisch - kämpfende Krieger, sondern haben sich seit dem Jahr 2000 systematisch im Gebiet um den Litani-Fluss ein weitverzweigtes Tunnelsystem angelegt, in dem sie einen permanenten Stellungswechsel vollziehen können.

    Wäre die israelische Luftwaffe in den letzten Jahren darauf ausgerichtet worden, dieser (bekannten) Bedrohung zu begegnen, hätten die folgenden Fähigkeiten aufgebaut werden müssen:
    - Eine luftgestützte Aufklärungskapazität, die den Raum weit über den Litani-Fluss hinaus mit allen Sensoren (TV, Radar, Wärmebild) alltäglich 24h bei jedem Wetter in beobachten kann;
    - Eine unter 2 min. Reaktionszeit liegende Luftmacht, die präzis auf (z.B. aktuell täglich 150 - 200) durch Aufklärung festgestellte Raketenabschüsse in Fast-Echtzeit reagieren kann und proaktiv Stellungen angreift, die durch Hochrechnung der Aufklärung ermittelt werden können.
     
  • Israel kann keinen Krieg führen, der gleichzeitig (simultan) “taktische” und strategische Ebenen abdeckt. Die “sequentielle” Strategie ist auch aus politischen Gründen die bessere.

Der Generalsekretär der Hizbulla, Nassan Ramallah, zielt darauf, den Nymbus der IDF durch erfolgreiche Kriegführungsfähigkeit zu zerstören und damit die Abschreckungskraft Israels strategisch zu schwächen. Der aus dieser Systematik logische Umkehrschluss würde lauten, dass auf der “taktischen” Ebene der Kriegführung entschieden wird, ob der Stratege Ramallah Held wird oder fällt.

In diesem Zusammenhang ergibt sich allerdings noch eine Zuspitzung: Der britische Professor George Monbiot behauptet in einem lesenswerten Artikel des “Guardian”, dass der Krieg von den Israelis monatelang geplant und vorsätzlich begonnen worden ist:
http://www.guardian.co.uk/comment/story/0,,1839244,00.html

George Monbiot ( www.monbiot.com ) beruft sich dabei auf “off the record”-Vorträge eines israelischen Offiziers in Amerika und erwähnt, dieser sei von einem (erfolgreichen) Abschluss der Operation nach drei Wochen ausgegangen.

Nach dem Verlauf der Ereignisse gäbe es zwei Möglichkeiten:

  • Wenn man Monbiots These für richtig hält, müssten die israelischen Planer so strohdumm sein, wie man es sich nicht vorstellen kann;
     
  • Hält man die Israelis nicht für derartig strohdumm, haben sie diesen Krieg logischerweise auch nicht geplant und vorsätzlich begonnen. Dann liest man auch die Bemerkungen von Herrn Monbiot, die doch recht Hizbulla-freundlich sind, zweimal (“nearly all of them reactive”).

{Willkommen im Krieg der Essayisten}

 

Meinung: frag

8. August 2006

Wir haben uns gefreut, dass die libanesische Regierung gestern ihren Vorschlag unterbreitet hat, mit der Stationierung einer 15.000 Personen starken Truppe der libanesischen Streitkräfte in der Zone zwischen der Staatsgrenze zu Israel (Blue Line) und dem Litani-Fluss die Staatsmacht wieder herzustellen und damit dem eigenmächtigen Wirken der Hizbullah (Danke, m.z.) Einhalt zu gebieten; es ist immerhin eine Position des libanesischen Kabinetts incl. der Hizbulla-Minister.

Während besonders die Betroffenen zu recht das unsägliche Leid des Krieges beklagen, sollten die nicht-betroffenen Anti-Kriegs-Lamentierer vorsichtig sein. Aus der Sicht eines Betrachters von Mars oder Venus lauten die “lessons learned” ganz anders:

  • Laut einer leider nicht näher bezeichneten Umfrage vom 26. Juli 06 sollen 87 % der Libanesen den Kampf der Hizbullah gegen Israel unterstützen. Mars/Venus meint ganz makaber, aber nicht böswillig:
    “Dem Wollenden geschieht kein Unrecht” (ein vergessener christlicher Grundsatz).
     
  • Würden die “Kampf-Unterstützer” auch nur einen Moment von ihrem abgrundtiefen Hass, Zorn und Geschreie Abstand nehmen, den sie sich leider von den Freitags-Betern eintröpfeln lassen, und in Demut über ihre Gebets-Formel, dass ALLAH’s Wille geschehe, nachdenken, würde eine erhebliche Ernüchterung platzgreifen.
     
  • Aus “weltlich”-analytischer Sicht spottet die “arabische” Militärstrategie jeglicher Beschreibung. Strategen wie Hizbullah-Chef Hassan Nasrallah meinen, mit einem asymetrischen Ballerspiel beeindrucken zu können. Die Israelis antworten dagegen symetrisch mit einer, augenscheinlich von bester HUMINT-Aufklärung begleiteten, Brutal-Kriegführung, die sich gar nicht um die “Herzen” der Betroffenen und der Weltmeinung kümmert. Mars/Venus fragt, in wieweit die katastrophalen Schäden der israelischen Bombardements (2,3 Mrd. EUR, USD?) die libanesische Regierung “beeindruckt” haben.
     
  • Wenn der Mars/Venus-Betrachter zu einem “ordinären” Araber mutieren würde, müsste der eigentlich seine Führung befragen, ob sie von allen “Geistern” verlassen ist. Es gibt gute Gründe, die asymetrische Kriegführung für das “Non-Plus-Ultra” zu halten. Aber man sollte wissen:
    - Asymetrisch kriegführende Islamisten haben die ultimative Formel für ihre Opfer postuliert:
    “Sie lieben das Leben, wir den Tod” (das herrlichste Jenseits wird ja incl. garantiert). Böswillig müsst man dann fragen, wieso der Tod beklagenswert sein sollte?

Wenn der Tod für so “aufgestellte” Muslime keinerlei Problem darstellt, sollten sie  daraus auch kein Problem generieren.

{Strategem 7: “Lass den Finger auf Dich zeigen”}

 

U.N.-Streitmacht: UNsinn?

7. August 2006

Nachdem der von den U.S.A. und Frankreich entworfene Text für eine Resolution des U.N.-Sicherheitsrates vorliegt ( http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/5249488.stm ), kann man abschätzen, welchen Auftrag die aufzustellende internationale U.N.-Streitmacht haben soll (Ziff. 10):

  • Unterstützung der Streitkräfte Libanons und der libanesischen Regierung, um für ein sicheres Umfeld zu sorgen,
  • zur Umsetzung einer andauernden Waffenruhe und einer langfristigen Lösung beizutragen.

