| Die Beurteilung der politischen Entwicklung in Tschetschenien seit dem letzten Krieg
Russlands gegen Tschetschenien in den Jahren 1994/95 ist äußerst schwierig. Nicht nur Tschetschenien, sondern der gesamte Nord-Kaukasus ist gekennzeichnet durch ein sich gegenseitig bedingendes Geflecht von- bitterster Armut (68,2 % unterhalb der Armutsgrenze in Dagestan),
- einer äußerst starken ethnischen Gliederung (Dagestan: 100 Völker),
- einem dynamischen Entwicklungsprozess konkurrierender islamischer Gruppen, die bisher hauptsächlich jedoch nicht
politisch radikal waren,
- einem geradezu erbitterten Machtkampf von Clanführern (und Warlords)
- einem geopolitischen Tauziehen zwischen den USA, China und Russland aufgrund riesiger Ölvorkommen in Kasachstan.
Aus dieser Gemengelage entsteht ein Gesamtbild von “libanesischen” und “afghanischen” Verhältnissen. Klar ist, das mit dieser Lagebeschreibung nicht
die brutale Art der Kriegführung seitens Russland entschuldigt werden soll. Vielmehr soll eine genaue Analyse der Lage-Entwicklung vorgenommen werden, wie sie etwa durch einen russischen Beitrag in der “Österreichischen Militär Zeitung vorgenommen wurde (ÖMZ 1/99, S. 66 ff.); oder der Beitrag von C. Schmidt-Häuer in “Die Zeit”, 2.12.99, der die Entwicklung geopolitisch einordnet. Der Aufklärungsbedarf der in den Quellen angesprochenen Fragen ist immens - der Konzeptbedarf erheblich grösser.
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