Aus dem Resolutions-Entwurf ist der Kern des Problems deutlich zu entnehmen: Die libanesische Regierung hat ihre Authorität und Souveränität an die (ungenannte) Hizb Allah verloren und die im Bereich zwischen der israelisch-libanesischen Staatsgrenze (“Blue Line”) und dem ca. 40 km nördlich (und in etwa parallel) verlaufenden Fluss Litani zu stationierende  U.N.-Streitmacht soll die libanesische Staatsmacht wiederherstellen. Der vorgesehene Stationierungsbereich umfasst damit grob ein Viertel des Südens Libanons (gerechnet ab Höhe Beirut südwärts), der als von der Hizb Allah dominiert gilt.

Ohne Zweifel verlangt die U.N.-Charta (als geltendes Völkerrecht) von allen U.N.-Mitgliedsstaaten, “die Beschlüsse des Sicherheitsrats ... anzunehmen und durchzuführen” (Art. 25). Eine Regierung mit einer Gesamtposition wie die deutsche ist natürlich ganz besonders gehalten, sich an diese Verpflichtung zu halten. Wenn es also um eine deutsche Beteiligung an einer U.N.-Streitmacht geht, können nicht “historische” oder sonstige nicht zum Thema gehörende Argumente vorgebracht werden, sondern nur rein sachliche Überlegungen, die auch nicht als vorgeschobenen Argumente abqualifiziert werden können.

Aufgrund der Stationierungs-Skizze im Entwurf dieser U.N.-Sicherheitsrats-Resolution ist vorab eindeutig zu erkennen, dass ihr strategisches Ziel so keinesfalls erreicht werden kann. Wenn die Bundesregierung dies hinreichend erläutertern würde, könnte sie sich zu Recht einer deutschen Beteiligung an der U.N.-Streitmacht entziehen.

{Kann es UNsinn geben?}

 

Nasrallah-Strategie: allmächtig

3. August 2006

Um den Krieg zwischen Israel und der libanesischen Hisb Allah (“Partei Gottes”) zu beenden, gibt es natürlich einen Wettbewerb ambitionierter Strategen:

  • Im “Morgenmagazin” (heute vom ZDF) hat Aussenminister Steinmeier geschickt seine Strategie plazieren können, die syrische Regierung unter Assad zum Problemlöser zu stilisieren. Der noch aus der Irak-Krieg-Zeit erinnerliche Nahost-Experte Michael Lüders (Liebling der ARD) durfte die TV-Szenen kommentieren, die eine deutsche Delegation, gesponsert vom AA, in syrischen Regierungsstuben zeigte.

    Die Strategie ist natürlich ganz einfach: Wenn die Israelis den Syrern die Golan-Höhen (und die “ganz wichtigen” Shebaa-Farms) zurückgeben, lassen die sich aus der Hisb- Allah-Front (mit sehr vielen Anhängern in der gesamten arabischen Welt) herausbrechen und zu erfolgreichen Friedensvermittlern verraten (Glückwunsch zu dieser deutschen Intelligenz).
     
  • Vergleichbar intelligent positioniert sich die U.S.-Aussenministerin Condoleezza Rice mit ihrer Aussage, dass eine Waffenruhe “in Tagen, nicht Wochen” zu erreichen sei:
    http://usinfo.state.gov/xarchives/display.html?p=washfile-english&y=2006&m=August &x=20060802131231ndyblehs0.5969049

    Entscheidend in ihrem Statement ist, dass die U.S.-Regierung die Hisb Allah wegfegen will. Man darf sicher sein, dass - angesichts der tatsächlichen Lage - dies so realistisch ist wie die baldige Landung von irdischen Besatzungstruppen auf dem Mars.

Machtpositionen wie die von Hassan Nasrallah darf man nicht ignorieren, sondern muss sich in sie hineinversetzen. Solange die “Geführten” der Hisb Allah alles ganz toll finden, was die Führer veranstalten, dürfte sich Herr Nasrallah in seinem Tun bestätigt finden. Aber es droht, dass irgendwann die Aufkündigung der Gefolgschaft aufflackert.

Schon gar nicht zu erwarten ist, dass die Helfershelfer von Führern des Typs Nasrahlla sich verstärkt Gedanken machen, ob dies alles wirklich im Sinne des ALLMÄCHTIGEN ist. Die Gläubigkeit des Islam ist eine Grössenordnung, mit der die christliche Gemeinde niemals in Konkurrenz treten kann. Aber der von einigen Kanzeln gepredigte Hass (und der Krieg) gegen Andersgläubige ist gewiss eine Angelegenheit der Politik, aber nicht des Glaubens an ALLAH.

{Spätestens wenn Du stirbst, lernst Du den ALLMÄCHTIGEN kennen}

 

Zelzal-2: Fragen

2. August 2006

Durch einige Medienberichte über die Raketen-Fähigkeiten der libanesischen Hizb Allah (Hisbollah, Hizbullah) angeregt, haben wir uns zunächst auch bei der Referenzaddresse www.globalsecurity.org erkundigt. Durch die Anschauung grafischer Darstellungen, z.B. auf www.debka.com belehrt, lernt man, dass Raketenreichweiten der 200 km-Klasse für Jerusalem und Tel Aviv bedrohlich werden. Dieses Kriterium erfüllt nur das Waffensystem Zelzal-2 (“Erdbeben”). Wer diesen Begriff in die Google-Suchmaschine eingibt, wird ausreichend belehrt:

  • Grundmuster der Zelzal-2 ist die aus ur-sowjetischen Zeiten stammende FROG, die “Kalschnikow” oder “RPG-7”, die Rakete für “arme Leute”. Nach dem bei RAYTHEON verlegten Standard-Werk “Missile System of the World” ist die FROG-7 (oder Luna-M) eine ungelenkte Rakete mit einem Einschlags-Gebiet von 2,8 x 1,8 km. Die Reichweite wird mit maximal 70 km angegeben, der Gefechtskopf soll 450 kg wiegen.
     
  • Die iranischen Raketenbauer haben aus der FROG-7 augenscheinlich die ZELZAL-2 entwickelt, die einen Gefechtskopf von 610 kg Traglast hat, und mit einer Reichweite von um 200 km rechnerisch das Zentrum israelischer Befindlichkeit treffen kann. 220 Exemplare soll die Hizb Allah erhalten haben.

Wenn nur eine ZELZAL-2 in Tel-Aviv oder gar Jerusalem einschlagen sollte, würde sich das “Kriegsbild” wahrscheinlich radikal ändern. Wenn nicht, blieben auch einige interessante Fragen.

{So viele Fragen - so wenig Antworten}

 

Nahost-Krieg: Einer

1. August 2006

Wenn man den derzeitig stattfindenden Krieg in Nahost drei Urlaubswochen lang nur sehr entfernt verfolgt hat, ist es umso schwieriger, sich zurechzufinden:

  • Ist es formell ein Krieg? Heissen die Kriegsparteien Israel und Hizbullah (Hisbollah)? Wird der Führer der Hizbullah im Süd-Libanon, Hassan Nasrallah, die Verhandlungen über einen Waffenstillstand führen - oder der libanesische Premier Siniora? Wird die Hisbollah von den Europäern wirklich als Terror-Organisation eingestuft?
     
  • Angesichts der Tragödie von Kana hat Bundesaussenminister Steinmeier am 30. 7. 06 erklärt, er habe die Israelis “wiederholt darauf hingewiesen, dass auch im Rahmen des Rechts auf Selbstverteidigung jede Anwendung militärischer Gewalt verhältnismässig sein muss. Insbesondere müssen Opfer unter der Zivilbevölkerung unbedingt vermieden werden.”
    Aus dem Kriegsvölkerrecht ist uns leider der Grundsatz der “verhältnismässigen Gewaltanwendung” nicht geläufig (kann uns jemand eines besseren belehren?).
    Wir kennen auch die Genfer Zusatz-Protokolle von 1977 hinsichtlich Waffeneinsatz und Schutz der Zivilbevölkerung. Dass aber Krieg geführt werden könnte, bei dem Opfer unter der Zivilbevölkerung “unbedingt vermieden werden” können, dürfte Unsinn sein, insbesondere dann, wenn es genügend Medienberichte gibt, die die Hizbullah bezichtigen, vorsätzlich aus dem Schutz der zivilen Bevölkerung Raketen abzuschiessen, deren Einsatz nicht nur gegen die Genfer Zusatzprotokolle verstösst, sondern auch noch mit Hunderten kleiner Metallkugeln genau gegen Zivilisten zielt.
    Entschuldigen kann “den Westen” schon: Wer Terroristen auffordert, das Kriegsvölkerrecht einzuhalten, gibt sich der Lächerlichkeit preis.
     
  • Nur noch amüsiert kann man die intellektuelle Spreizung aushalten, die der Terrorismus-Blogger von www.zeit.de , Jochen Bittner bietet.
    Am 18. 7 06 liefert er ein “Kleines ABC der Raketen” der Hisbollah, die “insgesamt gut 12.000 Flugkörper ...eingelagert haben, genug für weitere drei Monate Dauerhagel”, damit immerhin 133 pro Tag (Wieviel sind schon eingeschlagen? Bilder?).
    Am 31. 7 06 blogt Bittner “Krieg für den Terror”:
    “Israels Bomben liefern den Radikalislamisten gerade Brennstoff für Generationen”. Nein, nicht nur Radikalislamisten hassen die Israelis, bestreiten deren Existenzrecht. Und wie sollte wohl eine israelische Strategie gegen die Raketen-Hisbollah aussehen, die die “Herzen” der arabischen Welt gewinnt?

{Neuerdings gehört zum Krieg nur noch Einer}

 

U.N./Roed-Larsen: Abgrund?

19. Juli 2004

Zum 5.002ten Meeting des U.N.-Sicherheitsrates hat der für den Zweck des Roadmap-Prozesses ernannte Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen, Terje Roed-Larsen,  dem Gremium einen Bericht über die Situation des israelisch-palästinensischen Konfliktes gegeben:
http://www.un.org/News/Press/docs/2004/sc8146.doc.htm

Interessant ist, dass Roed-Larsen, der danach von der Palästenisischen Autonomie-Behörde zur Persona Non-Grata erklärt worden sein soll, den weiteren positiven Fortgang des Roadmap-Prozesses an zwei sehr einfach zu merkenden Punkten festmacht:

  • Die Israelis müssen Gaza ganz und Westjordan teilweise räumen. Inwieweit der ja von Premier Sharon vorangetriebene Prozess innenpolitisch durchsetzbar ist, wird sich noch erweisen. Schmeichelhaft sind die Passagen über die bisherige israelische Siedlungspolitik keineswegs.
     
  • Was der Bericht zur palästinensischen Politik aussagt, zeigt sich derzeit in den aktuellen Nachrichten über die Situation in Palästina:
    “Die palästinensische Führung war in tiefer Not, und ist in der realen Gefahr des Kollaps.”

Hoffentlich überlesen die Roadmap-Verantwortlichen nicht die Passage, die ihnen von ihrem Sonder-Beauftragten gewidmet ist:

  • Die internationale Gemeinschaft hat die entscheidende Aufgabe, die (streitenden) Parteien “an die Hand zu nehmen”.

Es ist augenscheinlich so, dass die Zustände in Israel und Palästina einem neuen Zwischen-Hoch zutreiben. Schade, dass wohl kaum jemand in der Lage sein wird, genau zu verzeichnen, ob wer - wen -wie - wo und wann “an die Hand” genommen hat. Sicher ist, dass die Verantwortung enorm ist.

Am Abgrund des für die Weltgeschichte entscheidendsten Konfliktes (so wird es jedenfalls behauptet) müssten eigentlich bei den “Bewegern” der Weltgeschichte die Warnlampen blinken.

{Wann weiss man wirklich, dass man am Abgrund steht?}

 

Palästina-Umfrage: Würger (+ Nachtrag 7. Juli 2004)

29. Juni 2004

Man könnte schon meinen, dass der Krieg der Propagandisten ganz putzige Blüten zutage treibt. Stellen Sie sich vor, dass die Israelis 1.200 Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen zum Konflikt befragen. Das “Jerusalemer Medien- und Kommunikationszentrum” behauptet das von sich, nachzulesen auf:
http://www.israelnetz.de/show.sxp/6757.html?sxpident=9280E4873055-8684194XR-

Die herausragenden Ergebnisse sind:

  • 29 % sind hinsichtlich des Konflikts optimistisch,
    “mehr als 70 % (sic!) stehen dem pessimistisch gegenüber”;
     
  • Rund 70 % sind für die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes,
    “rund 40 % halten Attentate in Israel und den Autonomie-Gebieten für richtig”;
     
  • 62 % befürworten Selbstmord-Anschläge;
     
  • Zwar sind 47 % mit der Arbeit von Jasser Arafat unzufrieden, trotzdem glauben 60 %, dass er von der Mehrheit der Bevölkerung wiedergewählt werden würde. Gar nicht stört, dass über 90 % der Befragten die Palästinensische Autonomie-Behörde für korrupt halten.

Da wir Umfragen als sehr taugliches Mittel der nationalen Seelen-Erforschung betrachten, diese ausserdem generell das von uns so geschätzte Repräsentativ-Prinzip in der Berichterstattung darstellen, wüssten wir zu gern, wie die Palästinenser wirklich (repräsentativ) denken.

Wenn man sich allerdings mit dem Denkmittel der Empathie in die Fragen hineinversetzt, werden die Umfrage-Werte plausibel:

  • Wie kann man angesichts des Konflikts “optimistisch” sein?
     
  • Einem Israeli muss man ja antworten, dass man für die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes ist. Da man nicht nur in Palästina dem Rache-Prinzip huldigt, würde die Antwort sicher auch einem “neutralen” Umfrager gegeben werden;
     
  • Auch in friedlichen Demokratien ist man mit der Regierung unzufrieden, schätzt aber, dass die Mehrheit wiederum dem Trott folgt und wiederwählt. Was die Korruption (90 %) angeht, wäre man hierzulande sicherlich milder.
     
  • Wenn 62 % Selbstmord-Anschläge befürworten, gelten ja auch einfache Mechanismen:
    - Nach der statistischen Wahrscheinlichkeit wird man selbst nicht betroffen sein; wenn Andere für die eigene Sache sterben, ist das ja paradiesisches Heldentum.

Eine neutrale Umfrage, von der EU initiiert und finanziert, wäre da schon hilfreich. Die Ergebnisse stehen allerdings schon jetzt fest. Das allseitige Polit-Geplapper von der “Lösung” des Palästina-Konflikts würde so massiv erschüttert werden, dass kein Normalbürger darauf einen Pfifferling geben würde.

{Polit-Fast-Food ist: KingBurger > HamBurger > GlobalWurger}

Nachtrag 7. Juli 2004

Einer unserer lieben User hat uns beim “Vermehren der Einsichten” geholfen:

“Das zitierte JMCC ( www.jmcc.org ) wird von palästinensischen Journalisten betrieben, nicht wie angegeben von Israelis. Die Umfragen des JMCC gelten als seriös und stimmen mit denen anderer anerkannter Demoskopie-Institute überein, z.B. dem Palestinian Center for Policy and Survey Research. Vergleichsstudien israelischer Institute kommen ebenfalls zu ähnlichen Ergebnissen. Insgesamt deutet alles darauf hin, daß die Umfragen von JMCC ein akkurates Bild der Stimmung innerhalb der israelischen Gesellschaft liefern.”

 

Quartett: on road?

7. Mai 2004

Für das chaotische Kommunikations-Feld Palästinensisch/Israelischer Konflikt gibt es ein neues und wichtiges Dokument, das Aggreement des sog. Quartetts vom 4. Mai 2004:

  • U.N. Sekretär Kofi Annan,
  • der russische Aussenminister Sergey Lavrov,
  • Brian Cowen, Aussenminister Irlands als Vertreter der EU-Rats-Präsidentschaft,
  • der “Hohe Repräsentant für die Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik der EU, Javier Solana,
  • der Kommissar für die auswärtigen Beziehungen der EU, Chris Patten
  • sowie U.S.-Aussenminister Colin L. Powell

haben sich in dem zweiseitigen Text auf eine gemeinsame Position geeignet; in einer Pressekonferenz sind zusätzliche Darstellungen zum Gesamt-Thema “Road-Map” abgegeben worden:
http://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2004/32161.htm

Eigentlich müssten einige der Kanzel-Honoratioren, z.B. der Medienwelt, den institutionalisierten Versuch starten, annähernd Sachlichkeit in die Debatte zu bringen. Theoretisch dürfte das ziemlich einfach sein. Man nehme

  • einen fixen Standort (in Europa),
  • zwei Mannschaften von etwa je 10 Wissenschafts-Praktikanten, die im Peer-Modus arbeiten,
  • ein Matrix-Konzept, welches die Kommuniqué-Sprache in wiederkehrende Inhalts-Parameter umsetzt und so miteinander vergleichbar macht.

Nach diesem Verfahren müsste z.B. aus dem Quartett-Text herauszufiltern sein, ob und in welchen Einzelheiten der kürzlich stattgefundene Bush/Sharon-Briefwechsel abgesegnet wird. Der Einspar-Effekt bei den Kommentatoren würde die Instituts-Kosten teilweise oder gar ganz aufwiegen. Natürlich käme der Peer-Kommentar erst nach einigen Tagen - man könnte dann aber sicher sein, dass die Matrixer den Text nicht nur gelesen, sondern auch sachlich analysiert und in Relation gestellt haben.

Oh - sorry - wir sind gerade aus einem Traum erwacht. Wäre das nicht furchtbar, wenn Machtfragen von einer “technisierten” Geisteswissenschaft erobert werden würden? Ausserdem wäre das langweilig.

{Hoch lebe das sexed-up Quassel-Tainment}

 

Sharon-Plan: D-Zwist?

16. April 2004

Es ist wie im Ober-Seminar für Politische Wissenschaften. Uns Studenten liegen zwei Erklärungen der deutschen Bundesregierung zum Sharon-Plan vor (beide auf www.bundesregierung.de ):

  • Die Presse-Miteilung des Auswärtigen Amtes, “Bundesminister Fischer zu ...”, mit Datum “Freitag 16.4.04” (Fehler: gemeint kann nur sein der 15.4.), Uhrzeit-Angabe: 5:13 Uhr;
     
  • Die “Erklärung der Bundesregierung ...”, Do., 15.04.2004, (ohne Uhrzeit, aber augenscheinlich später), vorgetragen von Regierungssprecher Béla Anda.

Aufgabe für uns Ober-Seminaristen: Suchen Sie nach Unterschieden, Abweichungen:

  • Fischer schreibt: “Die Bundesregierung begrüsst ...” und will “die neue Dynamik .. nutzen”, will die dem Sharon-Plan “innewohnende Chance .. nutzen”;
  • Nach Anda hält die Bundesregierung alles (nur) für einen “wichtigen Schritt”, wie “ihn die Road Map vorsieht” (der Sharon-Plan ist demnach Road Map-kompatibel??);
     
  • Fischer fordert Israelis und Palestinänser auf, “bei der Umsetzung des Rückzugs intensiv zusammenzuarbeiten”;
  • Anda fällt dazu nichts ein.

Zu Knack-Punkten des von Bush abgesegneten Sharon-Plans, der Vorwegnahme der Realität zukünftiger Verhandlungs-Ergebnisse, die von beiden wiederum (nur rhetorisch) nicht vorweggenommen werden wollen, nämlich der Grenz-Frage und dem Rückkehr-Recht der Flüchtlinge, ist Einigkeit zwischen Aussenminister Fischer und der Bundesregierung festzustellen:

  • Alles eine Frage des “Endstatus” (natürlich weiss man, wie unrealistisch die Rückkehr von rund 4 Millionen Palästinensern oder die Grenzen von 1949 wären - aber man mag doch nicht realitäts-fanatischen Harakiri auf internationaler Polit-Heuchler-Bühne begehen);

Was wäre, wenn es in Europa, in Deutschland, ein tatsächliches Interesse an “globalisierter” Sicherheitspolitik gäbe, und die in Stirnen-falten gezogene, als intellektuell ausgegebene Subtilität gestanzte Realitäts-Verweigerung, hinterfragt werden würde?

Ein schönes Beispiel von unverarbeiteter Realität ist das auf www.auswaertiges-amt.de zu findendende Interview von Minister Fischer mit dem TV-Sender Al-Jazeera vom 25.2. 04.  Danach hat - ganz undefinitiv - “Europa .. zwei Hegemonial-Konflikte ausgelöst”. Nein, nein: das war Europa - und nicht Deutschland!

Noch realitätsfördernder wäre, von allen Seiten etwas zur Jerusalem-Frage zu hören (???).

{Realität ist nur umgekehrt über-proportionaler Albtraum}

 

Sharon-Plan: Albtraum?

15. April 2004

Wer gestern noch den vernichtenden Kommentar der ARD-Tagesthemen zum Sharon-Plan gehört hat, wird sich angesichts bestimmter Fragen die Ohren reiben und möglicherweise erst in den nächsten Wochen einigermassen zurechtfinden. Wir haben von http://usinfo.state.gov den

  • Bush-”Brief”,
  • den Text der Bush/Sharon-Presse-Konferenz
  • und das 10seitige Presse-Background-Briefing des “Senior Administration Official”

abgeladen und gelesen. Grob stellt sich die Geschichte so dar:

  • Der israelische Premier-Minister Ariel Sharon ist, mit seinem Regierungs-Plan in der Tasche, zu Präsident Bush geflogen und hat ihn sich absegnen lassen. Nun fliegt er nach Hause und wird sich erst dann die inner-israelische Zustimmung erkämpfen müssen. Aus (konservativer) israelischer Sicht ist das nicht so einfach. Sharon will einen Rückzug
    - von “bestimmten (certain) militärischen Installationen und allen Siedlungen” aus dem Gaza und
    - “bestimmte militärische Installation und (bestimmte) Siedlungen” von der Westbank.
    Bezüglich der verbleibenden Siedlungen in der Westbank soll es um sechs oder sieben gehen; andererseits besetzen nach israelischen Angaben jüdische Siedler 50 % (!) der Westbank.

    - die Kontrolle des Luftraums, der Territorial-Gewässer und der Land-Passagen wird aber forgesetzt.
     
  • Keine der vorgesehenen Massnahmen soll eine endgültige Einigung zwischen Palästina und Israel präjudizieren.
     
  • U.S.-Präsident Bush scheint nachdrücklichen Wert auf eine Anti-Terrorismus-Verpflichtung der Palästinenser zu legen.

Richtig spannend wird es aber, wenn die bisherigen Weggenossen der Road-map (U.N., Russland, Europa) ihre Stellugnahme zu dem Sharon-Plan abgeben müssen. Noch prickelnder ist, was der erklärte Freund Israels (andererseits kräftiger Sowohl-als-auch-Partner von Palästina), der deutsche Aussenminister Josef Fischer, erklären wird.

Wenn die - nicht nur von den ARD-Tages-Themen abgegebene - Grundsatz-Beurteilung stimmt, dass nunmehr die USA ihre (von vielen bisher sowieso nicht geglaubte) Makler-Rolle aufgegeben haben, und Bush sich sehr dreist auf die Seite des “hässlichen” Sharon geschlagen hat, müsste sich ein weiterer, wesentlicher strategischer Bruch in der “westlichen” Allianz ergeben. Halt! - Falsch: da ist noch die Hoffnung auf John (Carry?) Kerry - der wird’s richten!

Bei den als “Intelligence”-kolportierten israelischen Online-Kollegen von www.debka.com sind wir noch vorbeigesurft. Bei ihnen lautet die Schlagzeile: “Bush’s 2004 Middle East Vision Could Be Israel’s Nightmare”.

{Will denn niemand die Traum-tot-Pille entwickeln?}

 

3. Intifada: Nobel

6. April 2004

Die deutschsprachige Abteilung des “Middle East Media Research Institute” hat mit ihrem “Special Dispatch” vom 5. April 04 wieder einen Hoffnungsschimmer aufscheinen lassen, der die Wahrnehmung und Verbreitung verdient:
http://www.memri.de/uebersetzungen_analysen/laender/palaestinensische_a_gebiete/pa_auf ruf_05_04_04.html.

Der Aufruf von über hundert palästinensischen Intellektuellen und PLO-Politikern zu einer gewaltlosen Intifada, erschienen am 27. März 04 in der palästinensischen Tageszeitung Al-Ayyam, ist Hoffnung pur.

Natürlich wird die Politik der israelischen Regierung scharf verurteilt, aber der Schwerpunkt kehrt vor der eigenen Haustür:

  • “... sich allein davon leiten zu lassen, was in unserem nationalen Interesse liegt. Und das heisst, der verbrecherischen Besatzerbande die Initiative aus der Hand zu nehmen, Racheakte im Zaum zu halten und eine gewaltfreie Intifada der breiten Masse zu initiieren - eine legitime und umfassende Intifada, die von klaren Zielen und vernünftigen Botschaften geprägt ist und ganz und gar von unserer um ihre Freiheit kämpfende Bevölkerung initiiert und gelenkt wird.”

Die Erklärung zeigt, dass es in Palästina sehr wohl gesellschaftliche Kräfte gibt, denen man nur erhebliche Unterstützung im Land, aber auch von aussen wünschen sollte. Verbietet es eigentlich die so oft behauptete Subtilität der deutschen Nahost-Politik und dem Corps der friedenspolitischen Intelligenzia in Deutschland, dazu kräftig die Stimme zu heben? Wird diese Intifada-Bewegung hierzulande überhaupt wahrgenommen? Passt sie auch ins Kalkül?

Nur wer einen gleichgepolten Werte-Horizont hat, wird diese Initiative selbst auch für wert befinden, sie deutlich zu unterstützen. Wenn sie allerdings hier keine Freunde findet, muss man sich Sorgen über die politische Kultur unseres Landes machen, von deren “Aussen-Wirkung” ganz zu schweigen.

{Die 3. Intifada wäre Nobel}

 

Op-ed: Road-Mad

29. März 2004

Über das 13. (!) Wochenende des Jahres 2004 hat sich ein Hauch von geschichtlicher Verdichtung des Nahost-Konflikts gelegt:

  • Bei den Vereinten Nationen hat die U.S.-Regierung durch ihr Veto eine Verurteilung der israelischen Regierung wegen derer gezielten Tötung von Scheich Yassin vereitelt. Logisch, dass das die x-fach wiederholte Bestätigung der amerikanisch-zionistischen Weltverschwörung gegen die muslimische Befreiung war;
     
  • Gegen den israelischen Regierungs-Chef Ariel Sharon werden schwerste Bestechungs-Vorwürfe erhoben, die ihn das Amt kosten könnten;
     
  • Nachdem ein 14-jähriger Palästinenser publikumswirksam (für die eine Seite der Parteilichkeit) seinen Sprengstoff-Gürtel für sein Leben abgab, verlor der siebenjährige Palästina-Nachwuchs mit Namen Khaled sein Leben. Es liegt wohl nahe, dass die israelische Version der Geschichte sehr wenige Abnehmer finden wird;
     
  • Politisch heftig ist die Verschiebung des Gipfeltreffens der Arabischen Liga. Interessierte sollten alles lesen, was die Medienwelt dazu zu bieten hat;
     
  • Yassin-Nachfolger Rantiissi hat lt. SPIEGEL-Online ohne Zweifel unerreichte Höhen menschlicher Erkenntnis-Fähigkeit erreicht:
    - Er verkündet seine Weisheit, dass Bush und Sharon GOTT den Krieg erklärt hätten;
    - Was der ALLMÄCHTIGE fragt, weiss Rantissi auch:
    “Ihr werdet von Gott nach dem Blut von Scheich Ahmed Jassin befragt werden”.

Normalerweise kann es gar nicht sein, dass GOTT-Gläubige soviel Übersinnliches im rein politischen Krieg vermuten. Noch schlimmer ist, dass im Getümmel der religiösen Authoritäten keine Stimme zu vernehmen ist, die den HERRN gegen solche, mindestens dreiste, Inanspruchnahme wenigstens etwas schützt.

In Europa wird sich keine religiöse Firewall auftun, nicht von Bischof Huber oder die so eloquente Frau Käßmann. Wenigstens der sonst zu vielleicht nicht passenden Gelegenheiten auftrumpfende Aussenminister Joschka Fischer könnte - als für sich reklammierter  Erfinder der Road-Map - wieder einmal deutlich machen, dass die Angelegenheit noch in seiner Wiedervorlage-Mappe liegt.

Es wäre schon hilfreich, wenn - auf die konkreten Entwicklungen bezogen - westliche Politiker irgendwann sprachfähig würden. Wenn die Posaune keinen Ton von sich gibt, ist auch kein Streit.!

Erinnert sich noch irgend jemand an die so gepriesene “Road-Map”? Angeblich von Joschka erfunden, vom bösen Bush usurpiert, schreit sie nach ihren Vätern, die alle keine Alimente mehr bezahlen wollen.

{Don’t cry for me Palestina}

 

Ahmed Yassin: Weiter so

23. März 2004

Gestern ist der Anführer der palästinensischen Organisation HAMAS, Scheich Ahmed Yassin, aufgrund einer Entscheidung der israelischen Regierung von israelischen Streitkräften getötet worden. Die allgemeine politische Reaktion der USA, der EU, der Medien, der Menschen in Palästina, ist bekannt. Falls man es wagt, einigen Abstand von allem zu nehmen, gerät der vorauseilende Gehorsam der “political correctness” ins Wanken:

  • Wenn auf den Top-Terroristen Osama bin Laden und seine Mannschaft eine Tötungsjagd veranstaltet wird, schaut die Welt sehr interessiert zu. Von irgendwelchen Rechtsproblemen ist keine Rede. Auf ein Oberseminar, welches die Terror-Resolutionen der U.N. zur Grundlage hätte, dürfte man gespannt sein;
     
  • Die HAMAS steht unseres Wissens auf der Terror-Liste der USA und der EU. Nach den für die Bekämpfung des Terrorismus geltenden Regeln haben wir gelernt, dass es keine legalistischen Einschränkungen dieses Krieges gibt. Bestimmte politische Zweckmässigkeits-Erwägungen, die irgendwelche Einschränkungen für opportun halten, müssten von der Frage der Legalität schon getrennt werden;
     
  • Wer bezüglich der Legalität der israelischen Tötung von Yassin Probleme sieht, wird nicht umhin kommen, die Frage nach der Legitimität zu beantworten. Die Sichtweise der Legitimität hängt aber wiederum sehr stark von kulturellen, und vor allem religiösen Positionen ab. Deshalb dürfte auch hier keine leichte, und intellektuel ehrliche, Antwort zu finden sein;
     
  • Paradoxer kann eine Lage nicht sein: Allseits wird beteuert, dass der Palästina-Konflikt der Schlüssel zum Frieden im “Greater Middle East” sei. Gleichzeitig lassen alle indirekt beteiligten Mächte seit Jahrzehnten die direkt beteiligten Kriegsparteien vor sich hinbomben. Kein U.S.- oder sonstige Stratege kommt auf die grandiose Idee, mit einer U.S./EU-Invasion Palästinas endlich Änderung zu schaffen.

Welche ausgefeilte Mitchell- oder Roadmap-Strategie auch immer propagiert wird, es gibt u.E. nur zwei Alternativen:

  1. Weiter so!
     
  2. Eine massive Militär-Intervention der USA und der EU in Palästina, die nebenbei auch die israelische Regierung zwingen würde, sich jeden Schuss zu überlegen. Die Nebenfolgen des Nation-Building wären allerdings wie im Kosovo oder im Irak: Tote und Milliarden, auf Jahre.

Es ist leicht erkennbar, dass die zweite Form der Reaktion völlig illusorisch ist. Darum ein kräfiges:

{Weiter so}

 

Kinder-Spiel: Richter

14. Dezember 2001

Dass sich Menschen-Gruppen gegenseitig umbringen, ist ja nichts neues. Aus der warmen Stube, über Jahrzehnte beobachtet, bei Nuklear-Strategien mitgekaspert, ist auch pervers. Ob damit das Ende erreicht wird, ist fraglich. Nach Lektüre von “Die Schüler des Terrors” von Bruno Schirra in “Die ZEIT” ist es noch nicht ganz soweit.

Wieso sollte man sich gegen Kindersoldaten im Rahmen der UN-Initiative bemühen? So ein Kind aus Gründen des nackten Überlebens tötet, verhält es sich völlig “normal”. Gar nicht normal ist dagegen, wenn in Palästina Eltern ihre Kinder drillen, Selbstmord-Attentätter zu werden: http://www.zeit.de/2001/51/Politik/200151_gaza_zwei.html

Bei der allseitigen Parteinahme wird sich wahrscheinlich keine Personen-Gruppe oder Institution/Organisation finden, die medien-wirksam Einspruch erhebt. Niemand hat die Authorität zu sagen: Lasst wenigstens die Kinder aus dem “Spiel”.

Als dickbramsiger “Westler” hat man sowieso keine Chance, den “Besitzenden aller GOTT-Weisheiten” irgendetwas zu sagen. Geradezu niedlich ist es, von der “Dominanz der westlichen Kultur” zu hören angesichts der überweltlichen Erhabenheit, nicht muslimischer, aber islamistischer Gottes-Lehre.

Es reicht noch nicht einmal zu einer ganz einfachen Rechnung: Wenn bin Laden auch tibets-mühlenhaft leiert, dass Allah mit ihm sein: Wer stellt bitte wann fest, dass ER es augenscheinlich nicht war? Vielleicht erinnern sich auch radikale Islamisten irgendwann der über mehr als eine Religion verbreiteten Erkenntnis, dass GOTT die Liebe ist und nur ein liebender Mensch ins Paradies eingeht (die “Kinder” werden Barmherzigkeit erfahren, nicht aber die “Erzieher”).

Ganz abgesehen davon:

  • Es ist einfach unendlich pervers, Kinder mit dem unglaublichen Brimborium so zu drillen;
  • Es ist unglaublich feige, Kinder “vorzuschicken”;
  • Es ist die - weltlich gesprochen - ehrloseste Form der Kriegführung überhaupt.

Aber vielleicht finden einige Ideologen noch perfektere Irrsinns-Methoden heraus. Die “Krönung” müsste folgerichtig der “Einsatz” von Babies sein.

{Der Richter ist nicht von dieser Welt}

 

OIC-Konferenz: Klartext

18. Okt. 2001

Während alle Welt die pakistanische Regierung vor dem Zusammenbruch sieht, hat die gezielte Tötung des israelischen Tourismus-Ministers Zeevi durch einen Attentäter der palästinensischen Terror-Organisation PLP das Ende des Arafat-Regimes eingeleitet. Yasser Arafat, der durch die Freilassung von 500 vorher in Israel einsitzenden, dann aber an Palästina übergebenen Freiheitskämpfer/Terroristen nicht in der Lage ist, mit seinen Sicherheitskräften für deren Zügelung zu sorgen, dürfte am Ende sein, denn er hat keine Handlungs-Optionen.

Die israelische Regierung unter Sharon, die sich durch ihre Politik der gezielten Tötung von Führungspersonen des paläsinensischen Widerstandes/Terrors eine Rache (für die Tötung des PLP-Führers Ali Mustafa im August 2000) eingefangen hat, wird ihrerseits Arafat zwingen, auf sein Ende hinzuarbeiten: Sharon wird unverblümt das (nicht vergleichbare) US-Sept.-Muster für sich in Anspruch nehmen - und die US-Regierung, noch weniger die EU-Aussenminister, werden ihn aufhalten können.

Die islamische Welt wird geschlossen hinter Palästina stehen; zumindestens haben dies die auf ihrer neunten ausserordentlichen Konferenz am 23 Rajab 1422H (10. Okt. 2001) in Doha/Qatar versammelten Aussenminister der OIC (Organization of Islamic Countries) so beschlossen. Der Text sollte als Grundlage für die Einschätzung des weiteren Zusammenpralls der Zivilisationen in keiner Dokumenten-Mappe fehlen. Wer den OIC-Text hat, kann damit jeden säuselnden Friedensversprecher ausmannöverieren: http://www.oic-oci.org/english/fm/All%20Download/frmex9.htm

Die entscheidenden Punkte sind (sorry für die GP-denglisch-Übersetzung):

  • In Punkt Zwei wird erklärt, dass man eine kollektive Unterstützung des internationalen Kampfes gegen den Terrorismus unter der Schirmherrschaft der UN anstrebe, das Phänomen in all seinen Formen definieren wolle, “ohne Selektivität oder unterschiedliche Masstäbe (double standards), Bezeichnung der Gründe (des Terrors), Ausmerzung deren Wurzeln ...”
     
  • Punkt 6: “Die Konferenz betont ihre Zurückweisung jedweder Zusammenführung (linkage) zwischen Terrorismus und der Rechte der islamischen und arabischen Menschen, eingeschlossen die palästinensischen und libanesischen Menschen, dem Recht der Selbstbestimmung, Sebstverteidigung, Souveränität, des Widerstandes gegen Israel und ausländische Okkupation, die alle legitime Rechte sind, als heilige Rechte bewahrt sind (enshrined) in der Charta der UN und internationalem Recht.”
     
  • Punkt 7 betont, dass die die USA betroffenen Vorfälle die internationale Gemeinschaft nicht so sehr in Anspruch nehmen, dass sie “ihre Verantwortlichkeiten gegenüber dem von der israelischen Regierung praktizierten Staats-Terrorismus, von dem die palästinensischen Menschen betroffen sind, ignorieren, sowie die ernsthafte Eskalation der Situation durch Israel in der Region.”
     
  • Punkt 10 erklärt, das internationale Initiativen für eine sichere und stabile Welt, frei von Terrorismus und Ungerechtigkeit, auch für die Palästinenser gelten müsse, so die “Etablierung eines unabhängigen palästinenischen Staates mit Al-Quds Al-Sharif (Jerusalem, d. V.) als Hauptstadt, und der Schutz der christlichen und islamischen heiligen Stätten...”
     
  • In Punkt 11 drückt die Konferenz ihre Sorgen hinsichtlich der Konsequenzen des Kampfes gegen den Terrorismus aus, einschliesslich des Todes von unschuldigen Zivil-Personen in Afghanistan, und unterstreicht dessen territoriale Integrität und islamische Identität. “Sie (die Konferenz, d. V.) weist die militärische Ziel-Aufnahme (targeting) eines jeden islamischen oder arabischen Staaten unter dem Vorwand der Terrorismus-Bekämpfung zurück.”

Geradezu klassisches Welt-Kabarett wird in Ziffer 12 geboten. Nachdem die Hoheiten von Qatar (10 Mio. US$), den Vereinigten Arabischen Emiraten (3 Mio. US$) und dem Sultanat von Oman (1 Mio. US$) ihre Spenden-Absichten für Afghanistan zu Protokoll geben, überrascht “His Royal Highness the Foreign Minister of the Kingdom of Saudi Arabia” die Versammelten mit dem Hinweis, dass deren 10 Mio. US$-Spende ihr Ziel in Afghanistan bereits erreicht hat.

Wer mehr über die hoch-herrschaftlichen saudi-arabischen Gepflogenheiten und sonstige CIA/NSA-Merkwürdigkeiten lesen möchte, dem sei der glänzende Einblick von Seymour M. Hersh im “New Yorker” empfohlen:
http://www.newyorker.com/FACT/?011022fa_FACT1

{(Aussen-) Politik ist wie das Leben sonst - nur tödlicher}

 

 

2001: Krieg im Nahen Osten?

3. Januar 2001

Nach einer dpa-Meldung vom 30. 12. 2000 hat sich hinsichtlich des Konfliktes zwischen Israel und Palästina der iranische Verteidigungsminister Ali Schamchani zu Wort gemeldet. Für den Fall eines Angriffes gegen Syrien oder Libanon hat er mit einem Vergeltungsschlag gedroht. “Iran werde weder seinen ‘strategischen Verbündeten Syrien’ noch Libanon im Stich lassen und in “unerwarteter Form auf eine israelische Militäroffensive reagieren”.

Zu der Frage, ob es in 2001 einen Krieg in Nah-Ost gibt, ist es hilfreich, die Lehrsätze zu befragen; die unseren lauten wie folgt:

  • Regierungen beginnen Kriege mit der (vielleicht nicht fest geglaubten) Ansicht, dass sie gewinnen werden. Ihre Untertanen sind ihnen dabei ...egal (sorry).
  • Der seit Jahrtausenden gültige Lehrsatz (schon bei Aristoteles zu finden - irgendwo) lautet: Regierungen beginnen Kriege, weil sie aufgrund miesester Politik einen Sündenbock “draussen” suchen, um von ihrem Vettern-Wirtschafts-Desaster den innergesellschaftlichen Druck abzulenken und mit Krieg für sie wohlfeile “Ablenkung” schaffen.
  • Für den Nahen Osten gilt eine spezielle Regel: Untereinander können sich Iraner, Ägypter, Syrer, Iraker, Jordanier und Palistinenser nicht im geringsten auf irgend etwas einigen - bis auf eins: den Kampf gegen Israel.

Dazu kommen die “Gemeinsamkeiten” der arabischen Staaten:

  • Sie stehen unter einem erheblichen und zunehmendem “fundamentalistischen” Druck: Radikale Islamisten gefährden die innerstaatliche Stabilität.
  • Nicht ein arabischer Staat kann sich sichtbar von der “Anti-Israel-Koalition” abkoppeln, ohne die eigene Existenz zu gefährden.
  • Nicht ein arabischer Staat ist in der Lage, die wirtschaftlichen Belange der Gesellschaft auch nur annähernd in den Griff zu bekommen.
  • Nicht ein arabischer Staat will wegen der Palistinenser in den Krieg gegen Israel ziehen.

Und Israel? Es begeht u. E. einen grundlegenden strategischen Fehler, der tief in der Kultur/Religion verwurzelt ist: Die Re-Aktion auf palistinensische Aktionen entspricht nicht dem Gebot der Verhältnismässigkeit der Mittel (vgl. tit for tat) und enthällt keinerlei de-eskalatorische Signale. Seit Wochen beherrscht ein “überzeichnetes” Bild die TV-Nachrichten:
Israelische Soldaten schiessen, angelehnt an gepanzerte Jeeps, auf steinewerfende, jugendliche Palistinenser. Eingestreut werden Berichte, dass die “Gummi-Bullets” eine Aluminium-Um-Mantelung aufweisen.

Dazu ist die inner-gesellschaftliche Entwicklung in Israel zu beachten: Die Radikalisierung durch die orthodoxen Juden ist verhängnisvoll: Die Bilder eines Interviews mit dem greisen Führer der Schahs-Partei sprechen Bände, die für die Instrumentalisierung von GOTT - gleichermassen natürlich für die radikale islamische Seite genauso geltend - eines mit Sicherheit gemeinsam haben:

  • Glaubt denn irgend jemand, der auch nur halbwegs irgendwie und irgendwas von diesem GOTT glaubt, dass er nicht wüsste, was ER von eurem Treiben hällt?
  • Hat denn irgend jemand, der auch nur halbwegs irgendwie und irgendwas von diesem GOTT glaubt, auch nur den geringsten Zweifel, was mit denen geschieht, die Ihren Nächsten auf diese Art und Weise behandeln? Wie kann man je auf die aberwitzige Idee kommen, damit einen Fensterplatz im Himmel ergattern zu können?

Aber wir beruhigen uns wieder. Wie hat doch Erich Honnecker so richtig festgestellt:

{Des menschlichen Irrsinns Lauf - halten weder Ochs’ noch Esel auf}

(Nachtrag: Schön ist ja die amerikanische Unterscheidung in “bad guys” und “good guys”. Wir wissen das nicht - aber eines wissen wir genau: Wir müssen Allen vorher etwas sagen).

Update 3. 1. 2001

Die Zeitungsberichte vom 2. 1. 2001 haben Sie gelesen. Interessant ist es, auch mal die Websites zu besuchen. Auf:
www.israel-mfa.gov.il ist die Presse-Mitteilung vom 2. 1. 2001 lesenswert:
Premier-Minister Ehud Barak hat “tiefe Zweifel” an Yasser Arafat’s Intentionen, ein Abkommen zu erreichen, welches die”vitale Interessen” Israels berücksichtigt. Barak glaubt, dass Arafat an der Internationalisierung des Konfliktes durch fortgesetzte Unterstützung des Terrorismus arbeitet...

Auf der offiziellen Website der “Palestinian National Authority”
www.pna.gov.ps
wird ein 3-Seiter von Akram Haniyya, Berater Arafats und Chef-Redakteur der Tages-Zeitung “Al-Ayyam” vom 28. 12. 2000 gelagert, der die Überschrift “American Fast Food” trägt und Clinton’s Vorschläge zurückweist. Die Philosophie, die diesen Vorschlägen unterliegt, zeige, dass die “amerikanische Administration so treu wie immer für die israelischen Prioritäten und Forderungen” eintrete.

Nach den neuesten Nachrichten hat Arafat bei Clinton seine Konditionen für weitere Verhandlungen hinterlegt, die nicht gut klingen und ein Abgesandter Barak’s wird sie abholen. Am kommenden Dienstag wird Arafat in Kairo vor den arabischen Aussenministern berichten. Es ist u. E. höchste Zeit, dass die europäischen Regierungen sich auch mal deutlich zu Wort melden - oder wissen die alle, dass es nicht zum Krieg kommt? Spinnen wir?

Soll man das makabere Spiel mitmachen? Z. B., in dem man das Szenar des quantitativen Aufmarsches der Araber gegen Israel aufzeigt - und grobe Schätzungen anstellt, wieviel Tote und Verwundete es wohl geben könnte - incl. eines Szenars, das den ersten Einsatz von Nuklearwaffen in Nah-Ost beinhaltet (biologische und chemische Waffen gibt’s ja auch noch)? Das wäre makaberster Zynismus.

{etwas Zeit haben wir alle noch}

 

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